LVwG-300077/11/WG/GRU
Linz, 25.02.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der D, vertreten durch Rechtsanwälte, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 23. Oktober 2013, Gz. SV96-44-2013, betreffend Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 17. Februar 2014,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin hat gem. § 52 Abs. 2 VwGVG einen Beitrag für das Beschwerdeverfahren in der Höhe von 2.000,-- Euro zu bezahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
3.
4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
5. Die Bf ist rumänische Staatsangehörige und verfügt über ein mtl. Nettoeinkommen von 1.500,-- Euro. Sie hat keine Sorgepflichten und besitzt kein Vermögen (Aussage Bf Tonbandprotokoll Seite 5).
7. Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren geht auf eine von Beamten des Finanzamtes Grieskirchen Wels am 16. Juli 2013 durchgeführte Kontrolle zurück. Die Finanzbeamten trafen dabei unter anderem den rumänischen Staatsbürger Gh an, der sich ihnen gegenüber als „Chef“ der Fa Y bezeichnete (Strafantrag Finanzamt).
8. Die Bf kennt Gh von früher. Er hatte ihr – vor der Aufnahme der verfahrensgegenständlichen Tätigkeiten auf der Baustelle in H - gesagt, dass er eine international tätige Firma besitze. Er sagte ihr, dass eine Arbeit in Österreich kein Problem sei. Die Bf bestand darauf, dass Gh sich noch in Rumänien genauer erkundigen sollte. Gh sprach in Rumänien mit einem Rechtsanwalt, der ihm mitteilte, dass man für eine Tätigkeit in Österreich nur ein A1-Formular benötigen würde. Er sagte auch, sie müsse beim Marktgemeindeamt eine Anmeldung vornehmen (Aussage Bf Tonbandprotokoll Seite 5).
9. Im Vorfeld der Arbeiten an der Baustelle H hatte sich die Bf gemeinsam mit ihrem Ehegatten, H, beim AMS Wels erkundigt. H sprach mit Herrn Sch vom AMS Wels. Dieser verwies ihn auf die AMS-Außenstelle Traun, da die AMS-Außenstelle Traun (das AusländerInnenfachzentrum) für diese Angelegenheit zuständig ist. H nahm daraufhin telefonisch Kontakt mit der AMS-Außenstelle Traun auf. Er erkundigte sich nicht konkret bzgl. einer rumänischen Baufirma. Er erkundigte sich nicht, welche Voraussetzungen beim Einsatz rumänischer Bauarbeiter im Rahmen der Verrichtungen einer rumänischen Baufirma einzuhalten wären (Zeugenaussage H Tonbandprotokoll Seite 2).
10. H und die Bf erkundigten sich auch beim Marktgemeindeamt H. Amtsleiter Sch teilte ihnen mit, dass die rumänischen Arbeiter anzumelden wären. Die rumänischen Arbeiter wurden auch vor der Arbeitsaufnahme am Gemeindeamt angemeldet. Weiters informierte sie AL Sch über die im Zuge der Sanierungsarbeiten an der Außenfassade erforderlichen straßenrechtlichen Bewilligungen.
11. Beweiswürdigung:
12. Die Feststellungen ergeben sich aus den jeweils in Klammer angegebenen Beweismitteln. Die Bf und H nahmen unstrittig vor der Arbeitsaufnahme der rumänischen Arbeiter Kontakt mit dem AMS Wels, der AMS-Außenstelle Traun und der Marktgemeinde H Kontakt auf. Wie noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu erörtern ist, kommt es für das Vorliegen eines entschuldbaren Verbotsirrtums auf die an die zuständige Stelle, der AMS-Außenstelle Traun, gerichtete Anfrage und deren Rechtsauskunft an.
13. Der UVS Oö. befasste die AMS Außenstelle Traun mit dem Berufungsvorbringen. Die AMS-Außenstelle Traun teilte dazu mit der – in der mündlichen Verhandlung einvernehmlich verlesenen – Stellungnahme vom 12. Dezember 2013 mit: „Bezüglich Ihrer Anfrage teilen wir mit, dass nach Recherche mit Herrn Sch vom AMS Wels und den Mitarbeitern vom AFZ OÖ. keinem der Kollegen das vom Gatten der Frau D geführte Gespräch konkret in Erinnerung ist. Eine Überprüfung von historischen Protokollen, die edv-technisch den Inhalt oder die Auskunftspersonen bei Gesprächen namentlich erfassen, ergab kein Resultat. Allerdings gehört es auch bei allgemeinen Auskünften, die vom AFZ OÖ. erteilt werden zum Standard, nach der Nationalität des (geplanten) Dienstnehmers zu fragen und falls aufgrund der Nationalität ein Aufenthaltstitel erforderlich wäre, wird auch dieser erfragt. Bei einer Arbeitsaufnahme in Österreich durch einen rumänischen Staatsbürger ist daher von einem Mitarbeiter des AFZ OÖ. mit Sicherheit auf die Bewilligungspflicht durch das Arbeitsmarktservice bis 31.12.2013 hingewiesen worden.“ H sagte in der mündlichen Verhandlung als Zeuge Folgendes aus: „Vom Verhandlungsleiter zu meinen Erkundigungen im Vorfeld der Arbeiten an der Baustelle H befragt, gebe ich an, dass ich mich beim AMS Wels erkundigt habe. Ich sprach mit Herrn Sch vom AMS Wels. Dieser verwies mich auf die AMS-Außenstelle Traun, die AMS-Außenstelle Traun sei – so Herr Sch –für diese Angelegenheit zuständig. Herr Sch gab mir die Visitenkarte einer Frau Sch, einer Mitarbeiterin der AMS-Außenstelle Traun. Ich versuchte die AMS-Außenstelle noch am Vormittag telefonisch zu erreichen, was aber nicht möglich war. Darum versuchte ich es am Nachmittag. Es hob aber nicht Frau Sch selber ab, sondern eine andere Mitarbeiterin, an deren Name ich mich nicht mehr erinnere. Ich verlangte Frau Sch zu sprechen, woraufhin die erwähnte Dame fragte, worum es denn gehen würde. Ich schilderte ihr den Sachverhalt und fragte sie, welche Unterlagen man für die Tätigkeit einer ausländischen Baufirma in Österreich benötigen würde. Die Dame sagte mir, dass man dazu ein A1-Formular benötigen würde. Das Gespräch war dann beendet. Ich informierte meine Gattin über den Gesprächsinhalt. Ich selber hatte ja mit der Abwicklung der Bautätigkeiten nichts zu tun. Über Vorhalt der Anfrage an das AMS bzw. die Antwort-E-Mail des AMS vom 12. Dezember 2013 gebe ich an, dass meine Gattin bezeugen kann, dass ich tatsächlich mit dem AMS Traun telefoniert habe. Wir haben versucht, über eine Rufdatenauswertung am Handy die Wahl dieser Nummer beweisen zu können. Bedauerlicherweise lag das Telefonat schon zu lange zurück, als dass die Telefonfirma uns eine Rufdatenerfassung bzw. einen Rufdatennachweis liefern hätte können.“ Weiters: „Von den Vertretern des Finanzamtes ergänzend befragt, worüber ich mich genau erkundigt habe, gebe ich an, dass ich nachfragte, welche behördlichen Unterlagen für die Verrichtung von Bautätigkeiten durch eine ausländische Firma in Österreich erforderlich wären. Die Mitarbeiterin der Außenstelle Traun sagte mit dazu, dass ein A1-Formular erforderlich wäre. Von den Vertretern des Finanzamtes ergänzend befragt, ob ich konkret bezüglich der rumänischen Baufirma eine Auskunft eingeholt habe, gebe ich an, dass ich das nicht gemacht habe. Ich erkundigte mich allgemein nach den Voraussetzungen für die Tätigkeit einer ausländischen Firma. Von den Vertretern des Finanzamtes ergänzend befragt, ob ich mich auch erkundigt habe, welche Voraussetzungen es für Einsatz rumänischer Bauarbeiter im Rahmen der Verrichtung einer rumänischen Baufirma einzuhalten wären, gebe ich an, dass ich mich nicht konkret nach den Voraussetzungen für den Einsatz von rumänischen Bauarbeitern erkundigt habe. Ich erkundigte mich nach den Voraussetzungen für die Verrichtung von Bautätigkeiten durch eine ausländische Firma. Für ein weiteres Nachfragen gab es für mich keinen Anlass.“ Unstrittig ist, dass H mit dem AMS Wels Kontakt aufgenommen hat und dort auf die AMS-Außenstelle Traun verwiesen wurde. Er erkundigte sich aber nicht konkret bzgl. einer rumänischen Baufirma. Er erkundigte sich auch nicht, welche Voraussetzungen beim Einsatz rumänischer Bauarbeiter im Rahmen der Verrichtungen einer rumänischen Baufirma einzuhalten wären.
14. Rechtliche Beurteilung:
15. Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht Oö. (im Folgenden: LVwG) an die Stelle des UVS. Das LVwG entscheidet gem. § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gem. § 3 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz als Beschwerde iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.
16. Der objektive Tatbestand der von der belangten Behörde angenommenen Übertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit.b iVm § 18 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ist entsprechend der im Spruch des Straferkenntnisses erwiesen angenommenen Tat unstrittig. Gemäß § 27 VwGVG war lediglich die subjektive Tatseite (Verschulden) zu prüfen.
17. § 5 VStG lautet:
(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
18. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nur im Falle der Erteilung einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft der für die Erteilung einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zuständigen Behörde (im gegenständlichen Fall: die AMS Außenstelle Traun), im Vertrauen auf die Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden könnte; hingegen ist es aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bekannt, dass die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf (vgl. VwGH vom 23.5.2013, Gz. 2011/09/0099).
19. Die Anfragen an das Marktgemeindeamt Hofkirchen und Gh spielen in diesem Zusammenhang keine relevante Rolle, da es sich nicht um die für die Auskunft zuständigen Stellen handelt. Darum konnte auch die von der Bf beantragte Einvernahme des AL Sch zum Beweis dafür, dass die Beschuldigte gemeinsam mit ihrem Ehegatten mit Herrn Sch ein Gespräch geführt hat, bei dem sich die Beschuldigte erkundigte, ob sie noch weitere Formalitäten erledigen müsse, damit die rumänischen Arbeiter bei ihr legal tätig werden können, unterbleiben.
20. Es steht fest, dass sich H bei der AMS-Außenstelle Traun nicht konkret bzgl. einer rumänischen Baufirma erkundigt hat. Er hat sich auch nicht über die Voraussetzungen für den Einsatz rumänischer Bauarbeiter im Rahmen der Verrichtungen einer rumänischen Baufirma bei der zuständigen Außenstelle des AMS erkundigt. Es liegt auch keine schriftliche Rechtsauskunft vor. Damit liegt keine aufgrund einer vollständigen Sachverhaltsdarstellung erteilte Rechtsauskunft des zuständigen AMS vor. Es ist kein entschuldbarer Verbotsirrtum anzunehmen.
21. Im Übrigen handelt es sich bei den vorliegenden Verwaltungsübertretungen um Ungehorsamsdelikte. Gem. § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da kein Entlastungsnachweis erbracht wurde, war war gem. § 5 VStG von leichter Fahrlässigkeit auszugehen.
22. Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies gemäß § 19 Abs 2 VStG die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
23. Gem. § 28 Abs. 1 AuslBG beträgt die Strafdrohung bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als 3 Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Geldstrafe von 2.000,-- bis 20.000,-- Euro. Strafmildernd war die verwaltungsbehördliche Unbescholtenheit. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Wie schon die belangte Behörde zutreffend ausführte, rechtfertigt dies noch nicht die Anwendung einer außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG. Es wurde daher zu Recht jeweils die Mindeststrafe verhängt. Eine Ermahnung (§ 45 Abs. 1 Z. 4 VStG) kam nicht in Betracht, zumal die Verwaltungsübertretungen nicht vom typischen Unrechtsgehalt in einer besonderen Weise abwichen.
24. Aus diesem Grund war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Gem. § 52 Abs. 2 VwGVG sind in diesem Fall für das Beschwerdeverfahren 20 % der verhängten Strafen als Beitrag vorzuschreiben.
25. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
26. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die ggst, Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Rechtslage ist infolge der zitierten Rechtsprechung des VwGH zum Verbotsirrtum geklärt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Wolfgang Weigl
Beachte:
Die außerordentliche Revision wurde zurückgewiesen.
VwGH vom 19.05.2014, Zl.: Ra 2014/09/0003-3