LVwG-600695/7/EW
Linz, 15.12.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerde der S S, geb. x 1991, vertreten durch Dr. E G und Dr. G A, Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21. Oktober 2014, VerkR96-1810-2014,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keine Beiträge zu den Kosten des Verfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. a) Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.10.2014, VerkR96-1810-2014, wurde die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf)
in Spruchpunkt 1):
schuldig erkannt, sich als Lenkerin des KFZ mit dem Kennzeichen x vor Antritt der Fahrt nicht überzeugt zu haben, dass das von ihr verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspreche, da sie es am 10.2.2014, 16:15 Uhr, in der Gemeinde St. Pantaleon, Landesstraße Freiland, L501 bei km 34.440, Zufahrt Stahlpark, gelenkt habe und zu diesem Zeitpunkt Gasentladungslampen (Xenon) eingebaut gewesen seien, obwohl keine Leuchtweitenregulierung vorhanden gewesen sei.
in Spruchpunkt 2):
schuldig erkannt, sich als Lenkerin des KFZ mit dem Kennzeichen x vor Antritt der Fahrt nicht überzeugt zu haben, dass das von ihr verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspreche, da sie es am 10.2.2014, 16:15 Uhr, in der Gemeinde St. Pantaleon, Landesstraße Freiland, L501 bei km 34.440, Zufahrt Stahlpark, gelenkt habe und zu diesem Zeitpunkt Gasentladungslampen (Xenon) eingebaut gewesen seien, obwohl keine Scheinwerferreinigungsanlage vorhanden gewesen sei.
Die Bf habe daher in beiden Fällen § 102 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 KFG 1967 übertreten, weshalb über sie eine Geldstrafe in der Höhe von je 100 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von je 20 Stunden, verhängt wurde.
b) In der rechtzeitig gegen das in Rede stehende Straferkenntnis erhobenen Beschwerde bringt die Bf auf das Wesentliche verkürzt vor, dass keine Xenon-Leuchte im gegenständlichen KFZ verbaut gewesen sei. Es sei ein zulässiges H7 Halogenleuchtmittel Hersteller TRIFA Kennz. x, bei dem es sich um kein Xenon-Leuchtmittel handle, eingesetzt gewesen.
Die Bf beantragt die Einholung eines kfz-technischen Sachverständigen und die Aufhebung des Straferkenntnisses.
c) Die belangte Behörde legte die rechtzeitig erhobene Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
II. a) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.
b) Darüber hinaus ersuchte es das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr mit Schreiben vom 3.9.2015 um die Erstattung eines Gutachtens zu den Fragen, ob aufgrund der Fotos des Meldungslegers zum Tatzeitpunkt erkennbar ist, ob es sich um ein Xenon Licht handle und ob das Vorschaltgerät angeschlossen war.
Das angeforderte Gutachten des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr wurde mit Schreiben vom 14.9.2015, Verk-210002/741-2015-Wh, erstattet und kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund der vorliegenden Fotos nicht eindeutig gesagt werden könne, ob Xenon-Leuchtmittel verwendet wurden und ob das Vorschaltgerät angeschlossen war.
c) Das Gutachten wurde vom LVwG mit Schreiben vom 23.11.2015 den Verfahrensparteien übermittelt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die Bf äußerte sich mit Schreiben vom 26.11.2015 damit, dass die Verwaltungsübertretungen nicht erwiesen seien. Das bekämpfte Straferkenntnis sei sohin zu beheben und das Verfahren zumindest im Zweifel mangels Tatnachweises einzustellen. Von Seiten der belangten Behörde wurde mit Schreiben vom 24.11.2015 vorgebracht, dass der Meldungsleger, welcher aufgrund seiner Berufsausbildung als Mechaniker einschlägige Kenntnisse besitze, festgestellt habe, dass die Verkabelung des Vorschaltgerätes angeschlossen gewesen sei.
d) Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG verzichtet werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
e) Auf Grund der Aktenlage und des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
Die Bf ist am 10.2.2014 um 16:15 Uhr in der Gemeinde St. Pantaleon, Landesstraße Freiland L501 bei km 34.440, Zufahrt Stahlpark, unbestritten Lenkerin des PKW x, Audi Avant 2.8 5. Bei einer zu diesem Zeitpunkt durchgeführten polizeilichen Fahrzeugkontrolle wurde festgestellt, dass im gegenständlichen PKW nachträglich Gasentladungslampen ohne automatische Leuchtweitenregulierung und ohne Scheinwerferreinigungsanlage eingebaut waren.
Aufgrund der Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter Zugrundelegung der zum Tatzeitpunkt gemachten Fotos des Meldungslegers ein kfz-technisches Gutachten eingeholt, in welchem der Amtssachverständige zu dem Ergebnis kommt, dass nicht eindeutig gesagt werden kann, ob Xenon-Leuchtmittel verwendet wurden und ob das Vorschaltgerät angeschlossen war.
Auch wenn der Meldungsleger ein versierter Polizeibeamter ist, welcher aufgrund seiner Berufsausbildung als Mechaniker einschlägige Kenntnisse besitzt, wurde zum Tatzeitpunkt nicht kontrolliert, ob ein Xenon- Leuchtmittel verwendet wurde. Durch seine Feststellung wird die Nachvollziehbarkeit des Gutachtens des kfz-technischen Amtssachverständigen nicht in Zweifel gezogen.
Aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse ist damit jedenfalls nicht mit Sicherheit feststellbar, ob im Fahrzeug der Bf Gasentladungslampen (Xenon) zum Tatzeitpunkt eingebaut waren.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:
a) Die relevanten Bestimmungen aus dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) BGBl Nr. 267 idF BGBl Nr. I 2014/26 lauten auszugsweise:
„§ 14. Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler für Kraftwagen
(1) Kraftwagen müssen vorne mit Scheinwerfern ausgerüstet sein, mit denen paarweise weißes Fernlicht und weißes Abblendlicht ausgestrahlt werden kann. Abblendlicht darf nur mit einem Scheinwerferpaar ausgestrahlt werden können. Für Fern- und Abblendlicht sind getrennte Scheinwerfer zulässig. Bei Kraftwagen mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h ist jedoch kein Fernlicht erforderlich. Die Scheinwerfer eines jeden Paares müssen in gleicher Höhe und symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges angebracht sein. Das Fernlicht muss eine gerade, in der Richtung parallel zur Längsmittelebene des Fahrzeuges verlaufende Straße bei Dunkelheit auf eine große Entfernung ausleuchten, das Abblendlicht muss, ohne andere Straßenbenützer zu blenden, oder mehr als unvermeidbar zu stören, die Fahrbahn vor dem Fahrzeug ausreichend beleuchten können. Der Lenker muss von seinem Platz aus erkennen können, dass die Scheinwerfer für Fernlicht eingeschaltet sind. Die Scheinwerfer dürfen nur gleichzeitig und mit der gleichen Wirkung abblendbar sein. Bei Kraftwagen der Klassen M und N müssen die Scheinwerfer für das Abblendlicht den Anbauvorschriften der Richtlinie 76/756/EWG entsprechen. Sollte dazu eine Leuchtweitenregulierung erforderlich sein, kann diese automatisch oder handbetätigt vom Lenkersitz aus sein. Scheinwerfer für Fern- und/oder Abblendlicht dürfen mit einer Funktion für Kurvenlicht zur besseren Ausleuchtung der Fahrbahn in Kurven ausgestattet sein.
[...]
§ 103. Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers
(1) Der Kraftfahrzeuglenker darf ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 besteht. Berufskraftfahrer haben bei Lastkraftwagen, Sattelzugfahrzeugen, Omnibussen oder Anhängern unverzüglich den Zulassungsbesitzer nachweisbar zu verständigen, wenn das Fahrzeug diesen Vorschriften nicht entspricht.
[...]“
Die im gegenständlichen Verfahren relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) BGBl Nr. 1991/52 idF BGBl Nr. I 2013/33 lautet wie folgt:
„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
[...]“
b) Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" reicht es für eine Bestrafung nicht aus, wenn die Begehung einer Verwaltungsübertretung durch einen Beschuldigten wahrscheinlich ist, sondern es müssen so eindeutige Beweise vorliegen, dass kein vernünftiger Grund verbleibt, an der Begehung der Übertretung durch den Beschuldigten zu zweifeln.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens – vgl. Punkte II. – ist nicht mit Sicherheit feststellbar, ob beim gegenständlichen PKW der Bf zum Tatzeitpunkt Gasentladungslampen (Xenon) eingebaut waren.
Aus diesem Grunde war der Beschwerde Folge zu geben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 103 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 KFG nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zugunsten des Bf gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.
c) Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt für die Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Elisabeth Wiesbauer