LVwG-850366/10/BMa/JB
Linz, 28.12.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der L GmbH,
x, W a I, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 21. Mai 2015, GZ: Pol. 132/1/15 Dr.Bt-Np, wegen Nichterteilung der Genehmigung der Verlängerung der Öffnungszeiten von 04:00 Uhr auf 06:00 Uhr
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde auf der Rechtsgrundlage des § 113 Abs. 3 GewO 1994 idgF, § 1 Abs. 2 Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 idgF und § 66 Abs. 4 AVG idgF, der von G L als Geschäftsführer der Firma L GmbH, x, W a I, eingebrachten Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Braunau am Inn vom 19. Jänner 2015,
GZ: Pol. 132/1/15 - schn., keine Folge gegeben.
Begründend wurde unter Anführung einer Stellungnahme der Polizeiinspektion Braunau am Inn vom 1. April 2015 unter anderem auf sicherheitspolizeiliche Bedenken verwiesen und auch angeführt, dass eine Verlängerung der Sperrstunde auf 06:00 Uhr mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Hin- und Herwandern der Gäste zwischen den Lokalen und somit einen erhöhten „Lokaltourismus“ nach sich ziehen würde.
1.2. Nach Vorlage der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 22. Juni 2015, die am 29. Juni 2015 unter Anschluss des Verfahrensaktes beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt ist, wurde der Beschwerdeführer zur Verbesserung der Beschwerdeschrift gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert. Mit Schreiben vom 13. Juli 2015 wurde die Beschwerde im Sinne des § 9 Abs. 1 VwGVG präzisiert. Es wurde konkludent zum Ausdruck gebracht, dass die Aufhebung des bekämpften Bescheides und Erteilung der beantragten Genehmigung der Verlängerung der Sperrzeiten von 04:00 Uhr auf 06:00 Uhr beantragt werde.
1.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde und am
16. September 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer und ein Vertreter der belangten Behörde gekommen sind. Als Zeuge wurde Chefinspektor L H von der Polizeiinspektion Braunau am Inn einvernommen.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
2.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:
G L ist Geschäftsführer der L GmbH, x, W a I, die Betreiberin des Lokals „x“ in
5280 Braunau am Inn, x, ist. Das Lokal wurde am 15. Mai 2014 geöffnet und in der Betriebsart eines Tanzcafes geführt.
Im Jahr 2015 ist es zu folgenden sicherheitspolizeilich relevanten Vorfällen in Zusammenhang mit dem oben angeführten Lokal gekommen:
1. Jänner 2015, gegen 03:28 Uhr: Raufhandel zwischen zwei Brüdern im Lokal. Einer der Beschuldigten hatte einen Alkoholisierungsgrad von 1.46 ‰.
10. Jänner 2015, gegen 03:10 Uhr: Raufhandel zwischen fünf Personen beim Zugang zum Vorplatz des Lokals, bei dem zwei Personen verletzt wurden, die sich vorher im angeführten Lokal aufgehalten hatten.
22. Februar 2015, gegen 04:00 Uhr: Es kam zu Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten zwischen Lokalbesuchern, die ein Einschreiten der Sicherheitsorgane notwendig machten.
8. März 2015, gegen 04:00 Uhr: Körperverletzung zwischen Lokalbesuchern.
22. März 2015, gegen ca. 04:15 Uhr: Raufhandel, an dem fünf Personen beteiligt waren, die zuvor das Lokal besucht hatten und alkoholisiert waren.
Im Mai 2015 ist es zu einer Rauferei auf der Tanzfläche des Lokals zwischen zwei Mädchen gekommen und im Juli 2015 zu einem Raufhandel im Bereich des Überganges des Vorplatzes des Lokals hin zum Parkplatz. Weitere Anzeigen und ein weiteres Einschreiten der Polizei hat es wegen Ordnungsstörungen, wie Urinieren am Parkplatz und Lärmerregungen vor dem Lokal, gegeben (Seite 7 des Sprachprotokolls vom 16. September 2015).
In Zeiten, in denen das Lokal nicht betrieben wurde, hat es keine Vorfälle im Bereich des Parkplatzes gegeben, der in der Nähe des Lokals situiert ist (Seite 8 des Sprachprotokolls vom 16. September 2015).
In der Stadt B wurde vor mehreren Jahren, und zwar im Jahr 2007 oder 2008, bereits ein Tanzlokal betrieben, das Öffnungszeiten bis 06:00 Uhr in der Früh hatte. Während des Betreibens dieses Lokals ist es im Zeitraum zwischen 04:00 Uhr und 06:00 Uhr zu einem „Lokaltourismus“ gekommen, weil Gäste aus den um 04:00 Uhr schließenden Lokalen sich in das bis 06:00 Uhr geöffneten Tanzlokal begeben haben. Dabei war aufgrund der vielfach vorhandenen Alkoholisierung dieser Gäste ein vermehrtes Einschreiten von Sicherheitsorganen nötig.
Der Beschwerdeführer hat in der Vergangenheit über längere Zeit mehrere Tanzlokale wie das „x“ betrieben und hat auch aufgrund seiner Erfahrung als Lokalbetreiber Sicherheitsvorkehrungen installiert, wie Überwachung mit Videokameras und das Einsetzen von Security.
2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des Stadtamtes Braunau am Inn und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung am 16. September 2015 ergibt. Es besteht kein Grund, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Chefinspektor L H zu zweifeln, war dieser in der mündlichen Verhandlung doch sichtlich bemüht, seine Aussage objektiv zu gestalten. So hat er z.B. auch zu Gunsten des Beschwerdeführers angegeben, dass ein Zusammenhang mit dem gegenständlichen Lokal anlässlich einer am 15. Februar 2015 gegen 04:25 Uhr erfolgten Anzeige, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden und Fahrerflucht, für ihn nicht erkennbar sei.
Die Aussage des Beschwerdeführers war gekennzeichnet vom Ärger über die in einzelnen Schriftstücken anklingende Kritik zum Betrieb seines Lokals, hat er in der mündlichen Verhandlung doch auch überzeugend dargelegt, alle ihm nach seiner fachspezifischen langjährigen Berufserfahrung möglichen Sicherheitsvorkehrungen für den Betrieb seines Lokals installiert zu haben.
2.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
2.3.1. Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 2 Oö. Sperrzeiten-Vorordnung 2002 müssen Gastgewerbebetriebe unter anderem in der Betriebsart Tanzcafe spätestens um 04:00 Uhr geschlossen werden und dürfen frühestens um 06:00 Uhr geöffnet werden.
Nach § 113 Abs. 3 GewO kann die Gemeinde unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperrstunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen, bewilligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Gebieten von Gemeinden, für die Landespolizeidirektionen zugleich Sicherheitsbehörden erster Instanz sind, haben die Gemeinden diese Behörden vor Erteilung der Bewilligung zu hören.
Gemäß § 113 Abs. 4 GewO hat die Gemeinde diese Bewilligung zu widerrufen, wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist.
Die „sonstigen öffentlichen Interessen“ gemäß § 113 Abs. 3 leg.cit. sind nicht weiter definiert.
Dem Begriff „öffentliches Interesse“ kann damit eine unterschiedliche Bedeutung zukommen, die aus dem Gesetzeskontext und dem Telos der gesetzlichen Bestimmung erschlossen werden kann. Unzweifelhaft aber ist mit „öffentlichem Interesse“ das Interesse des Gemeinwohls angesprochen.
Es ist daher darauf abzustellen, welche Interessen die Bürger der Stadt B verfolgen.
Darunter subsumierbar ist ein Interesse an der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Darauf zielt auch die Bestimmung ab, dass die Sicherheitsbehörde erster Instanz vor Erteilung der Bewilligung zu hören ist. Als gesetzlicher Grund der Aberkennung einer bereits erteilten Bewilligung einer Betriebszeitenausweitung sind in § 113 Abs. 4 GewO auch sicherheitspolizeiliche Bedenken angeführt.
Wie sich aus den Feststellungen ergibt, stehen mehrere sicherheitspolizeilich relevante Ereignisse in Zusammenhang mit Besuchern des Lokals, ist das mehrfache Einschreiten der Sicherheitspolizei doch notwendig gewesen, sowohl im Lokal als auch in einem Bereich, der eine räumliche Nähe zum Lokal aufweist.
Nach dem VwGH-Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2007/04/0138, sind sicherheitspolizeiliche Bedenken nicht davon abhängig, dass es zu gerichtlichen Verurteilungen oder Vorerhebungen gekommen ist. In seinem Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2008/04/0112, führt der Verwaltungsgerichtshof zu sicherheitspolizeilichen Bedenken aus, dass die Annahme von sicherheitspolizeilichen Bedenken vor dem Hintergrund des - von den Gemeindebehörden angesprochenen - „erhöhten Lokaltourismus“ alkoholisierter Gäste in den frühen Morgenstunden nicht unschlüssig ist.
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass sämtliche Lokale in der Stadt B derzeit keine längeren Öffnungszeiten als bis 04:00 Uhr in der Früh haben. Aus diesem Grund ist auch die Annahme sicherheitspolizeilicher Bedenken bei Erteilung einer späteren Sperrstunde für das Lokal „x“ als bei den übrigen Lokalen, insbesondere unter dem Aspekt, dass es bereits vor einigen Jahren in Zusammenhang mit Erteilung einer späteren Sperrstunde an ein Tanzlokal zu erhöhtem „Lokaltourismus“ gekommen ist, plausibel. Bereits aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die belangte Behörde durch die bekämpfte Entscheidung ihr Ermessen in einer unzulässigen Weise ausgeübt hätte.
Im Ergebnis war daher die Beschwerde abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.
Zu II.:
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinn des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Sperrstundenverlängerung nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann
LVwG-850366/10/BMa/JB vom 28. Dezember 2015
Erkenntnis
Norm:
§ 113 Abs. 3 GewO
Rechtssatz:
Dem Begriff „öffentliches Interesse“ kann eine unterschiedliche Bedeutung zukommen, die aus dem Gesetzeskontext und dem Telos der gesetzlichen Bestimmung erschlossen werden kann. Unzweifelhaft ist aber mit „öffentlichem Interesse“ das Interesse des Gemeinwohls angesprochen.
Beschlagwortung:
Gastgewerbe; Sperrstunde; öffentliches Interesse – Begriff