LVwG-350145/2/GS/SA

Linz, 06.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde der Frau I H, geb. x, vertreten durch ihren Sachwalter Rechtsanwalt Mag. W L, x, V, vom 9. April 2015, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 10. März 2015, GZ: SO20-107-H, wegen Auferlegung eines Kostenersatzes gemäß Oö. ChG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der in den angeführten Rechtsgrundlagen genannte § 41 Abs. 2 durch § 40 Abs. 1 Oö. Chancengleichheitsgesetz (Oö. ChG) ersetzt wird.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 10. März 2015, GZ: SO20-107-H, hat der Bezirkshauptmann von Gmunden die Beschwerdeführerin (Bf) I H verpflichtet, ab 1. Jänner 2012 für die Dauer der mit Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung vom 20. März 2008, SO20-107-H, gewährten Hauptleistung Wohnen in einem Wohnheim gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 Oö. ChG den Kinderzuschuss in Höhe von derzeit monatlich 47,24 Euro als Kostenersatz zu leisten. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 41 Abs. 2, 45 Abs. 3, 49 und 51 Abs. 1 des Oö. ChG angeführt.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 09.04.2015, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass der bekämpfte Bescheid betreffend den Kostenersatz seinem gesamten Inhalt nach angefochten und seine ersatzlose Aufhebung begehrt wird. Als Beschwerdegrund wird inhaltliche Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend gemacht. Gemäß § 40 Abs. 1 Oö. ChG sei Ersatz zu leisten, wenn hinreichendes Einkommen vorhanden sei bzw. nachträglich bekannt werde, dass bereits zur Zeit der Leistung hinreichendes Einkommen vorhanden gewesen sei. Mit einer derartigen Vorschrift werde bewirkt, dass die Behörde, der das Einkommen oder Vermögen bereits bei Hilfegewährung bekannt gewesen wäre, allerdings eine entsprechende Berücksichtigung unterlassen habe, dieses Versäumnis nicht im Wege einer Kostenersatzvorschreibung nachholen könne. Der Wortlaut des Gesetzes spreche explizit von „nachträglich bekannt gewordenem Einkommen“. Dass die Bf bereits im Zeitpunkt der Gewährung der Leistung einen Kinderzuschuss erhalten habe, habe die belangte Behörde gewusst. Der Kinderzuschuss hätte daher bereits damals, im Zeitpunkt der Hauptleistung, als Kostenersatz herangezogen werden müssen. Da es sich hierbei auch um kein nachträglich hervorgekommenes Vermögen handle, sei eine derartige Vorschreibung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zulässig und daher rechtswidrig.

 

I.3. Mit Schreiben vom 16.04.2015 wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (= belangte Behörde) dem Oö. LVwG zur Entscheidung vorgelegt.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter.

 

I.4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Grundrechts-Charta entgegen stehen, war von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen. Der Sachverhalt war unstrittig und die Beschwerde beruht rein auf einer Rechtsfrage.

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 20.03.2008, GZ: SO-410558/14-2008-Ma, wurde der Bf Hilfe durch Beschäftigung in der Tagesheimstätte G in Verbindung mit einer internen Unterbringung im Wohnhaus L gewährt. Die Kosten der gewährten Hilfe werden vom Land getragen. Zu den Kosten der gewährten Maßnahme wurde die Bf weiters spruchmäßig verpflichtet, 80 % der Pensionsbezüge sowie das Pflegegeld abzüglich des daraus zustehen­den Taschengeldes als Kostenbeitrag zu leisten.

 

Mit Schreiben vom 17.02.2015 teilte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden der Bf zuhanden ihres Sachwalters mit, dass die Mutter von Frau H eine Pension bezieht, zu der ihr für ihre Tochter I H ein Kinderzuschuss in der Höhe von monatlich 47,24 Euro gewährt wird. Laut Mitteilung der Pensions­versicherungsanstalt erhält die Bf diesen Kinderzuschuss direkt selbst überwiesen. Die Bf wurde ersucht, den Kinderzuschuss monatlich per Dauer­auftrag ab 01.03.2015 auf ein Konto des Landes zu überweisen. Weiters wurde mitgeteilt, dass hinsichtlich des Kostenersatzes aus Kinderzuschuss über die Jahre 2012 hinaus Verjährung eingetreten ist und für den Zeitraum 01.01.2012 bis 28.02.2015 ein offener Betrag in Höhe von 1.795,12 Euro besteht. Es wurde ersucht, diesen Betrag ebenfalls auf das Konto des Landes zu überweisen.

 

Mit Schreiben vom 04.03.2015 ersuchte der Sachwalter der Bf hinsichtlich des Kinderzuschusses um bescheidmäßige Vorschreibung.

 

Am 05.03.2015 stellte das Land , Abteilung Soziales, einen Antrag an die BH Gmunden, gemäß § 45 Abs. 3 Oö. ChG mit schriftlichem Bescheid über den Ersatz der Kosten zu entscheiden.

 

Mit Bescheid vom 10.03.2015, GZ: SO20-107-H, entschied der Bezirks­hauptmann von Gmunden, dass die Bf ab 01.01.2012 für die Dauer der mit Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung vom 20.03.2008, GZ: SO20-107-H, gewährten Hauptleistung Wohnen in einem Wohnheim gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 Oö. ChG den Kinderzuschuss in Höhe von derzeit monatlich 47,24 Euro als Kostenersatz zu leisten hat.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

IV. Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

 

Die maßgebenden Bestimmungen des Oö. Chancengleichheitsgesetzes (Oö. ChG), LGBl. Nr. 41/2008, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 18/2013, lauten:

 

§ 40

Ersatz durch die leistungsempfangende Person und ihre Erben

 

(1) Die Empfängerin oder der Empfänger von Hauptleistungen nach § 8 Abs. 1 ist um Ersatz der für sie oder ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn

1. sie oder er zu hinreichendem Einkommen oder verwertbarem Vermögen im Sinn des § 20 Abs. 2 Z 1 gelangt;

2. nachträglich bekannt wird, dass sie oder er zur Zeit der Leistung hinreichendes Einkommen oder verwertbares Vermögen im Sinn des § 20 Abs. 2 Z 1 hatte;

3. im Fall des § 20 Abs. 3 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich oder zumutbar wird.

 

§ 45

Geltendmachung von Ansprüchen

(…)

 

(3) Wird ein Vergleichsversuch nicht unternommen oder kommt ein Anerkenntnis bzw. Vergleich im Sinn des Abs. 2 nicht zustande, ist auf Antrag des Landes Oberösterreich über den Kostenersatz von der Bezirksverwaltungsbehörde (§ 49) mit schriftlichem Bescheid abzusprechen.

 

§ 40 Oö. ChG enthält den verfahrensgegenständlich anzuwendenden Ersatztatbestand. Dieser Paragraph regelt nämlich den Ersatz durch die leistungsempfangende Person und ihre Erben. Der von der belangten Behörde herangezogene § 41 Oö. ChG regelt dagegen den Ersatz durch unterhaltspflichtige Angehörige.

 

Da Adressat des bescheidmäßig vorgeschriebenen Kostenersatzes die Bf als leistungsempfangende Person (Kinderzuschuss wird der Bf von der Pensions­versicherungsanstalt direkt selbst überwiesen) ist, kommt gegen­ständlich § 40 Oö. ChG zur Anwendung, wie dies in der Beschwerde auch zutreffend ausgeführt wird.

 

Da das Oö. LVwG gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden hat, war die zugrunde liegende Rechtsgrundlage spruchmäßig zu berichtigen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 40 Abs. 1 Oö. ChG bereits ausgesprochen, dass der Leistungsempfänger (u.a.) dann Ersatz zu leisten hat, wenn er zu verwertbarem Vermögen (Einkommen) gelangt oder nachträglich bekannt wird, dass er bereits „zur Zeit der Leistung“ verwertbares Vermögen (Einkommen) hatte. Mit einer derartigen Vorschrift wird bewirkt, dass die Behörde, der das Vermögen (Einkommen) bereits bei Hilfegewährung bekannt war, die aber eine entsprechende Berücksichtigung unterlassen hat, dieses Versäumnis nicht im Wege einer Kostenersatzvorschreibung nachholen kann. Daraus ist ersichtlich, dass unter dem Begriff „zur Zeit der Leistung“ in § 40 Abs. 1 Z. 2 Oö. ChG der Zeitpunkt des (in der Regel durch Erlassung eines Bescheides zum Ausdruck kommenden) behördlichen Entschlusses auf Zuerkennung der Leistung zu verstehen ist, kann doch der Träger der Behindertenhilfe bei der Zuerkennung einer Leistung nur solches Vermögen berücksichtigen, das in diesem Zeitpunkt bekannt ist. Danach ist (sowohl während des laufenden Bezuges der Leistung als auch nach deren Einstellung) bekannt gewordenes Vermögen (Einkommen) ebenso wie nach diesem Zeitpunkt erlangtes Vermögen (Einkommen) zum Kostenersatz heranzuziehen. Dabei ist unerheblich, aus welchen Quellen das Vermögen stammt (VwGH 29.2.2012, 2011/10/0069; VwGH 27.5.2014, 2011/10/0127).

 

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid die Bf zum Kostenersatz ab 01.01.2012 verpflichtet. Da die Hilfe durch Beschäftigung in der Tagesheimstätte G in Verbindung mit einer internen Unterbringung im Wohnhaus L mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 20.03.2008 zuerkannt wurde, war die belangte Behörde laut der genannten Judikatur des VwGH berechtigt, nach diesem Zeitpunkt erlangtes Einkommen bzw. Vermögen jedenfalls zum Kostenersatz heranzuziehen.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.  133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger