LVwG-300059/13/Kl/HK
Linz, 17.02.2014
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn x vertreten durch Rechtsanwälte x gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3. Dezember 2013, BZ-Pol-09058-2013, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5. Februar 2014
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 400 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 3. Dezember 2013, BZ-Pol-09058-2013, wurde über den Berufungswerber (nunmehr Beschwerdeführer; kurz: BF) eine Geldstrafe von je € 1000 in zwei Fällen , für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 40 Stunden in zwei Fällen , wegen je einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs. 1 und Abs.2 Z.4 und Abs. 4 BauV iVm. § 118 Abs.3 und § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x der persönlich haftenden Gesellschafterin der x zu verantworten hat, dass am 26.8.2013 auf der Baustelle x die Arbeitnehmer x mit Deckenschalungsarbeiten-Besucherplattform des Bürogebäudes-in ca. 8 m Höhe nicht angeseilt bzw. ohne Absturzsicherung, Abgrenzung oder Schutzeinrichtung beschäftigt wurden, obwohl bei Absturzgefahr Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen anzubringen sind und Absturzgefahr besteht an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei einer Absturzhöhe von mehr als 2,00 m. Die Arbeitgeberin hat dadurch den nach dem 9. Abschnitt des ASchG weitergeltenden Vorschriften zuwidergehandelt.
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten an das Arbeitsinspektorat mitgeteilt wurde. Die Übermittlung einer Bestellungsurkunde an das Arbeitsinspektorat sei nicht erforderlich. Die Zustimmung des Bestellten sei erforderlich und erfolgt. Auch sei in der Mitteilung als räumlicher Bereich für die Bestellung x enthalten. Das Werksgelände befindet sich in der angegebenen Anschrift x. Die im Spruch angenommene Baustelle liege auf dem Werksgelände der x. Es sei daher eine wirksame Bestellung erfolgt. Der Beschwerdeführer sei nicht verantwortlich. Der Bestellte habe auch die erforderliche Anordnungsbefugnis. Es werde daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung (Beschwerde) samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat, nunmehr Oö. Landesverwaltungsgericht, vorgelegt.
Gemäß § 3 Abs. 7 Z. 1 und 2 VwGbk-ÜG können mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei den unabhängigen Verwaltungsbehörden anhängige Verfahren von den Verwaltungsgerichten weitergeführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt zur Zuständigkeit eines Senates der unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Senates oder des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und alle Mitglieder dieses Senates bzw. der Einzelrichter dem Senat der unabhängigen Verwaltungsbehörde angehört haben bzw. hat; zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitglieds der unabhängigen Verwaltungsbehörde gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und es sich um denselben Organwalter handelt.
Sowohl nach der für den Oö. Verwaltungssenat in Geltung gestandenen Geschäftsverteilung als auch nach der nunmehr geltenden Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ist die eingangs genannte Einzelrichterin zur Entscheidung zuständig. Es war daher das Verfahren fortzuführen.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2014, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und der Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden x als Zeugen geladen und einvernommen.
4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:
Der Beschwerdeführer (kurz: BF) war zum Tatzeitpunkt am 26. August 2013 handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x, welche persönlich haftende Gesellschafterin der x ist. Letztere hat am 26.8.2013 auf der Baustelle x, zwei namentlich genannte Arbeitnehmer mit Deckenschalungsarbeiten bei der Besucherplattform beim Bürogebäude in ca. 8 m Höhe beschäftigt, wobei keine Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren und die Arbeitnehmer auch nicht angeseilt waren. Die Arbeiten wurden im Zuge einer Großbaustelle ausgeführt. Es wurde ein zusätzliches Werk zur x (Neubau eines Werkes zusätzlich zum bestehenden Werk) mit mehreren Hallen und Trakten gebaut. Dieser Neubau wird gesondert zusätzlich zum bisherigen Werk errichtet. Konkret bei der Kontrolle des Arbeitsinspektorates waren die beiden Arbeitnehmer beim Bürotrakt, einem gesonderten Gebäude, bei der Errichtung der Besucherplattform beschäftigt. Es wurden in diesem Bereich Schalungsarbeiten durchgeführt. Der Gesamtauftrag für die gesamte Baustelle erging an die Firma x. Die Firma x hat als Subauftrag die Errichtung des Bürotraktes übernommen.
Zum Tatzeitpunkt lag eine Bestellungsurkunde (Zustimmungsnachweis zur Bestellung), datiert vom 22.5.2013, beim Arbeitsinspektorat Vöcklabruck eingelangt am 27.5.2013, betreffend die Bestellung des CH zum verantwortlichen Beauftragten der Firma F., Bereich Hochbau, vor. Der sachliche Zuständigkeitsbereich wurde mit „Einhaltung des Arbeitsinspektionsgesetzes und Einhaltung aller Arbeitnehmerschutzvorschriften“ angegeben. Als räumlicher Zuständigkeitsbereich ist festgehalten:
„4.1. Baustelle und Anschrift: x
4.2. Zeitpunkt des Arbeitsbeginnes: 23. 5. 2013
4.3. Art und Umfang der Arbeiten: Zubau & Neuerrichtung einer Halle H09 +H10 Barrenmanipulation“.
Eine weitere Bestellungsurkunde vom 13.9.2013, beim AI Vöcklabruck eingelangt am 16.9.2013, beinhaltet die Bestellung des Herrn CH zum verantwortlichen Beauftragten für den räumlichen Zuständigkeitsbereich x.
Barrenmanipulation und Ersatzteillagerhalle sind Hallen bzw. Trakte des bestehenden Werkes der x, wobei bei der Barrenmanipulation ein Umbau und eine Neuerrichtung beim bestehenden Werk vorgenommen wurden. Diese Baumaßnahmen erfolgten zeitgleich mit der Errichtung des neuen Werkes und daher auch mit der Errichtung des Bürotraktes, wobei der genannte CH sowohl als Bauleiter für den Bürotrakt als auch als Bauleiter für den Zu- und Umbau bei der Barrenmanipulation tätig war. Der Umbau und Zubau bei der Barrenmanipulation war ebenfalls eine Baustelle der Firma F.
Vom Bauleiter wurde daher die gesamte Tätigkeit der Firma F. als eine Baustelle gesehen und fühlte er sich daher auch als zuständiger Bauleiter für das Bürogebäude mit Besucherplattform.
Zum Kontrollzeitpunkt am 26.8.2013 war der Bauleiter nicht auf der Baustelle anwesend. Er besuchte die Baustelle hauptsächlich dienstags zur Baustellenbesprechung. Manchmal kam er auch am Donnerstag auf die Baustelle. Vor Ort verantwortlich war der Polier. Der Beschuldigte war nie auf der Baustelle.
4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt aufliegenden Bestellungsurkunden sowie das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Auch sind die Aussagen des zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitsinspektors durch angefertigte Fotos untermauert. Die Arbeiten der angetroffenen Arbeitnehmer ohne Absturzsicherungen und ohne Anseilen wurden vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Hinsichtlich der örtlichen Situation stimmten die Angaben des Arbeitsinspektors mit den Angaben des Bauleiters überein und konnten daher diese Angaben über die Hallen und Trakte sowohl hinsichtlich des bestehenden Werkes als auch des neu zu errichtenden Werkes der Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Es ist daher als erwiesen zu Grunde zu legen, dass es seitens der Firma F. sowohl eine Baustelle im bestehenden Werk der x als auch bei dem gesondert neu zu errichtenden Werk gab.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 33/2012 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.
Gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV liegt Absturzgefahr an sonstigen Arbeitsstätten, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe vor.
Gemäß § 7 Abs.4 BauV kann die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfallen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein.
Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.
5.2. Im Grunde des festgestellten erwiesenen Sachverhaltes hat der BF am 26. August 2013 auf der Baustelle der x, Neuerrichtung eines zusätzlichen Werkes der x, zwei Arbeitnehmer zu Schalungsarbeiten an der Besucherplattform beim Bürotrakt des neu zu errichtenden Werkes der x herangezogen, wobei die Absturzhöhe ca. 8,0 m betrug und keine technischen Absturzsicherungen vorhanden waren und die Arbeitnehmer auch nicht angeseilt waren. Es war daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung je Arbeitnehmer erfüllt. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat der BF die Tat je Arbeitnehmer gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich zu verantworten.
Hinsichtlich des Einwandes der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, nämlich des Bauleiters CH ist jedoch Folgendes auszuführen:
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind nach § 9 Abs. 2 VStG berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Gemäß § 9 Abs. 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der gegenständlichen Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt sein muss. Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc.). Da dies auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustande gekommenes Beweisergebnis nicht zutrifft, genügt zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht die Berufung auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten oder anderer Personen, mit der die Zustimmung des Erstgenannten zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1289 mit Judikaturnachweisen). Die Bestellungen (Namhaftmachungen) von verantwortlichen Beauftragten dürfen keine Zweifel über den Umfang der Übertragung der Verantwortlichkeit offen lassen (Hauer/Leukauf, Seite 1284 mit Nachweisen). Auch ist aus dem § 9 Abs. 3 und 4 VStG zu schließen, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, “ klar abzugrenzen“ ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Die Verwaltungsstrafbehörde soll nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, insbesondere über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie soll auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortungsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt. Das Tatbestandsmerkmal des klar abzugrenzenden Bereiches in § 9 Abs. 4 VStG muss schon beim Nachweis der Zustimmung des verantwortlichen Beauftragten vorgelegen haben und darf nicht erst während des anhängigen Strafverfahrens - durch Klarstellung im Rahmen des Beweisverfahrens - entscheidend ergänzt werden (Hauer/Leukauf, Seite 1309, Anm. 106 und 107 mit Judikaturnachweisen).
Die zum Tatzeitpunkt vorliegende Bestellung des CH zum verantwortlichen Beauftragten vom 22.5.2013 enthält als sachlich abgegrenzten Bereich „Einhaltung aller Arbeitnehmerschutzvorschriften“ und als räumlichen Zuständigkeitsbereich x. Auch ist eine weitere Umschreibung von Art und Umfang der Arbeiten mit “Zubau und Neuerrichtung einer Halle H09 und H10 Barren- manipulation“ angeführt. Dieser Bestellung hat CH nachweislich zugestimmt. Es ist daher aus dieser Bestellung neben dem sachlichen Zuständigkeitsbereich eindeutig ein räumlicher Zuständigkeitsbereich mit Halle 9 und Halle 10 Barrenmanipulation bestimmt. Dieser räumliche Bereich ist aufgrund des Verhandlungsergebnisses eindeutig dem „alten“ x Werk zuzurechnen. Jedenfalls umfasst die Barrenmanipulation nicht den Baustellenbereich, an welchem die Kontrolle des Arbeitsinspektorates zum Tatzeitpunkt stattgefunden hat. Dies wird auch noch untermauert durch die weitere Angabe und Erläuterung “Zubau und Neuerrichtung einer Halle Barrenmanipulation“. Es ist daher die Bestellung eindeutig auf den räumlichen Bereich der Barrenmanipulation und daher auf den Produktionsbereich des „alten“ x Werkes zu beziehen. Aus der näheren Umschreibung der Arbeiten ist aber auch ersichtlich, dass die weitere Angabe „x Werksgelände“ auf das „alte“ Werk der x zu beziehen ist. Anhand des Verhandlungsergebnisses, welches eindeutig aus den Zeugenaussagen erwiesen ist, geht daher eindeutig hervor, dass die vorgewiesene Bestellung lediglich eine Bestellung für den Bereich des alten Werkes, nämlich die Um- und Zubaumaßnahmen bei der Barrenmanipulation sowie das nähere Umfeld des Werksgeländes betrifft. Eine Zuständigkeit für das neu zu errichtende Werk und daher für den Bürotrakt und die Besucherplattform kann aus dieser Bestellung nicht ersehen werden. Im Grunde der bereits angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war daher von keiner wirksamen Bestellung für den Baustellenbereich Bürotrakt und Besucherplattform, an dem eine Kontrolle stattgefunden hat, auszugehen.
Es ist daher keine wirksame Delegation der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit vom Beschuldigten zum Bauleiter erfolgt.
Ob eine erweiterte Bestellung auch für den Kontrollbereich beabsichtigt war oder sich der Bauleiter für den Bürotrakt zuständig erachtete, ist hingegen im Grunde der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht relevant. Eine diesbezügliche im Sinn der gesetzlichen Bestimmungen wirksame Bestellung wurde der Behörde bis dato nicht nachgewiesen.
5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom BF kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der BF initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.
Ein entsprechendes Vorbringen zu seiner Entlastung hat der BF nicht gemacht. Das Verhandlungsergebnis hat vielmehr gezeigt, dass sich der BF nicht um den Arbeitnehmerschutz gekümmert hat. Es ist erwiesen, dass der BF nicht auf der Baustelle war und keine Kontrollen durchgeführt hat. Auch hat an diesem Tag keine Kontrolle durch einen Bauleiter oder eine sonst verantwortliche Person auf der Baustelle stattgefunden. Es war daher kein Kontrollsystem behauptet und nachgewiesen.
Es war daher jedenfalls von fahrlässiger Tatbegehung und daher vom Verschulden auszugehen.
5.4. Gründe für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens liegen nicht vor.
5.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keine Erschwerungsgründe zu Grunde gelegt und mildernd die Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet. Seine persönlichen Verhältnisse wurden mit keinem Vermögen, keinen Sorgepflichten und einem Nettoeinkommen von monatlich € 4000 geschätzt. Bei der Strafbemessung wurde die erhebliche Gefährdung von Leben und Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer berücksichtigt. Sie hat die Strafe erforderlich erachtet, um den BF von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.
Diese Angaben wurden vom BF auch im Beschwerdeverfahren nicht bestritten. Sie können auch nunmehr der Strafbemessung zu Grunde gelegt werden. Die verhängte Geldstrafe je Arbeitnehmer war tat- und schuldangemessen und im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen nicht überhöht. Es konnte daher die Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe je Arbeitnehmer bestätigt werden.
Außer der Unbescholtenheit des BF liegen keine Milderungsgründe vor, sodass die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht gegeben waren.
Da mangels Kontrollen durch den BF nicht von einem geringfügigen Verschulden auszugehen war, lagen auch nicht die Voraussetzungen für eine Verfahrenseinstellung oder Ermahnung vor.
6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt € 400 vorzuschreiben (§ 52 Abs. 1 und 2 VwGVG).
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt