LVwG-650492/2/MS
Linz, 01.12.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn M R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Vöcklabruck, vom 23. Juni 2015 GZ. VerkR21-460-2014pl, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 i.V.m. § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 23. Juni 2015, VerkR21-460-2014pl, wurde die Lenkberechtigung von Herrn M R (im Folgenden: Beschwerdeführer) auf eine Jahr befristet und durch die Auflage eingeschränkt, dass der Beschwerdeführer in einem Jahr eine Haaranalyse auf eigene Kosten durchführen zu lassen habe.
Darüber wurde eine Niederschrift angefertigt, die dem Beschwerdeführer zur Durchsicht vorgelegt worden ist und hat Beschwerdeführer hiervon eine schriftliche Ausfertigung verlangt.
Mit E-Mail vom 21. Juli 2015 brachte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter gegen den oben zitierten Bescheid eine mit 21. Juli 2015 datierte Beschwerde ein. Die E-Mail wurde um 22:32 Uhr an die belangte Behörde versendet.
In der Beschwerde wird neben umfangreichen Ausführungen zur Zulässigkeit der Vorschreibung Auflage, eine Haaranalyse durchführen zu lassen, ausgeführt, der mündlich verkündete und nunmehr bekämpfte Bescheid sei dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde noch nicht zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.
Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.
II. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde der ggst. Beschwerde angeschlossenen Verfahrensakt, aus welchem sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig ableiten ließ.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Ziffer 1 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerde zurückzuweisen war.
Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Mit mündlich verkündetem Bescheid am 23. Juni 2015 wurde die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers befristet und mit einer Auflage (Haaranalyse) beschränkt.
Der Bescheidinhalt wurde in einer Niederschrift beurkundet und diese Niederschrift dem Beschwerdeführer zur Durchsicht vorgelegt. Der Beschwerdeführer beantragte eine schriftliche Ausfertigung der Niederschrift.
Gegen den mündlich verkündeten Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde erhoben. Diese hat die Beschwerde mittels E-Mail am 21. Juli 2015 an die belangte Behörde. Die E-Mail wurde am 22:32 Uhr an die belangte Behörde gesendet.
Die Amtszeiten der belangten Behörde sind auf der Homepage derselben veröffentlicht und sind wie folgt festgelegt:
Montag 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr, 12.30 Uhr bis 17.00 Uhr
Dienstag 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr
Mittwoch 7.00 Uhr bis 12.30 Uhr
Donnerstag 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr, 12.30 Uhr bis 17.00 Uhr
Freitag 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr
Weiters findet sich folgender Hinweis auf der Homepage der belangten Behörde:
„Die Empfangsgeräte (Telefax und E-Mail) sind auch außerhalb der Amtsstunden empfangsbereit, allerdings werden diese nur während der Amtsstunden betreut. Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an diese Empfangsgeräte gerichtet werden, können daher nicht entgegengenommen werden. Dies hat die Wirkung, dass Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in den Verfügungsbereich des Amtes gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten und von uns erst ab diesem Zeitpunkt behandelt werden.“
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich, was den mündlich verkündeten Bescheid und den Umfang der beantragten schriftlichen Ausfertigung anbelangt, aus dem vorgelegten Verfahrensakt, insbesondere aus der Niederschrift vom 23. Juni 2015.
Die Amtszeiten der belangten Behörde wurden aufgrund einer Internetrecherche auf der Homepage der belangten Behörde festgestellt.
III. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.
Gemäß § 13 Abs. 1 AVG können, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
Gemäß § 13 Abs. 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen
Gemäß § 13 Abs. 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
Gemäß § 32 Abs. 2 erster Satz AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist zu laufen begonnen hat.
Gemäß § 62 Abs. 1 AVG können, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden.
IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gem § 13 Abs 5 AVG ist die Behörde zum einen nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen.
Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind gem § 13 Abs 5 zweiter Satz AVG im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
Hält die Behörde – freiwillig – außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit und langt das Anbringen nach dem Ende der Amtsstunden (aber noch am letzten Tag einer allfälligen Frist) bei ihr ein, so gilt das Anbringen noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) eingebracht (RV 2008, 11; vgl auch VwSlg 17.673 A/2009; VwGH 18.3.2010, 2009/22/0324).
Umgekehrt gilt ein Anbringen erst am nächsten Tag (und damit nach Fristablauf) als eingebracht, wenn es erst an diesem Tag einlangt, weil das Post(en)laufprivileg des § 33 Abs 3 AVG für derartige Übermittlungsformen nicht gilt (VwSlg 17.673 A/2009; VwGH 23.5.2012, 2012/08/0102).
Wie im Fall des Einlaufkastens ist allerdings anzunehmen, dass die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der – gem § 13 Abs 5 AVG bekanntgemachten – Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringen kann, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind (vgl auch Rz 33), erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten (RV 2008, 11; VwGH 23.5.2012, 2012/08/0102;
Am 23. Juni 2015 wurde dem Beschwerdeführer der nunmehr bekämpfte Bescheid mit dem die Lenkberechtigung sowohl befristet als auch durch eine Auflage eingeschränkt wurde, mündlich verkündet, was unbestritten geblieben ist.
Mit der mündlichen Verkündung am 23. Juli 2015 begann somit die Frist, die zur Erhebung einer Beschwerde zur Verfügung steht zu laufen, da vom Beschwerdeführer eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides nicht verlangt wurde, sondern entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde „nur“ die schriftliche Ausfertigung der Niederschrift, was aus der Niederschrift selbst zu ersehen ist, da unter dem Text und der Rechtsmittelbelehrung nicht jene Rubrik angekreuzt wurde, in der über das Recht eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides zu verlangen belehrt wurde und wo gleichzeitig auch das Verlangen nach der schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides enthalten ist, angekreuzt wurde, sondern jene Rubrik, in der die schriftliche Ausfertigung der Niederschrift begehrt werden kann. Auch ist binnen 3 Tagen ab Verkündung des Bescheides kein Verlangen an die belangte Behörde gestellt worden, dem Beschwerdeführer eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides zuzustellen. Daher endet die Beschwerdefrist mit 21. Juli 2015.
Die Beschwerde wurde an diesem Tag mittels E-Mail an die belangte Behörde übermittelt. Die Übermittlung der E-Mail erfolgte am 22:32 Uhr.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23.05.2012, 2012/08/0102 zur Rechtzeitigkeit einer per E-Mail oder Telefax eingebrachten Berufung ausgeführt:
„Eine Kundmachung im Internet von (ua) organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten ist in § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG ausdrücklich vorgesehen; unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 (294 BlgNR 23. GP, 10) auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen. Damit kann die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt – mit Wiederbeginn der Amtsstunden – als eingebracht und eingelangt gelten..“
Die ggst. Beschwerde wurde außerhalb der Amtszeiten, nämlich um 22:32 Uhr, an die belangte Behörde mit E-Mail übermittelt und gilt daher entsprechend der Kundmachung der belangten Behörde im Internet erst am Mittwoch, 22. Juli 2015 zu Beginn der Amtsstunden (7:00 Uhr) als eingebracht und ist somit verspätet.
V. Daher war die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Dr. Monika Süß