LVwG-680014/6/ZO/HK

Linz, 01.12.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter         Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des S M, geb. 1967, vom 14.7.2015, gegen einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, nämlich die Verweigerung der Wiedererteilung seiner Lenkberechtigung durch ein der Bezirkshauptfrau des Bezirkes Rohrbach zurechenbares Organ,  

 

folgenden

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

 

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 

 

 

II. Gegen diese Entscheidung ist keine ordentliche Revision zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf) hat mit Schreiben vom 14.7.2015 eine Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu Zl. 15/196639 eingebracht. Mit diesem Bescheid hatte die BH Rohrbach den Antrag des Bf auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung abgewiesen. Gleichzeitig mit dieser Beschwerde hat der Bf auch eine Maßnahmenbeschwerde erhoben und einen Antrag auf sofortige Wiederausfolgung seiner Lenkberechtigung gestellt. Er hat umfangreiche Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit des von ihm angefochtenen Bescheides gemacht, jedoch nicht angeführt, gegen welchen konkreten Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sich die Maßnahmenbeschwerde richtet.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat aufgrund der Bescheidbeschwerde den Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Der Bf wurde mit Schreiben vom 6.10.2015 bezüglich der Maßnahmenbeschwerde um Mitteilung gebeten, gegen welchen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- oder Zwangsgewalt sich diese Beschwerde richtet.

 

Mit Schreiben vom 21.10.2015 machte der Bf umfangreiche Ausführungen zum bekämpften Bescheid sowie zu einem früheren Verfahren der BH Rohrbach und seinem Pensionierungsverfahren. Zur Maßnahmenbeschwerde äußerte er sich – genau wie in einem weiteren Schreiben vom 26.10.2015 – nicht.

 

3. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.

gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2.

gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.

wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4.

gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

 

Gemäß Art 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

3.2.1. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; und 9813/1983;). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang tatsächlich ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte (vgl mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610). Maßnahmen im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung können daher grundsätzlich nicht mit einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden.

 

Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.439 A/1977).

 

3.2.2. Der Bf hat trotz Aufforderung nicht dargelegt, gegen welche faktische Amtshandlung seine Maßnahmenbeschwerde konkret gerichtet ist. Soweit sie als Beschwerde gegen die Verweigerung der Wiedererteilung der Lenkberechtigung verstanden werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nicht um eine Ausübung unmittelbarer Befehls- oder Zwangsgewalt handelt, sondern die Behörde darüber in dem vom Bf ohnedies gesondert bekämpften Bescheid vom 18.6.2015, GZ 15/196639 abgesprochen hat. Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides kann im Verwaltungsverfahren geklärt werden. Es besteht keine Rechtsschutzlücke, weshalb die Maßnahmenbeschwerde als bloß subsidiärer Rechtsbehelf kein zulässiges Mittel ist, um diese Frage zu lösen. Die Maßnahmenbeschwerde ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

3.3. Anzuführen ist, dass der Bf bei diesem Ergebnis gem. § 35 Abs. 5 VwGVG als unterlegene Partei anzusehen ist, weshalb er grundsätzlich zum Kostenersatz verpflichtet wäre. Im konkreten Fall sind jedoch keine Kosten entstanden, weil die Behörde den Akt ohnedies im Administrativverfahren vorgelegt und das LVwG von der Einholung einer Gegenschrift abgesehen hat.

 

Zu II.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Subsidiarität der Maßnahmenbeschwerde ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl