LVwG-150643/4/VG/WP
Linz, 14.10.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde der H D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F R MBA, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. März 2015, GZ: Verk-960271/28-2015-Ba/Eis, betreffend Enteignung in einer Straßenangelegenheit
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß §§ 41 Abs 1 Oö. Straßengesetz 1991 idF der Oö. Straßengesetz-Novelle 2015, LGBl 42, iVm 7 Abs 3 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz idF BGBl I 2010/111, werden die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin mit € 500,00 bestimmt.
Dem Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, wird gemäß §§ 41 Abs 1 Oö. Straßengesetz 1991 iVm 44 Abs 1 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz aufgetragen, der Beschwerdeführerin zH ihres rechtsfreundlichen Vertreters, Rechtsanwalt Dr. F R MBA, den Betrag von € 500,00 als Kostenersatz für die rechtsfreundliche Vertretung im Enteignungsverfahren binnen 4 Wochen bei sonstiger Exekution auszubezahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Bisheriger Verfahrensgang
1. Mit Eingabe vom 21. Mai 2014 beantragte das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung (im Folgenden: Antragstellerin), bei der Oö. Landesregierung als zuständige Straßenbehörde unter Vorlage von Projektunterlagen die straßenbaurechtliche Bewilligung für die "Umfahrung M-M, Abschnitt x“ (im Folgenden kurz: Umfahrung M).
2. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 30. Juli 2014, GZ: Verk-960253/284-2014-Ba/Eis, wurde die beantragte straßenrechtliche Bewilligung nach Maßgabe des bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Einreichprojektes straßenrechtlich bewilligt.
3. Die gegen diesen Bescheid ua von der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 29. Mai 2015, GZ: LVwG-150368/52/RK/FE, als unbegründet abgewiesen.
4. Mit Feststellungsantrag vom 2. September 2014 beantragte ua die Bf die Feststellung, „die Oberösterreichische Landesregierung möge gemäß § 3 Abs 7 UVP-G feststellen, dass das Vorhaben des Landes Oberösterreich Verk-960253/284-2014, Umlegung der Landesstraße x, B, Baulos ‚Umfahrung M – M ‘, Abschnitt x – M, im Gebiet der Gemeinde M, einem Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 zu unterziehen ist“.
5. Diesen Feststellungsantrag wies die Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 28. Oktober 2014, GZ: AUWR-2014-131894/2-Müb, als unzulässig zurück. Die ua von der Bf dagegen erhobene Bescheidbeschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26. März 2015, GZ: W225 2016189-1/3E, als unbegründet abgewiesen.
6. Mit Bescheid vom 29. Juli 2014, GZ: N10-205-2013-Ps, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn der Antragstellerin die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Umfahrung M.
7. Am 28. April 2014 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn eine wasserrechtliche mündliche Verhandlung zur Umfahrung M durchgeführt. Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung erstatteten die Amtssachverständigen für Hydrogeologie, Hydrologie, Landwirtschaft sowie für Wasserbautechnik Gutachten. Im Ergebnis wurde das Straßenbauvorhaben von allen beigezogenen Amtssachverständigen positiv bewertet.
8. Mit Bescheid vom 8. Juni 2015, Wa10-10-50-2014, wurde das Straßenbauvorhaben von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn wasserrechtlich bewilligt. Über die ua von der Bf dagegen erhobene Bescheidbeschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis dato nicht entschieden.
9. Mit Eingabe vom 17. November 2014, GZ: GeoL-C-310305/15-2014-Gu, beantragte die Antragstellerin unter Vorlage von Grundeinlöseplänen, Grundeinlöseverzeichnissen und Grundbuchsauszügen bei der Oö. Landesregierung (im Folgenden: belangte Behörde) die Durchführung eines Grundeinlöse- bzw Enteignungsverfahrens zur Verwirklichung des eingangs erwähnten Straßenbauvorhabens Umfahrung M. Die Antragstellerin weist darin auf die bisherigen Bemühungen um eine gütliche Einigung (schriftliches Angebot zur gütlichen Grundeinlöse und zwei mündliche Verhandlungen) mit der Bf hin.
10. Mit Erledigung vom 18. November 2014 wurden von der belangten Behörde mündliche Verhandlungen „zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts und zur Wahrung der Interessen der Parteien und Beteiligten“ für die Verhandlungstage 17. und 18. Dezember 2014 sowie 8. und 22. Jänner 2015 anberaumt. Das Programm sah die mündliche Verhandlung mit der Bf am 8. Jänner 2015 vor. In der Kundmachung wurde darauf hingewiesen, dass das Einreichprojekt sowie ein Grundeinlöseplan und ein Grundeinlöseverzeichnis bis zum Tage vor Beginn der jeweiligen mündlichen Verhandlung beim Amt der Oö. Landesregierung während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsichtnahme aufliege. Auf die Folgen des Unterlassens der Erhebung von Einwendungen iSd § 42 Abs 1 und 2 AVG wurde hingewiesen.
11. Am 8. Jänner 2015 fand unter Teilnahme der Bf sowie ihres rechtsfreundlichen Vertreters die mündliche Verhandlung über den verfahrenseinleitenden Enteignungsantrag der Antragstellerin zur Einlösung der betroffenen Grundstücksteile der Bf statt. Da die Bf einem nochmaligen (gütlichen) Angebot nicht näher trat, wurde die mündliche Verhandlung als Enteignungsverfahren fortgeführt. Der beigezogene straßenbautechnische Amtssachverständige erläuterte das Projekt und stellte in seinem Gutachten ausdrücklich fest: „Für die plangemäße Durchführung des Straßenprojektes ist aus dem Grundbesitz [der Bf] die dauernde Grundinanspruchnahme von 1.470 m² für Landesstraße und 400 m² für Gemeindestraßen unbedingt erforderlich“. Darüber hinaus ist der Verhandlungsschrift das Bewertungsgutachten zur Ermittlung der Entschädigungshöhe beigefügt.
12. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 2015 wurde dem Enteignungsantrag der Antragstellerin betreffend die Grundstücksteile der Bf stattgegeben (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde die Entschädigung für die Grundinanspruchnahme festgesetzt; im Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass die Inbesitznahme der enteigneten Grundflächen durch die Antragstellerin von der Bf nach Rechtskraft dieses Bescheides und Auszahlung bzw gerichtlicher Hinterlegung der Entschädigung jederzeit zu dulden sei. Spruchpunkt IV. enthält eine Kostenentscheidung, mit Spruchpunkt V. werden weitere Anträge abgewiesen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, dass die Festlegung der Straße für den gegenständlichen Straßenabschnitt mit Verordnung der Oö. Landesregierung vom 29. Mai 2009, LGBl 52, erfolgt sei. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 30. Juli 2014 sei dieser Straßenabschnitt auch straßenrechtlich bewilligt worden. Damit seien die Notwendigkeit und das öffentliche Interesse an der Errichtung der Umfahrung M dokumentiert. Die naturschutzrechtliche Bewilligung sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Juli 2014 erteilt worden. Hinsichtlich der wasserrechtlichen Bewilligung habe bereits eine wasserrechtliche mündliche Verhandlung samt Beiziehung von Amtssachverständigen stattgefunden. Eine Bewilligung habe bisher nur deswegen nicht erteilt werden können, weil das für die wasserrechtliche Bewilligung erforderliche dingliche Recht (nämlich das Eigentum an den von der Bewilligung betroffenen Grundflächen) noch nicht sichergestellt sei. Ob die Voraussetzung für die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung vorlägen, sei daher im Wege einer Vorfrage zu lösen. Hiezu seien die entsprechenden wasserrechtlichen Verfahrensunterlagen (Niederschrift samt der darin enthaltenen Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen) beigeschafft worden. Auf Basis der Gutachten der Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, Hydrologie und Hydrogeologie könne bei befund- und projektgemäßer Ausführung und Beachtung der von den Amtssachverständigen vorgeschlagenen Auflagen davon ausgegangen werden, dass die wasserrechtliche Bewilligung zu erteilen sein werde. Durch die bereits vorliegenden Bewilligungen nach dem Oö. Straßengesetz 1991 und des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 sowie der von der Enteignungsbehörde getroffenen Erwägungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 könne mit der bescheidmäßig verfügten Grundinanspruchnahme zweifellos die Notwendigkeit der Abdeckung des konkreten Bedarfes begründet werden. Somit sei im Enteignungsverfahren lediglich zu prüfen, ob die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der enteigneten Liegenschaften (bzw Liegenschaftsteile) als erwiesen anzusehen sei, dh ob diese im beantragten Umfang tatsächlich für die plangemäße Durchführung des Projektes erforderlich seien. Diesbezüglich wurden von den betroffenen Grundeigentümern keinerlei Ausführungen dahingehend getätigt, dass die von der Enteignung erfassten Grundflächen nicht für die Umsetzung dieses Projektes notwendig wären. Zudem ergäbe sich aus dem Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen mit hinlänglicher Deutlichkeit, dass die im Spruch dieses Bescheides umschriebenen Grundflächen für die Realisierung dieses Bauvorhabens im Sinne des § 36 Abs 2 Oö. Straßengesetz 1991 unbedingt notwendig seien.
Der Bescheid wurde der Bf zuhanden ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 11. März 2015 zugestellt.
13. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Bf erachtet sich in ihren gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten und Verletzlichkeit ihres Eigentums verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Bf beantragt, das Landesverwaltungsgericht möge (1) eine mündliche Verhandlung durchführen, (2) den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos aufheben, (3) in eventu, den Enteignungsantrag abweisen, (4) in eventu, das Verfahren bis zum Vorliegen der Entscheidung des EuGH zu
C-570/13 unterbrechen, (5) in eventu, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen, (6) der Bf Kostenersatz laut Kostenverzeichnis zuerkennen. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges bringt die Bf auf das Wesentliche zusammengefasst vor:
(1) Voraussetzung für die Durchführung einer Enteignung sei, „dass sämtliche notwendigen materienrechtlichen Bescheide für ein Projekt in rechtskräftiger Form vorliegen“. Von dieser Prämisse ausgehend behauptet die Bf, der straßenrechtliche Bewilligungsbescheid sei von der Bf in Beschwerde gezogen worden und liege daher kein – iSd § 6b Oö. Landesverwaltungsgerichts-Vorbereitungsgesetz – rechtskräftiger Bescheid vor. (2) Ähnliches gelte auch für die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung. Da die Bf im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der Grundinanspruchnahme nicht zugestimmt habe, läge bisher kein wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid vor und „würde es eine Umgehung der wasserrechtlichen subjektiven Rechte [der Bf] darstellen, könnte [ihr] Einwand, einer Inanspruchnahme [ihrer] Flächen zu wasserrechtlichen Zwecken nicht zuzustimmen, durch eine Enteignung der relevanten Flächen im straßenrechtlichen Verfahren ausgehöhlt werden“. Zudem habe die belangte Behörde „das Vorliegen der wasserrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen zwar argumentiert, aber keinerlei Tatsachengrundlagen für diese Argumente in das Verfahren eingeführt. Insbesondere wurde der diesbezügliche Wasserrechtsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau nicht in das Verfahren eingeführt“. (3) Abschließend bringt die Bf vor, das Straßenbauvorhaben hätte eventuell einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen. Da zur Klärung der richtlinienkonformen Umsetzung durch die nationalen Gesetze derzeit ein Verfahren vor dem EuGH anhängig sei, hätte die belangte Behörde das Enteignungsverfahren bis zum Abschluss dieses Verfahrens aussetzen müssen.
Dem Beschwerdeschriftsatz ist ein Kostenverzeichnis angeschlossen.
14. Mit Schreiben vom 16. April 2015, am darauffolgenden Tag beim Landesverwaltungsgericht eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Es seien keine Aktenstücke von der Akteneinsicht ausgenommen, werde keine mündliche Verhandlung beantragt und ausdrücklich auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet.
15. Mit Schreiben vom 9. Juni 2015, am darauffolgenden Tag beim Landesverwaltungsgericht eingelangt, ergänzte die belangte Behörde ihr Vorlageschreiben um folgende Hinweise: (1) Mit 30. April 2015 sei die Oö. Straßengesetz-Novelle 2015 in Kraft getreten. Durch die damit bewirkte Aktualisierung der Verweisungsbestimmung sei nunmehr § 7 Abs 3 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz im Hinblick auf den Kostenersatz anzuwenden. (2) Die gegen den straßenrechtlichen Bewilligungsbescheid erhobenen Beschwerden seien vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 29. Mai 2015 als unbegründet abgewiesen worden und sei (zumindest jetzt) von der Rechtskraft des straßenrechtlichen Bewilligungsbescheides auszugehen. (3) Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn habe mit Bescheid vom 8. Juni 2015 einen positiven Wasserrechtsbescheid erlassen und damit die im Enteignungsbescheid vertretene Ansicht bestätigt.
II. Beweiswürdigung und festgestellter Sachverhalt
1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, sowie durch Einsichtnahme in die Schriftsätze der Bf, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Mai 2015, GZ: LVwG-150368/52/RK/FE, den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 28. Oktober 2014, GZ: AUWR-2014-131894/2-Müb, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2015, GZ: W225 2016189-1/3E, den naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Juli 2014, GZ: N10-205-2013-Ps und den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid derselben vom 8. Juni 2015,
GZ: Wa10-10-50-2014. Die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der im Enteignungsantrag (vgl Grundeinlöseverzeichnis und Grundeinlöseplan) näher bezeichneten Grundstücksteile der Bf ergibt sich eindeutig und unstrittig aus dem Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen. Der unten wiedergegebene entscheidungserhebliche Sachverhalt ergibt sich aus den genannten Beweismitteln widerspruchsfrei.
2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem unstrittigen und entscheidungserheblichen Sachverhalt aus:
2.1. Die Antragstellerin beabsichtigt die Umlegung der Landesstraße x (Umfahrung M). Dem geplanten Straßenbauvorhaben liegt eine Trassenverordnung der Oö. Landesregierung vom 29. Mai 2009, LGBl 52, zugrunde. Mit Eingabe vom 21. Mai 2014 beantragte die Antragstellerin bei der belangten Behörde die Erteilung der straßenrechtlichen Bewilligung gem §§ 31 und 32 Oö. Straßengesetz 1991.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juli 2014 wurde die Umfahrung M nach Maßgabe des bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Einreichprojektes straßenrechtlich bewilligt. Mit hg Erkenntnis vom 29. Mai 2015, GZ: LVwG-150368, wurden die dagegen erhobenen Bescheidbeschwerden ua der auch hier beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.
2.2. Die zur Verwirklichung des Straßenbauvorhabens erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung, sowie die von der belangten Behörde zunächst im Wege der Vorfragenbeurteilung geprüfte wasserrechtliche Bewilligung wurden von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erteilt. Gegen die wasserrechtliche Bewilligung behängt eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
2.3. Da für dieses Straßenbauvorhaben auch Grundstücke der Bf beansprucht werden müssen, führte die Antragstellerin Verhandlungen mit der Bf zur gütlichen Einigung. Da diese Verhandlungen zu keiner Einigung führten, die Flächen also durch die Antragstellerin nicht erworben werden konnten, hat diese unter Vorlage der Projektunterlagen die Durchführung eines straßenrechtlichen Grundeinlösungs- bzw Enteignungsverfahrens beantragt.
Über diesen Antrag hat die belangte Behörde mündliche Verhandlungen am 17. und 18. Dezember 2014 sowie am 8. und 22. Jänner 2015 durchgeführt. Im Zuge der Verhandlung mit der Bf wurde dieser von der Antragstellerin nochmals ein Kaufangebot unterbreitet, das eine Gesamtentschädigung (Landesstraße und Gemeindestraße) idHv € 15.778,40 vorsah. Dieses Angebot wurde von der Bf – aus prinzipiellen Gründen – abgelehnt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstattete der straßenbautechnische Amtssachverständige ein Gutachten zur Notwendigkeit der Flächeninanspruchnahme. Er führt diesbezüglich aus: „Für die plangemäße Durchführung des Straßenprojektes ist aus dem Grundbesitz [der Bf] die dauernde Grundinanspruchnahme von 1.470 m² für Landesstraßen und 400 m² für Gemeindestraßen unbedingt erforderlich“. Die Flächeninanspruchnahme stellt sich wie folgt dar:
Grundeigentümer | EZ. | KG | Grundstücks-Nr. | beanspruchte Fläche für das Land Oö in m² |
Bf | x | x | x |
1260 210
|
Der Bf wurde für die Inanspruchnahme der genannten Flächen eine Entschädigung idHv € 11.071,-- zugesprochen.
III. Maßgebliche Rechtslage
Dem gegenständlichen Beschwerdefall liegt eine auf §§ 35 und 36 Oö. Straßengesetz 1991 gestützte Enteignung von Teilen von Grundstücken der Bf zu Grunde. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Straßengesetzes 1991, LGBl 84, zuletzt geändert durch LGBl 2015/42, haben folgenden Wortlaut:
„§ 35
Enteignung
(1) Für den Bau einer öffentlichen Straße kann das Eigentum an Grundstücken oder die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Auch die für Grundflächen gemäß § 11 Abs. 1a, die Anlage von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Bauhöfen und anderen Baulichkeiten, wie Streumaterialsilos, sowie die zur Aufrechterhaltung von Verkehrsbeziehungen und zur Entnahme von Straßenbaumaterial notwendigen Grundstücke können im Wege der Enteignung erworben werden. Für den Bau einer Straße, die einer Bewilligung nach § 32 bedarf, darf die Enteignung nur nach Maßgabe dieser Bewilligung erfolgen. Auch für die Übernahme von bestehenden öffentlichen Straßen können das Eigentum und die erforderlichen Dienstbarkeiten (§ 5 Abs. 1) durch Enteignung in Anspruch genommen werden.
(2) Bei der Inanspruchnahme des Grundeigentums im Sinn des Abs. 1 auf der Grundlage einer gemäß § 11 Abs. 2 erlassenen Widmungsverordnung bleibt für den Enteignungsgegner der Einwand des fehlenden öffentlichen Interesses zulässig.
(3) Abs. 1 gilt sinngemäß auch für die Beseitigung von Bauten und Anlagen, die den Vorschriften des § 18 Abs. 1 und 2 widersprechen und die gefahrlose Benützbarkeit der Straße wesentlich beeinträchtigen, jedoch im Zeitpunkt ihrer Errichtung keinen straßenrechtlichen Bestimmungen widersprochen haben.
(4) Zu Enteignender ist der Eigentümer des Gegenstandes der Enteignung, weiters ein anderer dinglich Berechtigter, wenn das dingliche Recht mit einem nicht der Enteignung unterworfenen Gegenstand verbunden ist sowie der dinglich und obligatorisch Berechtigte, sofern dieses Recht für sich allein Gegenstand der Enteignung ist.
§ 36
Enteignungsverfahren
(1) Um die Enteignung ist unter Vorlage der zur Beurteilung der Angelegenheit erforderlichen Pläne und sonstigen Behelfe, insbesondere eines Verzeichnisses der hievon betroffenen Personen, der beanspruchten dinglichen Rechte und des voraussichtlichen Ausmaßes der beanspruchten Grundfläche sowie der erforderlichen Grundbuchsauszüge, die nicht älter als drei Monate sind, bei der Behörde anzusuchen. Zudem hat die antragstellende Straßenverwaltung glaubhaft zu machen, daß sie in offensichtlich geeigneter Weise, aber erfolglos, versucht hat, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken.
(2) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung sowie die Kosten des Enteignungsverfahrens entscheidet die Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Bedacht zu nehmen ist.
(3) Wird ein Teil eines Grundstückes enteignet und sind alle oder einzelne verbleibende Grundstücksreste unter Berücksichtigung der bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar, so sind über Antrag des Eigentümers die nicht mehr zweckmäßig nutzbaren Reste miteinzulösen.
(4) Der Enteignungsbescheid hat zugleich die Höhe der Entschädigung festzusetzen. Diese ist auf Grund des Gutachtens wenigstens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen in Anwendung der in den §§ 4 bis 8 des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes aufgestellten Grundsätze zu ermitteln.
(5) Die Höhe der festgesetzten Entschädigung kann im Verwaltungsweg nicht angefochten werden. Jede der Parteien kann aber, wenn sie sich durch die festgesetzte Entschädigung benachteiligt erachtet, innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung bei jenem Landesgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nur mit der Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden. Bei Zurückziehung des Antrages gilt mangels anderweitiger Vereinbarung die ursprünglich behördlich festgesetzte Entschädigung als vereinbart. Für das gerichtliche Verfahren zur Ermittlung der Entschädigung, für deren Feststellung im Wege eines Übereinkommens sowie für die Wahrnehmung der Ansprüche auf Befriedigung aus der Entschädigung, die dritten Personen auf Grund ihrer dinglichen Rechte zustehen, ist das Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz sinngemäß anzuwenden.
(6) Der Vollzug des rechtskräftigen Enteignungsbescheides kann nicht gehindert werden, sobald die von der Behörde ermittelte Entschädigung oder eine Sicherheit für die erst nach Vollzug der Enteignung zu leistende Entschädigung an den Enteigneten ausbezahlt oder gerichtlich erlegt ist.
§ 41
Verweisungen
(1) Soweit in diesem Landesgesetz auf Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in folgender Fassung anzuwenden:
- Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/2014;
- Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz, BGBl. Nr. 71/1954, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010;
- Bundesstraßengesetz 1971, BGBl. Nr. 286/1971, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 96/2013;
- Bundesstraßen-Übertragungsgesetz und Bundesgesetz über die Auffassung und Übertragung von Bundesstraßen, BGBl. I Nr. 50/2002.“
Die einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes (EisbEG) in der verwiesenen Fassung BGBl I 2010/111 lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 7 (1) [...]
(2) [...]
(3) Im Enteignungsverfahren hat der Enteignungsgegner Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung. Dem Enteignungsgegner gebührt voller Kostenersatz, soweit der Enteignungsantrag ab- oder zurückgewiesen oder in einem nicht nur geringfügigen Umfang zurückgezogen wird. In allen anderen Fällen gebührt dem Enteignungsgegner eine Pauschalvergütung in Höhe von 1,5 vH der festgesetzten Enteignungsentschädigung, mindestens aber 500 Euro und höchstens 7 500 Euro.
§ 44. (1) Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen werden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.
(2) [...]“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde im Rahmen des § 27 VwGVG durch seine gem § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:
A. Zu Spruchpunkt I (Ausspruch der Enteignung):
1. Verfassungsrechtlich ist eine Enteignung dann zulässig, wenn ein konkreter Bedarf nach Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Vorhabens besteht, wenn weiters das Objekt der Enteignung geeignet ist, diesen Bedarf unmittelbar zu decken, und es schließlich unmöglich ist, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken (vgl VwGH vom 21.3.2007, 2005/05/0297; 18.11.2003, 2001/05/0327 mwN). Die innere Rechtfertigung des in der Enteignung liegenden Eingriffes in das grundsätzlich als unverletzlich geschützte Eigentum liegt darin, dass die Erfüllung bestimmter, dem allgemeinen Besten – dem öffentlichen Interesse, dem öffentlichen Wohl – dienender und als solche gesetzlich festgelegter Aufgaben nur unter der Voraussetzung möglich ist, dass eine Sache dem Eigentümer entzogen und auf die öffentliche Hand übertragen wird. Das Institut der Enteignung führt zwangsläufig zu einer Vermögensverschiebung, diese ist jedoch nicht der Zweck der Enteignung; die Enteignung hat von ihrer Anlage her nicht die Beschaffung von Vermögenswerten durch die öffentliche Hand zum Gegenstand, sondern ist ein Mittel, um der öffentlichen Hand die Erfüllung einer dem allgemeinen Besten dienenden öffentlichen Aufgabe zu ermöglichen, denn das öffentliche Interesse erfordert nur die Sache, nicht aber den Wert. Dies ist auch der Grund dafür, warum der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, es sei unzulässig, eine Enteignung vorzunehmen, wenn die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe, für die das Gesetz eine Enteignungsmöglichkeit vorsieht, nicht unmittelbar bevorsteht, weil noch nicht alle anderen Voraussetzungen für die Erfüllung der Aufgabe gegeben sind - Unzulässigkeit der sogenannten Enteignung auf Vorrat (VfSlg 8981/1980; vgl auch VwGH 9.9.2008, 2008/08/0076 mwN sowie Korinek, Verfassungsrechtliche Grundlagen des Eigentumsschutzes und des Enteignungsrechts in Österreich, in: Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts [1994] 22ff).
2. Daran anknüpfend vertritt der Verwaltungsgerichtshof in stRsp (27.6.1978, 0434/76; 16.12.1982, 81/06/0095; 18.12.1984, 83/05/0212; 14.10.2005, 2004/05/0174; 21.3.2007, 2005/05/0297 sowie jüngst vom 19.3.2015, 2012/06/0038) den Standpunkt, die eine Voraussetzung der Enteignung bildende Notwendigkeit der Enteignung liege nur dann vor, wenn durch die Enteignung der Enteignungszweck unmittelbar verwirklicht werden könne. Letzteres treffe auch dann nicht zu, wenn sich Hindernisse für den geplanten Straßenbau aus anderen Gesetzen ergeben würden. Derartige Hindernisse können sich aus der Bewilligungspflicht der projektierten Maßnahmen nach anderen Materiengesetzen ergeben. Zur Frage, ob derartige Bewilligungen – wie die Bf behauptet – bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über die Enteignung in rechtskräftiger Form vorliegen müssen, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in den genannten Entscheidungen den Standpunkt, dass trotz des Fehlens einer solchen Bewilligung eine Enteignung ausgesprochen werden dürfe. Die Enteignungsbehörde hat in diesem Fall entweder die Vorfrage, ob der erforderliche Bescheid erwirkt werden kann (die erforderliche Bewilligung zu erlangen sein wird), selbst zu beurteilen oder gemäß § 38 AVG das Enteignungsverfahren zu unterbrechen. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst ausgesprochen, dass nicht alle Voraussetzungen bereits „im Entscheidungszeitpunkt vorliegen müssen, zumal für manche davon (z.B. Antragsvoraussetzungen) das Eigentum oder die Zustimmung der Eigentümer notwendig sind. Sollten sich Hindernisse ergeben, die der Realisierung entgegenstehen, kommt es dann gegebenenfalls unmittelbar auf Grund der Verfassung zu einem Rückübereignungsanspruch“ (VwGH 19.3.2015, 2012/06/0038).
3. Nach stRsp der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts enthält im Geltungsbereich jener gesetzlichen Vorschriften, die eine Festlegung der Trasse eines Straßenbauvorhabens durch generelle Normen vorsehen, bereits diese generelle Norm die einschlussweise Feststellung, dass die Anlegung oder Verlegung der Straße dem öffentlichen Interesse dient, welche Feststellung dann im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren ebenso wie im Enteignungsverfahren in einer Weise Bindungswirkung entfaltet, die es dem von der Trassenführung betroffenen Liegenschaftseigentümer verwehrt, die Notwendigkeit des zur Enteignung führenden Straßenbauvorhabens zu bestreiten (VwGH 25.2.2010, 2010/06/0019; 24.11.2008, 2007/05/0310 [jeweils zum Oö. Landesstraßengesetz 1991]; 21.1.1992, 89/05/0152 [zum Oö. Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1975]; 17.5.1988, 88/05/0032-0038; 28.6.1979, 2709, 2711/78; 27.9.1972, 239/72 sowie VfGH 1.7.1977, B432/77; 8.12.1979, V29, 33, 37/78; 22.6.1979, B476/76; 17.3.1976, B133/75; vgl auch Pauger, die Enteignung im Verwaltungsrecht, in: Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts [1994] 121).
4. Mit (Trassen-)Verordnung der Oö. Landesregierung vom 29. Mai 2009, LGBl 52, wurde die Trasse für das verfahrensgegenständliche Straßenbauprojekt festgelegt. Im Sinne der soeben dargestellten Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist damit festgestellt, dass die Anlegung bzw Verlegung der Straße dem öffentlichen Interesse dient. Im Enteignungsverfahren wäre in dieser Hinsicht nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist. Diesbezüglich hat der straßenbautechnische Amtssachverständige – was von der Bf nicht bestritten wird – festgestellt, dass die durch den Enteignungsbescheid verfügte Grundinanspruchnahme für die plangemäße Durchführung des Straßenbauprojektes unbedingt erforderlich ist (siehe unten Punkt IV.A.8.).
5. Die Bf bringt – offenkundig im Hinblick auf die unter Punkt IV.A.2. dargestellte stRsp des Verwaltungsgerichtshofes – vor, der Enteignungsbescheid sei rechtswidrig, da weder die straßenrechtliche Bewilligung noch die wasserrechtliche Bewilligung in rechtskräftiger Form vorliegen würden. Dabei verkennt die Bf insofern die Rechtslage, als das Oö. Straßengesetz 1991 keine Bestimmung kennt, die die Zulässigkeit der Enteignung an das Vorliegen rechtskräftiger Bewilligungen nach anderen Materiengesetzen bindet. Vielmehr hat die belangte Behörde unter Beachtung der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der wasserrechtlichen Bewilligungsfähigkeit als Vorfrage selbst beurteilt und das Ergebnis ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Was die straßenrechtliche Bewilligung anbelangt, kann dies dahingestellt bleiben, da der straßenrechtliche Bewilligungsbescheid mittlerweile durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Erkenntnis vom 29. Mai 2015, LVwG-150368/52/RK/FE) bestätigt wurde und damit – entsprechend dem Rechtsstandpunkt der Bf – (in rechtskräftiger Form) vorliegt.
Das Vorbringen der Bf lässt sich daher auf die Frage zusammenfassen, ob die wasserrechtliche Vorfragenbeurteilung durch die belangte Behörde in rechtlich einwandfreier Form stattfand. Die belangte Behörde stützte sich bei ihrer Beurteilung auf die – dem vorgelegten verwaltungsbehördlichen Akt beiliegende – Niederschrift der im Rahmen des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens durchgeführten mündlichen Verhandlung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (Wasserrechtsbehörde) am 28. April 2014 und die darin enthaltenen Befunde sowie darauf gegründeten Gutachten der Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, Hydrogeologie, Hydrologie und Landwirtschaft. Zur Frage der (wasserrechtlichen) Bewilligungsfähigkeit führt die belangte Behörde aus:
„Auf Grundlage dieser Gutachten steht entgegen der Einwendungen von [...] fest, dass die geplanten Anlagen zur Beseitigung der Straßenoberflächenwässer und der Regenwässer dem Stand der Technik entsprechen und geeignet sind, diese Wässer vor deren Versickerung in den Untergrund derart vorzureinigen, dass eine benachteiligende Beeinflussung des Grundwassers ausgeschlossen werden kann.
Ferner steht fest, dass die Errichtung der Straßentrasse, der Fahrbahn und sonstiger dazugehörigen Nebeneinrichtungen für die Umfahrung M die Hochwasserabflusssituation nicht zum Nachteil angrenzender oder unterliegender Grundeigentümer verändern wird. Die vorgesehenen Maßnahmen zur Abfuhr des anfallenden Hochwassers entsprechen in ihrer Konzeption ebenfalls dem Stand der Technik und sind ausreichend dimensioniert, um die Veränderung der hydrologischen Verhältnisse im Falle bis zu 100 jährlicher Hochwasserereignisse zu kompensieren.
Insgesamt darf davon ausgegangen werden, dass die geplanten Baumaßnahmen bzw. das beantragte Wasserbenutzungsrecht für die Oberflächenentwässerung bei befund- und projektsgemäßer Ausführung und Beachtung der von den Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, Hydrologie und Hydrogeologie vorgeschlagenen Auflagen öffentliche Interessen nicht beeinträchtigen und -abgesehen vom Grundeigentum - fremde Rechte im Sinne des 12 WRG nicht verletzen werden.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen und der hier maßgeblichen Bestimmungen der §§ 9-13, 15, 21, 22, 32, 38, 50, 72, 98, 105, 111 und 112 Wasserrechtsgesetz (WRG) 1959, BGBl. Nr. 215, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 54/2014, kommt die Straßenbehörde zum Ergebnis, dass für das von der Landesstraßenverwaltung vorgelegte Projekt die wasserrechtliche Bewilligung unter Vorschreibung von Auflagen von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Wasserrechtsbehörde zu erteilen sein wird“.
6.1. Die belangte Behörde hat damit nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts eine dem Gesetz entsprechende Vorfragenbeurteilung hinsichtlich der ausständigen wasserrechtlichen Bewilligung vorgenommen und im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar begründet. Mit ihrem Vorbringen tritt die Bf dieser Vorfragenbeurteilung allein mit dem Argument entgegen, dass die wasserrechtliche Bewilligungsfähigkeit von der Zustimmung der aktuellen – von der Enteignung zu Zwecken des Straßenbaus betroffenen – Grundeigentümer abhänge, die nicht vorliege und auch nicht zu erlangen sein werde.
6.2. Die belangte Behörde ging in ihrer wasserrechtlichen Vorfragenbeurteilung offenbar implizit davon aus, die erforderliche Zustimmung werde nach erfolgter Enteignung durch den neuen Eigentümer (Antragstellerin) erfolgen. Wenn die Bf diesbezüglich vorbringt, es „würde eine Umgehung der wasserrechtlichen subjektiven Rechte [der Bf] darstellen, könnte [ihr] Einwand, einer Inanspruchnahme [ihrer] Flächen zu wasserrechtlichen Zwecken nicht zuzustimmen, durch eine Enteignung der relevanten Flächen im straßenrechtlichen Verfahren ausgehöhlt werden“, so ist sie damit nicht im Recht. Dies aus folgenden Gründen:
6.3. Ausgehend vom Gedanken, die bloße Beschaffung von Vermögenswerten durch die öffentliche Hand im Wege der Enteignung hintanzuhalten, steht im Zentrum der stRsp des Verfassungsgerichtshofes zu den Anforderungen an eine Enteignung deren strikte Bindung an ein (konkretes) öffentliches Interesse (Zweckbindung). Aus dieser strengen Zweckbindung resultieren beispielsweise das Verbot der Enteignung auf Vorrat und der Enteignung zu fiskalischen Zwecken sowie das Gebot der Sachgerechtigkeit der Enteignung und zur Rückübereignung bei Zweckverfehlung (vgl dazu ausführlich Korinek, Verfassungsrechtliche Grundlagen des Eigentumsschutzes und des Enteignungsrechts in Österreich, in: Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts [1994] 22ff). Die enge Zweckbindung erfordert es in denklogischer Hinsicht, dass der Verwirklichung der im öffentlichen Interesse gelegenen Aufgabe keine Hindernisse entgegenstehen. In diesem Sinne vertritt der Verfassungsgerichtshof in stRsp die Auffassung, die Enteignung sei unzulässig, wenn die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe, für die das Gesetz eine Enteignungsmöglichkeit vorsieht, nicht unmittelbar bevorstehe, weil noch nicht alle anderen Voraussetzungen für die Erfüllung der Aufgabe gegeben seien. Dient die strikte Zweckbindung – wie gezeigt – dem Hintanhalten bloßer Vermögensbeschaffung durch die öffentliche Hand im Wege der Enteignung, so bedeutet dies aber nicht, wie die dargelegte stRsp des Verwaltungsgerichtshofes zeigt (vgl Punkt IV.A.2.), dass im Zeitpunkt der Enteignung bereits alle sonstigen – zur Projektverwirklichung erforderlichen – Bewilligungen vorliegen müssen. Sofern die Enteignungsbehörde ihr Verfahren nicht gem § 38 AVG bis zum Vorliegen der erforderlichen Bewilligungen aussetzt, hat sie selbst zu beurteilen, ob diese zu erlangen sein werden. Es bedarf keiner gesonderten Erwähnung, dass die Enteignungsbehörde bei der Beurteilung der Vorfrage alle Genehmigungsvoraussetzungen zu prüfen und – allenfalls unter Beiziehung von (Amts-)Sachverständigen – festzustellen hat, ob das Straßenbauvorhaben bewilligungsfähig ist. Bildet allerdings die Zustimmung des von der Verwirklichung des Straßenbauvorhabens betroffenen Grundeigentümers eine Genehmigungsvoraussetzung, so muss diese – wie der Verwaltungsgerichtshof jüngst ausgesprochen hat – zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorliegen (VwGH 19.3.2015, 2012/06/0038 uHa VwGH 21.3.2007, 2005/05/0297, dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt [Enteignungsverfahren, Beurteilung der wasserrechtlichen Bewilligungsfähigkeit als Vorfrage und fehlende Sicherstellung des für die wasserrechtliche Bewilligung erforderlichen dinglichen (Eigentums-)Rechts] sowie implizit wohl VwGH 14.10.2005, 2004/05/0174). Entgegen der – ohne weitere Begründung – vorgetragenen Behauptung der Bf, ihre (wasserrechtlichen) subjektiven Rechte würden durch die Enteignung nach dem Oö. Straßengesetz 1991 ausgehöhlt, ist die Rsp des Verwaltungs-gerichtshofes vor dem dargestellten verfassungsrechtlichen Hintergrund systemimmanent:
6.4. Wie bereits unter Punkt IV.A.4. dargelegt, ist durch die Trassenverordnung vom 29. Mai 2009, LGBl 52, das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Straßenbauvorhabens dokumentiert. Anders gewendet bringt der Verordnungs-geber damit zum Ausdruck, dass zur Verwirklichung des Straßenbauvorhabens das Interesse des Einzelnen gegenüber dem öffentlichen Interesse zurückzutreten hat. Besteht aber an der Verwirklichung des Straßen-bauvorhabens ein öffentliches Interesse und liegen die (weiteren) Voraussetzungen der Enteignung vor, spielt bei der Beurteilung der Vorfrage, ob die wasserrechtliche Bewilligung zu erlangen sein wird, die Zustimmung des – von der Enteignung betroffenen – Noch-Eigentümers keine Rolle. Denn vor dem Hintergrund der verfassungsgesetzlich geforderten strengen Zweckbindung der Enteignung kommt es lediglich darauf an, ob die Verwirklichung des Zwecks der Enteignung unmittelbar bevorsteht, also die wasserrechtliche Bewilligung für das Straßenbauvorhaben zu erlangen sein wird. Davon kann die Enteignungsbehörde aber regelmäßig ausgehen, bedürfte es doch einer außergewöhnlichen Fallkonstellation, würde der Projektwerber (Antragstellerin) als (neuer) Eigentümer seinem (ihrem) eigenen Projekt im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren die Zustimmung versagen.
Im Übrigen liegt mittlerweile die wasserrechtliche Bewilligung für das gegenständliche Straßenbauvorhaben vor (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8. Juni 2015).
7. Abschließend bringt die Bf – soweit erkennbar – vor, die belangte Behörde hätte bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof zum Aktenzeichen C-570/13 (Gruber) zur Auslegung des einschlägigen Unionsrechts zur Umweltverträglichkeitsprüfung das Enteignungsverfahren nach § 38 AVG auszusetzen gehabt, um Gewissheit darüber zu erlangen, ob das Straßenbauvorhaben auch einem UVP-Genehmigungsverfahren zu unterziehen sei. Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Der straßenrechtliche Bewilligungsbescheid setzt die Bedingungen fest, welche bei der Ausführung der beabsichtigten Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind. Er entfaltet daher für das Enteignungsverfahren eine Bindungswirkung der Art, dass die Notwendigkeit des konkreten Straßenbauvorhabens im Enteignungsverfahren nur mehr eingeschränkt geprüft werden darf. Die Frage des Trassenverlaufs ist ebenfalls Aufgabe des straßenrechtlichen (Bau-)Bewilligungsverfahrens und nicht mehr des daran anschließenden Enteignungsverfahrens. Im Enteignungsverfahren ist daher im Wesentlichen nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist (VwGH 21.3.2013, 2011/06/0118; 24.11.2008, 2007/05/0310; 21.3.2007, 2006/05/0188; 28.4.2006, 2004/05/0143; 18.11.2003, 2001/05/0327). Die von der Bf aufgeworfene Frage, ob für das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen wäre, ist daher im Enteignungsverfahren nicht mehr zu beantworten (vgl zur vergleichbaren Rechtslage im eisenbahnrechtlichen Enteignungsverfahren VwGH 30.6.2015, 2013/03/0008 uHa 26.4.2011, 2008/03/0078; 3.9.2008, 2008/03/0075-76).
8. Abschließend ist festzuhalten, dass sich aus den Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit den dazugehörigen Urkunden und Sachverständigengutachten zweifelsfrei ergibt, dass die im Spruch des angefochtenen Bescheides mit hinreichender Bestimmtheit umschriebenen Grundflächen für die Umsetzung des straßenbaurechtlichen Vorhabens notwendig im Sinne des § 36 Abs 2 Oö. Straßengesetz 1991 sind.
B. Zu Spruchpunkt IV (Kostenersatz):
1. Gem § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht (grundsätzlich) in der Sache selbst zu entscheiden (26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes (17.12.2014, Ro 2014/03/0066; 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; 29.4.2015, Ra 2015/03/0015) bedeutet dies nicht bloß die Erledigung der Beschwerde, sondern hat das Verwaltungsgericht die „Sache“ („die Angelegenheit“) des Verfahrens mit seiner Entscheidung endgültig zu erledigen. „(Haupt)Sache“ des gegenständlichen Verfahrens ist der (verfahrenseinleitende) Enteignungsantrag der Antragstellerin. Zur Entscheidung in der Hauptfrage akzessorisch ist die Entscheidung über den Kostenersatz zugunsten des Beschwerdeführers (vgl VfSlg 15.273/2000; VwGH 18.1.2005, 2002/05/0760; 31.7.2006, 2005/05/0065 [ein Enteignungsverfahren nach dem Oö. Straßengesetz 1991 betreffend]; 23.10.2008, 2004/03/0022 sowie Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 74 Rz 1, 18, 22 [Stand 1.1.2014, rdb.at]). Mit anderen Worten war durch die Verpflichtung zur Erledigung der Hauptsache auch die akzessorische Kostenentscheidung mit zu erledigen. In dieser Hinsicht ist im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Änderung der Rechtslage eingetreten, die eine Abänderung hinsichtlich des Kostenersatzes erforderlich machte (zur Beachtlichkeit einer Änderung der Rechtslage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren siehe Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 1061 mwN sowie ausführlich Wiederin, Der Umfang der Bescheidprüfung durch das Verwaltungsgericht im Parteibeschwerdeverfahren, ÖJZ 2014, 149 [154f]; VwGH 28.5.2015, Ro 2014/07/0096 mwN). Dies aus folgenden Gründen:
2. Zum Zeitpunkt der Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides war aufgrund der Verweisungsbestimmung in § 41 Abs 1 Oö. Straßengesetz 1991 das EisbEG in der Fassung BGBl I 2003/112 anzuwenden. Demnach waren nach der zu § 44 Abs 1 EisbEG entwickelten Rsp des Verwaltungsgerichtshofes die Kosten des Enteignungsverfahrens – wozu auch die Kosten der (angemessenen) rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung der Partei (Enteignungsgegner) rechnen – vom Eisenbahnunternehmen (respektive der Antragstellerin) zu bestreiten. Die Ermittlung der Kosten erfolgte auf Basis der Entschädigungssumme anhand der allgemeinen Honorar-Kriterien nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz.
3. Mit Art I Z 2 der Oö. Straßengesetz-Novelle 2015, LGBl 42, wurde die bereits erwähnte Verweisungsbestimmung in § 41 Abs 1 Oö. Straßengesetz 1991 angepasst und damit das EisbEG idF BGBl I 2010/111 für (sinngemäß) anwendbar erklärt. Die Oö. Straßengesetz-Novelle 2015 trat gem ihrem Art II mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung im Landesgesetzblatt, sohin mit 30. April 2015, in Kraft und ist – mangels einschlägiger Übergangsbestimmungen – seit diesem Tag ausnahmslos anzuwenden. Damit setzte der Oö. Landesgesetzgeber gleichzeitig die durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl 2010/111, neu geschaffene Kostenersatzregelung des § 7 Abs 3 EisbEG in Kraft. Nach dieser Bestimmung ist in Abkehr vom bisherigen – in der Judikatur zu § 44 Abs 1 EisbEG entwickelten – System des Kostenersatzes (zur historischen Entwicklung sowie zum Verhältnis zwischen § 44 Abs 1 EisbEG zum neu geschaffenen § 7 Abs 3 siehe ausführlich RV981 BlgNR 24. GP 53ff) zu differenzieren, ob der Enteignungsgegner obsiegt (dh der Enteignungsantrag ab- oder zurückgewiesen oder in einem nicht nur geringfügigen Umfang zurückgezogen wird) oder nicht. In letzterem Fall gebührt dem Enteignungsgegner – im Unterschied zur bisherigen Regelung – (lediglich) eine Pauschalvergütung idHv 1,5vH der festgesetzten Entschädigungssumme, mindestens aber 500 Euro und höchstens 7 500 Euro.
4. Der Bf wurde für die in Anspruch genommenen Grundstücksflächen eine Entschädigungssumme idHv € 11.071,-- zugesprochen. Da 1,5vH der Entschädigungssumme den Mindestbetrag von € 500 nicht übersteigen, war der Mindestbetrag zuzusprechen.
C. Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
1. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder „strafrechtliche Anklagen“ im Sinne des Art 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (vgl VwGH 21.4.2015, Ra 2015/09/0009; 9.9.2014, Ro 2014/09/0049, zu § 24 VwGVG, mit Hinweis auf 23.1.2013, 2010/15/0196).
Mit einer Entscheidung über einen Antrag auf Enteignung wird nach stRsp des Verfassungsgerichtshofes (siehe die bei Hengstschläger/Leeb, Grundrechte2 [2013] Rz 24/9 wiedergegebene stRsp) in der Regel eine Entscheidung über „civil rights“ (Randbereich) im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK getroffen.
2. Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/ Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rsp dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal habe, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen würden. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „hoch-technische“ Fragen („exclusively legal or highly technical questions“) betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten („rather technical nature of disputes“) auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl zum Ganzen etwa VwGH 18.11.2014, 2013/05/0022, mwN, und Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014, 523, [533ff]).
3. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Bestimmung des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG bisher ausgesprochen, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei dann nicht erforderlich, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und die Rechtsfragen durch die bisherige (höchstgerichtliche) Rsp beantwortet seien und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0007 uHa 23.2.2006, 2003/16/0079; 28.2.2011, 2007/17/0193, mwN; 14.12.2004, 2004/05/0079).
4. Im Sinne der oben dargelegten Rsp des EGMR ist im Hinblick auf die Klärung des Sachverhalts die Durchführung einer Verhandlung nicht geboten, da keine Fragen der Beweiswürdigung aufgetreten sind und die Tatsachenfeststellungen von der Bf nicht bestritten wurden. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts war der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt, und konnte auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entschieden werden.
In der Beschwerde wurden aber auch keine Rechtsfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Die für den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entscheidende Rechtsfrage, ob die Zustimmung der Grundeigentümer bei der vorfragenweisen Beurteilung der wasserrechtlichen Bewilligungsfähigkeit des – dem Enteignungsverfahrens zugrunde liegenden – Straßenbauvorhabens bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über den Enteignungsantrag vorliegen müsse, konnte anhand der bisherigen (ausführlich dargelegten) Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sowie unter Heranziehung der vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Leitlinien zur Zulässigkeit von Enteignungen beantwortet werden. Gleiches hat für die weiters aufgeworfene Rechtsfrage, inwieweit eine allenfalls bestehende Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung Auswirkungen auf das Enteignungsverfahren zeitigt, zu gelten. Auch diese Rechtsfrage konnte anhand der bereits bestehenden Rsp des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet werden. Auch die – im Hinblick auf die Festsetzung des Kostenersatzes – aufgetretene Rechtsfrage der vom Verwaltungsgericht anwendbaren Rechtslage konnte anhand der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet werden.
Im Ergebnis wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
V. Im Ergebnis erweist sich die in Beschwerde gezogene Entscheidung der belangten Behörde als frei von Rechtsirrtümern. Das Vorbringen der Bf war nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides zu begründen. Der Ausspruch über den Kostenersatz war aufgrund der zwischenzeitig eingetretenen Änderung der Rechtslage von Amts wegen anzupassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Im Zentrum der gegenständlichen Entscheidung steht die Rechtsfrage, ob die Zustimmung der betroffenen Grundeigentümer bei der vorfragenweisen Beurteilung der wasserrechtlichen Bewilligungsfähigkeit des – dem Enteignungsverfahrens zugrunde liegenden – Straßenbauvorhabens bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über den Enteignungsantrag vorliegen müsse. Zu dieser – im straßenrechtlichen Enteignungsverfahren nicht selten vorkommenden – Rechtsfrage besteht eine – in der Entscheidung näher dargelegte – Rsp des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere zuletzt vom 19.3.2015, 2012/06/0038. Die Rechtsfrage wurde vom Landesverwaltungsgericht anhand dieser Rsp beantwortet. Die weiters im Hinblick auf die Zulässigkeit der Enteignung aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Straßenbauprojekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen gewesen wäre und ob dieser Umstand im Enteignungsverfahren zu berücksichtigen sei, konnte ebenfalls anhand der bereits bestehenden Rsp des Verwaltungsgerichtshofes (vom 30.6.2015, 2013/03/0008 uHa 26.4.2011, 2008/03/0078; 3.9.2008, 2008/03/0075-76) beantwortet werden. Was den Ausspruch über den Kostenersatz betrifft, besteht aufgrund der dargelegten Rsp des Verwaltungsgerichtshofes kein Zweifel an der Anwendbarkeit der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Festsetzung des (pauschalierten) Kostenersatzes erfolgte sodann anhand der eindeutigen und unzweifelhaften Rechtslage. Die Entscheidung über den Entfall der beantragten mündlichen Verhandlung konnte anhand der vom EGMR sowie vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Leitlinien getroffen werden.
Die ordentliche Revision ist daher unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Verena Gubesch