LVwG-550709/4/Fi/MD

Linz, 12.11.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den Senat J (Vorsitzender und Berichter: Mag. Dr. Johannes Fischer, Beisitzer: Mag. Dr. Harald Wiesinger und Dipl.-Päd. Ing. Josef Peterseil) über die Beschwerde der A-M H vertreten durch Mag. G D, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Perg vom 1. September 2015, GZ: Agrar20-96-2015, betreffend die Versagung der Genehmigung der Eigentumsübertragung nach dem Oö. GVG (mitbeteiligte Partei: F H)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Eingabe vom 22. Juni 2015 beantragte die Bf die grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts an den Grundstücken Nr. 864/2 und 865 der Liegenschaft EZ 586, KG X M, im Ausmaß von insgesamt 19.883 m2, durch den Mitbeteiligten  aufgrund des Schenkungsvertrags vom 3. Juni 2015.

 

I.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. September 2015 versagte die belangte Behörde die Genehmigung der Eigentumsübertragung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Liegenschaften des Mitbeteiligten immer einen einheitlichen landwirtschaftlichen Besitz dargestellt hätten, wobei mit Übergabsvertrag vom 6. Mai 2010 ein Teil dieses Besitzes im Ausmaß von 40,01 ha an den Sohn F H übergeben worden sei, der Rest wäre als Rückbehalt im Eigentum des Übergebers verblieben. Dieses Rechtsgeschäft sei in der Sitzung vom 25. Mai 2010 trotz des erwähnten Rückbehalts grundverkehrsbehördlich genehmigt worden, da laut ergänzendem Schreiben des öffentlichen Notars Mag. W B vom 11. Februar 2010 der Mitbeteiligte erklärt habe, dass er diese zurückbehaltenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke später ohnehin an seinen Sohn F H übertragen werde. Begründet sei dieser zwischenzeitige Rückbehalt damit worden, dass er eine gewisse Sicherheit für den Fall eines nachträglichen Kapitalbedarfes, insbesondere auch im Hinblick auf eine allfällige Pflegebedürftigkeit seiner Ehegattin oder seiner eigenen Person, bedeute. Unter diesen Voraussetzungen habe damals aus Sicht der belangten Behörde das Rechtsgeschäft genehmigt werden können, da die gesamten Betriebsflächen letztlich wieder einheitlich dem Sohn F H zufallen sollten. Entgegen dieser von Übergeberseite bestimmten Vorgangsweise sehe nunmehr der gegenständliche Übergabsvertrag vom 3. Juni 2015 eine Aufteilung der zurückbehaltenen Flächen an die Bf und an den weiteren Sohn J H vor. Diese Vorgehensweise verhindere, dass der ursprünglich einheitliche Gesamtbesitz wieder zu einer Einheit in der Person F H jun. zusammengeführt wird, vielmehr würde eine Realteilung stattfinden. Der ursprüngliche Stammbetrieb zerfalle. Überdies verfügten weder die Bf noch J H über einen landwirtschaftlichen Betrieb, zu dessen Stärkung der Grunderwerb beitragen könnte. Vielmehr komme es letztlich zu einer Verschlechterung der Agrarstruktur, da in Hinkunft die Flächen drei Eigentümern zufielen. Damit entspreche dieses Rechtsgeschäft nicht den Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2015 eine näher begründete Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, dem Schenkungsvertrag vom 3. Juni 2015 die Genehmigung zu erteilen bzw. (in eventu) die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

II.1. Mit Schreiben vom 4. November 2015, eingelangt am 6. November 2015, wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

II.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird (ergänzend zu Punkt I.) folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Bei den verfahrensgegenständlichen Grundstücken Nr. 864/2 und 865 der Liegenschaft EZ 586, KG X M, handelt es sich nicht um Waldgrundstücke, sondern um landwirtschaftliche Nutzflächen.

 

Sowohl in der Sitzung der belangten Behörde vom 2. Juli 2015, in welcher der verfahrenseinleitende Antrag der Bf zunächst zurückgestellt wurde, als auch in der Sitzung der belangten Behörde vom 1. September 2015, in welcher der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende, das Ansuchen der Bf vom 22. Juni 2015 abweisende Beschluss gefasst wurde, war unter anderem die forsttechnische  Sachverständige anwesend und unterschrieb auf dem jeweiligen Sitzungsprotokoll.

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf nachstehende  Beweiswürdigung:

 

In der Begründung des angefochtenen Bescheides vom 1. September 2015 ist auf Seite 1 ausgeführt, dass der Mitbeteiligte mit dem gegenständlichen Schenkungsvertrag „seine Waldgrundstücke Nr. 864/2 und 865“ an die Bf übergeben möchte. Schon aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes ergibt sich aber eindeutig, dass es sich bei den beiden verfahrensgegenständlichen Grundstücken um keine Waldgründe, sondern vielmehr um landwirtschaftliche Nutzflächen handelt. Zunächst verweist bereits die Beschwerde auf Seite 2 darauf, dass es sich im vorliegenden Fall „entgegen der Angabe der belangten Behörde – um Ackergrundstücke und nicht um Waldgrundstücke“ handle. Dieses Vorbringen steht im Einklang mit dem im Behördenakt einliegenden Grundbuchsauszug vom 17. März 2015, in dem bei den beiden gegenständlichen Grundstücken in der Spalte „BA (NUTZUNG)“ jeweils „Landw (10)“, also „landwirtschaftlich genutzte Grundflächen (Äcker, Wiesen oder Weiden)“ angeführt ist. Ebenso scheint auf dem im Behördenakt befindlichen DORIS-Ausdruck vom 25. Juni 2015 bei beiden Grundstücken das Nutzungssymbol „LN“, also „landwirtschaftlich genutzt – Acker, Wiese oder Weide“ auf.

 

Die Feststellungen zur Anwesenheit der forsttechnischen Sachverständigen in den oben genannten Sitzungen der belangten Behörde ergeben sich aus den vorliegenden Sitzungsprotokollen.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Rechtsvorschriften (in der jeweils maßgeblichen Fassung):

 

§ 26 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 (Oö. GVG):

„(1) Der Bezirksgrundverkehrskommission gehören als Mitglieder an:

1.

der Vorsitzende, der ein unter der Diensthoheit des Landes stehender rechtskundiger Verwaltungsbediensteter des Aktivstandes sein muss;

2.

ein landwirtschaftlicher Sachverständiger;

3.

ein Vertreter der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich;

4.

ein Vertreter der Wirtschaftskammer Oberösterreich;

5.

ein Vertreter der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich.

(2) Hat eine Grundverkehrskommission über Rechtserwerbe zu entscheiden, die Waldgrundstücke zum Gegenstand haben, so ist sie durch einen von der Landesregierung bestimmten Sachverständigen für forsttechnische Angelegenheiten, dem alle Rechte und Pflichten eines Mitgliedes zukommen, zu verstärken.

[...]

 

§ 31 Abs. 4 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 (Oö. GVG):

Die Grundverkehrskommissionen sind vom Vorsitzenden nach Bedarf schriftlich unter Angabe der Verhandlungsgegenstände zu Sitzungen einzuberufen. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Die Grundverkehrskommissionen sind nur bei Anwesenheit des Vorsitzenden (Stellvertreters) und von mindestens der Hälfte aller Mitglieder (Ersatzmitglieder) beschlußfähig. Für einen Beschluß ist einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Mitteilungen über den Inhalt einer Verhandlung, insbesondere über die Abstimmung, sind nicht zulässig.

 

§ 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

III.2. Gemäß § 31 Abs. 6 Oö. GVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Senat zu entscheiden.

 

III.3. Das Verwaltungsgericht hat nach § 27 VwGVG die Unzuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen aufzugreifen, auch wenn sie weder im Verfahren eingewendet noch in der Beschwerde geltend gemacht wurde (vgl. Pabel, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, in Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hrsg.), Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rz. 45; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 845; Fister in Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren § 27 Anm. 4).

 

Ein Kollegialorgan ist als unzuständige Behörde anzusehen, wenn es nicht in der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet; das trifft dann zu, wenn entweder bei der Entscheidung nicht die vorgeschriebene Zahl von Mitgliedern mitgewirkt hat oder Personen daran beteiligt waren, die als Mitglieder von der Mitwirkung ausgeschlossen waren oder bei denen es sich nicht um Mitglieder handelte (vgl. VwGH 23.11.2001, 98/02/0259; 14.10.2011, 2008/09/0125). Darüber hinaus verletzt die Entscheidung einer an sich zuständigen, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzten Kollegialbehörde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (VfSlg. 14.499/1996 m.w.N.).

 

Eine solche Unzuständigkeit liegt im Beschwerdefall vor, da die angefochtene Entscheidung der belangten Behörde nicht in der von § 26 Abs. 1 Oö. GVG vorgeschriebenen Zusammensetzung getroffen wurde:

 

Die Bezirksgrundverkehrskommission ist unter anderem dann nicht richtig zusammengesetzt, wenn ein forsttechnischer Sachverständiger entgegen § 26 Abs. 2 Oö. GVG bei der Beschlussfassung über einen Rechtserwerb, der kein Waldgrundstück zum Gegenstand hat, anwesend ist (vgl. LVwG-550461; LVwG-550518; LGVK 19.11.2013, Agrar-900.663/12-2013-Rt/Ti). Da es sich bei den  gegenständlichen Grundstücken um landwirtschaftliche Nutzflächen handelt, hätte sich die forsttechnische Sachverständige jedenfalls an der Sitzung vom 1. September 2015, in welcher der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Beschluss gefasst wurde, nicht beteiligen dürfen. 

 

III.4. Es waren daher der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben und die verfahrensgegenständliche Angelegenheit der belangten Behörde, die in richtiger Zusammensetzung zu entscheiden hat, zu retournieren (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz. 111).

 

 

 

III.5. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der in Beschwerde gezogene Bescheid ersatzlos aufzuheben war (vgl. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

 

IV. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Beurteilung eines nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzten Kollegialorgans als unzuständige Behörde stützt sich auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. die in Punkt III. zitierte Judikatur).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Johannes Fischer

Hinweis:

Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des OÖ. LVWG“.