LVwG-650473/15/Bi

Linz, 09.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin         Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn H G vertreten durch Herrn RA Dr. J K, vom 8. September 2015 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom    25. August 2015, VerkR21-209-2015, wegen Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid im Beschwerdeumfang bestätigt.  

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gemäß §§ 8, 24 Abs. 1 und 25 Abs. 2 FSG die Lenkberechtigung – Führerschein ausgestellt von der BH Wels-Land am 10.9.2013 zu Zl. 13/385571 für die Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, C, D1, D, BE, C1E, CE, D1E, DE und F – wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zur Wiedererlangung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen dieser Klassen entzogen. Weiters wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer allfällig gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 27. August 2015.

2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs. 1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerde­vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 24. September 2015 wurde eine (beantragte) öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf und seines Rechtsvertreters Herrn Mag. F D durchgeführt. Die Vertreterin der belangten Behörde war entschuldigt. Das Verfahren wurde schriftlich weitergeführt.

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, eine Alkoholabhängigkeit sei laut Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie Dr. S nicht mit ausreichender Sicherheit verifizierbar, wohl aber mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Das Gutachten der Amtsärztin Dr. P basiere auf dieser Stellungnahme. Dr. S habe einen Wert ohne Datum und Herkunft als CDT-Wert angenommen, was insofern falsch gewesen sei, als es sich dabei um den Alkoholwert zum Unfallzeitpunkt gehandelt habe, dieser habe umgerechnet 1,74 %o BAG betragen. Sein CDT-Wert vom 14.8.2015 habe 0,89 % betragen, er habe immer Werte unter 1,8 %, daher könne ein Alkoholabusus ausge­schlossen werden. Wie Dr. P und Dr. S darauf kämen, er habe ein Alkoholproblem, könne er nicht nachvollziehen und werde das auch nicht begründet, ebenso wenig wie die Behörde zur Feststellung gelange, dass bei ihm  mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Alkoholabhängigkeit vorliege. Bei ihm liege auch kein bedenklicher Alkoholkonsum vor, daher sei die FA-Stellungnahme Dris S nicht heranzuziehen, der von einem problematischen Alkoholkonsum ausgehe. Der Bescheid sei daher schon wegen eines fehlerhaften Ermittlungsverfahrens aufzuheben, wobei auf VwGH-Judikatur verwiesen werde. 

Laut verkehrspsychologischer Stellungnahme weise die Alkoholisierung vom       2. Mai 2014 auf hohe Alkoholverträglichkeit hin, was aber nicht begründet werde. Der objektive Befund des CDT-Wertes werde außer Acht gelassen und ihm vorgeworfen, er setze sich mit seinem Alkoholproblem nicht auseinander – das sei naturgemäß so, weil er keines habe; er sei bisher 8mal zur Alkoholberatung gegangen, dort habe man auch keines feststellen können. Dazu werden der CDT-Befund vom 14. August 2015 – 0,89% – und eine Bestätigung über insgesamt 8 Besuche bei der Alkoholberatung Land zwischen 9. Juni und 1. September 2015 vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. September 2015, in der ein neuer CDT-Befund vom 16. September 2015 – 0,89% – und die vollständige FA-Stellungnahme Dris S vom 6. August 2015 (bei der im Akt befindlichen fehlten die Rückseiten) vorgelegt wurde. Der Bf führte aus, ihm habe niemand gesagt, dass er vorsorglich einmal pro Monat einen CDT-Wert machen lassen solle, das mache er nun. Er wurde auf seinen Wunsch zu einer neuerlichen VPU zugewiesen.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Dem am 8. Februar 1973 geborenen Bf wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juni 2012, VerkR21-233-2012/KI, die Lenkberechtigung für die Dauer von 24. Juni 2012 bis 24. Juli 2012 entzogen, weil er am 24. Juni 2012 ein Kraftfahrzeug mit einem Atemalkoholgehalt von 0,42 mg/l (§ 99 Abs. 1b StVO 1960) gelenkt hatte.

Ihm wurde weiters mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 2014 die Lenkberechtigung für die Dauer von 13 Monaten, nämlich von 2. Mai 2014 bis    2. Juni 2015 entzogen, weil er am 2. Mai 2014, also innerhalb von zwei Jahren nach dem oben angeführten Alkoholvorfall, ein Kraftfahrzeug mit einem AAG von 0,87 mg/l gelenkt, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und Fahrerflucht begangen habe.

 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 6. Mai 2015 lautete auf „derzeit nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1, 2 und der Klasse D“. Darin ist ua von einer hohen Alkoholverträglichkeit, Kontrollminderung im Umgang mit Alkohol, mangelnder selbstkritischer Auseinandersetzung mit dem Alkoholmissbrauch, nicht ausreichendem Problembewusstsein für die Alkohol­gefährdung, deutlich beschönigenden Angaben zum üblichen Umgang mit Alkohol und Bedenken hinsichtlich eines ausreichenden sozialen Verantwortungs­bewusstseins, insgesamt Schwächen im kraftfahrspezifischen Leistungsbereich und Fehlen der nötigen Bereitschaft zur Verkehrsanpassung in ausreichendem Ausmaß die Rede.

Laut Stellungnahme Dris C S, FA für Psychiatrie und Neurologie in W., vom 6. August 2015 ist der Bf mit der Diagnose “Schädlicher Gebrauch von Alkohol F10.1, Verdacht auf Alkoholabhängigkeit F10.2“ aus psychiatrischer Sicht „für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2, insbesondere der Klassen C und D derzeit nicht geeignet“. Empfohlen wird zur Förderung von Einsicht hinsichtlich des problematischen Alkoholkonsums und Motivation zu verantwortungsvollem Umgang mit Alkohol die Absolvierung einer stationären Entwöhnungsbehandlung, vorerst vierteljährlich Bestimmung von EtG im Harn und GGT, MCV und CDT im Serum und klinische Kontrollen alle 6 Monate.

 

Laut (neuer) verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 1. Oktober 2015 ist der Bf zum Lenken von Kraftahrzeugen der Klassen A, B, C, D, E und F geeignet, es wird aber empfohlen, die Wiedererteilung der Lenkberechtigung auch von unauffälligen alkoholspezifischen Laborwerten abhängig zu machen, die die Abstinenzbehauptung des Bf unterstützen und hinsichtlich Gruppe 2 die weitere Entwicklung der Abstinenzbemühungen einer ärztlichen Verlaufskontrolle zu unterwerfen, bis eine Abstinenz über den Zeitraum eines Jahres und hinreichende Stabilität der Einstellungs- und Verhaltensänderung zum Alkoholkonsum auch labordiagnostisch belegt werden kann.

 

Der Bf legte einen normwertigen Laborbefund vom 19. Oktober 2015 auf MCV, GOT, GPT, GGT und CDT sowie eine FA-Stellungnahme Dris U H, Fachärztin für Psychiatrie in L., vom 23. Oktober 2015 vor. Laut dieser besteht die Diagnose „Störung durch Alkohol, schädlicher Gebrauch, gegenwärtig abstinent seit 4/15“ und ist die aktuelle gänzliche Abstinenz glaubhaft, naturgemäß bei großer Einschränkung in mehreren Lebensbereichen durch den FS-Entzug scheint die Abstinenzmotivation vorwiegend durch äußere Faktoren bedingt. Im Hinblick auf die im Rahmen der erhöhten Verantwortung als Berufskraftfahrer und in der Zusammenschau aller anamnestischen Angaben sei eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik Suchterkrankungen im Rahmen einer – allenfalls tagesklinischen – Entwöhnungs­behandlung zu fordern. Wenn der Bf Bereitschaft zeige, sich im Rahmen einer solchen Behandlung weiterhin tiefgreifend mit der Thematik zu befassen und eine Alkoholabstinenz für zumindest 3 Jahre nachgewiesen werden könne – kurzfristige ETG-Kontrollen hinsichtlich Alkoholkonsum in den letzten 48 Stunden, regelmäßige CDT-Werte, regelmäßige Kontakte mit einer Alkohol­beratungsstelle und Kontrollen bei einem FA für Psychiatrie – könne die Stellung­nahme positiv ausfallen.

 

Laut ihrem Gutachten gemäß § 8 FSG hat die Amtsärztin Dr. E W, Amt der OÖ. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abt. Gesundheit, vom 30. Oktober 2015, Ges-2015-234051/4-Wim/Kir, am 28. Oktober 2015 Frau Dr. H telefonisch kontaktiert und zur vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 nachzuweisenden Abstinenzdauer befragt.  Laut Dr. H sei vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung unbedingt eine Entwöhnungsbehandlung als Voraussetzung zu sehen; eventuell könne nach Ablauf einer einjährigen Alkoholabstinenz, dh Ende April 2016, und durch Beibringung der wie fachärztlich geforderten Alkohollaborparameter, CDT-Werte im Abstand von sechs Wochen, mehrmalige kurzfristige ETG-Kontrollen unvorangemeldet beizubringen innerhalb von 48 Stunden nach Abruf über eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung für zumindest Gruppe 1 diskutiert werden. Laut Gutachten Dris W ist beim Bf von einer mangelnden Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 auszugehen. Voraussetzung für die Wiedererteilung ist eine Entwöhnungsbehandlung sowie in der Folge ein weiterer kontinuierlicher Abstinenznachweis, wie in der FA-Stellungnahme beschrieben.

 

Der Bf  hat in seiner Äußerung vom 4. November 2015 darauf verwiesen, dass er beruflich auf einen Führerschein der Gruppe 1 angewiesen sei und keine Einwände gegen Auflagen erhebe.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Z1 die Lenkberechtigung zu entziehen oder Z2 die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen. Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Auf der Grundlage des Gutachtens der Amtsärztin in Verbindung mit den Ausführungen Dris H, die mit denen Dris S vom 6. August 2015 inhaltlich vergleichbar sind, ist der Bf derzeit für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 gesundheitlich nicht geeignet. Trotz der von ihm nachgewiesenen Abstinenz seit April 2015, dh nunmehr für fast sieben Monate, ist ihm im eigenen Interesse die Absolvierung einer Entwöhnungsbehandlung, die von beiden Fachärzten als Voraussetzung für die Wiedererteilung einer Lenkberechtigung gesehen wird, dringend zu empfehlen. Ebenso sind regelmäßige Laborkontrollen der oben genannten Alkoholparameter zu empfehlen, um eine zumindest einjährige Abstinenz nachweisen zu können. Alle diese Maßnahmen, auch die erwähnten ETG-Kontrollen auf Abruf, sind vom Bf selbst zu veranlassen. Ein Antrag auf Wiedererteilung ist erst nach der vorgesehenen Entwöhnungsbehandlung und frühestens nach einem Jahr nachgewiesener Abstinenz erfolgversprechend.

 

Zu betonen ist auch, dass nicht verkannt werden soll, dass der Bf als Berufskraftfahrer auf eine Lenkberechtigung angewiesen ist und er durch die Entziehung massive finanzielle Nachteile erleidet, aber andererseits das Wissen um diese ihn nicht überraschend treffende Tatsache bereits nach seinem ersten Alkohol­delikt am 2. Mai 2014 bzw. bei seinem Entschluss, weiterhin vermehrt Alkohol zu konsumieren, vorhanden war und ihn trotzdem nicht zur Änderung seines Konsumverhaltens animieren konnte. Die Folgen dieses Alkoholkonsums – wie zB das Erlöschen der Lenkberechtigung nach einer Entziehungsdauer von gesamt mehr als 18 Monaten – sind im Übrigen gesetzlich vorgesehen und daher nicht zu umgehen.

 

Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung bilden naturgemäß allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich nicht um eine Strafe sondern ausschließlich um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor gesundheitlich nicht geeigneten KFZ-Lenkern.   

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger