LVwG-650468/2/Bi

Linz, 22.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn K. P., x, F., vertreten durch Herrn RA Mag. K. Z., x, H., vom 25. August 2015 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 23. Juli 2015, VerkR21-715-2014pl, wegen Entziehung der Lenkberechtigung,

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der in Beschwerde gezogene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gemäß §§ 24 Abs.1, 26 Abs.3 Z1 iVm 7 Abs.3 Z4 FSG die Lenkberechtigung – Führerschein ausgestellt von der BH Vöcklabruck am 15.2.2015 zu GZ:15037901 für die Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, C, BE, C1E, CE und F – für die Dauer von
2 Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen und gemäß § 29 Abs.3 FSG angeordnet, dass er den Führerschein unmittelbar nach Rechtskraft des Bescheides bei der BH Vöcklabruck oder bei der PI Frankenmarkt abzuliefern habe. Sollte er im Besitz einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung  oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs.4) sein, werde ihm diese Lenkberechtigung ab Rechtskraft des Bescheides gemäß § 30 Abs.2 FSG entzogen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 28. Juli 2015.

2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerde­vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 Abs.2 Z1 VwGVG.

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe nicht erhoben, ob er sich seit 1. April 2014 wohlverhalten habe, um über seine Verkehrszuverlässigkeit ein Urteil abgeben zu können. Nach 16 Monate Wohlverhalten komme der Entziehung der Lenkberechtigung keine Berechtigung mehr zu. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde.

Der Bf wurde mit Punkt 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 4. November 2014, VerkR96-10409-2014/Hai, einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10a iVm 99 Abs.2e StVO 1960 schuldig erkannt und bestraft, weil er am 1. April 2014 um 16.17 Uhr, im Gemeindegebiet B. iA, W., x bei km 4.714, in Richtung Kreuzung V. als Lenker des Pkw x in einem Bereich, der außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 52 km/h überschritten hat. Die Geschwindigkeitsmessung fand mit einem technischen Gerät statt, nämlich mit dem zuletzt vor dem Vorfallstag am 14. Oktober 2013 ordnungsgemäß geeichten Laser-Geschwindigkeitsmessgerät TruSpeed Nr.x auf eine Messentfernung von 414 m, wobei die vorgeschriebene Toleranz abgezogen wurde, sodass eine tatsächliche Geschwindigkeit von 122 km/h im Bereich eines ordnungsgemäß verordneten 70 km/h-Beschränkungsbereiches zugrundegelegt wurde – die Verordnungen des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 1. September 2011, VerkR01-1162-21-2010 und VerkR01-1162-22-2010, sehen eine 70 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung auf der x im Abschnitt zwischen km 4.520 bis 5.007 in beiden Richtungen vor.

 

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landes­verwaltungsgerichtes vom 12. Mai 2015, LVwG-600612/12/Bi, abgewiesen und das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Die belangte Behörde hat gegen den Bf mit Ladung vom 1. Juli 2015 ein Führerscheinentzugsverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung am 1. April 2014 eingeleitet und den Bf vorgeladen. Der Bf hat darauf nicht reagiert, sodass der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid erging.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat die Entziehungsdauer im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung – sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1, 2 oder 4 vorliegt – zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungs­bescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH rechtfertigt eine Übertretung nach § 7 Abs.3 Z4 FSG dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen ist und der Betreffende in dieser Zeit nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl E 17.3.2005, 2005/11/0016; 24.4.2001, 2001/11/0056; ua).

 

Im ggst Fall liegt zwischen dem zugrunde liegenden Vorfall am 1. April 2014 und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mit der Ladung vom 1. Juli 2015 ein Zeitraum von mehr als 1 Jahr und 3 Monaten. Laut FSR ist der Bf in dieser Zeit nicht nachteilig in Erscheinung getreten.

Auf dieser Grundlage war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. VwGH vom 14. Dezember 2015, Zl.: Ra 2015/11/0090-5