LVwG-300680/6/GS/PP
Linz, 16.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn M. Z., vertreten durch Herrn Dr. S. E., x, L., vom 2. April 2015, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 4. März 2015, GZ: SV96-94-2014-Fe,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) verfügt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 04.03.2015, GZ: SV96-94-2014-Fe, wurden über den Beschwerdeführer (Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 4 lit.a iVm mit § 18 Abs. 12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt.
Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Sie haben als Verantwortlicher der Firma I. d.o.o. in x, L., entgegen § 18 Abs. 12 als Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes einen Ausländer in Österreich beschäftigt, obwohl die Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 Z 1 oder 2 nicht erfüllt waren. Es wurde festgestellt, dass nachfolgende Personen beschäftigt wurden, obwohl sie nicht ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen nicht rechtmäßig beschäftigt waren.
1.) Name des Ausländers: L. M., geb. x
Staatsangehörigkeit: B.
Beschäftigungszeitraum: 50 Stunden/Woche
Beschäftigungsort in Österreich: x, S.
Tatort: Gemeinde S., S., x.
Tatzeit: 26.10.2014, 09:45 Uhr.
2.) Name des Ausländers: D. M., geb. x
Staatsangehörigkeit: B.
Beschäftigungszeitraum: 50 Stunden/Woche
Beschäftigungsort in Österreich: x, S.
Tatort: Gemeinde S., S., x.
Tatzeit: 26.10.2014, 09:45 Uhr.
3.) Name des Ausländers: M. T., geb. x
Staatsangehörigkeit: B.
Beschäftigungszeitraum: 50 Stunden/Woche
Beschäftigungsort in Österreich: x, S.
Tatort: Gemeinde S., S., x.
Tatzeit: 26.10.2014, 09:45 Uhr.“
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Strafantrag der Finanzpolizei Team 43 vom 03.12.2014 folgender Sachverhalt mitgeteilt worden wäre: Bei der Kontrolle am Betriebsgelände J. T GmbH an der Adresse S. wären am 26.10.2014 um 09:45 Uhr drei Dienstnehmer der I. d.o.o., L., x, handelsrechtlicher Geschäftsführer: Z. M., bei der Montage einer Sprinkleranlage angetroffen worden. Auftraggeber für die Montage wäre die A. d.o.o., L., x, handelsrechtlicher Geschäftsführer: Z. A., welche seinerseits den Auftrag von der Firma A. B GmbH, M., erhalten habe. Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätte keine Meldung einer Entsendung nach Österreich (ZKO 3), gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG, keine Lohnunterlagen und keine A1-Bestätigung betreffend der drei Dienstnehmer vorgelegt werden können. Für Herrn M. L. wäre die Bestätigung der EU-Entsendung mittels Bescheid vom 01.09.2014 durch das AMS Kirchdorf/Krems zurückgewiesen worden. Beantragt wäre die Bestätigung am 21.07.2014 noch von der A. d.o.o. worden. Die ZKO 3 Meldung wäre nach der Kontrolle am 26.10.2014 durch die I. d.o.o., L., bei der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung eingebracht worden. Dass der Auslöser für die rasche Meldung die zuvor durchgeführt Kontrolle gewesen wäre, liege auf der Hand. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes sei es hier zu einer Übertretung des § 18 Abs. 12 AuslBG iVm § 28 Abs. 1 Z 4 lit.a AuslBG durch die I. d.o.o., L., x, gekommen.
I.2. In der gegenständlichen Beschwerde wird begründend im Wesentlichen vorgebracht, dass es bedauerlich wäre, dass die Lohnunterlagen nicht vorgelegen hätten und die A1 Bestätigungen nicht vorhanden gewesen wären. Dafür sei aber auch der Geschäftsführer der I. d.o.o. verurteilt worden. Vorhanden wären diese Dokumente auf alle Fälle gewesen. Das sei aber hier nicht der gegenständliche Straftatbestand. Nach der M. Z. erteilten Information wäre mit 26.10.2014 eine Meldung einer Entsendung nach Österreich für sämtliche drei Arbeitnehmer gelegt worden und es wären ebenfalls für sämtliche drei Arbeitnehmer aufgrund der Anzeige vom 26.10.2014 mit 29.10.2014 die EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden. Es wäre somit am 26.10.2014 keiner von diesen drei Arbeitnehmern gegen die Gesetze der Republik Österreich beschäftigt gewesen. Es werde daher der Antrag an das Oö. Landesverwaltungsgericht gestellt, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 04.03.2015, zugestellt am 10.03.2015, ersatzlos zu beheben.
I.3. Mit Schreiben vom 10.04.2015, eingegangen beim Oö. Landesverwaltungsgericht am 16.04.2015, wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (= belangte Behörde) dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) zur Entscheidung vorgelegt.
I.4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Anberaumung und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 19.10.2015.
II. Folgender Sachverhalt steht fest:
Am 26.10.2014 fand um 09:45 Uhr auf dem Betriebsgelände der Firma J. T GmbH, S., x, eine Kontrolle durch die Finanzpolizei statt. Bei dieser Kontrolle wurden drei Dienstnehmer der s.n Firma I. (handelsrechtlicher Geschäftsführer M. Z.) bei der Montage einer Sprinkleranlage angetroffen. Bei den drei Arbeitern handelte es sich um folgende Personen: L. M., geb. x, D. M., geb. x, M. T., geb. x. Alle drei Personen besitzen die Staatsbürgerschaft von B.
Auftraggeber für die Montage der Sprinkleranlage war die s. Firma A. d.o.o. (handelsrechtlicher Geschäftsführer A. Z.), welche ihrerseits wiederum den Auftrag von der österreichischen Firma A. B GmbH erhalten hat.
Zum Zeitpunkt der Kontrolle konnten von den drei angetroffenen Arbeitern der s.n Firma I. keine Meldungen einer Entsendung nach Österreich (ZKO 3-Meldung), keine EU-Entsendebestätigungen, keine Lohnunterlagen und keine A1-Bestätigungen vorgelegt werden.
Nach dem Zeitpunkt der finanzbehördlichen Kontrolle wurden folgende Unterlagen betreffend die Tätigkeit der drei Montagearbeiter vorgelegt:
ZKO 3-Meldungen bezüglich einer Entsendung nach Österreich gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG vom 26.10.2014 und die aufgrund dieser Anzeige ergangenen EU-Entsendebestätigungen vom 29.10.2014. Weiters wurden am 15.10.2014 ausgestellte A1-Bestätigungen (Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften) sowie entsprechende Lohnunterlagen vorgelegt.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Oö. LVwG. Unstrittig steht somit fest, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Unterlagen (A1-Bescheinigung, ZKO 3-Meldung, EU-Entsendebestätigung, Lohnunterlagen) betreffend die gegenständliche Tätigkeit der drei Arbeiter vorgelegt werden konnten. Nach der Kontrolle konnten sämtliche Unterlagen vorgelegt werden. Fest steht auch, dass die ZKO-Meldung am Kontrolltag erstattet wurde, da von Seiten der Firma I. bemerkt wurde, dass auf diese Meldung vergessen wurde.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ,idF BGBl. I. Nr. 72/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer
a) entgegen § 18 Abs. 12 als Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes einen Ausländer im Inland beschäftigt oder
b) entgegen § 18 Abs. 12 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, in Anspruch nimmt,
obwohl § 18 Abs. 12 Z 1 oder 2 nicht erfüllt ist und – im Fall der lit.b – auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis 50.000 Euro;
Gemäß § 18 Abs. 12 Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I 135/2009, ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn
1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und
2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.
Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (215 BLG Nr. XXIII. GP) zu § 28 Abs. 1 Z 5 (Anm.: entspricht nunmehr Z 4) AuslBG ist Folgendes zu entnehmen:
Um parallele Prüfungen zu vermeiden, soll die verpflichtende Anzeige der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte an das Arbeitsmarktservice entfallen und statt dessen die im § 7b AVRAG vorgesehene Meldung von Betriebsentsendungen an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung im Bundesministerium für Finanzen (K.) als Grundlage für die Prüfung der materiellen Voraussetzungen für die Betriebsentsendung herangezogen werden. Die Meldung ist im Falle der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte von der K. umgehend an das Arbeitsmarktservice weiterzuleiten und soll um jene Daten erweitert werden, die für die Prüfung einer gemeinschaftsrechtskonformen Entsendung durch das Arbeitsmarktservice erforderlich sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Arbeitsgenehmigung und die Aufenthaltsgenehmigung, um prüfen zu können, ob die entsandten Arbeitskräfte tatsächlich ordnungsgemäß und dauerhaft im Sitzstaat des Arbeitgebers beschäftigt sind. Die Entsendung darf ‒ unabhängig von der Erfüllung der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG ‒ bei Vorliegen der Voraussetzungen zunächst auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gabriele Saxinger