LVwG-650507/2/SCH/CG
Linz, 20.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Marktgemeinde G, vertreten durch E & H Rechtsanwalts GmbH, H, G, vom 20. Oktober 2015 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. September 2015, Verk-720.357/52-2015-Aum/Gru, wegen Aussetzung des Verfahrens betreffend den Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenentscheidung gemäß § 48 Abs.3 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) bezüglich Auflassung der Eisenbahnkreuzungen in Bahn-km x und Bahn-km x sowie der damit verbundenen und vorgeschriebenen Ersatzmaßnahmen bis zur endgültigen Entscheidung über die Beschwerde der Ö gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. April 2015, Verk-720.905/33-2015-Aum/Gru,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.1. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit Bescheid vom 18. September 2015, Verk-720.357/52-2015-Aum/Gru, Folgendes angeordnet:
2. Begründend führt die belangte Behörde Folgendes aus:
„Mit Eingabe vom 10. Juni 2014 stellte die Ö einen Antrag gemäß § 20 Abs. 1 EisbG auf Genehmigung zur Wiederherstellung der unterbrochenen Straßenanlagen durch die Auflassung der Eisenbahnkreuzungen in km x, km x und km x. Nach einem Verbesserungsauftrag wurde der Antrag mit Schreiben vom 30. September 2014 weiter konkretisiert. Diese Wiederherstellung ist als Ersatzmaßnahme zur Auflassung der oben genannten Eisenbahnkreuzungen notwendig.
3. Dagegen hat die Marktgemeinde G rechtsfreundlich vertreten rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt worden. Gemäß § 2 VwGVG hat hierüber der nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichter zu entscheiden.
Gemäß § 24 Abs.2 Z.1 VwGVG konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.
4. Vorweg ist festzuhalten, dass der Einwand der Beschwerdeführerin nachvollziehbar ist, im gegenständlichen Fall liege kein Vorfragentatbestand vor. Die Behörde hat selbst über den Antrag des Eisenbahnunternehmens gemäß § 20 Abs.1 EisbG in Form einer Zurückweisung entschieden. Dieser Zurückweisungsbescheid hatte von keiner anderen Behörde als der nunmehr belangten und schon gar nicht von einem Gericht erlassen zu werden, sodass sich die Möglichkeit von vornherein nicht auftun konnte, dass eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständigkeitshalber im Sinne einer Vorfrage über den Antrag gemäß § 20 Abs.1 EisbG zu entscheiden gehabt hätte. Dass hier ein Beschwerdeverfahren anhängig gemacht worden war, ändert nichts an dieser grundsätzlichen Aussage. Dies gilt auch für den Umstand, ob in der Sache selbst oder (bloß) durch Zurückweisung entschieden wurde, solange außer Zweifel steht, wie vorliegend, das für die Entscheidung über das Schicksal des Antrages keine andere Behörde oder ein Gericht in Betracht kommt.
5. Für eine umfängliche Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen Vorgang und der Rechtsansicht der belangten Behörde erscheinen dem Verwaltungsgericht unbeschadet dessen noch folgende Feststellungen geboten:
Wie der obigen Wiedergabe von Bescheidspruch und Begründung entnommen werden kann, hält es die belangte Behörde für geboten, das Verwaltungsverfahren zur Kostenentscheidung so lange auszusetzen, bis über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 29. April 2015, Verk-720.905/33-2015-Aum/Gru, vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entschieden wurde. Im Hinblick auf die Formulierung im Bescheidspruch „bis zur endgültigen Entscheidung“ im Verein mit dem Hinweis in der Begründung, dass nach Ergehen des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich auch noch eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof denkbar sei, wird angenommen, dass die Aussetzung des Verfahrens auch für die Dauer eines allfälligen Revisionsverfahrens Gültigkeit haben solle.
Die von der Behörde in Anspruch genommene Bestimmung des § 38 AVG sieht neben der Möglichkeit der Behörde, eine allfällige Vorfrage selbst zu beurteilen, auch vor, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 11. November 2015, LVwG-650413/5/Sch/CG, über den im angefochtenen Bescheid zitierten Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. April 2015, Verk-720.905/33-2015-Aum/Gru, entschieden.
Die Beschwerde ist gemäß § 28 Abs.1 VwGVG abgewiesen worden, da seitens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich keine Antragslegitimation für Anordnungen gemäß § 20 Abs.1 EisbG gesehen wird.
Unter Bedachtnahme auf den Grundsatz, dass von der Rechtsmittelinstanz auch Änderungen der Sachlage, welche erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetreten sind, zu berücksichtigen sind, war die Aussetzungsfrist zumindest im Hinblick auf die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich zum nunmehrigen Zeitpunkt bereits abgelaufen und liegt somit das Fristende in der Vergangenheit. Der vom angefochtenen Bescheid verfolgte Zweck ist damit erfüllt und braucht der Bescheid somit nicht mehr im Rechtsbestand belassen zu werden.
Im Hinblick auf den Umstand, dass die belangte Behörde mit der Formulierung „bis zur endgültigen Entscheidung“ gemeint haben mag, auch ein allfälliges Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wäre abzuwarten, ist ihr die einschlägige Judikatur des Gerichtshofes zu § 38 2. Satz AVG entgegenzuhalten. Es kommt demnach auf die Rechtskraft der Entscheidung der Verwaltungsbehörde an, im Falle eines außerordentlichen Rechtsmittels vor den Höchstgerichten gegen diesen Bescheid besteht keine Berechtigung der Behörde, ihr derzeit anhängiges Verfahren auszusetzen (VwGH 30.01.2002, 98/12/0522).
Diese Judikatur bezieht sich auf die Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte, sie ist aber auch weiterhin anzuwenden, zumal kein nachvollziehbarer Grund erblickt wird, zwischen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof einerseits und ordentlichen bzw. außerordentlichen Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof andererseits in der Form zu unterscheiden, dass in dem einen Fall, wo bekanntermaßen keine Änderung eingetreten ist, also bei Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, die „endgültige Entscheidung“ schon mit Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes in Form des Eintritts der Rechtskraft vorliegt und im anderen Fall erst die Entscheidung über die Revision durch den Verwaltungsgerichtshof das Ende der Aussetzungsfrist bedeuten könne.
Aus diesen mehreren Gründen war somit der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Schön