LVwG-650374/12/SCH/MSt
Linz, 20.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Ö, P, W, vertreten durch Dr. M W & Dr. W K Rechtsanwaltspartnerschaft, K, S, vom 1. April 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 3. März 2015, VerkR10-500-2014, wegen Abweisung des Antrages der Ö auf Beseitigung eines verbotswidrigen Zustandes gemäß § 44 Eisenbahngesetz 1957 EisbG iVm § 47 EisbG bezüglich der Benützung eines Durchlasses bei Bahnkm. x der Eisenbahnstrecke L-G durch A und H K nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22. Oktober 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I. 1. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 3. März 2015, VerkR10-500-2014, Folgendes – hier gekürzt wiedergegeben – entschieden:
2. Gegen diesen Bescheid hat die Ö rechtsfreundlich vertreten durch Dr. M W & Dr. W K Rechtsanwaltspartnerschaft rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich samt Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt worden.
Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
Am 22. Oktober 2015 ist eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung abgeführt worden, an der die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie die Rechtsvertretung der mitbeteiligten Parteien K teilgenommen haben.
3. Die belangte Behörde hat während des Beschwerdeverfahrens dem Verwaltungsgericht das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 6. Mai 2015, 1 R 66/15 d, übermittelt. Damit war über die Berufung der Ö gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 26. Februar 2015, 1 Cg 186/11 k-53, entschieden worden. Demnach wurde die Berufung wegen Nichtigkeit verworfen und im Übrigen derselben nicht Folge gegeben. Das Oberlandesgericht Linz führt in der Sache aus:
„In der Rechtsrüge vertritt die Beklagte die Ansicht, dass das Klagebegehren hätte abgewiesen werden müssen, weil eine nicht öffentliche Eisenbahnanlage vorliege und die Betretungsverbote des § 47 EisbG greifen würden, es sich nicht um eine „hiefür bestimmte Stelle" handle und das Betreten nur mit einer vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet sei. Da die Kläger keine Erlaubniskarten hätten, sei es ihnen verboten und daher rechtlich unmöglich, zu gehen und zu fahren. Das Erstgericht hätte daher zumindest ihre Einrede beachten und dem Klagebegehren nur Zug um Zug gegen Erlangen von Erlaubniskarten stattgeben dürfen.
Die Kläger halten dem in der Berufungsbeantwortung entgegen, dass das Berufungsgericht und der Oberste Gerichtshof über die inhaltlich gleichlautenden Einwendungen der Beklagten bereits abgesprochen hätten und die Benützung des Durchlasses aufgrund der Vereinbarung vom 2. Oktober 1964 nach der Ansicht des Obersten Gerichtshofs an einer gerade zu diesem Zweck vorgesehenen Stelle erfolge, weshalb keine Erlaubsniskarten erforderlich seien und die Zug-um-Zug-Einrede der Beklagten ins Leere gehe. Im Übrigen habe die Bezirkshauptmannschaft Perg in dem von der Beklagten gegen sie angestrengten Verfahren zur Beseitigung eines verbotswidrigen Zustandes gemäß § 44 EisbG, GZ VerkR 10-500-2014, mit Bescheid vom 3. März 2015 die gleiche Ansicht vertreten und ausgeführt, dass die Benützung des Durchlasses durch sie keinen verbotswidrigen Zustand im Sinn des § 44 iVm § 47 EisbG darstelle.
Den Klägern ist einzuräumen, dass der wiedergegebene Teil der Rechtsrüge der Beklagten nicht den von der Aufhebung betroffenen Umfang der von ihnen geltend gemachten Dienstbarkeit oder die Formulierung des Klagebegehrens betrifft und die Frage, ob die Voraussetzungen für den Erwerb der behaupteten Dienstbarkeit durch Ersitzung erfüllt sind, im ersten Rechtsgang bejaht wurde. Es wurde insbesondere auch der Streitpunkt erledigt, ob aus dem §43 (alt) EisbG bzw. aus den §§ 47, 47a EisbG das Vorliegen eines Ersitzungsverbots abgeleitet werden kann, wobei es dabei - im Kern - ebenfalls um die Frage ging, ob die angeblich verbotene Nutzung zu einem rechtlich unmöglichen Sachgebrauch (ge)führt (hat).
Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass dieser Streitpunkt unter dem von ihr ins Treffen geführten Gesichtspunkt, sie releviere nur rechtlich, dass selbst dann, wenn die Ersitzungsvoraussetzungen erfüllt sein sollten, ein Gebrauch rechtlich unmöglich sei, neu aufgerollt werden kann, gelingt es ihr mit der Rechtsrüge nicht, Bedenken gegen die Klagsstattgabe zu erwecken.
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann aus den Betretungsverboten des EisbG das Vorliegen eines rechtlich unmöglichen Sachgebrauchs nicht abgeleitet werden. Wie bei Erörterung der Frage der Unzulässigkeit des Rechtswegs - der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs in der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung 5 Ob 252/12p folgend - bereits ausgeführt wurde, ist das der strittigen Dienstbarkeit zugrunde liegende Verhalten, das Queren der Bahntrasse L-G-W durch die Kläger unter Benützung der Unterführung und jener Flächen des GST-NR x, die benötigt werden, um zu den Waldgrundstücken GST-NR x und x und von dort wieder zurück zu gelangen, nämlich kein Betreten einer Eisenbahnanlage im engeren Wortsinn und es erfolgt von den hiezu berechtigten Klägern an den hiefür bestimmten Stellen im Sinn der eisenbahnrechtlichen Bestimmungen, sodass keine Erlaubniskarte erforderlich und es den Klägern nicht verboten ist, dort zu gehen und zu fahren.“
4. Angesichts dieser Gerichtsentscheidung(en) kann am Vorliegen der entsprechenden Dienstbarkeit nicht gezweifelt werden. Zur Frage, ob die Ehegatten K damit auch im Sinne des Eisenbahngesetzes berechtigt sind, den Durchlass entsprechend zu benützen, ist festzuhalten:
§ 47 Abs. 1 EisbG sieht vor, dass das Betreten von Eisenbahnanlagen, mit Ausnahme der hiefür bestimmten Stellen, nur mit einer vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte gestattet ist.
Der Begriff „hiefür bestimmte Stellen“ ist in § 2 Abs. 1 der Eisenbahnschutzvorschriften-Verordnung (EisbSV), BGBl II Nr. 219/2012, definiert und zwar im Sinne eines allgemeinen Verkehrsgebrauches, worunter Bahnsteige, Eisenbahnkreuzungen etc. fallen. Die „Bestimmung“ wird auch so zu verstehen sein, dass damit ein nicht genauer definierter Personenkreis umfasst ist, also allgemein jener, der solche Flächen benützt, wie Straßen-verkehrsteilnehmer oder Fahrgäste.
Diese Aussage steht nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich allerdings folgenden Erwägungen nicht entgegen:
Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Frage, ob die Allgemeinheit den gegenständlichen Durchlass benützen darf oder nicht, sondern darum, inwieweit dies den Ehegatten K – so wie deren Rechtsvorgängern – gestattet ist. Die nunmehr gerichtsmäßig festgestellte Dienstbarkeit hat nicht nur eine privatrechtliche Komponente, sondern auch eine Vorgeschichte, die das öffentliche Recht, konkret das Eisenbahngesetz, tangiert. In diesem Sinne ist ein Blick auf die eisenbahnrechtliche Vorgeschichte der Benützung des Durchlasses zu werfen.
Am 2. Oktober 1964 fand laut Aktenlage eine Besprechung bei den Rechtsvorgängern der Ehegatten K in B statt, an der neben diesen, namentlich den Ehegatten J und M K, auch drei Vertreter der Österreichischen Bundesbahnen teilgenommen haben. Hierüber wurde eine Niederschrift errichtet, die die Vereinbarung enthält, dass die Auflassung des Eisenbahnüberganges in km x einvernehmlich erfolgen könne.
Unter Punkt 3. der Vereinbarung ist als Gegenleistung neben einem Abfindungsbetrag an die Ehegatten K noch vereinbart worden, dass die Ö diesen gestatten, den Durchlass in Bahnkm. x als Zufahrt zu benützen.
Am 1. April 1965 ist vom Landeshauptmann von Oberösterreich als zuständige Eisenbahnbehörde eine eisenbahnrechtliche Verhandlung abgeführt worden, um die Voraussetzungen zur Genehmigung der Auflassung des abgeschrankten nicht öffentlichen Eisenbahnüberganges in km x zu ermitteln. Die Ehegatten K haben laut Verhandlungsprotokoll der Auflassung dieses Eisenbahnüberganges zugestimmt unter der Bedingung, dass die oben erwähnte privatrechtliche Vereinbarung eingehalten werde.
In der Rubrik „Gutachten und Vorschreibungen des technischen Amtssachverständigen“ der Niederschrift heißt es wiederum, dass die effektive Auflassung des Überganges und somit der Abtrag der Anlagen erst zu dem Zeitpunkt erfolgen dürfen, in welchem nach Vollendung der Sanierungsarbeiten am Durchlass in Bahnkm. x dieser im vorgesehenen Ausmaß voll benützungsfähig ist.
Die drei anwesenden Vertreter der Ö B haben dieses Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis genommen.
Hierauf hat der Verhandlungsleiter den Ö B unter der Voraussetzung unter anderem der Erfüllung bzw. Einhaltung der Vorschreibungen des technischen Amtssachverständigen für die Auflassung des erwähnten Eisenbahnüberganges die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung und unter der Voraussetzung einer fachgerechten Ausführung auch die Betriebsbewilligung erteilt.
5. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage sind die Ehegatten H und A K nicht nur aus zivilrechtlicher Sicht berechtigt, den Durchlass in der vom Gericht festgestellten Form zu benützen, sondern können ihr Recht auch auf einen öffentlich-rechtlichen Vorgang stützen, zumal ihren Rechtsvorgängern bescheidmäßig ein solches Recht seitens der Eisenbahnbehörde eingeräumt worden ist.
Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung ist als dinglich wirkender Bescheid zu verstehen. Sie wirkt damit auch für einen etwaigen Rechtsnachfolger des Eisenbahnunternehmens nach. Im Falle einer festgestellten Dienstbarkeit eines Dritten muss die dingliche Bescheidwirkung wohl so verstanden werden, dass das Eisenbahnunternehmen auch dem Rechtsnachfolger desjenigen, dem ursprünglich das Recht eingeräumt worden ist, weiterhin im Rahmen des Baubewilligungsbescheides die entsprechende Befugnis zukommen lassen muss.
Zusammenfassend ergibt sich somit für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Feststellung, dass den Ehegatten K das Betreten der Eisenbahnanlage im Sinne der gerichtsmäßig festgestellten Benützung des Durchlasses als eine für sie bestimmte Stelle gestattet ist, ohne dass es hiefür noch einer vom Eisenbahnunternehmen ausgestellten Erlaubniskarte bedürfte. Sohin kann auch kein verbotswidriges Verhalten der Genannten vorliegen, das von der Eisenbahnbehörde abzustellen wäre.
Anzufügen wäre noch, ohne diese Frage hier endgültig abzuhandeln, dass § 4 Abs. 1 der schon oben erwähnten Verordnung über Eisenbahnschutzvorschriften im Hinblick auf die vor der Ausstellung allfälliger Erlaubniskarten erforderliche Ausbildung auf das Betreten von Gefahrenräumen abstellt. Ob die Benützung eines Durchlasses schon das Betreten eines Gefahrenraumes, wie er im Sinne der obigen Verordnung gemeint sein mag, darstellt, muss zumindest in Frage gestellt werden.
6. Abschließend ist noch festzustellen, dass der Beschwerdeschriftsatz vom 4. Dezember 2014 ein Kostenverzeichnis der rechtsfreundlichen Vertretung enthält. Mangels eines entsprechenden Ersatzantrages wird dieses so verstanden, dass keine Entscheidung durch das Verwaltungsgericht angesprochen wird.
Ein Ersatz käme aufgrund der Selbsttragungsregelung des § 74 Abs. 1 AVG, die gemäß § 17 VwGVG auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gilt, ohnehin nicht in Betracht.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. S c h ö n