LVwG-300819/2/KL/TK
Linz, 25.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn U. B., S., vertreten durch B. Rechtsanwälte GmbH, x, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshautmannschaft Vöcklabruck vom 19. August 2015, SanRB96-35-2015, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 3.000 Euro zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19. August 2015, SanRB96-35-2015, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden) in 15 Fällen wegen jeweils einer Übertretung gemäß § 7i Abs. 4 Z 1 iVm § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 i.d.F. BGBl. I Nr. 94/2014 verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen
2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen die mangelnde verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers eingewendet, zumal der Beschwerdeführer als technischer Direktor der T. ausschließlich für Belange der Technik, Investitionen und Produktentwicklung zuständig sei, für Arbeitsverträge, Lohnzahlungen, Sozialversicherungszahlungen und sonstige Mitarbeiterbelange sei der kaufmännische Geschäftsführer der T., Herr H. G., zuständig. Am pflichtgemäßen Handeln des zuständigen Geschäftsführers habe der Beschwerdeführer keine Zweifel gehabt. Es könne dem Beschwerdeführer daher keine Fahrlässigkeit bzw. Verletzung der Sorgfaltspflicht angelastet werden. Weiters berief sich der Beschwerdeführer auf die Anwendbarkeit des Montageprivilegs gemäß § 7 b Abs. 2 Z 1 AVRAG, nämlich Lieferung einer Anlage an einen Betrieb mit Montagearbeiten, die von inländischen Arbeitnehmern nicht erbracht werden können, wenn diese Arbeiten in Österreich insgesamt nicht länger als drei Monate dauern. Bei der gelieferten Anlage handle es sich nicht um herkömmliche Verkaufsregale, sondern ortsfeste Schwerlastregale mit Integration von Ladenbauregalen, wobei es sich um aufwendige Stahlkonstruktionen und entsprechend anzuwendenden Normen betreffend statische Schwerlastverteilung handle. Die Montage der gegenständlichen T. – Anlage erfordere eigens vom Hersteller geschultes und ausgebildetes Personal. Im konkreten Fall haben die Arbeiten insgesamt von 5. bis 24. Jänner 2015 gedauert. Schließlich sei im konkreten Fall die Bereithaltung der Lohnunterlagen am Einsatzort nicht zumutbar gewesen, weil es sich um sensible mit personenbezogenen Daten versehene Unterlagen gehandelt habe, die vor Ort nicht sicher aufbewahrt hätten werden können. Auch hätte der Datenschutz auch innerhalb der Mitarbeiter gewährleistet werden müssen. Es sei daher eine Aufbewahrung sämtlicher Lohnunterlagen von 15 Mitarbeitern vor Ort nicht zumutbar und möglich gewesen. Darüber hinaus hätten nur Unterlagen, die bereits vorliegen, vorgewiesen werden können, was hinsichtlich der Lohnabrechnungen erst zu einem späteren Zeitraum möglich gewesen wäre. Schließlich wurde noch mangelndes Verschulden geltend gemacht und auf die Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hingewiesen.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und im Übrigen der wesentliche Sachverhalt vom Beschuldigten nicht bestritten wurde, sondern in der Beschwerde nur die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungserheblichen Sachverhalt aus, welcher vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde:
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der T., S. in P., d.o.o. in S., x. Weiterer vertretungsbefugter Geschäftsführer ist H. G.. Die beiden Geschäftsführer haben eine interne Ressortaufteilung, nämlich dass der Beschwerdeführer technischer Direktor ist, der weitere Geschäftsführer für kaufmännische Belange zuständiger Geschäftsführer.
Bei einer Kontrolle des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, Finanzpolizei Team 45, auf der Baustelle Baumarkt H., R., x, R., am 16. Jänner 2015, wurde festgestellt, dass die im Straferkenntnis namentlich angeführten Arbeitnehmer der T. als Monteure seit 5. Jänner 2015 (der Arbeitnehmer M. K. seit 13. Jänner 2015) beschäftigt waren und für diese Arbeitnehmer der Arbeitsvertrag oder Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des der entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort nicht bereitgehalten wurden.
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Gemäß § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) haben Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 während des Zeitraumes der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des den/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind.
Gemäß § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen für jede/n Arbeitnehmer/in von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall von 4.000 Euro bis 50.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält.
Arbeitgeber im Sinn des § 7b Abs. 1 sind ausländische Arbeitgeber/innen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich.
5.2. Im Grunde des erwiesenen und vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Sachverhaltes waren 15 slowenische Arbeitnehmer der T. d.o.o. am 16. Jänner 2015 an der näher bezeichneten Baustelle mit Montagearbeiten beschäftigt und wurden Unterlagen zur Überprüfung des nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts nicht bereitgehalten. Die Unterlagen waren im Inland nicht vorhanden. Die T. d.o.o. hat ihren Sitz in S. in x. Sie hat die genannten Arbeitnehmer zu fortgesetzten Arbeitsleistungen nach Österreich entsandt. Es ist daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung hinsichtlich sämtlicher 15 genannten Arbeitnehmer erfüllt.
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens und daher verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
Gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz – VStG, welcher gemäß § 38 VwGVG auch im Beschwerdeverfahren anzuwenden ist, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, die ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft. Nach der Bestimmung des § 9 Abs. 1 VStG ist er daher als nach außen zur Vertretung berufenes Organ der GesmbH verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Er hat daher die Verwaltungsübertretungen strafrechtlich zu verantworten. Hingegen wurde die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG nicht geltend gemacht und nicht nachgewiesen. Ein entsprechender Zustimmungsnachweis wurde nicht vorgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass, will sich das gesetzlich verantwortliche Organ durch Delegation von der Verantwortung befreien, diese Delegation der Verantwortung klar und eindeutig zu erfolgen hat.
Wenn sich hingegen der Beschwerdeführer darauf beruft, dass der zweite handelsrechtliche Geschäftsführer als kaufmännischer Geschäftsführer verantwortlich gewesen sei, so ist dem Beschwerdeführer die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach jeden, der zur Vertretung nach außen berufenen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trifft (VwGH vom 14.12.1994, 94/03/0138). Eine bloße interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung ist irrelevant (VwGH vom 5.9.1977, 97/02/0235, vom 5.9.2002, 98/02/0220, vom 14.9.2001, 2000/02/0281 und vom 8.9.2004, 2002/03/0307). Es ist daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers grundsätzlich gegeben.
5.3. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Ausnahmetatbestand nach § 7b Abs. 2 Z 1 (Montageprivileg) ist entgegenzuhalten, dass mit dieser Regelung für den Beschwerdeführer keine Entlastung eintritt, zumal nach dieser Bestimmung für den Fall von Montagearbeiten bei der Lieferung von Anlagen lediglich § 7b Abs. 1 Z 1 nicht gilt, also die Regelung betreffend kollektivvertragliches Entgelt. Diese Ausnahmeregelung bestimmt aber nicht, dass insgesamt die Bestimmungen über die entsandten Arbeitnehmer außer Kraft gesetzt werden. Insbesondere werden die Regelungen über Meldung und Bereithalten der Unterlagen nicht ausgenommen.
Hingegen ist auf § 7b Abs. 1a hinzuweisen, dass nur in den in dieser Bestimmung geregelten Fällen (taxative Aufzählung) eine Entsendung nicht vorliegt. Nur in diesen Fällen gelten daher auch die Verpflichtungen hinsichtlich entsendeter Arbeitnehmer und daher auch die Verpflichtung zur Bereithaltung von Unterlagen gemäß § 7d AVRAG nicht (argumentum „während des Zeitraumes der Entsendung“ in § 7d Abs. 1 AVRAG).
Eine der taxativ aufgezählten Beschäftigungen haben aber die angetroffenen Arbeitnehmer nicht vorgenommen.
Dem Argument des Beschwerdeführers, dass Lohnzetteln noch nicht vorhanden seien, weil noch kein Lohn ausbezahlt worden sei, ist entgegenzuhalten, dass nach § 7d Abs. 1 jedenfalls der Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung vorhanden sein müssen und diese aber von Beginn des Arbeitsverhältnisses an bzw. bei der Entsendung bereits aufliegen müssen. Insbesondere im Sinne des Dienstzettels nach § 7b Abs. 1 Z 4 AVRAG ist die Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag geltenden Bedingungen in Österreich hinzuweisen. Schließlich ist auch das Argument, dass die Bereithaltung am Einsatzort nicht zumutbar sei, zurückzuweisen, zumal hier bereits Räumlichkeiten und daher eine Möglichkeit zur sorgfältigen Aufbewahrung gegeben sind, andererseits aber jedenfalls eine Aufbewahrung der Unterlagen in etwa einem Firmenfahrzeug möglich wäre. Auch gestalten sich diese Unterlagen für 15 Arbeitnehmer nicht in dem Ausmaß, dass nicht für einen geordneten Zugang hätte Vorsorge getroffen werden können. Dies wird auch von dem Kontrollorgan so festgehalten. Dem gegenüber ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass die Unterlagen im Inland, also in Österreich, nicht vorhanden waren, sondern erst aus x hätten übermittelt werden müssen. Dies ist jedenfalls ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 7d Abs. 1 AVRAG.
5.4. Der Beschwerdeführer macht mangelndes Verschulden geltend, weil sein weiterer handelsrechtlicher Geschäftsführer für kaufmännische Angelegenheiten nach der internen Ressortverteilung zuständig sei und der Beschwerdeführer keinen Zweifel an der ordnungsgemäßen Aufgabenverrichtung des weiteren Geschäftsführers gehabt habe, es liege daher seinerseits kein Verschulden vor.
Diesem Vorbringen ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, dass nicht jedes Vorstandsmitglied darauf vertrauen kann, dass die jeweils anderen Mitglieder ihre sich nach der internen Aufteilung ergebenden Pflichten ordnungsgemäß wahrnehmen. Richtig ist, dass jeder der mehreren jeweils zur Vertretung nach außen berufenen physischen Personen die Verantwortung nur insofern trifft, als ihr ein Verschulden zur Last fällt. Der Beschwerdeführer hätte im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG ein entsprechendes Vorbringen im Verfahren zu erstatten gehabt, dass ihn an den verfahrensgegenständlichen Übertretungen kein Verschulden trifft (VwGH vom 8.9.2004, 2002/03/0307). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.6.1996, 96/97/0097, dargelegt, dass ein Vorstandsmitglied gerade dann, wenn das nach der internen Geschäftsverteilung im Vorstand für die Einhaltung der Vorschriften zuständige Vorstandsmitglied den zum Anlass der Bestrafung genommenen Missstand trotz entsprechender Mahnungen und Erinnerungen durch die zuständige Behörde durch vier Jahre hindurch nicht abstellt, zu einer Kontrolle dieses anderen Vorstandsmitglieds verpflichtet ist. Der bloße Rückzug auf eine interne Unzuständigkeit ohne jegliches weiteres Vorbringen stellt ein zur Entlastung im Sinn des § 5 Abs. 1 untaugliches Argument dar. Insbesondere sprach der VwGH aus, dass Auswahl und Überwachung auch zwischen Ehegatten, die juristisch geschult sind, erforderlich ist.
Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit gemäß § 5 Abs. 1 VStG bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.
Im Sinn der zitierten Gesetzesbestimmung und der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht es daher nicht aus, dass der zweite handelsrechtliche Geschäftsführer nach der internen Ressortaufteilung für die Belange des AVRAG zuständig ist und sich der Beschwerdeführer darum nicht kümmert und keine Kontrolle vornimmt. Es genügt nicht, dass die Zuständigkeit übertragen wird, sondern es hat sich der Beschwerdeführer vielmehr zu vergewissern, ob der weitere Geschäftsführer seine Pflichten ordnungsgemäß wahrnimmt. Für den Fall der Nichtbeachtung der Pflichten hat er auch Ermahnungen auszusprechen und für die Einhaltung der Pflichten Sorge zu tragen. Dass der Beschwerdeführer ein derartiges Kontrollnetz aufgebaut hätte, also Kontrollen seines weiteren Geschäftsführers vorgenommen hätte bzw. Maßnahmen getroffen hätte, die mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Verwaltungsvorschriften erfüllt werden, wurden vom Beschwerdeführer weder vorgebracht noch unter Beweis gestellt. Allein das Vertrauen auf eine pflichtgemäße Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen genügt hingegen nicht. Es war daher eine Entlastung des Beschwerdeführers nicht gelungen.
5.5. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG i.d.F. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1.7.2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Im ordentlichen Verfahren (§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von Unbescholtenheit als Strafmilderungsgrund und keinen Erschwerungsgründen ausgegangen. Sie verweist auf die für den Fall von mehr als 3 betroffenen Arbeitnehmern anzuwendende Mindeststrafe von 2.000 Euro je Arbeitnehmer und wendet § 20 VStG an, indem für jeden Arbeitnehmer die gesetzliche Mindeststrafe um die Hälfte unterschritten wird.
Auch im Beschwerdeverfahren wurden keine geänderten Umstände vorgebracht und kamen solche auch nicht hervor. Angesichts der Unterschreitung der Mindeststrafe und Anwendung der außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG kann das Oö. Landesverwaltungsgericht nicht finden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Die nunmehr verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen sind durchaus tat- und schuldangemessen. Da aber kein wirksames Kontrollsystem vorhanden war, kann nicht von geringfügigem Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen werden und lag daher eine kumulativ erforderliche Voraussetzung für den Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht vor. Es war daher auch nicht mit einer Ermahnung vorzugehen.
6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 3.000 Euro, gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG festzusetzen.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt