LVwG-300460/5/Kü/PP
Linz, 18.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der G. H., vertreten durch Rechtsanwälte W., x, S., vom 4. September 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. August 2014, SV96-29-2014, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. September 2015
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 1.200 Euro (2 x 600 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. August 2014, SV96-29-2014, wurden über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7i Abs. 3 iVm § 7b Abs. 1 Z 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz idF des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSDB-G) zwei Geldstrafen iHv jeweils 3.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 100 Stunden verhängt. Ferner wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von jeweils 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.
Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
Zur rechtlichen Beurteilung der in den Arbeitsverträgen enthaltenen Arbeitszeit- und Pausenregelung wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bereits in den Erkenntnissen vom 6. Mai 2015, LVwG-300166 und LVwG-300245 zutreffend wie folgt festgehalten:
„Auch die Vertragsgestaltung hinsichtlich der Arbeitszeiten selbst ist aus arbeitsrechtlicher Sicht kritisch zu hinterfragen. So sieht der vorgelegte Vertrag für die Tagschicht innerhalb des Zeitraumes von 7 bis 20 Uhr (also 13 Stunden) lediglich eine tatsächliche Gesamtarbeitszeit von nur 3,5 Stunden vor. Als Tätigkeiten sind „Grundreinigung“ mehrmals „Desinfektionsarbeiten“ und schließlich „Abschlussreinigung“ definiert. Sonstige (ebenfalls notwendige) Tätigkeiten, wie das Auffüllen von Verbrauchsmaterial und ähnliches, kommen als auszuführende Tätigkeiten in diesem Zeitmodell gar nicht vor. Die einzelnen Tätigkeiten sind starr mit nur 30 Minuten (auf Grundreinigung und Abschlussreinigung) bzw. 15 Minuten (Desinfektionsarbeiten) vorgegeben. Die vom Arbeitgeber festgelegten Pausen betragen jedoch 45, 75 oder 90 Minuten.
Wie bereits der Strafantrag darlegt, ist es dem Arbeitnehmer aufgrund der Abgeschiedenheit des Einsatzortes und der Lage der vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitspausen zu keiner Zeit möglich seinen Aufenthaltsort frei zu wählen und sich anderweitig wirtschaftlich zu betätigen bzw. über die Verwendung seiner Zeit weitgehend selbst zu bestimmen. Die Lage der Arbeits- und Pausenzeiten schränken den Arbeitnehmer in einem solchen Ausmaß ein, dass aus arbeitsrechtlicher Sicht keinesfalls von Freizeit, sondern vielmehr von Arbeitszeit, welche entsprechend zu vergüten ist, auszugehen ist.
Jede andere rechtliche Auslegung würde es einem Arbeitgeber ermöglichen, durch exzessive Vertragsgestaltung den Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum an einen Ort zu binden, ohne ihm dafür eine entsprechende finanzielle Gegenleistung zukommen zu lassen. So wäre letztlich auch eine Vertragsgestaltung denkbar, die den Arbeitnehmer verpflichtet, jeweils nur 1 Minute pro Stunde eine bestimmte „Tätigkeit“ auszuführen. Die restlichen 59 Minuten würden folglich als Arbeitspause bezeichnet werden. Selbst bei einer 24-stündigen Anwesenheit, würde nicht einmal eine halbe Stunde finanziell abgegolten werden.
Dem Wesen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses entsprechend stellt der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft „besonders auch in zeitlicher Hinsicht“ zur Verfügung. Wenn innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit auch Zeiten liegen, in denen der Arbeitnehmer – betriebsbedingt oder durch Vorgaben des Arbeitgebers – keine Leistung erbringen kann oder muss, stellt er doch auch in dieser Zeit seine Arbeitskraft zur Verfügung. Insbesondere ist er in dieser Zeit daran gehindert, sich anderweitig wirtschaftlich zu betätigen und somit von jeglicher zusätzlichen Erwerbsmöglichkeit abgeschnitten. Diese Zeiten können daher keinesfalls als „Freizeit“ oder sonstige in der Sphäre des Arbeitnehmers liege Pausen gewertet werden.
In zahlreichen Wirtschaftsbereichen kommt es zu Zeiten, in denen Arbeitnehmer betriebsbedingt keine Arbeitsleistung erbringen können. Sie können beispielsweise auch bei einem Kellner in einem Gastgewerbebetrieb, der mangels Kundschaft zum „Nichtstun“ gezwungen ist, diese Zeiten unter keinen Umständen als Freizeit oder als unbezahlte Pause gewertet werden.
Derartige „Stehzeiten“ gehören zum Risiko des Unternehmers, welches dieser jedenfalls nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen kann. Eine Vereinbarung, die viele kurzfristige Tätigkeiten des Arbeitnehmers vorsieht, welche durch längere vom Arbeitgeber festgelegte und vom Arbeitnehmer nicht beeinflussbare Pausen unterbrochen werden, übersteigt eindeutig die arbeitsvertragsrechtliche Dispositionsfreiheit, wenn diese zu Lasten des Arbeitnehmers geht.“
Insgesamt ist somit davon auszugehen sein, dass die am Papier bestehende Arbeitszeitenregelung nicht den Tatsachen entspricht, zumal von den jeweiligen Arbeitnehmern in den von ihnen eigenhändig ausgefüllten Personenblättern dargestellt wurde, dass die Arbeitszeit pro Tag acht Stunden, verteilt bei Frau H. auf 6.00 bis 10.00 Uhr und 18.00 bis 22.00 Uhr und bei Herrn J. auf 18.00 bis 2.00 Uhr, beträgt. Es haben sich im abgeführten Verfahren auch keine Zweifel an diesen von den Arbeitnehmern genannten Arbeitszeiten ergeben, vielmehr hat die Bf ohne konkrete Entgegnung lediglich auf die bestehende vertragliche Regelung hingewiesen. Die Berechnung des zustehenden kollektivvertraglichen Mindestentgelts auf Basis der zeitlichen Angaben der angetroffenen Arbeitnehmer begegnet daher keinen Bedenken, weshalb die ausgewiesenen Unterentlohnungen in dieser Form auch ohne Vornahme von Korrekturen zu bestätigen waren.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Thomas Kühberger