LVwG-300460/5/Kü/PP

Linz, 18.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der G. H., vertreten durch Rechtsanwälte W., x, S., vom 4. September 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Grieskirchen vom 7. August 2014, SV96-29-2014, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. September 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 1.200 Euro (2 x 600 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. August 2014, SV96-29-2014, wurden über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7i Abs. 3 iVm § 7b Abs. 1 Z 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz idF des Lohn- und Sozial­dumping-Bekämpfungsgesetzes (LSDB-G) zwei Geldstrafen iHv jeweils 3.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 100 Stunden verhängt. Ferner wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von jeweils 10 % der ver­hängten Strafe vorgeschrieben.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

Sie haben es als Inhaber des Dienstleistungsbetriebes  H. mit Betriebs­standort in M., x, D., und somit mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich, und somit als Arbeitgeber iSd § 7b AVRAG zu verantworten, dass die lettischen StAen. H. I., geb. x, und J. J., geb. x, vom 23.12.2013 bis zur Kontrolle am 5.2.2014 mit der Betreuung der Sanitäranlagen (Toiletten, Duschen) in der I.-Tankstelle in H., x, gegen eine vertragliche Grundvergütung von jeweils 460 Euro brutto/Monat beschäftigt wurden, ohne dass den Arbeitnehmern für den Zeitraum de­ren Entsendung nach Österreich zumindest der nach dem Kollektivvertrag für Denkmal-, Fas­saden- und Gebäudereiniger der Lohngruppe 6 zustehende Grundlohn für Reinigungs­kräfte von 7,88 Euro brutto/Stunde für das Jahr 2013 bzw. 8,08 Euro brutto/ Stunde für das Jahr 2014 ge­leistet worden ist, obwohl ein Arbeitnehmer, der von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem ande­ren Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Öster­reich zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, unbe­schadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollek­tivvertragliche Entgelt hat, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt und haben Sie somit gegen die Lohnvorschriften des AVRAG verstoßen.

 

Das Kompetenzzentrum LSDB führte folgende Berechnungen zur Ermittlung des zustehenden Grundlohnes durch:

 

Auf dem eigenhändig ausgefüllten Personenblatt der Arbeitnehmerin H. vom 5.2.2014 ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden angegeben (Montag bis Sonntag je acht Stun­den). Als Beginn der Arbeit am obg. Arbeitsort wird von der Arbeitnehmerin der 23.12.2013 an­geführt, als Entlohnung wird 460 Euro/Monat brutto angegeben.

Für den Zeitraum 23.12.2013 (Beginn der Tätigkeit laut Angaben Personenblatt) bis 05.02.2014 (Tag der Kontrolle) errechnet sich daher für die Arbeitnehmerin H. ein Bruttolohn von 690 Euro (460 Euro Bruttomonatslohn / 30 Tage mal 45 Arbeitstage). Diesem steht ein Grund­lohn von 2.894,40 Euro (2013: Bruttostundenlohn 7,88 Euro mal 9 Arbeitstage [8 Stunden pro Tag]; 2014: Bruttostundenlohn 8,08 Euro mal 36 Arbeitstage [8 Stunden pro Tag]) gegenüber. Es ergibt sich somit eine Unterentlohnung in der Höhe von 2.204,40 Euro (76,16%).

Auf dem eigenhändig ausgefüllten Personenblatt des Arbeitnehmers J. vom 5.2.2014 ist ebenso eine wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden angegeben (Montag bis Sonntag je acht Stunden). Da der Beginn der Arbeit an obg. Arbeitsstelle nicht genannt wurde, wird zur Berechnung des zustehenden Grundlohnes lediglich der 5.2.2014 (Kontrolltag) herangezogen.

Für den 5.2.2014 errechnet sich somit für den Arbeitnehmer J. ein Bruttolohn von 15,30 Euro (460 Euro Bruttomonatslohn / 30 Tage mal einem Arbeitstag). Diesem steht ein Grundlohn von 64,64 Euro (8,08 Euro mal acht Arbeitsstunden) gegenüber. Es ergibt sich somit eine Unterentlohnung in der Höhe von 49,34 Euro (76,33%).“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts ersatzlos aufzuheben.

 

Begründend wurde festgehalten, dass aus der rechtlichen Würdigung der Erstbehörde hervorgehe, dass zwar ein Verstoß gegen die Bestimmungen des AVRAG zur Last gelegt würde, jedoch nicht ausgeführt würde, worin dieser tatsächlich bestehen solle. So würde zwar auf eine Tariflohnunterschreitung hingewiesen – das ausdrücklich jedoch auch nur im Zusammenhang mit einer Verantwortung ihrerseits, nämlich der Stellungnahme durch den Steuerberater – jedoch keineswegs als Sachverhalt mehr als bloß festgestellt, dass gegen die Bf eine Anzeige erstattet worden wäre. Es könne keineswegs ausreichen, auf irgendwelche Beilagen zum Bescheid zu verweisen und darauf hinzuweisen, dass diese in Wahrung ihrer Parteienrechte als wesentlicher Teil der Begründung dieses Bescheides zur Kenntnis gebracht würden. Richtigerweise hätte konkret ausgeführt werden müssen, welche Handlungen der Bf aus welchem Rechtsgrund konkret zur Last gelegt würden und was sich daraus rechtlich zwingend folgern ließe. Alle drei dieser essenziellen Merkmale seien konkret nicht erfüllt.

 

Selbstverständlich sei es relevant, worauf nochmals ausdrücklich hingewiesen würde, dass den Dienstnehmern zur Verfügung gestellte und für diese unentgeltliche Unterkunftsmöglichkeiten als Lohnbestandteile zu berücksichtigen seien. Diese wären demnach entsprechend lohnerhöhend von der Erstbehörde zu berücksichtigen gewesen. Dann hätte sich keine Tariflohnunterscheidung ergeben.

Auch sei relevant, dass die Mitarbeiter nur kurzzeitig in der Raststätte tätig gewesen seien, wie seit Anbeginn vorgebracht. Auch hier verbiete sich die anzustellende Betrachtungsweise, ganz einfach den täglichen punktuellen Einsatz auf eine Gesamttagesdauer zu extrapolieren, dies mit der Konsequenz, dass sich daraus erhebliche – tatsächlich gar nicht relevante, da nicht stattgefunden habende! – Arbeitszeiten ergeben würden, die somit insgesamt den erzielten Lohn unter den Tariflohn zu drücken geeignet seien.

 

Die Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der Lohn- und Sozialdumping­bestimmungen würden natürlich auf der Hand liegen und in keiner Weise in Zweifel gezogen. Darum gehe es im vorliegenden Fall aber auch nicht. Die Bf habe weder gegen Intentionen noch erst recht gesetzliche Ausformungen verstoßen.

 

Die Bf sei zwar vereinzelt in Österreich tätig jedoch überwiegend in Deutschland. Die deutsche Rechtslage und -sprechung kenne sie bestens, die österreichische sei ihr nicht in derartiger Tiefe vertraut. Dies hätte schuldmildernd berücksichtigt werden müssen: Erst recht, da sie davon ausgehen hätte können, die Rechtslage Österreichs würde der deutschen grundlegend entsprechen. In Deutschland sei es nämlich kein Problem, dass Naturalleistungen des Dienstgebers wie etwa Unterkünfte wie von ihr dargestellt, berücksichtigt würden. Auch komme es dort auf die tatsächlichen Einsatzzeiten an.

 

Auch die Strafen selbst würden überzogen erscheinen, diesbezügliches Vor­bringen bleibe der Verhandlung vorbehalten.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem Verfahrensakt mit Schreiben vom 12. September 2014 dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu ent­scheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. September 2015, an welcher die Rechtsvertreterin der Bf sowie ein Vertreter der Wiener Gebietskrankenkasse (LSDB) teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bf betreibt als Einzelunternehmerin die Firma  H. mit dem Sitz in x, M.

 

Zwischen der Bf und Frau I. H., x, G., wurde mit Wirksamkeitsbeginn 22.5.2013 ein Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Gemäß dem Vertrag beschäftigt die Bf Frau H. als Sanitärbetreuer.

 

Hinsichtlich Arbeitszeit, Pausenregelung, Grundvergütung und Zusatzvergütung Tagschicht enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

 

„§ 4    Arbeitszeit- und Pausenregelung (Lage der Arbeitszeit)

4.1. Die Beschäftigung erfolgt entsprechend den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen im Ein- oder Zwei-Schicht-System.

4.2. Die Lage der Arbeitszeit ist dabei - unabhängig vom jeweiligen Schicht-System - wie folgt verteilt:

• Tagesschicht: 07.00 Uhr bis 20.00 Uhr

• Nachtschicht: 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr

4.3. Bei Wechsel des Schicht-Systems ist der Arbeitgeber zur Einhaltung einer Ankündigungsfrist von 7 Tagen verpflichtet. Der Arbeitnehmer ist zur Tätigkeit im geänderten Schicht-System nur unter Einhaltung der vorstehenden Ankündigungsfrist verpflichtet.

4.4. Die jeweilige Schichteinteilung ergibt sich aus dem vom Arbeitgeber festgelegten Schichtplan.

4.5. Die regelmäßige Dauer der Arbeitszeit (Tagesschicht) - ausschließlich der Pausen - beträgt 3,5 Stunden und ist in folgenden Zeitintervallen zu erbringen:

• 07.00 Uhr bis 07.30 Uhr - Grundreinigung - (Arbeitszeit 30 Minuten)

Ø von 07.30 Uhr bis 08.15 Uhr - Ruhepause - (45 Minuten)

• 08.15 Uhr bis 08.30 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø von 08.30 Uhr bis 10.00 Uhr - Ruhepause - (90 Minuten)

• 10.00 Uhr bis 10.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 10.15 Uhr bis 11.45 Uhr - Ruhepause - (90 Minuten)

• 11.45 Uhr bis 12.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 30 Minuten)

Ø 12.15 Uhr bis 13.00 Uhr - Ruhepause - (45 Minuten)

• 13.00 Uhr bis 13.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 13.15 Uhr bis 14.00 Uhr - Ruhepause - (45 Minuten)

• 14.00 Uhr bis 14.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 14.15 Uhr bis 15.00 Uhr - Ruhepause - (45 Minuten)

• 15.00 Uhr bis 15.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 15.15 Uhr bis 16.00 Uhr - Ruhepause - (45 Minuten)

• 16.00 Uhr bis 16.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 16.15 Uhr bis 17.00 Uhr - Ruhepause - (45 Minuten)

• 17.00 Uhr bis 17.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 17.15 Uhr bis 18.00 Uhr - Ruhepause - (45 Minuten)

• 18.00 Uhr bis 18.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 18.15 Uhr bis 19.30 Uhr - Ruhepause - (75 Minuten)

• 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr - Abschlussreinigung - (Arbeitszeit 30 Minuten)

Ø 20.00 Uhr Schichtende

4.6.  Die regelmäßige Dauer der Arbeitszeit (Nachtschicht) - ausschließlich der Pausen - beträgt 2 Stunden und ist in folgenden Zeitintervallen zu erbringen:

• 22.00 Uhr bis 22.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 22.15 Uhr bis 00.00 Uhr - Ruhepause - (105 Minuten)

• 00.00 Uhr bis 00.15 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 00.15 Uhr bis 02.00 Uhr - Ruhepause - (105 Minuten)

• 02.00 Uhr bis 03.15 Uhr - Grundreinigung - (Arbeitszeit 75 Minuten)

Ø 03.15 Uhr bis 05.00 Uhr - Ruhepause - (105 Minuten)

• 05.45 Uhr bis 06.00 Uhr - Desinfektionsarbeiten - (Arbeitszeit 15 Minuten)

Ø 06.00 Uhr Schichtende

 

4.7. Während der in Ziffer 4.5. und 4.6. geregelten Pausenzeiten ist der Mitarbeiter sowohl in zeitlicher als auch in örtlicher Hinsicht in der Gestaltung seiner Zeit frei und unterliegt keinerlei Weisungen des Arbeitgebers.

 

§ 5   Grundvergütung

5.1. Der Mitarbeiter erhält für die vertragliche regelmäßige Arbeitszeit in der Tagschicht ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 460,00 Euro.

5.2. Für die vertragliche regelmäßige Arbeitszeit in der Nachtschicht erhält der Mitarbeiter ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 165,00 Euro.

 

§ 6 Zusatzvergütung Tagschicht

6.1. Über die in § 5 Ziffer 5.1. geregelte Grundvergütung hinaus steht dem Mitarbeiter das nach 17.00 Uhr im Zusammenhang mit der ihm vom Unternehmen zugewiesenen Tätigkeit vereinnahmte Trinkgeld zu.

6.2. Sämtliche in der Zeit von 07.00 Uhr bis 17.00 Uhr im Zusammenhang mit der dem Mitarbeiter zugewiesenen Tätigkeit vereinnahmten Gelder, insbesondere Trink­gelder, stehen dem Unternehmen in voller Höhe zu.

6.3. Der Mitarbeiter verpflichtet sich, sämtliche im Zusammenhang mit der ihm vom Unternehmen zugewiesenen Tätigkeit vereinnahmten Gelder im Sinne von Ziffer 6.2. wöchentlich an das Unternehmen abzuführen. Auf Verlangen des Unter­nehmens ist der Mitarbeiter verpflichtet diese vereinnahmten Gelder am Ende Jedes Arbeitstages abzuführen.“

 

Ebenso wurde von der Bf mit Herrn J. J., mit Wirksamkeitsbeginn 22.5.2013, der gleichlautende Arbeitsvertrag abgeschlossen.

 

Am 5.2.2014 führten Organe der Finanzpolizei (Team 46) bei der I.-Tankstelle H., x, H.., um 9:10 Uhr eine Kontrolle durch. Bei dieser Kontrolle wurden Frau I. H. und Herr J. J. bei der Betreuung des Sanitärbereichs arbeitend angetroffen. Beide gaben an, für die Firma der Bf zu arbeiten. Über Aufforderung konnten die beiden die erforderlichen Lohnunterlagen, tagesaktuellen Arbeitsaufzeichnungen bzw. Auszahlungs­bestätigungen nicht vorweisen. Den Kontrollorganen wurde von den beiden angetroffenen Arbeitnehmern ihr jeweiliger Dienstvertrag – mit oben wiedergegebenem Inhalt – vorgelegt.

 

Aufgrund der vorliegenden Unterlagen wurde von der Wiener Gebietskranken­kasse Kompetenzzentrum LSDB eine weitere Recherche durchgeführt und festgestellt, dass die Bf als Arbeitgeberin im Geschäftszweig Reinigungsservice (Betreuung Sanitärbereich) tätig ist und daher in Österreich die Arbeitnehmer gemäß dem Rahmenkollektivvertrag für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung zu entlohnen sind. Für die Berechnung des zustehenden Grundlohnes ist eine Einstufung in Lohngruppe 6 des genannten Rahmenkollektivvertrages geboten. Diese Lohngruppe sieht als Brutto­stundenlohn ab dem 1.1.2013 den Betrag von 7,88 Euro, ab dem 1.1.2014 einen Brutto­stundenlohn von 8,08 Euro vor.

 

Die beiden angetroffenen Arbeitnehmer der Bf gaben auf den von ihnen eigenhändig ausgefüllten Personenblättern an, dass sie von Montag bis Sonntag je 8 Stunden arbeiten und somit eine wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden haben.

 

Frau H. gab als Arbeitsbeginn den 23.12.2013 und als Entlohnung – wie im Arbeitsvertrag vereinbart – den Betrag von 460 Euro/Monat an. Als Arbeitszeit nannte sie Montag bis Sonntag jeweils von 6:00 - 10:00 und 18:00 – 22:00 Uhr. Entsprechend der kollektivvertraglichen Einstufung ergibt sich für die Arbeitnehmerin I. H. für den Zeitraum 23.12.2013 – 5.2.2014 ein Grundlohn von insgesamt 2.894,40 Euro (für das Jahr 2013: Bruttostundenlohn 7,88 Euro x 9 Arbeitstage, jeweils 8 Stunden/Tag; 2014: Bruttostundenlohn 8,08 Euro x 36 Arbeitstage, jeweils 8 Stunden/Tag). Demgegenüber hat die Arbeitnehmerin I. H. gemäß dem Arbeitsvertrag tatsächlich einen Bruttolohn von 690 Euro von der Bf erhalten (460 Euro Bruttomonatslohn für 30 Tage ergibt für 45 Arbeitstage 690 Euro).

 

Auch J. J. gab am Personenblatt an, dass er von Montag bis Sonntag je 8 Stunden (18:00 - 2:00 Uhr) arbeitet und somit eine wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden aufweist. Einen Arbeitsbeginn an der I.-Tankstelle in H. hat Herr J. nicht angegeben. Jedenfalls hat er am 5.2.2014, dem Kontrolltag, gearbeitet. Ausgehend von seinem Bruttomonatslohn von 460 Euro für 30 Tage errechnet sich ein von der Bf tatsächlich ausbezahlter Lohn für den 5.2.2014 iHv 15,30 Euro. Entsprechend der kollektivvertraglichen Regelung steht allerdings Herrn J. ein Grundlohn von 64,64 Euro (8,08 Euro x 8 Arbeitsstunden) zu.

 

Insgesamt ist daher festzuhalten, dass sich im Fall von Frau I. H. eine Unterentlohnung iHv 2.204,40 Euro (76,16 %) und im Fall von Herrn J. J. eine Unterentlohnung iHv 49,34 Euro (76,33 %) ergibt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt der belangten Behörde einliegenden Unterlagen wie dem Strafantrag und den Arbeitsverträgen mit den genannten Arbeitnehmern. Von der Bf wird nicht bestritten, dass sie Verantwortliche der Firma  H. ist und die beiden im Straferkenntnis genannten Personen in ihrer Firma zu den im Arbeitsvertrag enthaltenen Bedingungen insbesondere dem dort vereinbarten monatlichen Grundentgelt in Österreich beschäftigt hat. Die Bf gibt zu bedenken, dass sich die Arbeitszeiten eindeutig aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Die Arbeitszeiten der angetroffenen Arbeitnehmer, die den Berechnungen zugrunde gelegt wurden, ergeben sich aus den von den jeweiligen Arbeitnehmern eigenhändig ausgefüllten Personenblättern. Beide geben übereinstimmend an, dass sie 8 Stunden/Tag für die Firma der Bf arbeiten.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Bestimmungen des Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. Nr. 459/1993 idF. BGBl. I Nr. 71/2013 lauten:

 

„Ansprüche gegen ausländische Arbeitgeber mit Sitz in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat

§ 7b. (1) Ein Arbeitnehmer, der von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf

          

1.   zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt;

2.   bezahlten Urlaub nach § 2 UrlG, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Entsendung behält dieser Arbeitnehmer den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichischem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt;

3.   die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen;

4.   Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitnehmern Beauftragten.

[....]

 

§ 7i [....]

(3) Wer als Arbeitgeber/in ein/en Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.

 

[....]“

 

2. Dem Einwand der Bf, wonach ihr zwar ein Verstoß gegen die Be­stimmungen des AVRAG zur Last gelegt wurde, jedoch von der belangten Behörde nicht ausgeführt wurde, worin dieser tatsächlich bestehen solle, kommt keine Berechtigung zu. Dem Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses ist in eindeutiger Weise zu entnehmen, dass die Bf als Arbeitgeberin, mit dem Sitz ihrer Firma in Deutschland, zwei lettische Staatsangehörige in einem fest­gelegten Zeitraum an einem näher bestimmten Ort in H. beschäftigt hat. Für die Tätigkeit der Betreuung von Sanitäranlagen wurde den beiden Beschäftigten eine vertragliche Grundvergütung von jeweils 460 Euro pro Monat bezahlt. Dem Spruch ist weiters zu entnehmen, dass die beiden Arbeit­nehmer in Österreich nach dem Kollektivvertrag für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger zu entlohnen sind und ihnen der Grundlohn für Reinigungskräfte der Lohngruppe 6 zusteht. Im Folgenden wird im Spruch für jeden Arbeitnehmer eine genaue Berechnung des zustehenden Entgelts im Verhältnis zum tatsächlich bezahlten Bruttomonatslohn durchgeführt. Es ist somit aus dem Spruch klar ersichtlich, auf Grund welcher Tatbestandsmerkmale der Bf die Übertretung des AVRAG, im speziellen Fall die Unterentlohnung der in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer, vorgeworfen wird. Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde wird nicht auf irgendwelche Beilagen verwiesen, sondern im Spruch konkret die Höhe des zustehenden Entgelts und die tatsächliche Entgeltleistung gegenüber gestellt und ist aus der Differenz die Unterentlohnung ableitbar. Insofern ist festzustellen, dass der Spruch des gegenständlichen Straferkennt­nisses den Anforderungen des § 44a VStG entspricht und die Bf mit ihrem Ein­wand eine Rechtswidrigkeit des Spruchs nicht zu begründen vermag.

 

3. Im Geltungsbereich eines Kollektivvertrages ist ein dort vereinbartes Mindestentgelt (Mindestgehalt, Mindestlohn) dahin aufzufassen, dass der Dienstgeber im Sinne eines "Geldzahlungsgebotes" gezwungen ist, die genannten Mindestentgelte in Geld zu entrichten, soll doch mit der Festlegung der Bezahlung eines Mindestentgeltes in Geld die uneingeschränkte Verwendbarkeit dieses Entgeltes für den Arbeitnehmer gesichert werden. Die Hingabe von Naturalien statt Geld würde dem Wesensgehalt des kollektivvertraglichen Mindestentgelts zuwiderlaufen und dem Dienstnehmer eine bestimmte Einkommensverwendung aufdrängen (VwGH vom 17.11.2004, 2002/08/0089).

 

Dem Einwand der Bf, wonach eine unentgeltliche Unterkunftsmöglichkeit als Lohnbestandteil zu berücksichtigen ist, steht demnach die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes entgegen. Sachleistungen, wie beispielsweise eine unentgeltliche Dienstwohnung, sind demnach auf das kollektivvertragliche Mindestentgelt nicht anrechenbar. Insofern ist die allfällige Unterkunftsmöglichkeit nicht lohnerhöhend zu werten und hinsichtlich der Beurteilung des kollektivvertraglichen Mindestentgelts nicht von Bedeutung. Fest steht, dass gemäß vertrag­licher Regelung beide Arbeitnehmer eine Grundvergütung von 460 Euro pro Monat erhalten und ist dieser Betrag unabhängig von Sachbezügen dem kollektivertraglichen Mindestentgelt gegenüber zu stellen. Da von der belangten Behörde dies im Spruch der angefochtenen Entscheidung umgesetzt wurde, kann diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit erkannt werden.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber wird hinsichtlich der im Arbeitsvertrag angesprochenen Trinkgelder darauf hingewiesen, dass Trinkgelder als Entgelte Dritter zu werten und somit auf den vom Arbeitgeber zu leistenden Kollektivvertragslohn nicht anzurechnen sind. Ob und in welcher Höhe die Arbeitnehmer tatsächlich Trink­gelder erhalten bzw. erhalten haben, ist für die Frage der Unterentlohnung somit ohne rechtliche Bedeutung.

 

4. Hinsichtlich der rechtlichen Würdigung der in den Arbeitsverträgen vereinbarten Arbeitszeit- und Pausenregelung schließt sich das Verwaltungs­gericht Oberöster­reich der Darstellung im Strafantrag an. Laut Arbeits­vertrag würden einer Arbeitszeit von jeweils 30- bzw. 15-minütiger Dauer jeweils Ruhepausen im Ausmaß von 45 bis 90 Minuten folgen. Diese Ruhepausen können – trotz der Regelungen in Punkt 4.7 des Arbeitsvertrages – nicht zuletzt aufgrund des konkreten Arbeitsortes, der überdies im Vertrag auch nicht festgelegt ist, nicht als Freizeit gewertet werden, sondern stellen Zeiten der Arbeitsbereitschaft der beiden Arbeit­nehmer dar.

 

Zur rechtlichen Beurteilung der in den Arbeitsverträgen enthaltenen Arbeitszeit- und Pausenregelung wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bereits in den Erkenntnissen vom 6. Mai 2015, LVwG-300166 und LVwG-300245 zutreffend wie folgt festgehalten:

Auch die Vertragsgestaltung hinsichtlich der Arbeitszeiten selbst ist aus arbeitsrechtlicher Sicht kritisch zu hinterfragen. So sieht der vorgelegte Vertrag für die Tagschicht innerhalb des Zeitraumes von 7 bis 20 Uhr (also 13 Stunden) lediglich eine tatsächliche Gesamtarbeitszeit von nur 3,5 Stunden vor. Als Tätigkeiten sind „Grundreinigung“ mehrmals „Desinfektionsarbeiten“ und schließlich „Abschlussreinigung“ definiert. Sonstige (ebenfalls notwendige) Tätigkeiten, wie das Auffüllen von Verbrauchsmaterial und ähnliches, kommen als auszuführende Tätigkeiten in diesem Zeitmodell gar nicht vor. Die einzelnen Tätigkeiten sind starr mit nur 30 Minuten (auf Grundreinigung und Abschluss­reinigung) bzw. 15 Minuten (Desinfektionsarbeiten) vorgegeben. Die vom Arbeit­geber festgelegten Pausen betragen jedoch 45, 75 oder 90 Minuten.

 

Wie bereits der Strafantrag darlegt, ist es dem Arbeitnehmer aufgrund der Abgeschiedenheit des Einsatzortes und der Lage der vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitspausen zu keiner Zeit möglich seinen Aufenthaltsort frei zu wählen und sich anderweitig wirtschaftlich zu betätigen bzw. über die Verwendung seiner Zeit weitgehend selbst zu bestimmen. Die Lage der Arbeits- und Pausenzeiten schränken den Arbeitnehmer in einem solchen Ausmaß ein, dass aus arbeitsrechtlicher Sicht keinesfalls von Freizeit, sondern vielmehr von Arbeitszeit, welche entsprechend zu vergüten ist, auszugehen ist.

 

Jede andere rechtliche Auslegung würde es einem Arbeitgeber ermöglichen, durch exzessive Vertragsgestaltung den Arbeitnehmer über einen langen Zeit­raum an einen Ort zu binden, ohne ihm dafür eine entsprechende finanzielle Gegenleistung zukommen zu lassen. So wäre letztlich auch eine Vertrags­gestaltung denkbar, die den Arbeitnehmer verpflichtet, jeweils nur 1 Minute pro Stunde eine bestimmte „Tätigkeit“ auszuführen. Die restlichen 59 Minuten würden folglich als Arbeitspause bezeichnet werden. Selbst bei einer 24-stün­digen Anwesenheit, würde nicht einmal eine halbe Stunde finanziell abgegolten werden.

 

Dem Wesen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses entsprechend stellt der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft „besonders auch in zeitlicher Hinsicht“ zur Verfügung. Wenn innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit auch Zeiten liegen, in denen der Arbeitnehmer – betriebsbedingt oder durch Vorgaben des Arbeitgebers – keine Leistung erbringen kann oder muss, stellt er doch auch in dieser Zeit seine Arbeitskraft zur Verfügung. Insbesondere ist er in dieser Zeit daran gehindert, sich anderweitig wirtschaftlich zu betätigen und somit von jeglicher zusätzlichen Erwerbsmöglichkeit abgeschnitten. Diese Zeiten können daher keinesfalls als „Freizeit“ oder sonstige in der Sphäre des Arbeitnehmers liege Pausen gewertet werden.

 

In zahlreichen Wirtschaftsbereichen kommt es zu Zeiten, in denen Arbeitnehmer betriebsbedingt keine Arbeitsleistung erbringen können. Sie können beispiels­weise auch bei einem Kellner in einem Gastgewerbebetrieb, der mangels Kund­schaft zum „Nichtstun“ gezwungen ist, diese Zeiten unter keinen Umständen als Freizeit oder als unbezahlte Pause gewertet werden.

 

Derartige „Stehzeiten“ gehören zum Risiko des Unternehmers, welches dieser jedenfalls nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen kann. Eine Vereinbarung, die viele kurzfristige Tätigkeiten des Arbeitnehmers vorsieht, welche durch längere vom Arbeitgeber festgelegte und vom Arbeitnehmer nicht beeinflussbare Pausen unterbrochen werden, übersteigt eindeutig die arbeitsvertragsrechtliche Dispo­sitionsfreiheit, wenn diese zu Lasten des Arbeitnehmers geht.

 

Insgesamt ist somit davon auszugehen sein, dass die am Papier bestehende Arbeitszeitenregelung nicht den Tatsachen entspricht, zumal von den jeweiligen Arbeitnehmern in den von ihnen eigenhändig ausgefüllten Personenblättern dargestellt wurde, dass die Arbeitszeit pro Tag acht Stunden, verteilt bei Frau H. auf 6.00 bis 10.00 Uhr und 18.00 bis 22.00 Uhr und bei Herrn J. auf 18.00 bis 2.00 Uhr, beträgt. Es haben sich im abgeführten Verfahren auch keine Zweifel an diesen von den Arbeitnehmern genannten Arbeitszeiten ergeben, viel­mehr hat die Bf ohne konkrete Entgegnung lediglich auf die bestehende vertragliche Regelung hingewiesen. Die Berechnung des zustehenden kollektivvertraglichen Mindestentgelts auf Basis der zeitlichen Angaben der angetroffenen Arbeitnehmer begegnet daher keinen Bedenken, weshalb die ausgewiesenen Unterentlohnungen in dieser Form auch ohne Vornahme von Korrekturen zu bestätigen waren.

 

Aus diesen Erwägungen ergibt sich daher, dass die Bf den von ihr in Österreich beschäftigten Arbeitnehmern nicht den ihnen gemäß Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn geleistet hat. Der Bf ist somit die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Für die Strafbarkeit reicht daher fahrlässige Tatbegehung aus. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Auch wenn die Bf ihre unternehmerische Tätigkeit - eigenen Angaben zufolge - vorwiegend in Deutschland entfaltet, ist sie als Gewerbetreibende, die in Österreich Personen beschäftigt, verpflichtet, sich über die auf dem Gebiet ihrer Tätigkeit erlassenen Vorschriften zu informieren. Unkenntnis dieser Vorschriften vermag vor einer Bestrafung daher nicht zu schützen. Sie führt auch nicht dazu, dass das Verschulden des Täters geringfügig ist und daher § 21 Abs. 1 VStG (nunmehr § 45 Z. 4 VStG) anzuwenden wäre (vgl. VwGH 17.2.1992, 91/10/0112; 19.10.1993, 91/04/0176). Der Geschäftsführer einer GmbH, die als Arbeitgeber in Erscheinung tritt, ist verpflichtet, sich mit den für die Beschäftigung von Arbeitnehmern einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Vorschriften handelt, die für den (rechtsunkundigen) Normunterworfenen Auslegungsschwierigkeiten und Anwendungsschwierigkeiten mit sich bringen. Von daher gesehen ist es Sache eines Geschäftsführers einer GmbH, sich über den Inhalt der im konkreten Fall bedeutsamen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (Anmerkung: gleiches wird auch für das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz zu gelten haben) und des hier anzuwendenden Kollektivvertrages zu unterrichten (vgl. VwGH 28.1.1991, 90/19/0519; ebenso VwGH 27.4.1993, 90/04/0358).

 

Die Bf konnte daher - entgegen ihres Vorbringens - nicht davon ausgehen, dass die Rechtslage in Österreich der deutschen grundsätzlich entsprechen würde. Vielmehr wäre sie verpflichtet gewesen, entsprechende Auskünfte vor Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit in Österreich - insbesondere über die Frage der gebotenen Entlohnung der Arbeitnehmer - einzuholen. Da die Bf dies unterlassen hat, ist ihr jedenfalls fahrlässiges Verhalten anzulasten und ist ihr mit ihrem Vorbringen eine Entlastung nicht gelungen. Die Bf hat daher die angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

6. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG für jede/n Arbeitnehmer/in Euro 1.000,00 bis Euro 10.000,00, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jeden Arbeitnehmer/in Euro 2.000,00 bis Euro 20.000,00.

 

Zweck der Regelungen des AVRAG 1993 ist es, Lohn- und Sozialdumping zu verhindern, weil dadurch nicht nur Arbeitnehmer/innen das ihnen zustehende Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung vorenthalten, sondern auch ein fairer Wettbewerb zwischen den Unternehmen untergraben wird (vgl. die RV 1076 Blg NR 24. GP, 1). Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn für die rechtmäßige Entlohnung von Arbeitskräften effiziente und durchsetzbare Kontrollmechanismen bestehen und im Fall von Übertretungen wirksame Sanktionen zur Verfügung stehen. Der Strafrahmen des § 7i Abs. 3 AVRAG 1993 ist jenem des § 28 Abs. 1 Z 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nachgebildet (vgl. die RV 1076 Blg NR 24. GP, 8), (VwGH vom 10.6.2015, 2013/11/0121).

 

Selbst wenn man der Berechnung der gebührenden Entlohnung - entgegen den obigen Ausführungen - die von der Bf dargestellte Arbeitszeit auf Grundlage des abgeschlossenen Arbeitsvertrages zugrunde legen würde, ist von einer Unterentlohnung im Ausmaß von mehr als 50 % des den Arbeitnehmern tatsächlich gebührenden Stundenlohns auszugehen. Die Arbeitszeitregelung des Arbeitsvertrages sieht eine reine Arbeitsleistung unter Abzug der als solche bezeichneten Ruhepausen von 3,5 Stunden pro Tag bei 7 Tagen pro Woche vor. Der für 30 Arbeitstage gebührende Grundlohn ist vertragsgemäß mit 460 Euro festgelegt. Bei einer Arbeitsleistung von 3,5 Stunden pro Arbeitstag würde sich somit ein Stundenlohn von 4,38 Euro ergeben. Dieser steht in einem auffälligen Missverhältnis zu dem gemäß Lohngruppe 6 des Kollektivvertrages für Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden-und Gebäudereinigung im sonstigen Reinigungsgewerbe und in Hausbetreuungstätigkeiten gebührenden Stundenlohn. Auch aus diesen theoretischen Annahmen ist ersichtlich, dass im gegenständlichen Fall von einer beträchtlichen Unterentlohnung auszugehen ist und die Vorgehensweise der Bf daher in eklatantem Widerspruch zu den Schutzzwecken des AVRAG steht. Insgesamt ist dieser Umstand daher als straferschwerend zu werten.

 

Von einem geringfügigen Verschulden der Bf kann – wie bereits oben dargestellt - nicht ausgegangen werden. Weitere Milderungsgründe sind von der Bf nicht vorgebracht bzw. im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Gegenständlich ist von einer bedeutenden Unterentlohnung auszugehen und damit verbunden von einer hohen Gefährdung der vom AVRAG geschützten öffentlichen Interessen. Mindestlohnsätze gehören zum "harten Kern" der Arbeitnehmerschutzvorschriften, die unabhängig von der Beschäftigungs- oder Überlassungsdauer einzuhalten sind (VwGH vom 27. Jänner 2014, 2013/11/0249). Insgesamt ist daher festzustellen, dass die belangte Behörde ausgehend vom anzuwendenden Strafrahmen im Rahmen der Strafbemessung von ihrem Ermessen in gesetzkonformer Weise Gebrauch gemacht hat, weshalb im Beschwerdeverfahren die ausgesprochenen Strafen aus den oben dargestellten Gründen zu bestätigen waren. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger