LVwG-650520/4/Br
Linz, 20.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier über die Beschwerde der P B, geb. x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 21.10.2015, GZ:VerkR22-17-158-2015,
zu Recht:
I. Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Beschwerdeführerin auf der Grundlage des § 4 Abs.6 Z2 lit.a und Abs.8 FSG aufgetragen, sie habe sich auf eigene Kosten innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, einer Nachschulung bei einer von der Behörde ermächtigten Stelle zu unterziehen;
ferner wurde ausgesprochen, dass sich mit der Anordnung der Nachschulung die Probezeit um ein weiteres Jahr, das heißt bis 18.06.2018 verlängert.
Ferner habe die Beschwerdeführerin den ihr von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, am 26.06.2015 unter der Zahl x ausgestellten Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzugeben und die Ausstellung eines Duplikatführerscheines zu beantragen (Probezeitverlängerung).
Gestützt wurde die Entscheidung auf der Rechtsgrundlage des § 4 des Führerscheingesetzes 1997 - FSG 1997, BGBl.Nr. 120/1997 i.d.g.F.
I.1. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 4 Abs.3 des Führerscheingesetzes 1997 - FSG 1997, BGBl. Nr. 120/1997 idgF von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen sei, wenn der/die BesitzerIn einer Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß gemäß Abs. 6 begeht oder gegen Abs. 7 verstößt.
Als schwerer Verstoß gelte auch eine Übertretung nach § 38 Abs.5 StVO 1960.
Die Beschwerdeführerin habe am 08.07.2015 um 16.03 Uhr den PKW. KZ. x im Stadtgebiet von Wels, auf der Grieskirchner Straße Kreuzung mit der Römerstraße in Fahrtrichtung Süden gelenkt und dabei das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, indem sie das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten habe sondern weitergefahren sei.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung sei von der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels am 18.09.2015 unter Zahl VStV/915301236432/2015 eine Strafverfügung erlassen worden, wobei eine Geldstrafe von 200 Euro verhängt wurde.
Die Voraussetzung zur Anordnung einer Nachschulung sei daher gegeben.
II. Die Beschwerdeführerin bestreitet in der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wohl nicht ihre damalige Lenkeigenschaft, jedoch die Begehung der ihr mit der Strafverfügung zu Last gelegten Verwaltungsübertretung. Sie erklärt im Grunde noch bei Grün in die Kreuzung eingefahren zu sein, diese jedoch verkehrsbedingt erst bei Rotlicht verlassen haben zu können.
III. Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Eine mündliche Verhandlung konnte mit Blick auf den sich auf die Rechtsfrage reduzierenden Beschwerdegegenstand und den diesbezüglich erklärten Verzicht unterbleiben (§ 24 Abs.3 VwGVG).
III.1. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Behördenakt.
Diesem zur Folge ist wider die Beschwerdeführerin wegen der Übertretung des § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a StVO eine Strafverfügung erlassen worden welche von der Beschwerdeführerin unbekämpft blieb und demnach mit 8.10.2015 in Rechtskraft erwachsen ist. Im Grunde erklärt die Beschwerdeführerin die Strafverfügung lediglich aus Gutmütigkeit nicht beeinsprucht zu haben.
Die Beschwerdeführerin erklärt im Rahmen des Parteiengehörs auf eine öffentliche mündliche Verhandlung zu verzichten und ersucht um Mitteilung betreffend die ihrerseits zu tätigende Vorgehensweise.
Betreffend die im Rahmen eines Telefonates seitens der Beschwerdeführerin getätigten Mitteilung Ihrer Schwangerschaft und ein sich daraus allenfalls für die fristgerechte Absolvierung der Nachschulung ergebendes reales Hindernis muss die Beschwerdeführerin an die Behörde verwiesen werden.
IV. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 4 Abs.1 FSG unterliegen Lenkberechtigungen für die Klassen A, B, C und D oder die Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen. Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung ist von der Behörde, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) begeht oder gegen die Bestimmung des Abs.7 verstößt, unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen (nunmehr Beschwerden) gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs.6 in die Wege zu leiten.
Gemäß § 4 Abs.8 sind die Kosten der Nachschulung vom Nachzuschulenden zu tragen. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung zur Nachschulung nicht innerhalb von vier Monaten nach, so ist gemäß § 24 Abs. 3 FSG siebenter Satz vorzugehen.
Wenn demnach von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen wird, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
Als schwerer Verstoß gemäß § 4 Abs. 3 gelten
1. Übertretungen folgender Bestimmungen der Straßenverkehrs-ordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159:
…
„§§ 37 Abs. 3, 38 Abs. 2a, 38 Abs.5 (Überfahren von „Halt“-Zeichen bei geregelten Kreuzungen),……“ [§ 4 Abs.6 lit.f FSG]
Der Fahrzeuglenker, der trotz roten Lichtes in die Kreuzung einfährt, missachtet das Gebot des § 38 Abs.5 StVO, gleichgültig, an welcher der drei in Betracht kommenden Stellen (Haltelinie, Schutzweg, Kreuzung selbst) er anzuhalten gehabt hätte. Alleine die Möglichkeit einer Behinderung und Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch die Nichtbeachtung des Rotlichts einer Verkehrslichtsignalanlage führt dazu, dass dieses Verhalten als ein gravierender Verstoß gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen, zu werten ist (vgl. allgemein zu Schutzmaßnahmen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen, sowie VwGH 24.4.2014, 2013/01/0172 mit Hinweis auf VwGH 21.11.2013, Zl. 2013/01/0002). Die Beschwerdeführerin wurde, wie oben festgestellt, mit – in Rechtskraft erwachsener – Strafverfügung der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18.9.2015, VStV915301236432/2015, wegen der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO für schuldig erkannt.
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IV.1. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsstrafverfahren trotz umfassender Rechtsmittelbelehrung den Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen lassen und bestreitet im gegenständlichen Verfahren nicht die damalige Lenkereigenschaft, nun aber den in Rechtskraft erwachsenen Tatvorwurf.
Diesen hätte sie jedoch im Rahmen des Strafverfahrens bekämpfen müssen, anstatt dies im Rahmen des Administrativverfahrens zu versuchen.
Sowohl die belangte Behörde als auch das Landesverwaltungsgericht ist an den in Rechtskraft erwachsenen Tatvorwurf gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes daran gebunden (vgl VfGH 14.3.2013, B1103/12: „Sofern die Verwaltungsstrafbehörde darüber rechtskräftig entschieden hat, entfaltet diese Entscheidung über die Vorfrage Bindungswirkung gegenüber der Führerscheinbehörde. Die Bindungswirkung der rechtskräftigen Strafverfügung verletzt die Beschwerdeführerin daher auch nicht in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (vgl. VwGH 24.2.2009, 2007/11/0042; uva).
Die Bindung (der Führerscheinbehörde) an eine rechtskräftige Entscheidung wurde jüngeren Datums etwa im Erkenntnis des VwGH v. 24.4.2013, 2013/11/0015 und jüngst neuerlich durch VwGH v. 24.9.2015, Ra 2015/02/0132 ausgesprochen.
Dem Landesverwaltungsgericht ist es daher verwehrt, das den Gegenstand der Rechtskraft bildende Verfahren gleichsam neu aufzurollen.
Die Beschwerde musste demnach als unbegründet abzuweisen werden.
V. Abschließend ist die Beschwerdeführerin auf § 4 Abs.5, 7, 8 und 9 FSG zu verweisen. Diese lauten:
(5) Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der dritten Verlängerung der Probezeit einen neuerlichen Verstoß gemäß Abs. 6 oder 7, so hat die Behörde das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung mittels eines amtsärztlichen Gutachtens abzuklären und dafür eine verkehrspsychologische Untersuchung anzuordnen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen.
(6) Während der Probezeit darf der Lenker ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb nehmen und lenken, wenn der Alkoholgehalt des Blutes nicht mehr als 0,1 g/l (0,1 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt. Er darf während der Fahrt - einschließlich der Fahrtunterbrechungen - keinen Alkohol zu sich nehmen. Verstöße gegen diese Bestimmungen sind nur mit der Anordnung einer Nachschulung (Abs. 3) zu ahnden, sofern nicht auch ein Verstoß gegen die StVO 1960 oder § 14 Abs. 8 vorliegt.
(8) Die Kosten der Nachschulung sind vom Nachzuschulenden zu tragen. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung zur Nachschulung nicht innerhalb von vier Monaten nach, so ist gemäß § 24 Abs. 3 siebenter Satz vorzugehen.
(9) Die Nachschulung darf nur von gemäß § 36 hiezu ermächtigten Einrichtungen durchgeführt werden. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat, dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über
1. die Voraussetzungen räumlicher und personeller Art für die Ermächtigung zur Nachschulung,
2. die fachlichen Voraussetzungen für die zur Nachschulung Berechtigten,
3. den Inhalt und zeitlichen Umfang der Nachschulung,
4. die Meldepflichten an die Behörde und
5. die Kosten der Nachschulung.“
V.1. Soweit in den oben zitierten Rechtsvorschriften personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Hier sind sie in der weiblichen Form zu lesen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. B l e i e r