LVwG-800170/2/Re/AK

Linz, 19.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des Herrn A B, W, vom 1. November 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 19. Oktober 2015, GZ: Ge96-11-1-2015, betreffend die Zurückweisung eines verspätet eingebrachten Einspruches gegen eine Straf­verfügung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abge­wiesen und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmann­schaft Kirchdorf an der Krems vom 19. Oktober 2015, GZ: Ge96-11-1-2015, bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem Bescheid vom 19. Oktober 2015, GZ: Ge96-11-1-2015, den Einspruch des Herrn A B vom 12. Oktober 2015 gegen die Strafverfügung vom 23. Juli 2015, welche am 15. Oktober 2015 um 6.35 Uhr per Fax bei der Bezirkshauptmann­schaft Kirchdorf an der Krems eingelangt ist, als verspätet eingebracht zurückge­wiesen.

Dies nach Zitierung der anzuwendenden Rechtsvorschrift des § 17 Zustellgesetz (ZustG) im Wesentlichen mit der Begründung, die dem Verfahren zugrunde­liegende Strafverfügung sei per RSb versendet und am 27. Juli 2015 durch Hinterlegung, somit wirksam per 28. Juli 2015, zugestellt worden. Der vom nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) dagegen erhobene Einspruch sei am
15. Oktober 2015 bei der Behörde eingelangt und damit begründet worden, dass sich der Empfänger in der Zeit vom 11. Juli 2015 bis 28. Juli 2015 im Ausland befunden habe, weiters keine Benachrich­tigung vorgefunden worden sei.

Die Sendung gelte mit dem ersten Tag der berechneten Frist als zugestellt. Sie gelte nur dann nicht als zugestellt, wenn sich ergäbe, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabe­stelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Da die Rückkehr vom Auslandsaufenthalt vom Einspruchswerber mit 28. Juli 2015 angegeben worden sei, sei jedenfalls von einer rechtzeitigen Kenntnisnahme des Zustellvorganges auszugehen. Als letzter Tag der Rechtsmittelfrist ergebe sich der 11. August 2015, der Einspruch sei trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbe­lehrung nachweislich erst am Donnerstag, 15. Oktober 2015 bei der Behörde eingelangt. Die Zustellung sei auch dann gültig, wenn die Verständigung über die Hinterlegung beschädigt und entfernt worden sei. Der Einspruch sei aus diesen Gründen als verspätet eingebracht zurückzuweisen gewesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist mit Schriftsatz vom 1. November 2015, bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems eingelangt am 3. November 2015, Beschwerde eingebracht.

Begründend führt der Bf darin aus, dass er Herrn H S keine Decken oder andere Waren angeboten habe. Er werde mit Herrn A S verwechselt, da dieser und nicht er im Haus des Herrn S gewesen sei. Er habe einen Gewerbeschein für freies Handelsgewerbe und dürfe seine Waren herzeigen, jedoch nicht sofort verkaufen. Zum Zeitpunkt der Benachrichtigung sei er nicht in Österreich gewesen, er habe seinen Pass an die Behörde gefaxt.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Verfahrens­aktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung über die eingebrachte Beschwerde erwies sich als nicht erforderlich, da der zur Entscheidung erforderliche Sachverhalt vollständig aus dem vorgelegten Ver­fahrensakt zu entnehmen ist. Die Anberaumung und Durchführung einer öffent­lichen mündlichen Verhandlung wurde im Übrigen von den Verfahrensparteien nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom
23. Juli 2015, GZ: Ge96-11-1-2015-He, wurde über den Bf wegen einer Verwal­tungsübertretung nach § 53 iVm § 367 Z 18 der Gewerbeordnung (GewO 1994) eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro, für den Fall der Unein­bringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden, verhängt, weil er als Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Handels­gewerbe im Standort H, Waren durch Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort bzw. von Haus zu Haus ausgeübt habe, indem er Herrn H S zwei minderwertige Decken zum Preis von 80 Euro angeboten habe, obwohl das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus nur aufgrund der Anmeldung des freien Gewerbes des Feilbietens von Obst, Gemüse, Kartoffeln, Naturblumen, Brennholz, Butter und Eiern oder einer Bewilligung der Gemeinde ausgeübt werden darf. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor.

 

Laut vorliegendem Rückschein (RSb) wurde an der Abgabestelle in
H ein Zustellversuch unternommen und das Schriftstück durch Hinterlegung zugestellt. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt, da der Bf nicht angetroffen werden konnte. Als Beginn der Abholfrist wurde der 28. Juli 2015 vermerkt.

 

Mit Einspruch vom 12. Oktober 2015, übermittelt per Fax am 15. Oktober 2015, stellt der Bf fest, dass er einen Einspruch einlegen möchte, da er in der Zeit vom 11. Juli 2015 bis 28. Juli 2015 im Ausland gewesen sei. Er habe keine Benach­rich­tigung erhalten und konnte aus diesem Grund keinen Einspruch machen.

 

In der Folge erging der nunmehr bekämpfte Bescheid vom 19. Oktober 2015, zugestellt am 21. Oktober 2015.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorlie­genden Verfahrensakt, insbesondere den im Akt einliegenden Rückscheinen sowie den genannten Schriftstücken.

 

5. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:

 

Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

 

Die hinterlegte Sendung ist gemäß Abs. 3 leg.cit. mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Straf­verfügung erlassen hat.

 

Wenn der Bf vorbringt, er sei von der Behörde in der Strafverfügung mit einer anderen Person verwechselt worden bzw. er habe einen Gewerbeschein und er dürfe seine Ware herzeigen, wenn auch nicht verkaufen, so ist hierzu festzustel­len, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ausschließlich die Frage dar­stellt, ob der Einspruch des Bf gegen die Strafverfügung vom 23. Juli 2015 zu Recht als verspätet zurückgewiesen wurde oder nicht. Die Prüfungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich bezieht sich daher im gegenständ­lichen Verfahren nicht auf Details zum konkreten Tatvorwurf des Feilbietens im Umherziehen, sondern ausschließlich auf die Rechtzeitigkeit der Einbringung des Einspruches.

 

Hierzu bringt der Bf vor, er habe seinen Pass gefaxt, da er zum Zeitpunkt der Benachrichtigung nicht in Österreich gewesen sei. Im Detail bringt er zur Frage der Rechtzeitigkeit bereits in seinem Einspruch vor, dass er in der Zeit vom
11. Juli 2015 bis 28. Juli 2015 im Ausland gewesen sei.

Dem ist entgegenzuhal­ten, dass die - oben bereits zitierte - Frist für die Einbringung des Einspruches erst am 28. Juli 2015, somit am letzten Tag seines Auslandsaufenthaltes, zu laufen begann.

 

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass die Zustellung des Geschäftsstückes, ungeachtet des Umstandes, dass der Empfänger der Sendung eine Woche bis mehrere Wochen ortsabwesend war und während dieser Zeit die Zustellung des betreffenden Geschäftsstückes durch Hinterlegung vorgenommen wurde, gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden kann, wirksam wird (VwGH 84/02B/0142,
9.11.1984).

Die Rückkehr des Empfängers an die Abgabestelle bewirkt, dass die Zustellung mit dem folgenden Tag wirksam wird, auch wenn der Empfänger das Schriftstück tatsächlich nicht erhält (Hinweis E 9.1.1987, 86/18/0223).

 

Ergänzend ist festzuhalten, dass die vom Zusteller erstellten Zustellnachweise nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes öffentliche Urkunden darstellen und den Beweis dafür erbringen, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist. Wird behauptet, es würden Zustellmängel vorliegen, so ist diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und sind Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen. Die bloße Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, ist nicht als Angebot eines Gegenbeweises anzusehen (VwGH 19.3.2013, 2002/08/0061).

 

Der Beweis, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (VwGH 30.6.1994, 91/06/0056).

 

Im gegenständlichen Fall liegen Gegenbeweise nicht vor.

 

Wie bereits im Sachverhalt festgehalten, dokumentiert der im Akt einliegende Rückschein, dass am 27. Juli 2015 ein Zustellversuch unternommen wurde und dabei eine Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, weiters dass der Beginn der Abholfrist zutreffend mit
28. Juli 2015 angegeben wurde. Da der Bf selbst angibt, am ersten Tag dieser Frist vom Auslandsaufenthalt nach Hause gekommen zu sein, konnte somit nicht festgestellt werden, dass infolge Abwesenheit von der Abgabestelle eine Zustellung durch Hinterlegung - entgegen dem Ausweis am Rückschein - nicht rechtswirksam erfolgt wäre. Ebenso wenig ist daraus ableitbar, dass der Empfänger nicht rechtzeitig von der Zustellung Kenntnis erlangt hat.

 

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage ging die belangte Behörde daher zu Recht davon aus, dass der Einspruch des Bf vom 12. Oktober 2015, eingelangt bei der belangten Behörde per Fax am 15. Oktober 2015, gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 23. Juli 2015, die im Wege der Hinterlegung am 28. Juli 2015 zugestellt wurde, als verspätet anzusehen ist und den Einspruch daher zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.

 

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonsti­gen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger