LVwG-550551/5/HW/MD
Linz, 24.07.2015
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den Senat I (Vorsitzender: Mag. Dr. Johannes Fischer, Berichter: Mag. Dr. Harald Wiesinger, Beisitzer: Dipl.-Päd. Ing. Josef Peterseil) über die Beschwerde von 1. R R und 2. M R, beide vertreten durch H und W Rechtsanwälte OG gegen das Schreiben der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden vom 3. März 2015, GZ: Agrar20-4-2015, betreffend einen Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung (mitbeteiligte Partei: J T) den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Eingabe vom 25. November 2014 beantragten die Bf die grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts am Grundstück Nr. 942/1 der Liegenschaft EZ 880, KG X, im Ausmaß von 2.086 m2 durch J T aufgrund des Kauf- und Dienstbarkeitsvertrags vom 24. November 2014.
I.2. Nachdem die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden in ihrer Sitzung vom 5. Februar 2015 die Abweisung des Ansuchens der Bf auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung beschlossen hat, wurde der Rechtsvertretung der Bf ein auf den 3. März 2015 datiertes Schreiben mit folgendem Inhalt zugestellt (Hervorhebungen im Original):
„Sehr geehrter Mag. W!
Die Bezirksgrundverkehrskommission hat in ihrer letzten Sitzung den gegenständlichen Antrag nicht genehmigt.
Das gegenständliche Rechtsgeschäft widerspricht den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen im Sinne des § 4 Abs. 2 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994.
Sie können zu diesem Ergebnis innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abgeben oder zu uns zu einer mündlichen Erörterung (nach telefonischer Terminvereinbarung) des Gegenstandes kommen.
Mit freundlichen Grüßen“
Unter diesem Text findet sich die Wendung „Für den Bezirkshauptmann:“ und die Unterschrift der im Briefkopf genannten Sachbearbeiterin.
Der Absender des Schreibens ist im Briefkopf wie folgt angegeben:
„Bezirkshauptmannschaft
Gmunden
4810 Gmunden · Esplanade 10
BEZIRKSGRUNDVERKEHRSKOMMISSION GMUNDEN“
Die Betreffzeile lautet:
„R R und M;
Antrag auf grundverkehrsbehördliche
Genehmigung“
I.3. Gegen dieses Schreiben erhoben die Bf durch ihre Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 16. März 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den „Bescheid vom 03.03.2015“ dahingehend abzuändern, dass die Übertragung des Eigentumsrechts am verfahrensgegenständlichen Grundstück genehmigt werde, in eventu die Angelegenheit an die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden zurückzuverweisen. Zur Begründung bringen die Bf vor, dass die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden mit dem verfahrensgegenständlichen Schreiben vom 3. März 2015 mitgeteilt habe, dass der gegenständliche Antrag in der Sitzung vom 5. Februar 2015 nicht genehmigt worden sei. Damit habe die die Behörde erster Instanz den Antrag vom 25. November 2014 inhaltlich erledigt, sodass dieses Schreiben rechtlich als Bescheid zu werten sei, auch wenn es nicht als solcher bezeichnet und auch nicht ausreichend begründet worden sei. Die Bf seien daher gezwungen, die gegenständliche Beschwerde zu erheben, um die für sie nachteilige Rechtskraftwirkung des negativen Bescheides hintanzuhalten. Sollte sich bei der von der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden in Aussicht gestellten mündlichen Erörterung der Angelegenheit anlässlich der Sitzung am 9. April 2015 eine anderweitige Erledigung als möglich erweisen, bestehe jedoch selbstverständlich die Bereitschaft, die Beschwerde gegebenenfalls als gegenstandslos zurückzuziehen. Ausgehend von diesen Überlegungen werden in der Beschwerde gegen die angefochtene Erledigung näher ausgeführte Beschwerdegründe geltend gemacht (Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Sachverhaltsfeststellungen sowie unrichtige rechtliche Beurteilung).
I.4. Am 9. April 2015 sprachen der Rechtsvertreter der Bf, der Erst-Bf und der Mitbeteiligte bei der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden vor und teilten mit, dass der Erst-Bf weiteres Grünland erwerben wolle, dass keine Spekulationsabsicht bestehe und der Erst-Bf selbst keine Umwidmung aktiv betreiben wolle. In ihrer Sitzung vom selben Tag fasste die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden nochmals den Beschluss, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag nicht stattgegeben werde.
I.5. Mit (dem nicht verfahrensgegenständlichen) Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden vom 3. Juni 2015, GZ: Agrar20-4-2015, wurde die Übertragung des Eigentumsrechts am Grundstück Nr. 942/1 der EZ 880, KG X, nicht genehmigt. In der Begründung führt die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden im Wesentlichen aus, dass aufgrund der räumlichen Lage nicht auszuschließen sei, dass durch das gegenständliche Rechtsgeschäft zukünftige Chancen für eine Verbesserung der Situation im Sinne des Oö. GVG zumindest vermindert werden. Durch die Übertragung des betreffenden Grundstücks werde den Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes im Sinne des § 4 Abs. 2 Oö. GVG nicht entsprochen, es werde ein kleines Grünlandgrundstück herausgelöst.
I.6. Mit Eingabe vom 21. Mai 2015 stellten die Bf den Antrag, die Beschwerde vom 16. März 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorzulegen.
I.7. Mit Schreiben vom 9. Juni 2015, eingelangt am 15. Juni 2015, legte die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt vor. Im Vorlageschreiben führt die Behörde aus, dass sie mit dem Schreiben vom 3. März 2015 beabsichtigt habe, den Bf vor der beabsichtigten Abweisung (Untersagung des Geschäfts) Parteiengehör zu gewähren und in diesem Schreiben keinen Bescheid sehe. Der abweisende Bescheid sei mit 3. Juni 2015 ergangen.
I.8. Mit (dem nicht verfahrensgegenständlichen) Schriftsatz vom 16. Juni 2015 erhoben die Bf durch ihre Rechtsvertretung gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden vom 3. Juni 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid „als nichtig aufzuheben“, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Übertragung des Eigentumsrechts am gegenständlichen Grundstück genehmigt werde, in eventu die Angelegenheit an die Behörde zurückzuverweisen. Zur Begründung bringen die Bf unter anderem vor, dass die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden den verfahrenseinleitenden Antrag der Bf bereits in der Sitzung vom 5. Februar 2015 inhaltlich erledigt und mit Schreiben vom 3. März 2015 mitgeteilt habe, dass der Antrag nicht genehmigt worden sei, da das Rechtsgeschäft den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen im Sinne des § 4 Abs. 2 Oö. GVG widerspreche. Das Schreiben vom 3. März 2015 sei rechtlich als Bescheid zu qualifizieren, da maßgebend für die Beurteilung einer Erledigung als Bescheid nicht dessen äußere Form, sondern sein Inhalt sei und eine behördliche Verfügung nach ständiger Judikatur dadurch, dass sie mit Verfahrensmängeln behaftet ist, den Charakter eines Bescheides nicht verliere. Folglich seien die Bf auch gezwungen gewesen, bereits gegen den Bescheid vom 3. März 2015 von ihrem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, sodass die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden eine Beschwerdevorentscheidung zu treffen oder den Akt dem Verwaltungsgericht vorzulegen gehabt hätte. Der erneute Bescheid vom 3. Juni 2015 in derselben Verwaltungssache sei daher nichtig.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
II.1. Eingangs ist festzuhalten, dass Gegenstand dieses Verfahrens ausschließlich die Beschwerde vom 16. März 2015 gegen das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. März 2015 und nicht die Beschwerde vom 16. Juni 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. Juni 2015 ist.
II.2. Nach Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden, also über hoheitliche, normative, individuelle, außenwirksame und verfahrensförmliche Verwaltungsakte (vgl. dazu bspw. Hauer, Der Beschwerdegegenstand im Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten, dem Bundesverwaltungsgericht und dem VwGH, in Fischer/Pabel/N. Raschauer (Hrsg.), Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit [2014] Rz. 4). Das angefochtene Schreiben vom 3. März 2015 entspricht diesen Kriterien nicht:
Gemäß § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat unter anderem einen Spruch, der den Inhalt der mit ihm erlassenen Rechtsnorm wiedergibt, zu enthalten. Enthält ein Verwaltungsakt keinen Spruch, fehlt ihm der Normcharakter und damit auch die Rechtsqualität eines Bescheides (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz. 412 m.w.N.). Die verfahrensgegenständliche Erledigung ist weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet noch sonst in die äußere Form eines Bescheides gekleidet. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Insbesondere in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich. Kommt auf Grund der sprachlichen Gestaltung der normative Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, so liegt kein Bescheid vor (vgl. VwGH 19.04.1995, 94/12/0296; 16.07.2003, 2002/01/0500; 14.09.2004, 2002/11/0258).
Letzteres trifft auf das gegenständliche Schreiben vom 3. März 2015 zu, diente dieses doch offensichtlich dazu, dem Vertreter der Bf das Ergebnis der Sitzung der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden vom 5. Februar 2015 mitzuteilen und gleichzeitig den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, zu diesem vorläufigen Ergebnis binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen (welche letztlich auch in Anspruch genommen wurde). Die Einräumung einer Frist zur Stellungnahme kann aber nur dann einen Sinn haben, wenn damit die (zumindest theoretische) Möglichkeit verbunden ist, dass die Behörde ihren am 5. Februar 2015 gefassten Beschluss nach einer allfälligen Stellungnahme der Parteien nochmals abändert (zur Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 62 Rz. 2). Das Schreiben ist daher so zu verstehen, dass die Behörde zwar zu einem vorläufigen Ergebnis gelangt ist, der verfahrensabschließende Bescheid aber erst nach Ablauf der eingeräumten zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme ergehen soll. Die vorliegende Erledigung dient somit rein informativen Zwecken, rechtsgestaltende oder rechtsfeststellende Anordnungen sind ihr nicht zu entnehmen.
Darüber hinaus kommt bei der Beurteilung der Frage, ob einer Erledigung eindeutig ein normativer Wille entnommen werden kann, auch ihrer sonstigen Form Bedeutung zu. In diesem Sinne sprechen im gegenständlichen Fall die von der Behörde verwendete Briefform bzw. die fehlende bescheidmäßige Gliederung des Schreibens sowie das Fehlen von Rechtsmittelbelehrung und Begründung gegen das Vorliegen eines Bescheides (VwGH 19.04.1995, 94/12/0296; 16.10.1997, 97/06/0175; 24.03.2004, 2004/12/0035; vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 58 Rz. 10 m.w.N.).
Die Erledigung vom 3. März 2015 stellt daher keinen vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbaren Anfechtungsgegenstand dar, weshalb sich die dagegen erhobene Beschwerde vom 16. März 2015 als unzulässig erweist.
II.3. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).
III. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Beurteilung des angefochtenen Schreibens vom 3. März 2015 als Nicht-Bescheid steht im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH (vgl. die in Punkt II.2. zitierte Judikatur).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Johannes Fischer
Hinweis:
Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des OÖ. LVWG“.