LVwG-950026/2/MB
Linz, 12.03.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der B, vertreten durch U G G, xstraße x, x W, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Statutarstadt Wels vom 16. Juni 2014 GZ: BZ-WS-92-2014,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Statutarstadt Wels (in der Folge: belangte Behörde) vom 16. Juni 2014 zur GZ: BZ-WS-92-2014 wurde der Antrag der B (in der Folge: Bf), als unzulässig gem. § 69 Statut der Stadt Wels idgF iVm § 3 der VO des Gemeinderates der Stadt Wels vom 28. Februar 1983 idgF iVm §§ 37 u 45 ff AVG zurückgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Antrag der B Gegenstände erfasse, welche gem. § 69 Abs. 1 des Statuts der Stadt Wels nicht einer B zugänglich seien und Formerfordernisse gem. § 69 Statut der Stadt Wels iVm § 2 Abs. 4 der VO des Gemeinderates der Stadt Wels vom 28. Februar 1983 nicht eingehalten wurden.
Die B habe diesbezüglich folgenden Antrag eingebracht:
Der Magistrat wird beauftragt, die (Vereins)Lokale in der
x-Straße im Bereich Kreuzung x-Straße öfter in Bezug auf die Einhaltung der Gesetze, insbesondere Gewerbeordnung, der Öffnungszeiten, der Brandschutzbestimmungen und dergleichen, durch zuständige Organe der Stadt Wels zu kontrollieren.
In der Begründung dazu wurde ausgeführt, dass in der x-Straße (Hausnummer x, x, x, x, x) im Bereich Kreuzung x-Straße zahlreiche Lokale angesiedelt seien. Hier komme es immer wieder zu Lärmbelästigung und Verschmutzungen. Die zuständigen Organe der Stadt Wels sollen daher angehalten werden, die Missstände durch strengere Kontrollen zu beseitigen.
Die belangte Behörde führt dazu im Wesentlichen aus, dass bei der Durchführung von Kontrollen in Gastgewerbebetrieben bzw. Vereinslokalen betreffend die Einhaltung der Bestimmungen der Gewerbeordnung erfahrungsgemäß bauliche bzw. technische Mängel vorzufinden seien, deren Beseitigung von der Behörde angeordnet werde. Derartige Kontrollen seine daher mit behördlichen Entscheidungen bzw. Verfügungen verbunden.
Zudem sei entgegen § 2 Abs. 4 der VO des Gemeinderates der Stadt Wels vom 28. Februar 1983 idgF eine Bestätigung über die Eintragung der in den Listen eingetragenen Bürger und Bürgerinnen in der Wählerevidenz nicht vorgelegt wurden.
2. Mit Schreiben vom 2. Juli 2014 erhob die Bf Rechtsmittel gegen den Bescheid des Bürgermeisters und beantragte die ersatzlose Behebung des Bescheides und Beauftragung der I. Instanz mit der Behebung der aufgezeigten Mängel und Kundmachung gem. § 69 Statut der Stadt Wels.
Begründend führt die Bf im Wesentlichen aus, dass lediglich die Kontrolle der geltenden Vorschriften Inhalt des Antrages seien und sich dieser daher nicht auf die weiteren Schritte bei festgestellten Verstößen bezieht. Im Antrag seien weder konkrete Verstöße noch konkrete Entscheidungen oder Verfügungen der zuständigen Behörde beantragt.
Weiters sei betreffend der fehlenden Bestätigung der Eintragung in die Wählerevidenz ein gem. § 13 Abs. 3 AVG zur Mängelbeseitigung aufzufordernder Mangel gegeben, welcher nicht zur sofortigen Zurückweisung ermächtige.
3. Mit Schreiben vom 22. September 2014 übermittelte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung.
In der Vorlage führte die belangte Behörde aus, dass die von der Bf erhobene Berufung als Beschwerde zu werten sei, zumal gem. § 64 Statut der Stadt Wels kein Instanzenzug diesbezüglich vorgesehen und daher das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu Entscheidung berufen sei
(VwGH vom 14.9.2001, Zl. 2001/19/0068).
II.
1. Gem. Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit.
1.1. Gem. Art 118 Abs. 4 B-VG hat die Gemeinde die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besteht ein zweistufiger Instanzenzug, dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden.
1.2. Im Vergleich zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit-neu (B-VG idF vor BGBl I Nr. 51/2012) ist somit zu erkennen, dass Art. 118
Abs. 4 B-VG den zweigliedriger Instanzenzug bei Angelegenheit der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich als Regel statuiert. Von dieser Regel kann der einfache Gesetzgeber Ausnahmen vorsehen.
1.3. Zur Rechtslage vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit-neu ist zu erkennen, dass der im Bereich der Bundes- und Landesverwaltung geltende Grundsatz des Bestehens eines Instanzenzuges bis zum obersten in Betracht kommenden Organ (wenn nichts anderes gesetzlich vorgesehen ist) im Bereich der Selbstverwaltung nicht galt. Ein Instanzenzug kam nur dann in Betracht, wenn er ausdrücklich im Gesetz geregelt war (s dazu ausführlich VwSlg 15525 A/2000 mwN). Insofern erkannte der Verwaltungsgerichtshof zum – vergleichbaren - § 69 Abs. 4 Statut der Stadt Steyr, dass ob des Fehlens einer ausdrücklichen Normierung eines Instanzenzuges, selbiger im konkreten Fall als ausgeschöpft anzusehen war.
1.4. Vor dem Hintergrund, dass mit der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit-neu im Bereich des Instanzenzuges bei den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde am Ausgangszustand keine Veränderungen intendiert waren, sondern vielmehr dem einfachen Gesetzgeber eine Handlungsmöglichkeit zur Abschaffung desselben eingeräumt wurde, ist daher davon auszugehen, dass die unverändert gebliebene Anordnung des § 69 Abs. 4 iVm § 64 Statut der Stadt Wels dahingehend zu interpretieren ist, dass die ausdrückliche und einzige Nennung des Bürgermeisters eben einen Ausschluss iSd Art 118 Abs. 4 B-VG darstellt. Dies findet auch Bestätigung darin, als § 64 Abs. 1 Statut der Stadt Wels, welcher den Instanzenzug regelt, als Ausgangspunkt dieses „Zuges“ alleine auf Entscheidungen des Magistrates Bezug nimmt. Der Bürgermeister selbst findet sich nicht als Anknüpfungspunkt für einen Instanzenzug.
1.5. Daher ist das Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide des Bürgermeisters gem. § 69 Abs. 4 Statut der Stadt Wels zuständig.
2. Gem. Art 131 Abs. 1 iVm §§ 2, 3 VwGVG erkennt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzelrichter.
3. Gem. § 24 Abs. 1 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal sich der Sachverhalt unstrittig aus dem Verwaltungsakt samt den Schriftsätzen der Parteien ergibt, es bloß der Klärung einer Rechtsfrage bedarf und der Akteninhalt erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsfrage nicht erwarten lässt.
3.1. Der Sachverhalt ergibt sich sohin unstrittig aus den Pkt. I.1 und I.2.
III.
1. Gem. § 69 Abs. 1 Statut der Stadt Wels umfasst das Recht der B das Verlangen auf Erlassung, Abänderung oder Aufhebung von Beschlüssen des Gemeinderates in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Stadt.
Gem. § 69 Abs. 2 Statut der Stadt Wels können die Bestellung der Organe der Stadt, Personalangelegenheiten, Abgaben, Entgelte (Tarife), die Feststellung des Voranschlages (Nachtragsvoranschlages), Kreditübertragungen bzw. Kreditüberschreitungen, der Rechnungsabschluss, die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes, behördliche Entscheidungen und Verfügungen sowie Verordnungen nicht Gegenstand einer B sein.
Gem. § 69 Abs. 3 Statut der Stadt Wels muss der Antrag schriftlich eingebracht werden, die betreffende Angelegenheit genau bezeichnen, hat eine Begründung zu enthalten und muss von mindestens 200 Bürgern unterschrieben sein. Der Antrag hat ferner die Bezeichnung eines (einer) zur Vertretung der Antragsteller (Antragstellerinnen) Bevollmächtigten (Familien- und Vorname, Geburtsdatum, Wohnadresse) zu enthalten.
Gem. § 69 Abs. 4 hat der Bürgermeister eine B, die nicht den Erfordernissen nach Abs. 1 bis 3 des § 69 Statut der Stadt Wels entspricht, binnen zwei Wochen mit schriftlichem Bescheid als unzulässig zurückzuweisen.
2. Insofern gilt es zunächst (arg. Abs. 1) zu prüfen, ob der Gegenstand (s dazu Pkt. I. 1.), der von der B erfasst wird, tauglich iSd § 69 Abs. 1 Statut der Stadt Wels ist.
Als erste Schranke ist zu erkennen, dass jedenfalls Angelegenheiten ausgeschlossen sind, die nicht den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde betreffen. Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches, wie bspw. der Vollzug der Gewerbeordnung sind nicht erfasst. Gleiches gilt grundsätzlich für die vorgebrachten Öffnungszeiten. Jedenfalls auch nicht vom eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde erfasst sind Strafverfahren jedweder Art
(z.B.: Übertretungen nach dem TabakG, PolStrG etc.). Insofern ist der Antrag der B in diesen Beispielfällen (arg. insbesondere) gem. § 69 Abs. 1 Statut der Stadt Wels weitgehend unzulässig.
Jene Angelegenheiten, die diese erste Schranke passieren, erfahren durch § 69 Abs. 2 Statut der Stadt Wels weitere Einschränkungen. So formuliert dieser u.a., dass behördliche Entscheidungen und Verfügungen sowie Verordnungen nicht Gegenstand einer B sein können. Wie die Bf zutreffend ausführt sind behördliche Entscheidungen und Verordnung selbst nicht direkt Gegenstand des Antrages. Es kommt durch die Antragsformulierung allenfalls ein indirekter Konnex in Frage, der sich über das Ergebnis der verfügten Kontrollen ergibt.
§ 69 Abs. 2 Statut der Stadt Wels normiert aber auch, dass behördliche Verfügungen nicht Gegenstand einer B sein können. Die von der B beantragte vermehrte „Kontrolle der Gesetze“ stellt zunächst darauf ab, dass das „Magistrat“ Gesetze vollzieht. Derartige Vollzugsaufgaben sind von Amts wegen wahrzunehmen. Diese im Rahmen der Amtswegigkeit anzuordnenden Kontrollen im Rahmen der Vollziehung der Gesetze können anlassfallbezogen (Verdacht) oder ohne Anlassfall aufgrund anderweitiger gesetzlicher Anordnungen erfolgen (z.B.: vorgeschriebene Kontrollzeitpunkte; s grundlegend zur Thematik Schulz, Normiertes Misstrauen, 1 ff). Eine amtswegige Vorgehensweise findet sohin nicht statt, wenn keine Anlassfälle gegeben sind bzw. wenn eine gesetzliche Grundlage dafür fehlt, um derartiges behördlich zu verfügen.
Werden bei Vorliegen von Anlassfällen Kontrollen nicht durchgeführt, so liegt dem abstrakt eine Entscheidung des entscheidungsbefugten Organes zu Grunde, dass eben ein Verdacht nicht gegeben ist oder nicht ausreicht bzw. der Kontrollzeitpunkt bzw. die Kontrollfrequenz nicht erfüllt ist. Insofern ist an diesem Punkt zu erkennen, dass § 69 Abs. 2 Statut der Stadt Wels auch jene Fälle erfasst, die im Unterlassen eben jener Entscheidungen oder Verfügungen bzw. Verordnungen gelegen sind, denn das Unterlassen einer behördlichen Entscheidung, Verfügung bzw. Verordnung ist nur die Kehrseite des Tuns bei selben Gegenstand.
Der Antrag der B zielt sohin auf die Unterlassung der Verfügung von Kontrollen ab und erfasst somit einen gem. § 69 Abs. 2 Statut der Stadt Wels untauglichen Gegenstand.
3. Eine Prüfung der weiteren Voraussetzungen des § 69 Statut der Stadt Wels konnte daher unterbleiben und es war spruchgemäß zu entscheiden.
IV.
Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Fraglich erscheint, ob die vom Verwaltungsgerichtshof zu den einschlägigen Bestimmungen ergangene Rechtsprechung (VwSlg 15525 A/2000) auf die nunmehr geltende Rechtslage übertragen werden kann, da diese v.a. auf der Annahme basierte, dass im Bereich der Selbstverwaltung ein Instanzenzug nur in Betracht kommt, wenn er ausdrücklich gesetzlich geregelt ist (Zitat in VwSlg 15525 A/2000: Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 780). Nunmehr findet sich in Art. 118 Abs. 4 B-VG die generelle Anordnung, dass in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ein zweistufiger Instanzenzug besteht.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Markus Brandstetter
Beachte:
Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.
VwGH vom 13. Oktober 2015, Zl.: Ro 2015/01/0012-4