LVwG-601090/2/MZ

Linz, 02.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter           Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des Mag. O W, S, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5.10.2015, GZ: VerkR96-4874-2014, wegen der Bemessung der Strafe nach einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben und die Geldstrafe auf 40,- EUR, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden herabgesetzt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5.10.2015, GZ. VerkR96-4874-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wie folgt abgesprochen:

 

„Sie haben als wartepflichtiger Lenker des angeführten Fahrzeuges durch Einordnen ein vorrangberechtigtes Fahrzeug nicht beachtet, wodurch dessen Lenker zum unvermittelten Ablenken seines Fahrzeuges genötigt wurde.

 

Tatort: A1 Westautobahn, unmittelbar nach der Raststation Lindach Nord

Tatzeit: 27.02.2014, 12.45 Uhr

Fahrzeug: PKW, Ford Galaxy, braun, Kennzeichen = G-x

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 19 Abs. 7 StVO iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO“

 

Wegen der genannten Übertretungen wurde über den Bf eine Geldstrafe in der Höhe von 80,- EUR, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden verhängt.

 

Zur Strafbemessung führt die belangte Behörde aus:

„Erschwerend wurde eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe gewertet. Milderungsgründe waren aus dem Akt nicht ersichtlich

 

Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse konnten mangels nachweislicher Bekanntgabe nicht erhoben werden und wurden deshalb – wie im Schreiben vom 17.06.2015 angekündigt – geschätzt.“

 

II. Gegen das angefochtene Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher er sich ausschließlich gegen die Strafhöhe wendet.

 

Der Bf bringt vor, entgegen der Annahme der Behörde nicht einschlägig vorbestraft zu sein, dass ihn eine Unterhaltspflicht für seine Frau und die beiden im gemeinsamen Haushalt lebenden minderjährigen Kinder treffe und aufgrund dessen, weil es bei dem ihm zur Last gelegten Tatbestand Aussage gegen Aussage stehe, maximal eine Verwarnung möglich sei. Er beantragt eine Rücknahme, jedenfalls jedoch eine deutliche Reduktion der Strafe.

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem in den Punkten I. und II. dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.

 

Zudem lässt sich dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt entnehmen, dass der Bf zuvor eine noch nicht getilgte Übertretung der §§ 9    Abs. 2 VStG iVm 103 Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 KFG 1967 begangen hat.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a) Die einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 lauten:

 

„§ 19. Vorrang.

(1) …

(7) Wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige), darf durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) …

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist, …“

 

b.1) Einleitend ist festzuhalten, dass der Bf irrt, wenn er in seiner Beschwerdeschrift davon ausgeht, dass im Falle eines auf widerstreitende Aussagen gestützten Straferkenntnisses lediglich eine Verwarnung – gemeint wohl eine Ermahnung – ergehen dürfte. Eine derartige Anordnung findet sich weder in der Straßenverkehrsordnung noch im zugrundeliegenden Verfahrensrecht. Da der Bf die Verwirklichung der ihm von der Behörde angelasteten Tat zudem nicht in Abrede stellt und sich somit ausschließlich gegen die Höhe der von der belangten Behörde verhängten Strafen wendet, ist die Übertretungen des § 19 Abs. 7 StVO 1960 als erwiesen anzusehen und ist vom Landesverwaltungsgericht lediglich die Bemessung der Strafen zu überprüfen.

 

Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

b.2) Die belangte Behörde hat dem Bf bei der Strafzumessung erschwerend eine einschlägige Vorstrafe angelastet. Dem Verwaltungsakt kann dies jedoch nicht entnommen werden: Laut dem von der belangten Behörde bei der LPD Steiermark eingeholten Auszug über verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen hat der Bf eine noch nicht getilgte Übertretung der §§ 9 Abs. 2 VStG iVm 103 Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 KFG 1967 begangen. Eine solche Übertretung ist jedoch vom Unrechtsgehalt nicht mit einer Übertretung des § 19 Abs. 7 StVO 1960 zu vergleichen und kann daher nicht als erschwerend herangezogen werden. Die angesprochene Vormerkung führt lediglich dazu, dass dem Bf der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt.

 

Darüber hinaus ist die belangte Behörde – freilich mangels Angaben des Bf im behördlichen Verfahren – von mangelnden Unterhaltspflichten des Bf ausgegangen, obwohl solche gegenüber seiner Gattin und den im gemeinsamen Haushalt lebenden beiden Kindern bestehen.

 

Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe ist vor diesem Hintergrund entsprechend dem Antrag des Bf zu reduzieren. Aus spezialpräventiver Sicht dürfte auch die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 40,- EUR ausreichen, um den Bf von einer wiederholten Tatbegehung abzuhalten.

 

 

 

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da es sich bei der Frage, wie hoch die Bestrafung der im vorliegenden Fall begangenen Übertretungen auszufallen hat, um eine reine Einzelfallbeurteilung handelt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Markus Zeinhofer