LVwG-410830/11/WG – 410831/2
Linz, 09.11.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerden der 1) P. GmbH und 2) G. s.r.o, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F. M., x, W., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Mai 2015, GZ Pol96-101-3-2015, wegen Beschlagnahmen iSd GSpG (mitbeteiligte Partei: Finanzamt Gmunden Vöcklabruck),
zu Recht e r k a n n t :
I. Den Beschwerden wird stattgegeben. Der Bescheid vom 21. Mai 2015 wird behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt:
Finanzpolizisten der mitbeteiligten Partei (mP) führten am 24. April 2015 im Lokal „K. S.“ im Standort x, S., eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSPG) durch. Sie fanden dabei 9 Geräte (FA-Nr 1 bis 9) vor, bei denen es sich ihrer Ansicht nach um 7 sog. „Walzenspielgeräte“ und 2 sog. „Hunderennen“ handelte. Die Finanzpolizisten gingen davon aus, dass hinsichtlich der Geräte ein hinreichend begründeter Tatverdacht eines fortgesetzten Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes vorliegen würde. Sie verfügten aber nicht die vorläufige Beschlagnahme, sondern verständigten die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) über die Kontrolle und übermittelten ihr unter anderem zwei Aktenvermerke, in denen die von den Finanzpolizisten angenommenen Verdachtsmomente näher beschrieben werden.
Auf Grund eines Missverständnisses ging die belangte Behörde irrtümlich von einer vorläufigen Beschlagnahme durch die Finanzpolizisten aus. Mit Bescheid vom 21. Mai 2015, GZ Pol96-101-3-2015, ordnete sie gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSPG die Beschlagnahme der „vorläufig beschlagnahmten“ Geräte Fa Nr 1 bis 9 an. Begründend führte sie unter Hinweis auf die Erhebungen der Finanzpolizisten aus, es sei nach wie vor ein Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das GSPG gegeben. Diesen Bescheid adressierte sie an die Erstbeschwerdeführerin (Erstbf) P. GmbH. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde nicht ausgeschlossen.
Erstbf und Zweitbeschwerdeführerin (Zweitbf) G. s.r.o erklärten daraufhin zunächst mit schriftlicher Eingabe gegenüber der belangten Behörde, Eigentümer der Geräte und der darin eingebauten Banknotenleser zu sein. Mit gesonderten Schriftsätzen erhoben sie gegen den bekämpften Bescheid Beschwerde.
Das LVWG führte über diese Beschwerden am 4. November 2015 eine öffentliche Verhandlung durch. Dabei stellte sich als unstrittig heraus, dass bei der Kontrolle am 24. April 2015 keine vorläufige Beschlagnahme angeordnet worden war. Nach dem Akteninhalt steht nicht fest, ob die Geräte auch nach der Kontrolle noch im Lokal aufgestellt oder betrieben wurden. Eine Feststellung dahingehend, was mit den Geräten nach der Kontrolle geschehen ist und ob diese überhaupt noch vorhanden sind, kann nach dem Akteninhalt nicht getroffen werden. Die Vertreter der belangten Behörde und der mP erklärten in der Verhandlung, mit einer Behebung des Bescheides zu rechnen und verzichteten auf eine weitere Beweisaufnahme.
II. Beweiswürdigung:
Der Ablauf der Kontrolle und des behördlichen Verfahrens ergibt sich bereits aus dem Akteninhalt, wurde in der mündlichen Verhandlung des LVWG eingehend erörtert und steht unbestritten fest. Die belangte Behörde ging irrtümlich von einer vorläufigen Beschlagnahme aus. Die im bekämpften Bescheid geschilderten Verdachtsmomente stützen sich auf die Erhebungsergebnisse der Finanzpolizisten.
Da die Geräte nicht vorläufig beschlagnahmt wurden und den Beschwerden aufschiebende Wirkung zukam, waren die Verfügungsbefugnisse der Bf nicht eingeschränkt. Es ist daher durchaus möglich und zulässig, dass die Geräte nach der Kontrolle entfernt wurden. Ob also auch nach der Kontrolle und Erlassung des bekämpften Bescheides die Geräte noch vorhanden bzw verfügbar sind oder betrieben wurden, steht nicht fest.
III. Rechtliche Beurteilung:
Die belangte Behörde ging im bekämpften Bescheid irrtümlich von einer vorläufigen Beschlagnahme aus. Dieser Irrtum führt noch nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides, ist die belangte Behörde doch gemäß § 53 Abs 1 GSPG ermächtigt, auch ohne vorangegangene vorläufige Beschlagnahme einen Beschlagnahmebescheid zu erlassen.
Eine Bestätigung des bekämpften Bescheides – unter Entfall des im Spruch enthaltenen Hinweises auf eine vorläufige Beschlagnahme – hätte auf Grund der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden zur Folge, dass die Beschlagnahme mit Zustellung des Erkenntnisses rechtswirksam würde. Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung oder die Kontrolle ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Es kommt daher auf die Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung an. Nun steht nicht fest, ob die Geräte nach der Kontrolle noch verwendet wurden. Es steht nicht fest, ob sie überhaupt noch vorhanden sind und damit noch Gegenstand einer Beschlagnahme sein können. Infolge des Verzichtes auf eine weitere Beweisaufnahme durch mP und belangte Behörde waren weitere Erhebungen durch das LVWG dazu nicht erforderlich. Es besteht kein Anlass, mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eine Beschlagnahme anzuordnen. Dieser Umstand zieht die Behebung des bekämpften Bescheides nach sich.
IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des VwGH zur Frage fehlt, ob das LVWG berechtigt war, in der geschilderten Fallkonstellation unter Hinweis auf den Verzicht auf eine weitere Beweisaufnahme eine Nichtfeststellung zu treffen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Wolfgang Weigl