LVwG-410027/2/Gf/UD/Rt

Linz, 19.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Gróf über die Beschwerde des S A, vertreten durch RA Dr. W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 13. Dezember 2013, Zl. Pol96-49-2013, wegen einer Übertretung des Glücksspielgesetzes

 

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

 

II.         Im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels Land vom 13. Dezember 2013, Zl. Pol96-49-2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage; Verfahrenskostenbeitrag: 80 Euro) verhängt, weil er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter einer OG zu verantworten habe, dass er in dem von der OG betriebenen Lokal in L im Zeitraum von 31. Dezember 2008 bis zum 27. Februar 2013 mittels eines Glücksspielautomaten Glücksspiele in Form eines virtuellen pokerähnlichen Spiels zugänglich gemacht habe.

 

Dadurch habe er eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 des Glücksspielgesetzes, BGBl.Nr. 620/1989 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I Nr. 112/2012  (im Folgenden: GSpG), begangen.

 

Im Zuge der Strafbemessung wurde als mildernd angesehen, dass es noch keine einschlägigen Bestrafungen gab; Erschwerungsgrund sei keiner hervorgekommen. Mangels entsprechender Mitwirkung des Rechtsmittelwerbers seien seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 2.500 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

 

2.1. Gegen dieses ihm am 18. Dezember 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 23. Dezember 2013 – und damit jedenfalls rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingegangene Beschwerde.

 

2.2. Darin wird der Sache nach im Wesentlichen vorgebracht, dass die von der Behörde als erwiesen angenommene Tat nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden und der Bescheid der Behörde mit Begründungsmängeln behaftet sei.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zu Zl. Pol96-49-2013.

 

Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen i.S.d. § 2 Abs.  1 GSpG veranstaltet, organsiert oder unternehmerisch zugänglich macht. Ausspielungen sind demnach Glücksspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht (Z. 1), bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Z. 2), und bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird.

 

2. Eine allfällige verwaltungsbehördliche Strafbarkeit tritt gemäß § 52 Abs. 2 GSpG hinter eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück, sofern im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro geleistet werden, da es sich dann nicht mehr um geringe Beträge handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird dem § 52 Abs. 2 GSpG ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt, wenn nicht auf den pro Spiel möglichen Höchsteinsatz, sondern auf den von den Spielern tatsächlich geleisteten Einsatz abgestellt wird (vgl. z.B. VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013, und VfGH, 26. Juni 2013, B 423/2013). Es ist daher Aufgabe der Verwaltungsstrafbehörde, stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann, um beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden besteht (vgl. z.B. VfGH vom 26. Juni 2013, B 1579/2012); unterbleibt dies, so nimmt sie eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch.

 

3. Im vorliegenden Fall stellt die Behörde im angefochtenen Bescheid nur auf den tatsächlichen Mindesteinsatz ab, ohne überhaupt auf einen möglichen Höchsteinsatz einzugehen und in diese Richtung gehende Ermittlungen durchgeführt zu haben. Fehlt es aber an essentiellen Sachverhaltsfeststellungen, die von der (Strafverfolgungs‑)Behörde zu tätigen sind, können diese von einem Gericht nicht substituiert werden.

 

Bei einer derartigen Sachlage ist daher davon auszugehen, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Übertretung i.S.d. Art. 6 Abs. 2 EMRK als nicht erwiesen anzusehen ist (vgl. näher Ch. GrabenwarterK. Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl., München 2012, § 24, RN 124 ff).

 

4. Der gegenständlichen Beschwerde war daher gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof hingegen beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision muss durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist jeweils eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.


 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  G r ó f

 

 

 

LVwG-410027/2/Gf/UD/Rt vom 19. Februar 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

EMRK Art6 Abs2;

GSpG §52 Abs1;

VStG §45 Abs1 Z1

 

Im vorliegenden Fall stellte die Behörde nur auf den tatsächlichen Mindesteinsatz ab, ohne überhaupt auf einen möglichen Höchsteinsatz einzugehen und in diese Richtung gehende Ermittlungen durchgeführt zu haben. Fehlt es aber an essentiellen Sachverhaltsfeststellungen, die von der (Strafverfolgungs‑)Behörde zu tätigen sind, können diese von einem Gericht nicht substituiert werden. Bei einer derartigen Sachlage ist vielmehr davon auszugehen, dass die angelastete Übertretung i.S.d. Art. 6 Abs. 2 EMRK als nicht erwiesen anzusehen ist (vgl. näher Grabenwarter/Pabel, EMRK5 [2012] § 24 RN 124 ff).

 

Beschlagwortung:

Sachverhaltsfeststellungen; Ermittlungen; Substituierung durch LVwG