LVwG-400011/2/Re/Ba
Linz, 22.01.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des Herrn Dr. x, x, x, vom 10. Oktober 2013, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. September 2013, VerkR96-30003-2013, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungstrafverfahren im Grunde des § 45 Abs.1 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Straferkenntnis vom 18. September 2013, VerkR96-30003-2013, über den Beschwerdeführer (Bf) gemäß § 20 Abs.1 iVm mit § 10 Abs.1 und § 11 Abs.1 BStMG eine Geldstrafe in der Höhe von 150,- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden verhängt, weil er am 10.06.2013, 19.57 Uhr, ein Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x, auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt hat, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, dies, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat Herrn Dr. x mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2013 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, er habe eine Vignette lesbar an der Autoscheibe angebracht.
3. Mit 01.01.2014 trat das Landesverwaltungsgericht OÖ. (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs.1 Z.1 B-VG. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs.7 VwGbk-ÜG.
4. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beweisaufnahme erfolgte durch Akteneinsichtnahme. Da bereits feststeht, dass das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
5. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:
Die Akteneinsichtnahme ergab, dass der Tatbestand erkannt und im System unter der Deliktsnummer GZ: x registriert wurde. Die Übertretung wurde mit dem automatischen Überwachungssystem festgestellt und wurde der Zulassungsbesitzer und Beschwerdeführer schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Dieser Aufforderung wurde nicht entsprochen, weshalb die Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde erfolgte.
Bereits die in der Folge ergangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. August 2013 wirft dem Beschwerdeführer vor, als Lenker eines Kraftfahrzeuges das Fahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt zu haben, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Weiters wird unter Hinweis auf die Rechtsvorschrift, wonach die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, der ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt festgestellt, dass am Fahrzeug eine Mautvignette angebracht war, welche abgelaufen war.
Nach Einlangen eines Einspruches durch den nunmehrigen Beschwerdeführer, welcher rechtzeitig eingebracht wurde, bringt dieser vor, dass er die Vignette gekauft aber nicht ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht hat. Zum Beweis legt er die Original-10-Tagesvignette, nicht von der Trägerfolie gelöst, vor.
In der Folge erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.
Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut.
Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.
Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach ablösen der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.
Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG („Mautprellerei“) begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderen die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vergl. Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr.11466/A, sowie VwGH 13.9.1999, 98/09/0084).
Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.
Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, Seite 1522).
Insbesondere unter diesem zuletzt genannten Aspekt in Bezug auf die erforderliche Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zur Individualisierung und Konkretisierung des Tatvorwurfes ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall innerhalb der Verjährungsfrist ausschließlich das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x, am Tattag zur Tatzeit am Tatort vorgeworfen wird. Dem direkten Schuldvorwurf ist jedoch nicht zu entnehmen, ob es sich bei dem Kraftfahrzeug, dessen Lenken von der Beschwerdeführerin unstrittig ist, um ein solches mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt, welches ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen aufweist. Hingegen ist das Tatbestandsmerkmal „höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen“ im bekämpften Straferkenntnis lediglich in der zitierten Gesetzesstelle zu lesen, jedoch reicht diese bloße Zitierung der Gesetzesstelle, der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend, in Bezug auf wesentliche Tatbestandsmerkmale als Tatvorwurf nicht aus.
Der Beschwerde war daher zusammenfassend aus diesen Gründen und somit insgesamt aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Dem Beschwerdeführer ist ergänzend mitzuteilen, dass der Kauf der Vignette alleine zur ordnungsgemäßen Mautentrichtung nicht ausreicht, sondern hiefür die entsprechende Anbringung an der Windschutzscheibe erforderlich ist. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte im gegenständlichen Falle ausschließlich aus anderen - formellen - Gründen.
zu II.:
Gemäß § 52 Abs.9 VwGVG sind die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen, wenn die verhängte Strafe infolge Beschwerde aufgehoben wird.
zu III.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Reichenberger