LVwG-600024/2/Zo/CG/AE

Linz, 20.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Berufung (seit 1.1.2014 Beschwerde) des x, geb. 1983, vertreten durch RA Dr. x, x, vom 23.10.2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 7.10.2013, VerkR96-828-2013, wegen einer Übertretung des KFG zu Recht   erkannt:

 

I.         Die Beschwerde wird im Schuldspruch abgewiesen.

Die verletzte Rechtsvorschrift wird wie folgt konkretisiert: Art 15 Abs. 7 lit. b sublit. iii) der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85

Bezüglich der Strafhöhe wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 150 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden herabgesetzt.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Die Kosten für das behördliche Verfahren reduzieren sich auf 15 Euro.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I:

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er – wie bei einer Kontrolle am 2.4.2013 um 07.35 Uhr in Ansfelden auf der Bx bei Km 12,800 festgestellt worden sei – als Lenker des LKW x mit dem Anhänger x mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 to, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I B ausgerüstet ist, dem Kontrollbeamten trotz Verlangen folgende Unterlagen nicht vorgelegt hatte: Tätigkeitsnachweis bzw. Schaublätter für den Zeitraum vom 5.3. – 8.3.2013 bzw. 22., 25., 26. und 27.3.2013. Dies stelle gemäß Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

 

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gem. Art. 15 Abs. 7 EG-VO 3821/85 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 i.V.m. Abs. 1b KFG eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2.           In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung (diese gilt seit 1.1.2014 als Beschwerde) machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er in den Tagen vor der Kontrolle Fahrzeuge mit Schaublättern gelenkt habe. Er habe wegen eines dringenden Arbeitseinsatzes kurzfristig einen anderen LKW (mit einem digitalen Kontrollgerät) lenken müssen und wegen des kurzfristigen Fahrzeugwechsels vergessen, die Schaublätter des alten LKW mitzunehmen. Dabei handle es sich um eine zu vernachlässigende Unachtsamkeit.

 

Dieser Vorfall widerspreche seinem sonstigen vorbildmäßigen Verhalten als LKW-Fahrer und sei wegen des unvorhergesehenen und dringenden Fahrzeugwechsels eine zu vernachlässigende Unachtsamkeit. Der Unrechtsgehalt dieser Übertretung sei so gering, dass es keiner Bestrafung bedürfe, sondern eine Ermahnung ausreichen würde.

 

3.           Die Verwaltungsbehörde hat den Akt dem UVS Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt. Es ergab sich daher die Zuständigkeit des UVS Oberösterreich (seit 1.1.2014 des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich), wobei dieses durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, im angefochtenen Straferkenntnis wurde eine Geldstrafe von nicht mehr als 500 Euro verhängt und die Durchführung einer Verhandlung wurde nicht beantragt. Es wird daher gemäß § 44 Abs.3 Z.3 VwGVG von einer Verhandlung abgesehen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten Kraftwagenzug. Dieser ist mit einem digitalen Kontrollgerät ausgestattet und der Beschwerdeführer legte dem Polizeibeamten seine Fahrerkarte vor. Auf dieser fehlten Aufzeichnungen für die im Spruch angeführten Zeiträume. Der Beschwerdeführer gab bereits bei der Kontrolle an, dass die Schaublätter in der Firma seien und ergänzte im Verfahren noch, dass er einige Tage im Krankenstand gewesen sei und die Schaublätter wegen des ungeplanten Fahrzeugwechsels vergessen hätte.

 

Dazu ist anzuführen, dass der Beschwerdeführer entsprechend den Aufzeichnungen seiner Fahrerkarte auch an den letzten beiden Arbeitstagen vor der Kontrolle LKW mit einem digitalen Kontrollgerät gelenkt hat. Im Übrigen ist sein Vorbringen aber glaubwürdig.

 

Während des Beschwerdeverfahrens legte der Beschwerdeführer auf Aufforderung die Krankenstandsbestätigung bzw. die fehlenden Schaublätter vor. Aus diesen ergibt sich, dass er in diesen Tagen keine Überschreitungen der Lenkzeit bzw. Unterschreitungen der Ruhezeit begangen hat.

 

5.           Darüber hat der zuständige Richter des Landesverwaltungsgerichtes OÖ. in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1.      Artikel 15 Abs.7 lit.b der Verordnung (EWG) 3821/85 lautet: Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang Ib ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

i) die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte ist,

ii) ...

iii) die Schaublätter für den Zeitraum gemäß dem vorigen Unterabsatz, falls er in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt hat, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist.

 

5.2.      Der Beschwerdeführer hat bei der Kontrolle die Schaublätter für die oa. Tage sowie die Krankenstandsbestätigung nicht vorgewiesen, obwohl er vom Polizisten dazu aufgefordert wurde. Er hat damit die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht begangen.

 

Bezüglich seines Verschuldens genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit. Das Vergessen von Schaublättern (und der Krankenstandsbestätigung) bei einem Fahrzeugwechsel im vorher gelenkten LKW begründet typischerweise Fahrlässigkeit. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten besonderen Umstände für dieses Vergessen können nur im Rahmen der Strafbemessung berücksichtigt werden.

 

5.3.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art. 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABL Nr. L370 vom 31.12.1985, Seite 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABL Nr. L353 vom 17.12.1990, Seite 12, zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABL Nr. L29 vom 30. Jänner 2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Übertretungen des Art 15 Abs. 7 der VO (EWG) 3821/85 sind entsprechend der oa. Richtlinie als sehr schwerwiegender Verstoß anzusehen, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe 300 € beträgt.

 

5.3.2.    Von einem geringen Verschulden im Sinne des § 45 Abs. 1 Z.4 VStG könnte nur dann ausgegangen werden, wenn das Verhalten des Täters hinter dem typischen Schuldgehalt derartiger Delikte zurück bleiben würde. Das Vergessen von Schaublättern bei einem Fahrzeugwechsel ist jedoch für solche Fälle geradezu typisch. Es kann auch nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer bereits in den beiden letzten Arbeitstagen vor der Kontrolle LKW mit digitalen Kontrollgerät lenkte, weshalb er dreimal bei Fahrtantritt die Verpflichtung gehabt hat, die Schaublätter in den jeweils gelenkten LKW mitzunehmen. Diese Verpflichtung musste ihm daher bekannt sein, weshalb er auch bei einem  unvorhergesehenen Fahrzeugwechsel daran hätte denken müssen. Eine Ermahnung kommt daher nicht in Betracht.

 

Als strafmildernd ist neben der Unbescholtenheit im konkreten Fall zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich keine Lenk- bzw. Ruhezeitübertretungen begangen hat und daher keinen Grund hatte, die Aufzeichnungen zu verschleiern. Dem stehen keinerlei Erschwerungsgründe gegenüber. Es kann daher unter Anwendung des § 20 VStG die gesetzliche Mindeststrafe auf die Hälfte herabgesetzt werden.

 

Auch diese Strafe erscheint unter generalpräventiven Aspekten ausreichend und der finanziellen Situation des Beschwerdeführers angemessen (laut unwidersprochener Einschätzung mtl. Nettoeinkommen von 1.300 € bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten). Die Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herab zu setzen.

 

Zu II:

Die behördlichen Verfahrenskosten waren gemäß § 64 Abs. 2 VStG auf 15 € herabzusetzen, für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG keine Kosten vorzuschreiben.

 

Zu III:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 20 und § 21 VStG ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist dieRechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl