LVwG-750006/2/BP/WU
Linz, 15.01.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, geb. X, StA von Kroatien, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. November 2013, Zl. FR-103.473, mit dem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung eines mit Bescheid der vormaligen Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 13. April 2005, zu Zl. 95/05, auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das mit Bescheid der vormaligen Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 13. April 2005 auf 10 Jahre befristet verhängte Aufenthaltsverbot ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid der vormaligen Bundespolizeidirektion Linz vom 7. März 2005, zu Zl. Fr-103.473, wurde über den nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), gestützt auf § 36 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z. 1 sowie §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997, ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. eine dagegen erhobene Berufung wies die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich mit Bescheid vom 13. April 2005 ab und bestätigte rechtskräftig das in Rede stehende Aufenthaltsverbot.
Nach Abweisung einer Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof reiste der Bf im Jahr 2007 aus dem Bundesgebiet aus.
2. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. November 2013 wurde ein Antrag des Bf vom 19. November 2013 auf Aufhebung des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes abgewiesen.
Darin führt die Behörde begründend ua. aus:
Das Aufenthaltsverbot war seinerzeit im Wesentlichen gegen Sie erlassen worden, weil Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich wie folgt rechtskräftig verurteilt worden sind:
1. LG Linz, Zahl 33 Hv 96/2004w, vom 09.09.2004 wegen §§ 15, 146, 147 Abs. 1/1 und Abs.
2, sowie 88 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten, und
2. LG Linz, Zahl 33 Hv 188/2004z, vom 13.12.2004 wegen §§ 28/2 (4. Fall) und 3 (1. Fall), 28/2 (2. und 3. Fall) und 3(1. Fall), 28/2 (4. Fall), 27/1 (1., 2. und 6. Fall) SMG, sowie §§ 107/1, 15/1, 109/1, 125, 105/1, 146, 147/1/1, 148 (2. Fall), 241/E/1 und 135/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monate bedingt — Zusatzstrafe gem. §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf LG Linz 33 Hv 96/2004w.
Weiters schienen bei der Behörde insgesamt 31 verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen auf, die zwischenzeitlich getilgt worden sind.
(...)
Mit Erkenntnis des VwGH vom 13.03.2007, Zl.: 2005/18/0208-4 , wurde Ihre Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid der SID f. O.Ö. als unbegründet abgewiesen.
Auch hier berücksichtigte der VwGH Ihren langen Aufenthalt in Österreich und Ihre damaligen familiären Verhältnisse, an denen sich ja im Grunde bis dato nichts Entscheidungswesentliches geändert hat.
(...)
Hier ist festzuhalten, dass das gegenständliche Aufenthaltsverbot in Ihrem Fall nach aktueller Rechtsprechung des VwGH (siehe VwGH vom 28.08.2012, ZI. 2012/21/0159) als ein Aufenthaltsverbot gem. § 60 FPG (alt, i.d.F. vor FRAG 2011) weiterhin als solches gültig bleibt.
Weiters führte der VwGH hier aus, dass, wenn nun alte Aufenthaltsverbote unabhängig von der seinerzeitigen Rechtsposition des betroffenen Fremden weitergelten, diese dem Wortlaut nach zwanglos unter § 69 Abs.2 FPG i.d.g.F. fallen.
Darüber hinaus hat die Behörde bei dieser Entscheidung auch das ihr in diesen Bestimmungen eingeräumte Ermessen zu üben.
Auf Grund der für Sie auch jetzt zu erstellenden negativen Zukunftsprognose, ist nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung von massiven strafbaren Handlungen gegen fremdes Eigentum in diesem Fall unverhältnismäßig schwerer wiegt, als Ihre privaten und familiären Interessen.
Im Hinblick auf den Schutz der Gesellschaft ist eine derartige Maßnahme dringend erforderlich.
Unter Berücksichtigung des Umstandes , dass das Aufenthaltsverbot auf 10 Jahre befristet erlassen wurde, ist der seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen und kann in Anbetracht der Schwere ihrer Straftaten nicht abgesehen werden, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, tatsächlich wieder weggefallen sein werden.
Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um eine für Sie günstige Zukunftsprognose erstellen zu können.
Hier ist darauf hinzuweisen, dass Ihre, dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden gerichtlichen Verurteilungen noch nicht getilgt sind.
Entscheidungsrelevant ist vor allem auch, dass Ihre damalige gesamte private und familiäre Situation bereits bei Erfassung des Aufenthaltsverbotes von der Behörde berücksichtigt wurde, vor allem der Umstand, dass Ihre ehemalige Lebensgefährtin und Ihr Sohn, ihre Eltern und weitere Familienangehörige in Österreich leben.
Es wird auch Ihren aktuellen diesbezüglichen Angaben im verfahrensgegenständlichen Antrag seitens der erkennenden Behörde durchaus Glauben geschenkt, weshalb eine zeugenschaftliche Einvernahme Ihrer Lebensgefährtin unterbleiben konnte.
Ihre privaten und familiären Umstände haben sich aber auch auf Grundlage dieser nicht entscheidungsrelevant geändert.
Nach h.a. Ansicht hat sich somit zwischenzeitig Ihre schon damalige starke familiäre Position, welche bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes bestand, nicht entscheidungsrelevant verstärkt.
Davon abgesehen ist hier festzuhalten, dass Sie bereits damals Ihre gesamten privaten und familiären Umstände nicht davon abhalten konnten, schwere Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung zu setzen.
Auf Grund der bereits bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch die Behörde durchgeführten gebotenen ordnungsgemäßen Interessensabwägung, kam diese zum Ergebnis , dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die von Ihnen ausgehende große Gefährlichkeit von Ihnen hingenommen werden müssen.
(...)
Angesichts Ihrer gravierenden Straffälligkeit und Ihrer sich daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot rechtfertigt, haben Sie und Ihre Angehörigen, respektive also Ihre Lebensgefährtin und Ihre Kinder, der ständigen Judikatur des VwGH folgend, eine allfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17.07.2008, GZ: 2007/21/0084), ebenso allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in Ihrem Heimatstaat.
Zudem bleibt es Ihren Angehörigen unbenommen, Sie in Ihrem Aufenthaltsstaat regelmäßig zu besuchen, bzw. kann der Kontakt mittels Telefon und E-Mail (wenn auch in geminderter Form) aufrechterhalten werden.
Dies ist offenkundig ihren eigenen Angaben im verfahrensgegenständlichen Antrag zufolge trotz Ihres langjährigen Auslandsaufenthaltes derart gut gelungen, dass Sie mittlerweile mit Ihrer serbischen Lebensgefährtin vier Kinder haben.
Abschließend ist festzuhalten, dass nach ständiger Spruchpraxis des VwGH im konkreten Fall der Bescheid der SID O.Ö. vom 13.04.2005 an die Stelle des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotes der BPD Linz vom 07.03.2005 getreten ist, somit der Bescheid der SID O.Ö. den Bescheid der BPD Linz in seinen Rechtswirkungen voll überlagert.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb Ihr Antrag auf Aufhebung des gegen Sie bestehenden Aufenthaltsverbotes als unbegründet abzuweisen war.
Das gegenständliche Aufenthaltsverbot ist seit 26.04.1.2005 rechtskräftig und bis 26.04. 2015 gültig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3. Gegen diesen - am 27. November 2013 zugestellten - Bescheid richtet sich die vorliegende, durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Bf rechtzeitig am 11. Dezember 2013 eingebrachte Berufung, die nunmehr als Beschwerde zu gelten hat.
Eingangs werden die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf Aufhebung des gegen den Bw erlassenen auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbot stattgegeben wird; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und der Erstbehörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.
Begründend wird Folgendes ausgeführt:
4. Die Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (vormals UVS) mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 zur Entscheidung vor.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 9 Abs. 7 FPG abgesehen werden, zumal der Fremde derzeit im Ausland aufhältig ist und der entscheidungswesentliche Sachverhalt völlig unbestritten und geklärt feststeht und auch die Akten erkennen lassen, dass eine allfällige weiterführende Erörterung für den Sachverhalt ergebnisneutral wäre.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten I 2. und I 3. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.
II.
Weder im Rahmen des angefochtenen Bescheides noch der Vorlage des Aktes ist die belangte Behörde insbesondere dem Umstand entgegengetreten, dass der Bf sich seit dem Jahr 2004 wohlverhalten hat und nicht wieder straffällig geworden ist. Genauso werden die Anmerkungen im Antrag zu den Privat- und Familienverhältnissen des Bf nicht in Zweifel gezogen, sondern explizit als glaubhaft bezeichnet.
III.
1.1.1. Gemäß § 125 Abs. 21 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, läuft, sofern eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist, die Berufungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 15. Jänner 2014 Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.
Gemäß Abs. 22 leg. cit. sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei einem Unabhängigen Verwaltungssenat der Länder anhängigen Berufungsverfahren und Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach diesem Bundesgesetz ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.
1.1.2. Es ist sohin gemäß § 125 ABs. 22 FPG zur Beurteilung des vorliegenden Falles das Fremdenpolizeigesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012 heranzuziehen.
1.2. Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 50/2012 sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
2. Im vorliegenden Fall wies die belangte Behörde einen Antrag des Bw auf Aufhebung des im Jahr 2005 gegen ihn erlassenen auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes ab. Unbestritten ist, dass der Bw vor der Erlassung der Maßnahme über einen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügte.
Nach aktueller Rechtslage und wegen der Tatsache, dass Kroatien mittlerweile Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, müsste somit derzeit ein Aufenthaltsverbot auf § 67 FPG gestützt werden, zumal der Bf unter den Adressatenkreis eines EWR-Bürgers zu zählen ist.
Aus der Überschrift des 5. Abschnittes vor § 68 FPG "Gemeinsame Verfahrensbestimmungen für Ausweisungen Aufenthaltsverbote" wird deutlich, dass Aufenthaltsverbote, sei es auf § 63, sei es auf § 67 FPG gestützt, nach § 69 Abs. 2 FPG hinsichtlich der Aufhebung einer Überprüfung zuzuführen sind. Somit hat die Behörde zurecht diese Gesetzesgrundlage herangezogen.
3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.
Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.
Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vergl. VwGH vom 24.2.2009, 2008/22/0587 und vom 10.11.2009, 2008/22/0848).
3.2. Bei der Lösung des Falls ist aber auch auf die jüngere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Bedacht zu nehmen, der etwa in seinem Erkenntnis vom 24. Jänner 2012 Zl2011/18/0267 ausführt:
"Anders verhält es sich bei Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung eines Aufenthaltsverbots nach Änderung der Rechtslage. Eine solche kann nämlich den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots darstellen (vgl. das zu § 26 FrG 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 95/21/0144)."
"Nach der durch das FrÄG 2011 geänderten Rechtslage dürfte aber gemäß § 67 Abs. 2 FPG – worauf der Beschwerdeführer hinweist – nur ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden, weil die Voraussetzungen nach Abs. 3 leg. cit. nicht erfüllt sind. Weder liegt eine Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren vor, noch handelt es sich um ein dort genanntes Delikt, Fehlverhalten oder eine dort beschriebene Gefahr. Da eine Verkürzung der Dauer des Aufenthaltsverbots – wie unter Punkt 4.2. näher ausgeführt – nicht in Betracht kommt, ist dem Umstand, dass nach derzeitiger Rechtslage kein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen werden dürfte, in der Form nachzukommen, dass nach Ablauf von zehn Jahren die Behörde das Aufenthaltsverbot jedenfalls von Amts wegen (aber auch auf Antrag des Beschwerdeführers) aufzuheben hat (in diesem Sinn auch Schmied, Die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Fremdenpolizeigesetz nach dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 – eine Bankrotterklärung der Fremdenrechtslegistik, ZUV 2011, 149 (152))."
3.3. Es lässt sich daraus klar die Auffassung des Höchstgerichtes ablesen, dass im Rahmen einer Prüfung nach § 69 Abs. 2 FPG zusätzlich zu den oben beschriebenen Kriterien auch eine geänderte Rechtsgrundlage zu berücksichtigen ist; somit, ob nach der aktuellen Rechtsgrundlage ein Aufenthaltsverbot (in welcher Dauer auch immer) gegen einen Fremden verhängt hätte werden können.
4.1. Aus sowohl grammatikalischer Interpretation wie auch aus immanent zu berücksichtigenden unionsrechtlichen Erwägungen ergibt sich, dass gemessen an den Voraussetzungen des aktuellen § 63 Abs. 1 FPG betreffend die Verhängung von Aufenthaltsverboten § 67 Abs. 1 FPG einen strengeren Maßstab vorgibt, der in der weiteren Erörterung nicht unberücksichtigt bleiben darf.
Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass sich die Frist des in Rede stehenden Aufenthaltsverbotes bereits der finalen Phase nähert sowie, dass der Bf diesem Aufenthaltsverbot durch Ausreise im Jahr 2007 entsprochen und seither nicht dagegen verstoßen hat. Weiters ist allseits unbestritten, dass der Bf seit der zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden Verurteilung im Jahr 2004 (also seit rund 10 Jahren) nicht wieder straffällig geworden ist. Diese doch beträchtliche Zeit des Wohlverhaltens stellt fraglos einen Umstand dar, der in einer Beurteilung nach § 69 Abs. 2 FPG schwer zu gewichten ist, zumal ja im Grunde der Befristung von 10 Jahren weitgehend entsprochen ist und der Bf nachweisen kann, dass er bislang der damals ungünstigen Prognose zuwider sich wohlverhalten hat. Einen, die Aufrechterhaltung dieser ungünstigen Prognose stützenden Umstand, brachte die belangte Behörde im Übrigen nicht konkret vor.
Es kann also keinesfalls davon ausgegangen werden, dass – korrespondierend zu § 67 Abs. 1 FPG der Aufenthalt des Bf eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Schon alleine aus diesem Grund war der Beschwerde zu folgen.
4.2. Es soll aber auch erwähnt werden, dass – entgegen der Ansicht der Behörde – hinsichtlich des Privat- und Familienlebens schon ein Unterschied bzw geänderte Umstände eintreten, wenn nicht mehr nur ein, sondern gleich vier minderjährige Kinder des Bf im Bundesgebiet leben. Dass der Bf mit seiner Kernfamilie die Beziehung über die Jahre hinweg aufrecht erhalten konnte, kann nicht als signifikant dafür herangezogen werden, dass keine Änderung im Privat- und Familienleben eingetreten ist.
5. Im Hinblick auf die oa. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies aber für den vorliegenden Fall, dass § 69 Abs. 2 FPG dahingehend auszulegen ist, dass sich die Umstände, die zur Verhängung des Aufenthaltsverbotes geführt hatten, als weggefallen anzusehen sind.
6.1. Es war daher der Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und dahingehend zu erkennen, als das im Jahr 2005 auf 10 Jahre befristet erlassene Aufenthaltsverbot aufzuheben war.
6.2. Nachdem der Bw über gute Deutschkenntnisse verfügt, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung dieses Erkenntnisses verzichtet werden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree