LVwG-400013/2/Gf/Rt

Linz, 21.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Gróf über die Beschwerde des Z, vertreten durch RA Dr. W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 11. September 2013, Zl. VerkR96-6892-2013, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes nach der am 20. September 2013 durchgeführten öffentlichen Verhandlung

 

zu Recht:

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG i.V.m. § 28 Abs. 5 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 17 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

II.         Der Beschwerdeführer hat weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 11. September 2013, Zl. VerkR96-6892-2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 15 Euro; Barauslagen: 2,40 Euro) verhängt, weil er am 25. Jänner 2013 um 17:59 Uhr auf der Autobahn A 8 im Gemeindegebiet von Pram ein mehrspuriges KFZ mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t gelenkt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da das Abbuchungsgerät nicht der Mautordnung entsprechend montiert gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 7 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl.Nr. I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 135/2008 (im Folgenden: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 2 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete Tatverhalten sei auf Grund einer Anzeige der ASFINAG als erwiesen anzusehen.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Im Ergebnis wurde daher die gesetzliche Mindeststrafe gemäß § 20 VStG zur Hälfte unterschritten.

 

2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 17. September 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. September 2013 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin wird der Sache nach vorgebracht, dass die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur Ermittlung der Tatbestandsmäßigkeit des dem Rechtsmittelwerber angelasteten vorschriftswidrigen Verhaltens schon insofern nicht entsprochen habe, als die Funktionsfähigkeit der Mautbaken zum Tatzeitpunkt keineswegs objektiv festgestellt worden sei. Außerdem sei offen geblieben, inwiefern das Abbuchungsgerät nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sein soll. Schließlich erweise sich die verhängte Geldstrafe nicht als tat- und schuldangemessen.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Höhe der verhängten Geldstrafe beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zl. VerkR96-6892-2013 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 20. September 2013, zu der als Partei der Beschwerdeführer und dessen Vertreterin RAA Mag. S sowie der sachverständige Zeuge Ing. R erschienen sind.

 

Im Zuge dieser Beweisaufnahme konnte, soweit es den entscheidungsrelevanten Sachverhalt betrifft, festgestellt werden, dass – wie dies auch im Wege von Lichtbildaufnahmen entsprechend dokumentiert ist – das Abbuchungsgerät am LKW des Rechtsmittelwerbers zum Tatzeitpunkt derart montiert war, dass der Scheibenwischer in der Endstellung knapp unterhalb desselben, jedoch dieses nicht überdeckend zu liegen kam. Ein objektiver Grund dafür, weshalb es bei der konkreten Anbringung zu Nichtabbuchungen kommen konnte, lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit Sicherheit eruieren.

 

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus den Ausführungen des sachverständigen Zeugen.

 

Im Übrigen wird unter einem die Niederschrift der öffentlichen Verhandlung (ONr. 5 des Aktes VwSen-151072) zum integrierenden Bestandteil der Begründung dieses Erkenntnisses erklärt.   

 

2. Weil im BStMG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen, der als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke – hierzu zählen nach § 1 Abs. 1 und Abs. 4 BStMG sämtliche als solche gekennzeichneten Bundesstraßen – benützte, ohne die nach § 6 BStMG geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

 

Davon ausgehend, dass die Maut gemäß § 2 BStMG entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten ist, unterlag die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, nach § 6 BStMG einer fahrleistungsabhängigen Maut. Diese war gemäß § 7 Abs. 1 BStMG entweder durch den Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder durch eine Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

2.1. Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer beim Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t auf der Autobahn A 8 betreten.

 

Dies wird zum einen schon von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt. Zum anderen geht Gleichartiges auch aus der Anzeige der ASFINAG vom 29. März 2013, Zl. 4594846, wonach dieses Faktum von einem Mautaufsichtsorgan dienstlich festgestellt wurde (vgl. S. 2), hervor.

 

In Würdigung dieser Umstände kann es daher insgesamt als erwiesen angesehen werden, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt (25. Jänner 2013, 17:59 Uhr) mit seinem LKW, der allseits unbestritten ein höchstzulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t aufwies, die Autobahn A 8 benutzt hat.

 

2.2. Die Autobahn A 8 zählte nach Teil B, Pkt. 3.1 (Seite 35), der auf § 14 BStMG basierenden „Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs“ in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Version 34[1] (im Folgenden kurz: MautO V 34) zum Tatzeitpunkt zu den mautpflichtigen Bundesstraßen.

 

Der Beschwerdeführer war daher nach § 6 erster Satz BStMG dazu verpflichtet, für die Benützung der A 8 mit seinem ein über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht aufweisenden LKW eine fahrleistungsabhängige Maut zu entrichten.

 

2.3. Hinsichtlich der Frage, ob diese Maut vom Beschwerdeführer ordnungsgemäß entrichtet wurde, ist zunächst auf Teil B, Pkt. 8.1 (S. 69 f) MautO V 34 zu verweisen.

 

Danach war das Abbuchungsgerät (GO-Box) dauerhaft an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Scheibenunterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren, dass die Bedienungstaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist; die GO-Box war mindestens 10 cm oberhalb des Scheibenwischers in Ruhestellung und mindestens 30 cm unterhalb der Windschutzscheibenoberkante zu montieren, wobei der Scheibenwischer in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen durfte; weiters war der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe im Umkreis von 10 cm von fremden Gegenständen freizuhalten und der Lenker hatte von der GO-Box alle Gegenstände fernzuhalten, die zu einer Beeinflussung der Bedienungstasten hätten führen können; jede andere Anbringung der GO-Box bedurfte explizit einer individuellen schriftlichen Zustimmung der ASFINAG.

 

In diesem Zusammenhang geht aus den Ausführungen des in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen sachverständigen Zeugen zwar hervor, dass die Anbringung der GO-Box im gegenständlichen Fall zwar einerseits (noch) nicht den Anforderungen des Teil B, Pkt. 8.1 MautO V 34, (sondern allenfalls jenen einer früher in Geltung gestanden habenden Version der MautO) entsprach; andererseits kann aber im Nachhinein nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass gerade der Umstand der nicht ordnungsgemäßen Anbringung des Gerätes die Ursache dafür bildete, dass es – im Gegensatz zu davor und danach liegenden Phasen – gerade (auch) im Tatzeitpunkt nicht zu einer ordnungsgemäßen Abbuchung kam.

 

Davon ausgehend hat der Beschwerdeführer zwar im Sinne der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses konkret enthaltenen Anlastung grundsätzlich tatbestandsmäßig gehandelt, weil ihm mit diesem (lediglich) eine nicht ordnungsgemäße Anbringung der GO-Box vorgeworfen wurde; und in diesem Zusammenhang läge prinzipiell auch ein schuldhaftes – nämlich zumindest fahrlässiges, weil die (neuere) Version 34 der MautO bereits seit dem 30. November 2012, also bezogen auf den Tatzeitpunkt seit mehr als 11/2 Monaten in Geltung gestanden war, sodass er dazu verpflichtet gewesen wäre, die Anbringung des Abbuchungsgerätes dementsprechend zu modifizieren – Verhalten vor, sodass seine Strafbarkeit insgesamt gesehen gegeben wäre.

 

Allerdings ergibt sich aus der „Liste der Abbuchungen und Nichtabbuchungen (geprellte Portale)“, die dem im Akt der belangten Behörde erliegenden Schreiben der ASFINAG vom 6. August 2012, angeschlossen ist, dass am 25. Jänner 2013 um 17:59:17 Uhr – also zu dem im angefochtenen Straferkenntnis dezidiert angelasteten Tatzeitpunkt – ohnehin (noch) eine ordnungsgemäße Abbuchung (nämlich an der Station ID 542) erfolgte; erst beim nächsten Portal (Station ID 541) fehlt hingegen eine solche (ebenso wie an den drei darauf folgenden Portalen; vgl. S. 6), wobei der darauf bezügliche (spätere) Tatzeitpunkt im erstbehördlichen Ermittlungsverfahren nicht festgestellt wurde.

 

Im Ergebnis erweist sich daher der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entweder als in zeitlicher Hinsicht zu eng gefasst oder als nicht exakt konkretisiert, sodass dieser damit jedenfalls den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG nicht gerecht wird.

 

2.4. Da insoweit zwischenzeitlich jedoch bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 50 VwGVG i.V.m. § 28 Abs. 5 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 17 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

3. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (vgl. § 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (vgl. § 52 Abs. 9 VwGVG) vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht nur der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  G r ó f

 



[1] Abrufbar unter www.asfinag.at/maut/mautordnung/archiv.