LVwG-600004/2/Kof/KR

Linz, 16.01.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn L S, geb. X, G, 4T, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J B, O, S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 03. September 2013, VerkR96-7889-2012, wegen Übertretungen der StVO, nach der am 19.12.2013 durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht e r k a n n t :

 

I.          

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       

Gemäß § 52 Abs.1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag

zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 80 zu leisten.

 

III.    

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision

an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

Sie lenkten am 17.11.2012 gegen 12.20 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X  im Stadtgebiet S von der A in Richtung S, wobei

 

1. Sie auf Höhe des T, I, den Vorrang einer geradeaus fahrenden Radfahrerin missachteten, weil Sie ohne anzuhalten vor der Radfahrerin nach links in den B eingebogen sind und damit die Radfahrerin zum Ausweichen veranlassten,

2. es unterließen, nach diesem Verkehrsunfall Ihr Fahrzeug anzuhalten, obwohl Ihr Verhalten in einem ursächlichen Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden stand und

3. sofort die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, obwohl Ihr Verhalten mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in Zusammenhang stand.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

ad 1.  § 19 Abs.7 iVm. § 19 Abs.5 StVO

ad 2.  § 4 Abs.1 lit.a StVO

ad 3.  § 4 Abs.2 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von                    falls diese uneinbringlich ist,                         Gemäß

                                          Ersatzfreiheitsstrafe von

  

1)   100,00 Euro                                 1 Tag                                            § 99 Abs.3 lit.a StVO

2)   150,00 Euro                           36 Stunden                                 § 99 Abs.2 lit.a StVO

3)   150,00 Euro                           36 Stunden                                 § 99 Abs.2 lit.a StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

40,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher .. 440,00 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis – zugestellt am 12. September 2013 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 23. September 2013 erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1. Satz B-VG) erwogen:

Mit Wirksamkeit 1. Jänner 2014 ist

-      die Berufung als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG und

-      der Berufungswerber als Beschwerdeführer (Bf)

anzusehen.

 

Am 19. Dezember 2013 wurde beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bf, dessen Rechtsvertreter, sowie die Zeugen Frau M.S.
(= Ehegattin des Bf) und Herr W.H. teilgenommen haben.

 

 

Gemäß § 3 Abs.7 Z2 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I
Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013 können mit Ablauf des 31. Dezember 2013
bei den UVS anhängige Verfahren von den Verwaltungsgerichten weitergeführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitgliedes des UVS gehört hat und danach zur Zuständigkeit des Einzelrichters eines Verwaltungsgerichtes gehört und es sich um denselben Organwalter handelt (= sog. “Zuständigkeitskontinuität“). –

Diese Zuständigkeitskontinuität ist im vorliegenden Fall gegeben.

 

Stellungnahme des Bf sowie seines Rechtsvertreters:

Wir verweisen auf unsere bisherigen Ausführungen, insbesondere auf die Berufung vom 23. September 2013.

Zeugenaussage der Frau M. S.:

Ich wurde über die Möglichkeit belehrt, mich der Zeugenaussage zu entschlagen.

Ich sage dennoch aus.

Ich saß bei der verfahrensgegenständlichen Fahrt auf dem Beifahrersitz.

Wir sind von Deutschland (Neuhaus) kommend nach S gefahren und dort nach links zum B eingebogen.

Ich habe nicht bemerkt, dass mein Ehemann (dieser war der Lenker des PKW) bei dem Einbiegemanöver eine entgegenkommende Radfahrerin behindert haben soll.

Mehr kann ich dazu nicht angeben.

Da ich selbst nicht über einen Führerschein verfüge,

wird von mir das Verkehrsgeschehen grundsätzlich nicht näher beobachtet.

Dass mein Mann nach dem Einbiegemanöver kurz stehengeblieben sei und/oder in den Rückspiegel geblickt haben soll, daran kann ich mich nicht erinnern.

Falls knapp vor dem Linkseinbiegen eine Radfahrerin in unmittelbarer Nähe entgegenkommen wäre, dann hätte ich dies wahrscheinlich bemerkt.

 

Zeugenaussage des Herrn W. H.:

Am 17. November 2012 gegen 12.20 Uhr bin ich mit meinem PKW von

S, S kommend in Richtung I nach Neuhaus gefahren.

Dabei fuhr ich unmittelbar hinter einer Radfahrerin – Frau R. S. (richtig: R. L., Anmerkung des VH-Leiters), diese war mir zum damaligen Zeitpunkt persönlich nicht bekannt – nachgefahren.

Die Radfahrerin wollte offensichtlich geradeaus weiterfahren auf die I und anschließend nach Deutschland.

Der entgegenkommende PKW ist unmittelbar vor der Radfahrerin nach links

in die Straße Richtung Burggraben eingebogen.

Der Abstand zwischen dem nach links einbiegenden PKW und der Radfahrerin
betrug dabei einige wenige Zentimeter, jedenfalls weniger als 1m.

Die Radfahrerin verriss ihr Fahrrad nach links.

Dieses Ausweichmanöver war unbedingt erforderlich, ansonsten wäre es zu einem Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden nach links einbiegenden PKW gekommen.

Anschließend verriss die Radfahrerin das Fahrrad nach rechts und kam zu Sturz.

Ich musste eine „Vollbremsung“ ausführen.

Ich blieb anschließend stehen.

Der entgegenkommende nach links abbiegende Fahrzeuglenker ist weitergefahren.

Ich fuhr diesem PKW nach auf eine Entfernung von ca. 200 m.

Dort musste dieser PKW vor dem W anhalten.

Ich habe mir dessen Kennzeichen notiert und bin dann wieder zurückgefahren zur Radfahrerin.

Ich kümmerte mich um diese Frau, sie hatte Schmerzen in der Brust.

Weiters war das Fahrrad beschädigt.

Ich sagte dieser Frau, ich habe den Vorfall gesehen und werde zeugenschaftlich aussagen.

Ich habe dieser Frau auch angeboten, sie nach Hause zu bringen.

Sie sagte jedoch, dass dies ginge.

Weiters sagte ich dieser Frau, sie solle zum Arzt und zur Polizei gehen.

Ich habe dieser Frau auch meine Adresse gegeben sowie das Kennzeichen des besagten PKW.

Ca. 2 Tage nach diesem Vorfall habe ich einen Anruf von der Polizei bekommen und meine Beobachtungen zu Protokoll gegeben.

Über Befragen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers gebe ich an:

Die Radfahrerin ist ca. 1 m neben dem rechten Fahrbahnrand gefahren.

Die Geschwindigkeit der Radfahrerin hat meiner Schätzung nach ca. 10 Stundenkilometer höchstens betragen.

Beim ersten Ausweichmanöver nach links hat sie meines Wissens nach

die Fahrbahnmitte nicht überfahren.

 

Ich wiederhole meine Zeugenaussage bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 05. April 2013, wonach der Lenker dieses PKW meiner Meinung nach die
Radfahrerin bemerkt hat, da er zurückgeblickt hat, als er den Kreuzungsbereich verlassen hat.

Schlussäußerung des Rechtsvertreters des Bf:

Die Berufung wird aufrecht erhalten.

Auf die Verkündung der Rechtsmittelentscheidung sowie auf eine Verkündungstagsatzung wird ausdrücklich verzichtet.

Alle Tatsachen, auf die eine Entscheidung gestützt werden soll, bedürfen eines Beweises. Das LVwG hat alle beweisbedürftigen Tatsachen von sich aus zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu machen.

Dabei muss der volle Beweis erbracht werden.

Dies bedeutet, dass sich das LVwG Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (zB eines tatsächlichen Vorgangs) verschaffen - somit also davon überzeugen - muss.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache
als erwiesen allerdings keine „absolute Sicherheit“ bzw. „kein Nachweis im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn“ erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

Das LVwG hat

·         nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob ihr diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhalts vermitteln (= Beweiswürdigung)

·         unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht  und

·         den Wert der aufgenommenen Beweise nach deren innerem Wahrheitsgehalt
zu beurteilen;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E10 zu
§ 45 AVG (Seite 645) zitierte Judikatur des VwGH  sowie

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 2 und RZ 8 zu § 45 AVG  (Seite 460ff);

Leeb - Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren in Holoubek-Lang: Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens, Seite 343 - 348;  jeweils mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhinweisen.   

Wesentlich ist, ob

·         der Sachverhalt genügend erhoben wurde  und

·         die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen;

VwGH vom 26.06.2009, 2008/02/0044;  vom 15.05.2009, 2008/09/0088; vom

21.12.2010, 2007/05/0231; vom 03.10.1985, 85/02/0053 – verstärkter Senat

Die Beweiswürdigung ist ein „Denkprozess nach den Gesetzen der Logik“
bzw. wird auf

die „allgemeinen Denkgesetze der Logik“ sowie die „Lebenserfahrung“ verwiesen;

VwGH vom 27.04.1972, GZ: 0171/72;  vom 21.12.1994, 94/03/0256;

 vom 21.12.2010, 2007/05/0231 mit Vorjudikatur

 

Ein Vorgang tatsächlicher Art ist dann als bewiesen anzusehen, wenn die
Behörde aufgrund einer - aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln
(hier: Zeugenaussagen) nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens - gezogenen Schlussfolgerung zur Überzeugung gelangt, dass er sich so abgespielt hat;

VwGH vom 26.05.1993, 90/13/0155; vom 06.12.1990, 90/16/0031.

 

 

Der Zeuge W. H. hat bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen, den Geschehensablauf ausführlich und nachvollziehbar geschildert und in keiner Phase seiner Zeugeneinvernahme den Eindruck erweckt, den Bf ungerechtfertigt belasten zu wollen.

 

Sowohl der Bf – in der Beschwerde –, als auch seine Ehegattin, Frau M. S. haben im Ergebnis vorgebracht bzw. ausgesagt, sie hätten den gesamten Vorfall nicht bemerkt.

 

Liegen zwei voneinander wiedersprechende Zeugenaussagen vor, so hat

das Gericht vom inneren Wahrheitsgehalt der Zeugenaussagen auszugehen;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage,

E96 zu § 45 AVG (Seite 657) zitierte Judikatur. –

 

Im gegenständlichen Fall liegen jedoch einander widersprechende Zeugenaussagen gar nicht vor!

 

Der Zeuge Herr W. H. hat – wie dargelegt – den gesamten Geschehensablauf ausführlich und nachvollziehbar geschildert.

Demgegenüber hat die Zeugin, Frau M. S. im Ergebnis ausgesagt, den Vorfall gar nicht bemerkt zu haben.

Betreffend die Aussage der Frau M.S. (= Ehegattin des Bf) kann das Gericht in seine Erwägungen das Naheverhältnis zum Bf einbeziehen;

Walter-Thienel, aaO, E88 zu § 45 AVG (Seite 656) und die dort zitierte Judikatur.

 

Zu Punkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses –

Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.5 iVm § 19 Abs.7 StVO:

 

Gemäß § 19 Abs.5 StVO haben Fahrzeuge, die ihre Fahrtrichtung beibehalten oder nach rechts einbiegen – sofern sich aus Abs.4 leg.cit. nichts anderes ergibt – den Vorrang gegenüber entgegenkommenden, nach links einbiegenden Fahrzeugen.

 

Wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige) darf gemäß § 19 Abs.7 StVO durch Einbiegen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen, noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

Ein Abbiegen nach links kann nur dann durchgeführt werden, wenn mit Sicherheit damit zu rechnen ist, dass dadurch der gemäß § 19 Abs.5 StVO im Vorrang befindliche, seine Fahrtrichtung beibehaltende, Lenker des entgegen-kommenden Fahrzeuges weder zur Ablenkung noch zu einer unvermittelten Bremshandlung genötigt wird; siehe die in Pürstl, StVO, 13. Auflage, E101 zu
§ 19 Abs.5 StVO (Seite 375) zitierte Judikatur.

 

Für das LvWG OÖ. steht – aufgrund der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Zeugenaussage des Herrn W. H. – fest, dass der Bf zur Tatzeit und am Tatort unmittelbar vor der ihm entgegenkommenden vorrangberechtigten Radfahrerin mit seinem PKW nach links eingebogen ist.

Die Radfahrerin hat dadurch das Fahrrad zuerst nach links und anschließend nach rechts verrissen und kam zu Sturz.

 

Der Bf hat somit die ihm im erstinstanzlichen Straferkenntnis–Punkt 1. zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen.

 

Zu Punkte 2. und 3. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses – Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a und 4 Abs.2 StVO:

 

§ 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.2 StVO lauten auszugsweise:

Alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, haben, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, so haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle sofort zu verständigen.

 

Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Personenschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens.

Der Tatbestand ist schon dann gegeben, wenn dem Betreffenden objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einem Personenschaden zu erkennen vermochte;

ständige Rechtsprechung des VwGH z.B. Erkenntnisse vom 23.05.2002, 2001/03/0417; vom 30.03.2001, 2000/02/0169; vom 20.03.2002, 99/03/0316; vom 29.09.1993, 93/02/0081.

 

Bei und nach riskanten Fahrmanövern, bei denen die Gefahr einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug besteht, hat der Lenker den Geschehnissen und seinem Fahrzeug volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und sich zu vergewissern, ob sein Fahrverhalten für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen ist.

Unterlässt er dies, so ist sein Nichtwissen von einem von ihm derart verursachten Unfall verschuldet; VwGH vom 30.03.2001, 2000/02/0169.

 

Eine aus einem Linksabbiegen möglicherweise entstehende Gefährdung ist für den Fahrzeuglenker ohne weiteres erkennbar; siehe die in Pürstl, aaO, E95 zu
§ 19 Abs.5 StVO (Seite 375) zitierte Judikatur.

 

Der gegenständliche Vorfall (Vorrangverletzung) hat sich „unmittelbar vor den Augen des Bf“ ereignet.

Der Bf hätte daher diesen Vorfall – dass die entgegenkommende vorrangberechtigte Radfahrerin ihr Fahrrad verrissen hat und anschließend zu Sturz gekommen ist – bei gehöriger Aufmerksamkeit bemerken müssen!

 

Die Radfahrerin wurde bei diesem Sturz verletzt.

Der Bf hat weder angehalten, noch sofort die nächste Polizeidienststelle verständigt.

Gegenteiliges behauptet der Bf selbst nicht!

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wird auf die zutreffende Begründung

im Straferkenntnis der belangten Behörde verwiesen;

ein derartiger Verweis ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zulässig;   

siehe die in Walter-Thienel, Band I, 2. Auflage E48, E58 und E 60 zu § 60 AVG (Seite 1049ff) sowie E19 zu § 67 AVG (Seite 1325) zitierten VwGH-Erkenntnisse.

 

Der VwGH hat in vergleichbaren Fällen – zum Teil deutlich – höhere Geldstrafen als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen;

z.B. Erk. vom 26.03.2004, 2003/02/0279; und vom 26.01.2007, 2007/02/0013.

 

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich der verhängten Geldstrafen abzuweisen.

 

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG hat der Bf einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.  Dieser beträgt 20% der verhängten Geldstrafen.

 

Eine Verkündung der Rechtsmittelentscheidung war nicht erforderlich, da der Rechtsvertreter des Bf am Schluss der mVh ausdrücklich darauf verzichtet hat;

VwGH vom 26.01.2010, 2009/02/0220; vom 25.03.2009, 2008/03/0090 ua.

         

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Betreffend Punkt 1) des Straferkenntnisses – Verwaltungsübertretung nach
§ 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO – ist eine Revision überdies auch nach § 25a Abs.4 VwGG nicht zulässig.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Richter Mag. Josef Kofler