LVwG-150318/7/RK/WP
Linz, 26.01.2015
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde des BV, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. MH, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 28. Mai 2014, GZ: RE 04/14 rh, betreffend bewilligungswidriger Benützung eines Gebäudes,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß §§ 28 Abs 1 iVm 36 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und gemäß § 58 Abs 1 Oö. Bauordnung 1994 idF LGBl 2013/34 iVm § 50 Abs 2 iVm Abs 4 Oö. Bauordnung 1994 idF vor der Bauordnungs-Novelle 2013, LGBl 34, wird dem B Ö K Vöcklabruck als Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft samt Gebäude untersagt, den näher bezeichneten Raum im 2. Obergeschoss des verfahrensgegenständlichen Gebäudes entgegen der Baubewilligung vom 9.9.1976 als Gebetsraum zu benützen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt, Verfahrensverlauf:
1. Der beschwerdeführende Verein „XX“ (im Folgenden: Bf) ist grundbücherlicher Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks Nr xxx/xx, EZ xx der KG x, samt des sich darauf befindlichen Gebäudes mit der Adresse U. Nr.x, V. Mit Baubewilligung vom 9. September 1976 wurde den damaligen Eigentümern und damit Rechtsvorgängern des Bf die Genehmigung für die Errichtung von Lagerräumen erteilt. Zwischenzeitig wurde den Rechtsvorgängern mit Bescheid vom 17. April 1978 die Bewilligung zur „Umwidmung von Schau- und Lagerräumen auf Verkaufsräume, begrenzt für einen Zeitraum von drei Jahren“ erteilt. Die damit genehmigte Verwendungszweckänderung erlosch daher mit Ablauf des 16. April 1981.
2. Mit Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Vöcklabruck (im Folgenden: Bürgermeister) wurde zur Feststellung von Bautätigkeiten auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft ein Ortsaugenschein für den 18. Dezember 2012 anberaumt. Dazu wurde nachweislich ein Vertreter des Bf (ZE) und ein Vertreter des Bezirksbauamtes Gmunden geladen.
3. Beim Ortsaugenschein waren ausweislich des Aktenvermerks vom 18. Dezember 2012 neben einem Vertreter der Stadtgemeinde Vöcklabruck und zwei Vertretern des Bezirksbauamtes Gmunden auch vier Vertreter des Bf anwesend. Aufgrund des Baubewilligungsbescheides vom 17. April 1978 wurde dabei festgestellt, dass folgende Nutzung zulässig sei:
„Erdgeschoß: Schau- und Lagerraum sowie Bürobereich mit Nebenräumen
1. Obergeschoß: Lagerräume sowie Bürobereich mit Nebenräumen
2. Obergeschoß: Abstellraum, Lagerräume mit Nebenräumen“
Weiters führte der Amtssachverständige aus:
„Bei der augenscheinlichen Überprüfung wurde festgestellt, dass in der Ebene des 2. OG geringfügige Baumaßnahmen im Bereich des ehemaligen ‚Lagerraumes‘ durchgeführt wurden. Hier kam es zum Verschließen der Verbindungsöffnung (siehe Bild 7) des im Süden angeordneten Abstellraumes.
Weiters wurde der Lagerraum im Bereich des südlichsten Unterzuges wandartig in Trockenbauweise (siehe Bild 6) verschlossen. Diese Zone wird derzeit als Abstellraum verwendet. Der in den Ausführungsplänen der Firma E vom 07.07.1977 als ‚Lagerraum‘ bezeichnete Bereich wurde mit Teppichen ausgelegt und wird augenscheinlich als ‚Gebetsraum‘ (siehe Bild 5) verwendet. Die Beheizung erfolgt mittlerweile mittels Fernwärme. Im zuvor erwähnten Lagerraum wurden Radiatoren für die Wärmeverteilung nachgerüstet. Die Erschließung der einzelnen Ebenen erfolgt mittels zweiläufigen geraden Stiegenanlagen. Der westseitig des obersten Stiegenaustrittes gelegene Waschraum wurde um den Bereich des südlich angrenzenden Abstellraumes erweitert. Hier wurde eine Möglichkeit für die ‚Fußwäsche‘ in Form eines Nirobeckens geschaffen (siehe Bild 1). Im Bereich des nordöstlichen Gebäudeeckes wurde der ehemalige Lagerraum (laut Polierplänen 39,80 m2 Nutzfläche) zum Sozial- bzw. Aufenthaltsraum aufgewertet. Hier bestehen Sitzmöglichkeiten und wurde eine Küchenzeile eingebaut (siehe Bild 2 bis 3). Auch hier wurden Radiatoren für die Wärmeverteilung nachgerüstet. Die ehemaligen Sanitärzellen (Bereich nordwestliches Gebäudeeck) wurden neu verfliest und mit neuen sanitären Einrichtungsgegenständen versehen (siehe Bild 4). In den Ebenen KG, EG und 1. OG wurden keine relevanten Baumaßnahmen festgestellt. Laut Auskunft der Vertreter des XX wurden hier lediglich entrümpelt. Weiters erklärten die Vertreter des o. a. Vereins, dass die bestehende Ölfeuerungsanlage nicht mehr verwendet wird und in der Folge fachgerecht aufgelassen werden soll.
Aus der baufachlichen Sicht ist die oben beschriebene ‚Andersverwendung‘ der betroffenen Zone als bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes entsprechend § 24 Abs. 1. Ziff. 3 OÖ BauO zu werten, da mitunter eine Beeinträchtigung der Festigkeit tragender Bauteile bzw. des Brandschutzes, der Gesundheit oder Hygiene abzuleiten ist.“
4. In einem dem vorgelegten Verwaltungsakt beigelegten Ausdruck eines Artikels der Oberösterreichischen Nachrichten vom X wird der Obmann des Bf, Herr EZ, zur Verwendung des neu angekauften verfahrensgegenständlichen Objekts wie folgt zitiert: „Wir machen eine multifunktionelle Einrichtung [...] Es wird ein Gebetsraum integriert“.
5. Mit Schreiben des Bürgermeisters vom 22. November 2013 wurde der Bf über das bisherige Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bezüglich einer allfälligen Änderung des Verwendungszwecks des verfahrensgegenständlichen Objekts informiert. Insbesondere habe über Einladung des Bf am 12. November 2013 ein Lokalaugenschein durch die Baubehörde stattgefunden und wurde festgestellt, dass „die Räumlichkeiten, vor allem im 2. OG vollständig ausgebaut und augenscheinlich, wie auch schon von der Polizei nachweislich belegt, als ‚Gebetsraum‘ genutzt werden“. Der Bürgermeister sei daher angehalten, die „bewilligungsfremde Benützung des Objektes U Nr. x gemäß § 50 Oö. BauO. mit sofortiger Wirkung zu untersagen“. Weiters forderte der Bürgermeister den Bf auf, „gem §49 Oö. BauO. [...] nachträglich bis spätestens Freitag, den 10.01.2014 die Baubewilligung für die vorgenommene Verwendungszweckänderung zu beantragen“. Dieses Schreiben wurde dem Bf im Wege der Hinterlegung zugestellt.
6. Mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2014 stellte der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter einen Antrag auf Fristerstreckung zur Einbringung eines Antrages auf Bewilligung der Verwendungszweckänderung.
7. Mit Erledigung des Bürgermeisters vom 16. Jänner 2014 wurde die mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2014 beantragte Fristerstreckung (Fristende: 15. Februar 2014) bewilligt.
8. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 6. März 2014, GZ: Ing. Do / Kre, erging gegenüber dem Bf der behördliche Auftrag „bis spätestens 01.04.2014 bei der Baubehörde um nachträgliche Genehmigung für die vorgenommene Verwendungszweckänderung im 2. Obergeschoss des Gebäudes V, U Nr. x, EZ x, Katastralgemeinde V, Grundstück xx/xx, anzusuchen oder die mit Baubescheid vom 17.04.1978 bewilligte Raumnutzung in diesem Geschoss wiederherzustellen. Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 OÖ. Bauordnung i.d.g.F. wird die dem Baubewilligungsbescheid vom 17.04.1978 widersprechende Benützung des 2. Obergeschosses als Gebetsraum ab sofort untersagt“. Bei der Darstellung des Sachverhalts nahm der Bürgermeister auf den am 18. Dezember 2012 stattgefundenen Lokalaugenschein Bezug und führte aus, dass „eine widerrechtliche Benützung des 2. Obergeschosses nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, zumal zum Überprüfungszeitpunkt im schon erkennbar gestalteten Gebetsraum aber keine Personen anwesend waren“. Aufgrund einer schriftlichen Eingabe von Nachbarn im August 2013 sei die Stadtpolizei beauftragt worden, dichtere Kontrollen durchzuführen. Diese hätte 19 Kontrollen durchgeführt, wobei „wahlweise 6-20 anwesende Personen im Gebetsraum festgestellt wurden“. Laut dem Bericht der Stadtpolizei seien „die Kontrollen unter Achtung der Menschenwürde und dem nötigen Respekt hinsichtlich der getätigten Religionsausübung“ durchgeführt worden. Weiters fand – so der Bürgermeister weiter – „über Einladung des XX am 12.11.2013 ein Lokalaugenschein der Baubehörde statt. Dabei konnte unmissverständlich festgestellt werden und es wurde dies von den Eigentümern auch nicht dementiert, dass die Räumlichkeiten im 2. Obergeschoss, so wie auch schon von der Stadtpolizei festgestellt, eindeutig als Gebetsraum genützt werden“. Die rechtliche Begründung des Bescheides erschöpfte sich in der wörtlichen Wiedergabe des Gesetzestextes. Dieser Bescheid wurde dem Bf zuhanden seines rechtsfreundlichen Vertreters zugestellt.
9. Dagegen erhob der Bf mit Schriftsatz vom 26. März 2014 Berufung. Nach Ansicht des Bf sei bei Berücksichtigung des § 24 Abs 1 Z 3 Oö. Bauordnung 1994 (augenscheinlich in der Fassung LGBl 2013/34) eine Änderung des Verwendungszwecks zulässig, wenn dadurch keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Da die Baubehörde davon ausginge, das 2. Obergeschoss des verfahrensgegenständlichen Objekts werde als Gebetsraum benutzt und die „Nutzung eines Raumes zu religiösen Zwecken als Gebetsraum erzeugt keine schädlichen Umwelteinwirkungen“, bedürfe „die Änderung des Verwendungszwecks [...] daher keiner Baubewilligung“. „Nach § 50 Oö BauO dürfen bauliche Anlagen entsprechend den für sie geltenden baurechtlichen Vorschriften benützt werden, sodass selbst eine Änderung des Verwendungszwecks im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO keine Untersagung der Benützung rechtfertigt“. Abschließend stellte der Bf den Berufungsantrag, die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.
10. Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) vom 28. Mai 2014 wurde die gegen den Bescheid des Bürgermeisters erhobene Berufung des Bf als „unbegründet abgewiesen“. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des maßgeblichen Sachverhalts, des Inhalts der Berufung des Bf und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 idF LGBl 2013/90 auf das Wesentliche zusammengefasst aus, die durchgeführte Nutzungsänderung von Lagerhalle zu einem Gebetsraum sei nach Ansicht der belangten Behörde geeignet, „durch den Lärm der ankommenden und verlassenden Besucher und durch den Lärm zu- und abfahrender PKW zusätzliche erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen und stellt somit eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung dar“. Diese rechtlichen Ausführungen stützt die belangte Behörde auf Angaben von Nachbarn, wonach die von der Stadtpolizei festgestellte Personenanzahl „zu Zeiten des Ramadan (ca. Ende Juni bis Anfang Juli) täglich übertroffen werde[n] und der Lärm der Personen die das Gebäude betreten und verlassen und der Lärm der zu- und abfahrenden PKW eine erhebliche Belästigung darstellen“. Dieser Bescheid wurde dem Bf zuhanden des rechtsfreundlichen Vertreters am 30. Mai 2014 zugestellt.
11. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 27. Juni 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Der Bf wiederholt einleitend seine Begründung aus der Berufung, die Nutzung „zu religiösen Zwecken als Gebetsraum erzeug[e] [...] keine schädlichen Umwelteinwirkungen“ und bedürfe die vorgeworfene Verwendungszweckänderung daher keiner baubehördlichen Bewilligung. Hinsichtlich der Feststellung, es lägen schädliche Umwelteinwirkungen vor, führt der Bf aus, die Behörde stütze ihre Sachverhaltsannahmen bezüglich der Lärmemissionen durch zu- und abfahrende PKW 1.) auf Beweisergebnisse (Angaben von Nachbarn), die nicht „in einem gesetzesgemäß geführten behördlichen Verfahren aufgenommen“ wurden und 2.) würden Emissionen durch die Nutzung einer öffentlichen Verkehrsfläche der verfahrensgegenständlichen baulichen Anlage zugerechnet, was nach ständiger Rechtsprechung unzulässig sei. Darüber hinaus würde der bewilligte Verwendungszweck „Schau- und Lagerraum sowie Bürobereich“ die „Frequenz von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und dergleichen“ ermöglichen. Abschließend stellt der Bf den Antrag der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.
12. Mit Schreiben vom 30. Juli 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde sowie durch Einholung ergänzender Unterlagen: 1. aktueller Grundbuchsauszug (ON 2 des verwaltungsgerichtlichen Aktes), 2. Protokoll zur 29. Sitzung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 12. Mai 2014 (ON 3), 3. baupolizeilicher Bewilligungsbescheid vom 17.4.1978 (ON 4) und 4. Baubewilligungsbescheid vom 9.9.1976 (ON 5).
Das von den Verwaltungsbehörden geführte Ermittlungsverfahren war überwiegend von der Frage geprägt, ob der näher bezeichnete Raum des 2. Obergeschosses des verfahrensgegenständlichen Gebäudes als Gebetsraum verwendet wird oder nicht. Insbesondere die Behörde erster Instanz hat sich zur Sammlung von Beweisen in erheblichem Umfang der Stadtpolizei Vöcklabruck bedient. Überdies beruhen Sachverhaltsannahmen, insbesondere der belangten Behörde, offenkundig auf Angaben von Nachbarn, denen im vorliegenden baupolizeilichen Verfahren keinerlei Mitwirkungsrechte, insbesondere keinerlei Parteirechte, zukommen. Die aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlichen Interventionsmaßnahmen der Nachbarschaft bei den verfahrensführenden Behörden sowie die einliegenden Presseartikel lassen vielmehr auf eine aufgeheizte Stimmung in Bezug auf die Frage der Zulässigkeit eines Gebetsraumes im verfahrensgegenständlichen Gebäude schließen.
Unter Berücksichtigung der geschilderten Gesamtumstände geht der erkennende Richter bei umfassender Würdigung der vorliegenden Beweise von der Verwendung des näher bezeichneten Raumes im 2. Obergeschoss des verfahrensgegenständlichen Gebäudes als Gebetsraum aus. Für eine derartige Verwendung sprechen einerseits die ausdrücklichen Feststellungen der behördlichen Organe anlässlich des Ortsaugenscheines am 18. Dezember 2012 und am 12. November 2013 sowie die – von der belangten Behörde wiedergegebenen – Angaben der Stadtpolizei Vöcklabruck bei Kontrollbesuchen, anlässlich derer Polizeibeamte ohne Zwang das Gebäude betreten und die Nutzung der Räumlichkeiten des 2. Obergeschosses beobachten konnten. Eine gewisse Bestätigung erfährt diese Nutzung auch durch die Angaben des (damaligen) Obmanns des Bf, der in einem Zeitungsartikel der Oberösterreichischen Nachrichten angab: „Wir machen eine multifunktionelle Einrichtung [...] Es wird ein Gebetsraum integriert“. Letztlich überzeugt von der Verwendung des näher bezeichneten Raumes im 2. Obergeschoss des verfahrensgegenständlichen Gebäudes als Gebetsraum hat den erkennenden Richter allerdings das bisherige Verhalten des Bf selbst. Trotz Kenntnis der baubehördlichen Beurteilung, die Verwendung des maßgeblichen Raumes als Gebetsraum sei unzulässig, ist der Bf im gesamten vorangegangen Verwaltungsverfahren der baubehördlichen Feststellung, es liege ein Gebetsraum vor, niemals entschieden entgegengetreten. Vielmehr führt der Bf im Berufungsschriftsatz wortwörtlich aus, die „Nutzung eines Raumes zu religiösen Zwecken als Gebetsraum erzeugt keine schädlichen Umwelteinwirkungen“, und bedürfe „die Änderung des Verwendungszwecks [...] daher keiner Baubewilligung“. Würde der verfahrensgegenständliche Raum tatsächlich nicht als Gebetsraum verwendet, wäre es ein Leichtes, dies darzulegen oder zumindest zu behaupten. Nach Ansicht des erkennenden Richters entspricht es ebensowenig der allgemeinen Lebenserfahrung, gegen die Untersagung einer bestimmten Verwendung eines Gebäude(-teiles) im Rechtsmittelweg vorzugehen, wenn diese Verwendung tatsächlich nicht stattfindet.
III. Gem § 58 Abs 1 Oö. Bauordnung 1994, LGBl 66 idF LGBl 2013/90 (Oö. BauO) sind auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren die bisher geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden. Da das verfahrensgegenständliche Verwaltungsverfahren mit der Einladung zum Ortsaugenschein am 18. Dezember 2012 anhängig wurde (vgl zur vergleichbaren Sachverhaltslage VwGH vom 22.5.2001, 2000/05/0279), ist die Oö. BauO idF vor der Bauordnungs-Novelle 2013, LGBl 2013/34 anzuwenden. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich daher wie folgt dar:
„§ 24
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:
1. [...]
2. [...]
3. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden oder sonstigen Bauten gemäß Z 2, wenn hiedurch eine Beeinträchtigung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten ist, oder wenn hiedurch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind;
§ 50
Benützung baulicher Anlagen
(1) [...]
(2) Darüber hinaus dürfen bauliche Anlagen, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, nur entsprechend dieser Bewilligung sowie entsprechend den Auflagen und Bedingungen dieser Bewilligung benützt werden.
(3) [...]
(4) Erlangt die Baubehörde Kenntnis, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend Abs. 2 benützt wird, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die dem Abs. 2 widersprechende Benützung zu untersagen. Dies gilt nicht für Änderungen, die keiner Bewilligung nach § 24 Abs. 1 Z 3 bedürfen.“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:
1. Der Bf bringt vor, die Nutzung „zu religiösen Zwecken als Gebetsraum erzeug[e] [...] keine schädlichen Umwelteinwirkungen“ und bedürfe die vorgeworfene Verwendungszweckänderung daher keiner baubehördlichen Bewilligung. Sowohl der Bf wie auch die belangte Behörde übersehen bei der Beurteilung des dargestellten Sachverhalts die Übergangsvorschrift des § 58 Abs 1 Oö. BauO idF LGBl 2013/34, wonach im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften zu beurteilen sind. Gem § 24 Abs 1 Z 3 Oö. BauO besteht Bewilligungspflicht für die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden nicht nur bei Vorliegen zusätzlicher schädlicher Umwelteinwirkungen, sondern auch „wenn hiedurch eine Beeinträchtigung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten ist“. Diesbezüglich hat bereits der bautechnische Amtssachverständige anlässlich des Ortsaugenscheins am 18. Dezember 2012 ausgeführt, durch die „Andersverwendung“ (als Gebetsraum) des näher bezeichneten Raumes im 2. Obergeschoss des verfahrensgegenständlichen Gebäudes käme es zu einer bewilligungspflichten Verwendungszweckänderung, „da mitunter eine Beeinträchtigung der Festigkeit tragender Bauteile bzw. des Brandschutzes, der Gesundheit oder Hygiene abzuleiten ist.“ Auch der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Entscheidung vom 4. September 2001 (2001/05/0204) davon aus, es sei „evident, dass durch die Verwendung als Vereinslokal für eine größere Ansammlung von Personen eines als Ersatzteillager genehmigten Bereiches Beeinträchtigungen der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten sind, dies schon deshalb, weil an Aufenthaltsräume andere Anforderungen zu richten sind, als an ein Ersatzteillager“. Die Verwendung der verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten als Gebetsraum bedürfte damit einer baubehördlichen Bewilligung gem § 24 Abs 1 Z 3 Oö. BauO (idF vor der Bauordnungsnovelle 2013). Die bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszwecks der verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten bedeutet zugleich ein Abweichen vom bewilligten Zustand. Im Ergebnis liegt durch die Verwendung als Gebetsraum eine dem Bewilligungsbescheid vom 9. September 1976 widersprechende Nutzung vor, und war die (weitere, bewilligungsfremde) Benützung zu untersagen. Das Vorbringen des Bf erweist sich daher als nicht berechtigt, da aufgrund der unbestritten gebliebenen Feststellungen des Amtssachverständigen und unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rsp bei Verwendung des näher bezeichneten Raumes als Gebetsraum Bewilligungspflicht besteht.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verkennt allerdings nicht, dass die Verwendungszweckänderung hin zu einem Gebetsraum, die zu den vom Amtssachverständigen festgestellten Beeinträchtigungen (Festigkeit tragender Bauteile, Brandschutz, Gesundheit, Hygiene) führen kann, nach derzeit geltender Rechtslage keinen Bewilligungstatbestand iSd § 24 Abs 1 Z 3 Oö. BauO idF LGBl 2013/90 mehr darstellt, sondern nunmehr gem § 25 Abs 1 Z 2b leg cit anzeigepflichtig wäre. Inwieweit die Verwendungszweckänderung darüber hinaus noch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen iSd § 24 Abs 1 Z 3 leg cit auszulösen vermag oder im Widerspruch zur Flächenwidmung steht, wäre in einem gesonderten Verwaltungsverfahren festzustellen.
2. Im Übrigen bringt der Bf vor, die belangte Behörde stütze ihre Sachverhaltsannahmen bezüglich der Lärmemissionen durch zu- und abfahrende PKW auf Beweisergebnisse (Angaben von Nachbarn), die nicht „in einem gesetzesgemäß geführten behördlichen Verfahren aufgenommen“ wurden. Damit ist der Bf im Recht, da die belangte Behörde entgegen § 45 Abs 3 AVG das Recht des Bf auf Parteiengehör zu einem rechtlich relevanten Sachverhaltselement missachtet hat und die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung auf den sich aus diesen Beweismitteln ergebenden Sachverhalt gründet. Dieser Verfahrensfehler entfaltet allerdings keine Ergebnisrelevanz, da die Bewilligungspflicht der vorgeworfenen Verwendungszweckänderung, und damit einhergehend die bewilligungsfremde Benützung der verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten, bereits aufgrund der Feststellungen des Amtssachverständigen feststand und dieser Umstand dem Bf bereits bekannt war. Aus verfahrensrechtlicher Sicht war für den Bf aus dem Verfahrensfehler der belangten Behörde somit nichts zu gewinnen.
3. Routinemäßig forderte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die belangte Behörde auf, das Protokoll über die 29. Sitzung des Gemeinderates vom 12. Mai 2014 über die Beschlussfassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides vorzulegen. Bei Durchsicht des Protokolls fällt auf, dass der Beschluss über die Berufung des Bf bei Anwesenheit von 35 Gemeinderatsmitgliedern (31 Gemeinderatsmitglieder, 4 Ersatzmitglieder) mit einem Stimmenverhältnis von 23:14 Stimmen (gem § 51 Abs 2 Oö. Gemeindeordnung 1990 bedeutet eine Stimmenthaltung die Ablehnung des Antrags) gefasst wurde. Die Abgabe von 37 Stimmen erweckt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich insofern Bedenken, als gem § 51 Abs 2 Oö. Gemeindeordnung 1990 die Stimmberechtigten ihr Stimmrecht persönlich auszuüben haben. Nach Widder, Geschäftsordnung des Gemeinderates und Rechtsstellung seiner Mitglieder, in: Klug/Oberndorfer/Wolny, Das österreichische Gemeinderecht (2008) Rz 148, bedeutet „persönlich“ in diesem Zusammenhang, dass „niemand zu seiner Stimme auch noch andere Stimmen übernehmen darf“. In diesem Zusammenhang kritisch erscheint auch, dass entgegen § 54 Abs 1 Z 3 Oö. Gemeindeordnung 1990 die unentschuldigt ferngebliebenen Gemeinderatsmitglieder nicht protokolliert wurden.
Das von der belangten Behörde vorgelegte Sitzungsprotokoll lässt weiters nicht erkennen, ob sich der Bürgermeister – wie in derartigen Fällen üblich – der Abgabe seiner Stimme enthalten hat. Das vorliegende Protokoll lässt aufgrund der Anwesenheit des Bürgermeisters, seiner Mitwirkung an den Beratungen und der Abgabe von 37 Stimmen (der Gemeinderat setzt sich gem § 18 Abs 1 Oö. Gemeindeordnung 1990 aus 37 Mitgliedern zusammen) eher vermuten, der Bürgermeister habe an der Abstimmung teilgenommen. Gem § 7 Abs 1 Z 4 AVG haben sich Verwaltungsorgane im Berufungsverfahren ihres Amtes zu enthalten, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitgewirkt haben. Hätte der Bürgermeister tatsächlich – wie es das vorgelegte Protokoll vermuten lässt – an der Abstimmung teilgenommen, bedeutete dies einen Verstoß gegen § 7 Abs 1 Z 4 AVG und wäre das Verhalten des Bürgermeisters damit objektiv rechtswidrig.
In der Sache kann allerdings dahingestellt bleiben, ob es sich um einen wesentlichen Verfahrensmangel iSd Rsp des Verwaltungsgerichtshofes (vgl die bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 7 Rz 22ff [Stand 1.1.2014, rdb.at] zitierte Rsp) handelt, da die Kognitionsbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich gem § 27 VwGVG – soweit keine Unzuständigkeit der Behörde vorliegt – auf die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs 1 Z 3 VwGVG) beschränkt ist. Mangels eines diesbezüglichen Vorbringens des (rechtsfreundlich vertretenen) Bf war der allenfalls vorliegende Verfahrensmangel nicht weiter zu berücksichtigen.
4. Im Ergebnis konnte der Bf zwar Begründungsmängel im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufzeigen, eine Änderung an der normativen Anordnung vermochte er dadurch allerdings nicht zu bewirken. Aufgrund des vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich angenommenen Sachverhalts und unter Berücksichtigung der gutachterlichen Feststellungen des Amtssachverständigen anlässlich des Ortsaugenscheins handelt es sich bei der Benützung der einschlägigen Räumlichkeiten als Gebetsraum um eine bewilligungspflichtige Verwendungszweckänderung. Die damit einhergehende bewilligungsfremde Benützung war infolgedessen zu untersagen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und in der vorliegenden Beschwerde ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl VwGH vom 06.11.2013, 2011/05/0007; 15.05.2014, 2012/05/0089).
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl zu III. VwGH vom 22.5.2001, 2000/05/0279; zu IV.1. VwGH vom 4.9.2001, 2001/05/0204) noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Roland Kapsammer