LVwG-410287/42/Gf/Mu

Linz, 29.05.2015

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des Ing. H Z, vertreten durch RA Dr. P R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. Juli 2012, Zl. Pol96-384-2010, wegen einer Übertretung  des Glücksspielgesetzes

 

 

 

 z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

 

I.          Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

Vorgängiges Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren

 

1. Am 13. November 2010 haben Exekutivorgane der Finanzpolizei in einem Tankstellenshop in E eine Kontrolle wegen des Verdachtes des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz durchgeführt. Laut deren Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land sei im Zuge dieses Augenscheins festgestellt worden, dass seit dem 4. Februar 2010 bzw. seit dem 26. August 2010 in diesem Lokal insgesamt drei Geräte ohne erforderliche behördliche Konzession betriebsbereit aufgestellt gewesen seien, an denen nach entsprechender Geldeingabe unterschiedliche Spiele (virtuelle Walzenspiele, Kartenpokerspiele und ein Zahlenratespiel), die – weil keinerlei Möglichkeit bestanden habe, auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen gezielt Einfluss zu nehmen – nach dem Glücksspielgesetz als Glücksspiele zu qualifizieren seien, hätten durchgeführt werden können. Um weitere derartige Verstöße gegen das Glücksspielgesetz zu verhindern, seien diese Geräte vorläufig in Beschlag genommen worden (und zwar derart, dass sie vor Ort belassen, jedoch mit amtlichen Siegeln versehen worden seien).

 

2. Hierauf hat der Bezirkshauptmann von Linz-Land eine in W situierte GmbH als Eigentümerin der vorläufig beschlagnahmten Geräte ermittelt und dieser gegenüber einen die vorläufige Beschlagnahme bestätigenden Bescheid erlassen.

 

3. In weiterer Folge wurde seitens des Bezirkshauptmannes von Linz-Land (auch) gegen den Betreiber des Tankstellenshops – und nunmehrigen Beschwerdeführer – mit Straferkenntnis vom 3. Juli 2012, Zl. Pol96-834-2010, eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, im Falle der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 15 Stunden (sowie sowohl gegen die Eigentümerin als auch gegen die Vermieterin der Geräte eine Geldstrafe in Höhe von jeweils 10.000 Euro [Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 152 Stunden]), verhängt, weil er es zu verantworten habe, dass diese drei Glücksspielautomaten seit dem 4. Februar 2010 bzw. seit dem 26. August 2010 bis zum Kontrollzeitpunkt (13. November 2010) ohne behördliche Konzession in seinem Geschäftslokal betriebsbereit aufgestellt gewesen seien und er auf diese Weise eine Übertretung des Glücksspielgesetzes begangen habe.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ihm angelastete Tat auf Grund der Ermittlungen der einschreitenden Exekutivorgane als zweifelsfrei erwiesen anzusehen sei.

 

4. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 11. Juli 2012 zugestellte Straferkenntnis richtete sich die am 25. Juli 2012 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Darin wurde – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass die verfahrensgegenständlichen Geräte nicht als Glücksspielautomaten zu qualifizieren seien, weil der Walzenlauf entgegen der Annahme der Strafbehörde jeweils gezielt beeinflusst werden könne. Außerdem sei dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zu entnehmen, mit welcher Einsatzhöhe jeweils gespielt wurde, weshalb auch nicht beurteilt werden könne, ob im vorliegenden Fall lediglich eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 des Glücksspielgesetzes oder eine gerichtlich strafbare Handlung nach § 168 des Strafgesetzbuches vorliege. Davon abgesehen stelle die im Glücksspielgesetz verankerte Monopolregelung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 i.V.m. Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden: AEUV) dar, sodass auf Grund des diesbezüglichen Vorranges des Unionsrechts die nationalen Strafbestimmungen schon von vornherein gar nicht zum Tragen hätten kommen können.

 

5. Unter anderem aus Anlass dieser Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat mit Schriftsatz vom 10. August 2012, Zln. VwSen-740121/2/Gf/Rt u.a., gemäß Art. 267 AEUV einen Antrag auf Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: EuGH) gestellt.

 

5.1. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 3 des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989 in der in den gegenständlichen Fällen maßgeblichen Fassung BGBl I 141/2008 (im Folgenden: GSpG), das Recht zur Durchführung von Glücksspielen dem Bund vorbehalten sei ("Glücksspielmonopol" [so ausdrücklich die Überschrift vor und der Klammerausdruck in § 3 GSpG] des Bundes), soweit es sich nicht um Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Grund landesrechtlicher Vorschriften nach § 5 GSpG (bzw. um sonstige [in § 4 GSpG angeführte Einzel-]Ausnahmekonstellationen) handle.

 

Davon ausgehend könne der Bund sein exklusives Recht zur Durchführung be-stimmter Arten von Lotterien (Lotto, Toto, Zusatzspiele, Sofortlotterie, Klassenlotterie, Zahlenlotto, Nummernlotto, Elektronische Lotterie [auch im Wege von Video-Lotterie-Terminals], Bingo und Keno; vgl. die §§ 6 bis 12b GSpG) gemäß § 14 GSpG durch die Erteilung einer (einzigen) Konzession unter den in den §§ 14 bis 16 GSpG näher festgelegten Bedingungen auf einen Dritten übertragen, der hierfür eine Abgabe zu entrichten hat (§ 17 GSpG); während der aufrechten Laufzeit einer solcherart vergebenen Konzession (d.i. für die Dauer von [höchstens = in der Regel] 15 Jahren; vgl. § 14 Abs. 4 Z. 1 GSpG) dürfe eine weitere Lotterie-Konzession nicht vergeben werden.

 

In analoger Weise könne der Bund nach § 21 GSpG sein ausschließliches Recht zur Durchführung von Glücksspielen im Wege einer Spielbank (Roulette, Kar-tenspiele im Lebendspiel, Glücksspielautomaten mit Einsätzen und/oder Gewin-nen oberhalb der Betragsgrenzen des in § 5 Abs. 5 GSpG geregelten sog. "Klei-nen Glücksspiels", etc.) durch die Erteilung einer Konzession unter den in den §§ 21 bis 27 GSpG näher festgelegten Bedingungen auf einen Dritten übertragen, der hierfür eine Abgabe zu entrichten hat (§§ 28 und 29 GSpG). Insgesamt dürften nach § 21 Abs. 5 GSpG höchstens 15 solcher Spielbank-Konzessionen vergeben werden, wobei während aufrechter Laufzeit dieser Konzessionen (d.i. für die Dauer von [höchstens = in der Regel] 15 Jahren; vgl. § 21 Abs. 7 Z. 1 GSpG)  – abgesehen von einer (einzigen) zusätzlichen Konzession zum Betrieb eines Pokersalons (für Pokerspiele ohne Bankhalter im Lebendspiel) gemäß § 22 GSpG – eine weitere Konzession nicht vergeben werden dürfe.

 

Ähnliches gelte nach den §§ 32 ff GSpG für die – im Folgenden außer Betracht bleibenden – weniger lukrativen Glücksspielarten der Lotterien ohne Erwerbszweck (Sonstige Nummernlotterien, Tombolaspiele, Glückshäfen und Juxspiele).

 

5.2. Nach § 5 GSpG könne weiters auch jedes Land einem Dritten im Wege einer Konzession ein Recht zur Durchführung von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten unter den dort näher festgelegten ordnungspolitischen Mindestanforderungen für Bewilligungsweber und besonderen Begleitmaßnahmen zur Spielerschutzvorbeugung erteilen, und zwar derart, dass solche Ausspielungen (sog. "Kleines Glücksspiel") entweder in Automatensalons – mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten und einem Höchsteinsatz bis zu 10 Euro sowie einem Höchstgewinn bis zu 10.000 Euro pro Spiel – oder in Form der Einzelaufstellung – mit höchstens 3 Glücksspielautomaten und einem Höchsteinsatz bis zu 1 Euro sowie einem Höchstgewinn bis zu 1.000 Euro pro Spiel – durchgeführt werden, wobei die Anzahl der gleichzeitig (jeweils bis zur Höchst-[= Regel‑]Dauer von 15 Jahren; vgl. § 5 Abs. 2 Z. 8 GSpG) aufrechten Bewilligungen zum Betrieb von Glücksspielautomaten mit höchstens 3 pro Bundesland beschränkt sei (vgl. § 5 Abs. 1 zweiter Satz GSpG).

 

5.3. Gesamthaft betrachtet sei damit die Durchführung von Glücksspielen im Wege von Lotterien, von Spielbanken und Pokersalons sowie von Glücksspielautomaten für das "Kleine Glücksspiel" an die vorherige Erteilung einer zahlenmäßig jeweils bloß begrenzt zur Verfügung stehenden behördlichen Bewilligung(en) (Konzession[en]) gebunden.

 

Mit Blick auf die unterschiedlichen Arten von Glücksspielen stellten Lotterie und Pokersalon ein echtes Monopol dar; die Ausweitung im Wege einer generellen Legalisierung des "Kleinen Glücksspiels" mittels Automaten in Form eines Oligopols sei erst durch die GSpG-Novelle BGBl.Nr. I 73/2010 erfolgt, wobei die Motivation – wie sich aus den entsprechenden Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle zweifelsfrei ergebe  – darin gelegen sei, einerseits den Spielerschutz, andererseits aber – im Wege der gleichzeitigen Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes 2008 – auch die Staatseinnahmen zu erhöhen (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, insbesondere S. 1, S. 3 ff und S. 11 f).

 

5.4. Für jeden an den Bund gerichteten Konzessionsantrag sei nach § 59a Abs. 1 GSpG ein Betrag von 10.000 Euro, im Falle einer Konzessionserteilung sei für jede dieser Konzessionen an den Bund zusätzlich ein Betrag von 100.000 Euro zu entrichten (vgl. dazu 981 BlgNR, 24. GP, insbesondere S. 148 ["Die Höhe der Gebühren in Zusammenhang mit der Antragstellung und der Konzessionserteilung ergeben sich aus der Notwendigkeit zur Durchführung aufwändiger Konzessionierungsverfahren. ..... Zudem besteht auf Grund der Ertragskraft der glücksspielrechtlichen Konzessionen ein hohes Interesse der Konzessionswerber an der Erteilung einer Konzession, in deren Licht die Höhe der Gebühren keinesfalls unangemessen ist."]). Für den auf einer Konzessionserteilung fußenden Spielbetrieb betrage sodann die laufende Konzessionsabgabe zwischen 16% und 40% pro Kalenderjahr (vgl. die §§ 17, 28 und 57 GSpG).

 

5.5. Von dieser systematischen Grundkonzeption ausgehend werde zunächst im GSpG selbst jeder Eingriff in das Recht zur Durchführung eines Glücksspiels – also in das Glücksspielmonopol gemäß § 3 GSpG –, der sich nicht auf eine zuvor erteilte behördliche Genehmigung stützen könne, nach § 52 GSpG einer verwaltungsbehördlichen Strafsanktion unterworfen. Wie sich aus dem darin enthaltenen Verweis auf § 2 GSpG ergebe, seien mit dieser behördlichen Strafkompetenz zugleich umfassende behördliche Sicherungsbefugnisse – bzw. aus der Sicht der über die Glücksspielautomaten Verfügungsberechtigten: umfassende Eingriffsbefugnisse der Behörde – verbunden, um – auch bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die allfällige Strafbarkeit einer Handlung noch in keiner Weise feststehe – prophylaktisch weitere Verletzungen des Glückspielmonopols i.S.d. § 3 GSpG hintanhalten zu können, nämlich die Befugnis zur vorläufigen und dauerhaften Beschlagnahme von Glücksspielautomaten und sonstigen Eingriffsgegenständen (§ 53 Abs. 1 und 2 GSpG) sowie deren Einziehung und nachfolgende Vernichtung (§ 54 Abs. 1 und 3 GSpG) und schließlich die Befugnis zur Betriebsschließung (§ 56a GSpG).

 

Parallel dazu sehe § 168 des Strafgesetzbuches, BGBl.Nr. 60/1974 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 61/2012 (im Folgenden: StGB), eine – auf die Sicherungsbefugnisse der Beschlagnahme und des Verfalls (vgl. die §§ 115 und 115a der Strafprozessordnung, BGBl 631/1975, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 61/2012) beschränkte – gerichtliche Strafbarkeit des verbotenen Glücksspiels vor.

 

Weil § 168 Abs. 1 StGB an den bloßen Umstand, dass "ein Spiel ..... verboten ist", anknüpft und aus § 52 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 2 Abs. 4 GSpG hervorgehe, dass Ausspielungen, für die keine Konzession erteilt wurde, jedenfalls verboten sind, resultiere auf Basis dieser Rechtslage für jede Person, die in einer gewissen "Nahebeziehung" zu Glücksspielautomaten steht, eine (grundsätzlich) doppelte, nämlich sowohl gerichtliche als auch verwaltungsbehördliche Strafbarkeit samt den entsprechenden (vorläufigen und dauerhaften) Sicherungsbefugnissen sowie den damit bereits verbundenen negativen Folgewirkungen (wie insbesondere Stigmatisierung und "Beweislastumkehr" i.S. einer Verpflichtung zur Führung eines Entlastungsbeweises [vgl.  § 5 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes]).

 

Nach dem weit gefassten Begriff des "Unternehmers" (§ 2 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 GSpG) seien hiervon alle jene Rechtsträger erfasst, die selbständig eine nachhaltige, allenfalls auch nicht auf Gewinn gerichtete Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausüben, indem sie entweder Glücksspiele veranstalten, organisieren, anbieten oder zugänglich machen. Auf Grund des Tatbestandsmerkmals des bloßen "Zugänglich-Machens" würden hierzu nicht nur diejenigen, die im Ausland, insbesondere in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (in erlaubter Weise) solche Glücksspiele durchführen, sofern (z.B. via Internet) eine Teilnahme daran von Österreich aus möglich ist (vgl. § 52 Abs. 3 GSpG), sondern mit Blick auf die ho. anhängigen Anlassfälle beispielsweise auch der – u.U. auch ausländische – Eigentümer, Verkäufer oder der Vermieter von Glücksspielautomaten zählen (vgl. z.B. die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes [im Folgenden: VwGH] vom 10. Mai 2010, Zl. 2009/17/0202, und vom 15. September 2011, Zl. 2011/17/0133, jeweils m.w.N.).

 

Die Bestimmung des § 52 Abs. 2 GSpG lege fest, dass eine allfällige ver-waltungsbehördliche Strafbarkeit nach dem GSpG dann hinter eine Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, wenn der Einsatz pro Spiel mehr als 10 Euro be-trägt, weil es sich diesfalls nicht mehr um "geringe Beträge" i.S. der letztzitierten Bestimmung handle. Dies bedeute jedoch nicht, dass bei unterhalb dieser Betragsgrenze gelegenen Spieleinsätzen a priori keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegen kann, weil der Tatbestand des § 168 StGB nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (im Folgenden: OGH) auch bei geringen Einsätzen dann erfüllt ist, wenn – wie gerade bei Glücksspielautomaten häufig – sog. "Serienspiele" vorliegen (vgl. z.B. OGH vom 3. Oktober 2002, 12 Os 49/02).

 

Im Ergebnis stelle sich die Rechtslage daher so dar, dass jede – weit gefasste – unternehmerische, jedoch konzessionslose Affinität zu Glücksspielautomaten eine nahezu lückenlose, nur mit subtilem verfahrensmäßigen Aufwand wechselseitig voneinander abgrenzbare verwaltungsbehördliche und/oder gerichtlich strafbare Verantwortlichkeit nach sich zieht.

 

5.6. Nach Art. 56 AEUV seien Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs – worunter gemäß Art. 57 lit. a AEUV insbesondere auch gewerbliche Tätigkeiten fallen würden – innerhalb der Europäischen Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, grundsätzlich verboten bzw. anders gewendet: nur insoweit zulässig, als solche Beschränkungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und dabei gleichzeitig nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. z.B. EuGH vom 10. März 2009, C 169/07 [Hartlauer]).

 

Mit Blick auf die Durchführung von Glücksspielen habe der EuGH in diesem Zusammenhang speziell in Bezug auf die österreichische Rechtslage insbesondere in den Rechtssachen "Engelmann" (vgl. EuGH vom 9. September 2010, C 64/08) sowie "Dickinger/Ömer" (vgl. EuGH vom 15. September 2011, C 347/09) bereits (u.a.) klargestellt, dass

 

* die Zulässigkeit entsprechender Beschränkungen davon abhänge, ob damit tatsächlich Ziele i.S.d. Art. 52 Abs. 1 AEUV (öffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit) oder i.S.d. der Rechtsprechung des EuGH (Verbraucherschutz, Betrugsvorbeugung, Vermeidung von Anreizen für überhöhte Spielausgaben, Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung) verfolgt werden sowie, ob diese Ziele entweder eine Rechtfertigung im Rahmen einer ausdrücklichen Ausnahmeregelung nach dem AEUV oder eines von der Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grundes des Allgemeininteresses darstellen und bejahendenfalls, ob diese als verhältnismäßig erscheinen;

 

* nicht die Art des Schutzsystems, sondern der Umstand, ob dieses tatsächlich dem Schutz der Spieler, der sonstigen Konsumenten und/oder der Sozialordnung oder sonstigen zwingenden Allgemeininteressen dient, entscheidend sei, weil den nationalen Behörden insoweit im Hinblick auf die jeweiligen sittlichen, religiösen und kulturellen Besonderheiten ein entsprechendes Ermessen zukomme, sodass Staaten, die ein besonders hohes Schutzniveau gewährleisten wollen, daher auch ein Monopolsystem wählen könnten;

 

* solche Systeme aber in jedem Fall den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügen müssten, wobei ausschließlich das nationale Gericht zu prüfen habe, welche Ziele mit der jeweiligen Regelung tatsächlich verfolgt werden; das Gericht habe daher festzustellen, ob im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz oder nicht etwa bloß eine Erhöhung der Staatseinnahmen das wirkliche Ziel waren, wobei dies der Staat entsprechend nachzuweisen habe und eine bloße Maximierung der Staatseinnahmen ein Monopolsystem jedenfalls nicht zu rechtfertigen vermöge; dem gegenüber habe sich das Gericht zu vergewissern, ob die staatlichen Kontrollen über die Tätigkeit des Monopolisten gewährleisten könnten, dass dieser tatsächlich dazu in der Lage sein wird, die Ziele der Kriminalitätsbekämpfung und des Spielerschutzes mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen;

 

* in diesem Zusammenhang auch die Geschäftspolitik des Monopolisten von Bedeutung sei, wobei insoweit eine Ausweitung der Geschäftstätigkeit und eine wesentliche Steigerung der Einnahmen – da ein Schutz vor Spielsucht grundsätzlich nur schwer mit einer Expansion von Glücksspielen vereinbar ist – besondere Aufmerksamkeit erfordern würde, weil nur eine kontrollierte Expansion mit maßvoller, eng auf die Zielerreichung begrenzter, nicht zu aktiver Spielteilnahme anregender oder in Verbindung mit karitativen Zwecken ein positives Image kreierender Werbung – vornehmlich deshalb, um das Glücksspiel und die Spielsucht in legale Bahnen zu lenken – als tolerabel erscheine, während eine Förderung gemeinnütziger Einrichtungen nicht das Hauptziel, sondern stets nur eine nützliche Nebenfolge sein könne; das Gericht habe daher – erstens – zu prüfen, ob Kriminalität und/oder Spielsucht im Entscheidungszeitraum ein erhebliches Problem darstellten und – zweitens – diesen insbesondere durch eine Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können;

 

* eine Begrenzung der Anzahl von Konzessionen zwar ein Hemmnis für die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstelle, jedoch grundsätzlich dazu geeignet sei, ein Ziel des Allgemeininteresses zu erreichen, indem sie die Hindernisse für die Teilnahme an Glücksspielen verstärke;

 

* auch die Begrenzung der Laufzeit einer Konzession auf 15 Jahre dadurch gerechtfertigt zu sein scheine, dass der Konzessionär ausreichend Zeit benötige, um seine Gründungskosten amortisieren zu können; sowie,

 

* dass nationale Regelungen, die eine bestimmte Wirtschaftstätigkeit unter Strafe stellen, gegen die Grundfreiheiten des Unionsrechts nicht verstoßen dürften.

 

5.7. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des EuGH sowie angesichts des Umstandes, dass es keineswegs ausgeschlossen erscheine, dass auch Angehörige anderer Mitgliedsländer, die in ihrem Heimatstaat oder im Bundesgebiet ohne Konzession der österreichischen Behörden mittels Glücksspielautomaten entsprechende, nach § 52 Abs. 1 und 3 GSpG und/oder § 168 StGB verbotene Ausspielungen durchführen, (vielfach auch ohne deren Wissen) von der zuvor dargestellten nationalen Regelung betroffen sind, erhebe sich damit in den beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anhängigen Ausgangsfällen die Frage, ob die dem österreichischen Glücksspielgesetz zu Grunde liegende Systematik der lückenlos strafsanktionierten (Quasi‑)Monopolregelung generell bzw. hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung mit den Grundsätzen des Unionsrechts vereinbar ist.

 

Davon ausgehend, dass die Behörden bislang in keinem der ho. anhängigen Fälle i.S.d. Urteils des EuGH vom 15. September 2011, C-347/09, auch nur ansatzweise versucht hätten, nachzuweisen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellte(n) und bejahendenfalls, dass diesem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können, sowie, dass tatsächlich die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz – und nicht etwa bloß eine Maximierung oder massive Erhöhung der Staatseinnahmen – das wahre Ziel der Monopolregelung bilden würden und dass sich die Geschäftspolitik der Monopolisten ohnehin bloß auf eine kontrollierte Expansion mit einer maßvollen, eng auf die Zielerreichung begrenzten, nicht zu aktiver Spielteilnahme anregender oder in Verbindung mit karitativen Zwecken ein positives Image kreierender Werbung beschränkt habe – was insbesondere schon angesichts der aus den Gesetzesmaterialien resultierenden fiskalpolitischen Intentionen und des notorisch gerichtsbekannten "enormen" und "aggressiven Werbeaufwandes" (vgl. z.B. das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 23. April 2012, 1 Cg 190/11 y-14, S. 3 und 8) geboten gewesen wäre – scheine sich zunächst zu ergeben, dass die im GSpG konkret normierte Ausgestaltung des Glücksspielmonopols des Bundes schon dem Grunde nach nicht mit der in den Art. 56 ff AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist.

 

Diese in Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV wurzelnde Problematik resultiere in gleicher Weise auch vor dem Hintergrund der in den Art. 15 und 16 EGRC garantierten Berufsfreiheit und unternehmerischen Freiheit der Unionsbürger.

 

Selbst wenn aber eine solche Beschränkung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses grundsätzlich gerechtfertigt wäre, scheine jedoch jedenfalls ein einsichtiger Grund dafür zu fehlen, dass das beabsichtigte besonders hohe Verbraucherschutzniveau nur im Wege einer solcherart restriktiven Regelung, die lediglich 1 Lotterie-Konzession und 1 Pokersalon-Konzession – bei gleichzeitiger Ausweitung der Spielbankkonzessionen (15) und der Konzessionen für das "Kleine Glücksspiel" mit Spielautomaten (27) und damit verbundener Erhöhung der Staatseinnahmen – zulässt und somit letztlich ein (Oligo- bzw. Quasi-)Monopol institutionalisiert, und nicht auch durch weniger einschneidende Maßnahmen in gleicher Weise effektiv und kohärent erreicht werden kann. Die konkret getroffene Regelung erscheine daher in ihrer Zusammenschau nicht geeignet, die in der Rechtsprechung des EuGH geforderte Gesamtkohärenz (vgl. z.B. EuGH vom 8. September 2010, C-46/08, RN 69 u. 71 [Carmen Media Group]) auch tatsächlich zu gewährleisten, und somit im Ergebnis als überschießend und damit als in-adäquat.

 

Sollte sich die Monopolregelung des GSpG dennoch als sowohl mit den Art. 52 und 56 AEUV als auch mit den Art. 15 und 16 EGRC vereinbar erweisen, ergäben sich jedoch weiters Bedenken dahin, ob sich die damit gleichzeitig verbundene, im Ergebnis personell umfassende und zugleich systematisch nahezu lückenlose strafrechtliche Sanktionierung nicht bloß eines unmittelbaren, sondern – noch dazu im Wege höchst unbestimmter Gesetzesbegriffe – auch weitreichender Formen bloß beitragstäterischen Zuwiderhandelns (vgl. § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG i.V.m. § 2 Abs. 2 und 4 GSpG [selbständige und nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen durch Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisches Zugänglich-Machen von Ausspielungen]) unter dem Aspekt der Erreichung der damit verfolgten Ziele – insbesondere im Lichte des Kohärenzgedankens – als geeignet und verhältnismäßig erweist.

 

Wäre selbst dies noch zu bejahen, so stelle sich schließlich noch die Frage, ob der Umstand, dass die Abgrenzung zwischen dem gerichtlich strafbaren Tatbestand des § 168 StGB und dem verwaltungsbehördlich strafbaren Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG nicht unmittelbar im Gesetz selbst erfolgt, sondern einer kasuistischen und zudem für einen Durchschnittsbürger ex ante nur schwer vorhersehbaren höchstgerichtlichen Rechtsprechung überlassen wird, der jeweils ein subtil-aufwändiges und damit regelmäßig auch lang dauerndes Ermittlungsverfahren vorauszugehen hat, sowohl mit den demokratischen und rechtsstaatlichen Anforderungen, wie sie dem Art. 16 EGRC offensichtlich zu Grunde liegen, als auch mit dem Fairness- und Effektivitätsgebot des Art. 47 EGRC und dem unionsrechtlichen Transparenzgebot des Art. 49 AEUV (vgl. dazu z.B. EuGH vom 9. September 2010, C 4/08 [Engelmann], RN 49) vereinbar ist. Hinzu komme, dass damit jeweils (unterschiedlich) eingriffsintensive Sofort- und Präventivmaßnahmen in das Eigentumsrecht i.S.d. Art. 17 EGRC verbunden sind, die bis zu einer Betriebsschließung reichen können, obwohl zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch gar nicht geklärt ist, ob überhaupt ein verwaltungsbehördlich strafbarer Tatbestand vorliegt (im gerichtlichen Strafverfahren ist eine derartige Maßnahme nicht vorgesehen), und zum anderen auch Bedenken im Hinblick auf das Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbot des Art. 50 EGRC bestehen: Denn die Frage, ob im konkreten Fall der Einsatz zwar unter 10 Euro pro Spiel betragen, aber dennoch ein "Serienspiel" vorgelegen sei, lasse sich in der Regel erst nach der Durchführung eines entsprechenden Strafverfahrens klären, wobei der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) zur Parallelbestimmung des Art. 4 des 7. ZPMRK im Fall "Zolotukhin" (vgl. EGMR vom 10. Februar 2009, 14939/03) klargestellt habe, dass insoweit nun nicht mehr auf die rechtliche Qualifikation oder auf die "essential elements" der Strafdrohung, sondern ausschließlich auf die Identität der Tathandlung ("substantial facts") abzustellen ist.

 

5.8. Weil diese Problemfelder bislang – soweit ersichtlich – inhaltlich noch nicht geklärt worden seien und prozessuale Hindernisse (insbesondere im Hinblick auf die RN 34 bis 41 des EuGH-Urteils vom 1. Juni 2010, C 570/07) aus h. Sicht nicht entgegen stehen dürften, erlaube sich daher der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, im Wege seines nach der Geschäftsverteilung hierfür zuständigen Mitgliedes dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

1. Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 EGRC zum Aus-druck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§ 14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glücksspielen mittels Automaten nur unter der – sowohl strafsanktionierten als auch unmittelbar sacheingriffsbedrohten – Voraussetzung der Erteilung einer vorangehenden, jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht, obwohl bislang – soweit ersichtlich – von staatlicher Seite in keinem einzigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde, dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines Monopolisten (bzw. sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann, darstellen, entgegen?

 

2. Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist: Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (u.U. in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glücksspielautomaten) eintritt, entgegen?

 

3. Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem Art. 16 EGRC zu Grunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des Art. 47 EGRC und/oder das Transparenzgebot des Art. 56 AEUV und/oder das Doppelverfolgungs- und  bestrafungsverbot des Art. 50 EGRC einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, deren wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwändigen förmlichen Verfahrens klärbar ist, an die sich jedoch weitreichende Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der prozessualen Stellung (z.B. Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

 

4. Für den Fall, dass eine dieser drei ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art. 56 AEUV und/oder Art. 15 bis 17 EGRC und/oder Art. 50 EGRC einer Bestrafung von Personen, die in einer der in § 2 Abs. 1 Z. 1 und § 2 Abs. 2 GSpG genannten Nahebeziehung zu einem Glücksspielautomaten steht, und/oder einer Beschlagnahme bzw. Einziehung dieser Geräte und/oder einer Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

 

6. Mit Urteil vom 30. April 2014, C-390/12, hat der EuGH ausgesprochen, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.

 

Begründend wurde dazu u.a. ausgeführt (vgl. die RN 39 bis 64), dass eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, die den Betrieb von Glücksspielautomaten ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet, eine Beschränkung des durch Art. 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Placanica u. a., C 338/04, C 359/04 und C 360/04, EU:C:2007:133, RN 42).

 

Daher ist zu prüfen, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die in den nach Art. 62 AEUV auch auf dem Gebiet des freien Dienstleistungsverkehrs anwendbaren Art. 51 AEUV und 52 AEUV ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (Urteil Garkalns, C 470/11, EU:C:2012:505, RN 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteil Carmen Media Group, EU:C:2010:505, RN 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

Im vorliegenden Fall gehören die angeführten Ziele der in den Ausgangsverfahren fraglichen österreichischen Regelung, d.h. die Spieler zu schützen, indem das Angebot von Glücksspielen begrenzt wird, und Straftaten im Zusammenhang mit Glücksspielen zu bekämpfen, indem diese im Rahmen einer kontrollierten Expansion reguliert werden, zu den Zielen, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Beschränkungen von Grundfreiheiten auf dem Gebiet des Glücksspiels rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Costa und Cifone, C 72/10 und C 77/10, EU:C:2012:80, RN 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die von den Mitgliedstaaten auferlegten Beschränkungen die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs insoweit aufgestellten Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung erfüllen müssen. Danach ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C 42/07, EU:C:2009:519, RN 59 bis 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der bloße Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann keinen Einfluss auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind allein im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (Urteil HIT und HIT LARIX, C 176/11, EU:C:2012:454, RN 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen verfügen die staatlichen Stellen nämlich über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Soweit die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen im Übrigen beachtet werden, ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten in Bezug auf Spiele und Wetten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteile Stoß u. a., C 316/07, C 358/07 bis C 360/07, C 409/07 und C 410/07, EU:C:2010:504, RN 76, sowie Carmen Media Group, EU:C:2010:505, RN 46). Außerdem steht fest, dass im Gegensatz zur Einführung eines freien und unverfälschten Wettbewerbs auf einem traditionellen Markt die Betreibung eines derartigen Wettbewerbs auf dem sehr spezifischen Markt für Glücksspiele, d. h. zwischen mehreren Veranstaltern, die die gleichen Glücksspiele betreiben dürfen, insofern nachteilige Folgen haben könnte, als diese Veranstalter versucht wären, einander an Einfallsreichtum zu übertreffen, um ihr Angebot attraktiver als das ihrer Wettbewerber zu machen, so dass für die Verbraucher die mit dem Spiel verbundenen Ausgaben und die Gefahr der Spielsucht erhöht würden (Urteil Stanleybet International u. a., C 186/11 und C 209/11, EU:C:2013:33, RN 45).

 

Für die Feststellung, welche Ziele mit der nationalen Regelung tatsächlich verfolgt werden, ist jedoch im Rahmen einer Rechtssache, mit der der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV befasst worden ist, das vorlegende Gericht zuständig (vgl. in diesem Sinne Urteil Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, RN 51). Zudem hat das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung der Hinweise des Gerichtshofs zu prüfen, ob die durch den betreffenden Mitgliedstaat auferlegten Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, RN 50). Insbesondere muss es sich – vor allem im Licht der konkreten Anwendungsmodalitäten der betreffenden restriktiven Regelung – vergewissern, dass sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, die Tätigkeiten in diesem Bereich zu begrenzen und die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, Rn. 50 und 56).

 

Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, obliegt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, RN 54 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedoch lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht ableiten, dass einem Mitgliedstaat nur deshalb die Möglichkeit genommen wäre, zu belegen, dass eine innerstaatliche restriktive Maßnahme diesen Anforderungen genügt, weil er keine Untersuchungen vorlegen kann, die dem Erlass der fraglichen Regelung zugrunde lagen (vgl. in diesem Sinne Urteil Stoß u. a., EU:C:2010:504, RN 72). Folglich muss das nationale Gericht eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen eine restriktive Regelung, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede steht, erlassen worden ist und durchgeführt wird.

 

Im vorliegenden Fall haben die nationalen Behörden nach Ansicht des vorlegenden Gerichts nicht nachgewiesen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellten. Das vorlegende Gericht scheint ferner anzunehmen, dass das wahre Ziel der fraglichen restriktiven Regelung nicht in der Kriminalitätsbekämpfung und dem Spielerschutz liegt, sondern in einer bloßen Maximierung der Staatseinnahmen, obwohl der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass das Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine solche Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen kann (vgl. Urteil Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, RN 55). Diese Regelung erscheine, so das Gericht, jedenfalls unverhältnismäßig, da sie nicht geeignet sei, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs geforderte Kohärenz zu garantieren, und über das hinausgehe, was zur Erreichung der angeführten Ziele erforderlich sei. Sollte das vorlegende Gericht bei dieser Auffassung bleiben, müsste es zu dem Ergebnis kommen, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

 

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, sofern diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen.

 

Eine im Hinblick auf Art. 56 AEUV restriktive nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende kann auch die Berufsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht, wie sie in den Art. 15 bis 17 der Charta niedergelegt sind, einschränken. Nach Art. 52 Abs. 1 der Charta muss eine solche Einschränkung, damit sie zulässig ist, gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Freiheiten und Rechte achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf sie außerdem nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich ist und den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht. Wie die Generalanwältin in den Nrn. 63 bis 70 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren eine nicht gerechtfertigte oder im Hinblick auf den in Art. 56 AEUV verankerten freien Dienstleistungsverkehr unverhältnismäßige Einschränkung auch nicht nach Art. 52 Abs. 1 der Charta in Bezug auf deren Art. 15 bis 17 zulässig. Folglich erfasst im vorliegenden Fall eine Prüfung der Einschränkung, die die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung in Bezug auf Art. 56 AEUV darstellt, auch mögliche Einschränkungen der Ausübung der in den Art. 15 bis 17 der Charta vorgesehenen Rechte und Freiheiten, so dass es keiner getrennten Prüfung in dieser Hinsicht bedarf.

 

Die zweite und die dritte Frage sind dem Gerichtshof nur für den Fall vorgelegt worden, dass die erste Frage verneint wird. Unter Berücksichtigung der Antwort auf die erste Frage brauchen die zweite und die dritte Frage nicht beantwortet zu werden.

 

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 56 AEUV sowie 15 bis 17 und 50 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie Sanktionen wie denen entgegenstehen, die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehen sind und zu denen die Einziehung und Vernichtung der Glücksspielautomaten sowie die Schließung des Betriebs gehören, in dem diese Automaten öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Im Kontext der Ausgangsverfahren ist jedoch festzustellen, dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist (vgl. in diesem Sinne die Urteile Placanica u.a., EU:C:2007:133, RN 63 und 69, sowie Dickinger und Ömer, EU:C:2011:582, RN 43).

 

7.1. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 8 zweiter Satz B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 u.a. bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten anhängig gewesenen Verfahren auf die Verwaltungsgerichte übergegangen.

 

Da im vorliegenden Zusammenhang keine Sonderregelungen i.S.d. Art. 131 Abs. 2 bis 4 B-VG zum Tragen kommen, hatte daher das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich gemäß der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG das gegenständlich anhängige Beschwerdeverfahren fortzuführen.

 

7.2. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich  unter Berücksichtigung der vom EuGH in seinem Urteil vom 30. April 2014, C 390/12, geäußerten Rechtsansicht mit Erkenntnis vom 9. Mai 2014, LVwG-410287/4/Gf/Rt, der Beschwerde des Rechtsmittelwerbers stattgegeben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juli 2012, Zl. Pol96-384-2010, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

7.2.1. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass bislang weder die im gegenständlichen Verfahren belangte Behörde noch eine andere staatliche Institution den Versuch unternommen habe, in einer in einem rechtsstaatlichen Verfahren verwertbaren Form (d.h. vornehmlich im Wege eines Sachverständigengutachtens) zu belegen, dass die Kriminalität – worunter nicht bloß Verstöße gegen ordnungspolitische und/oder Monopolsicherungsvorschriften, sondern vielmehr erhebliche Eingriffe in die Rechtssphäre anderer Personen, insbesondere der Spieler und deren Angehöriger, zu verstehen sind (vgl. z.B. EuGH vom 31. März 2011, C 347/09, RN 84) – und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellte(n) und bejahendenfalls, dass diesem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können, sowie, dass tatsächlich die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz – und nicht etwa bloß eine Maximierung oder massive Erhöhung der Staatseinnahmen – das wahre Ziel der Monopolregelung bilden würde(n).

 

Mit dem nunmehrigen Urteil vom 30. April 2014, C 390/12, habe der EuGH seine diesbezügliche bisherige Judikatur bekräftigt, wenn dort in RN 50 ausdrücklich statuiert wird, „dass es dem Mitgliedstaat ..... obliegt, dem Gericht ..... alle Umstände darzulegen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt“. In diesem Zusammenhang habe auch bereits die Generalanwältin in ihrem Schlussantrag (vom 14. November 2013, Nr. 58, unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 8. September 2010, C 316/07, RN 71) dezidiert festgestellt, dass „die Beweislast dafür, dass die Beschränkung verhältnismäßig ist, die österreichischen Behörden tragen“.

 

Implizit sei damit zugleich die von der Bundesregierung in ihrer im Zuge dieses Vorabentscheidungsverfahrens erstatteten Stellungnahme (vom 11. Dezember 2012, Zl. BKA-VA.C-390/12/0002-V/7/2012, Nr. 41 [S. 14]) geäußerte gegenteilige Rechtsauffassung, wonach „der nationale Richter das Vorliegen der Umstände, an Hand derer die Verhältnismäßigkeit beurteilt werden kann, ..... von Amts wegen“ zu erforschen hätte, verworfen worden.

 

Ganz abgesehen davon, dass die Geltung eines Amtswegigkeitsprinzips – wie dieses in § 39 Abs. 2 AVG für das behördliche Verfahren vorgesehen (und durch § 17 VwGVG bzw. § 38 VwGVG für das Verfahren der Verwaltungsgerichte zumindest nicht explizit ausgeschlossen) ist – in einem (nunmehr verwaltungs‑)gerichtlichen Strafverfahren schon generell gravierende verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf (Art. 90 Abs. 2 B-VG sowie auf) Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 EGRC hervorruft, sei damit aber für den spezifischen Bereich der Regelung des Glücksspielmonopols nunmehr letztinstanzlich und unmissverständlich klargestellt, dass dieses jedenfalls insoweit nicht zum Tragen komme.

 

7.2.2. Wenn die Bundesregierung in ihrer vorzitierten Stellungnahme vom 11. Dezember 2012 weiters darauf hingewiesen habe, dass „nach Ansicht namhafter Experten dem Spiel mit Glücksspielautomaten ein hohes Suchtpotenzial zu Grunde liegt und insbesondere das Automatenglücksspiel als Gefahr für die Ausbreitung von Spielsucht angesehen wurde“ (vgl. Nr. 32 [S. 11]), so sei ihr darin zwar wohl tendenziell zuzustimmen.

 

Im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens, insbesondere eines gerichtlichen Strafverfahrens, gehe es allerdings stets um die Erbringung von objektiv verifizierbaren Nachweisen für derartige Behauptungen, die regelmäßig in Form eines entsprechenden Sachverständigengutachtens zu erfolgen hätten. Ein bloßer Verweis auf kommentierte Gesetzesausgaben, wissenschaftliche Aufsätze, etc. könne hierfür hingegen regelmäßig schon deshalb nicht ausreichen, weil bei derartigen Publikationen nicht vorbehaltlos angenommen werden könne, dass sie ausschließlich der Objektivität verpflichtet sind und nicht auch in mehr oder weniger großem Ausmaß die persönliche Meinung der Autoren widerspiegeln – dies ganz abgesehen davon, dass sich für die von einem bestimmten Autor bzw. von einer spezifischen Autorengruppe vertretene Ansicht nicht selten auch andere Publikationen finden lassen, die in weiten Bereichen oder sogar zu einem gänzlich diametralen Ergebnis kommen.

 

Schließlich spreche auch die jüngst erfolgte Novellierung des GSpG durch BGBl I 13/2014 deutlich gegen die Annahme, dass das illegale Glücksspiel ein maßgebliches Kriminalitätsproblem darstellt:

 

Angesichts dessen, dass § 52 Abs. 2 GSpG in seiner zuvor maßgeblichen Fassung festlegte, dass bei einem Einsatz von mehr als 10 Euro pro Spiel ex lege von einer nicht bloß behördlich, sondern vielmehr von einer gerichtlich strafbaren Handlung nach § 168 StGB auszugehen war, ordne nämlich § 52 Abs. 3 GSpG in seiner nunmehr geltenden Fassung an, dass ein Beschuldigter dann, wenn er durch seine Tat sowohl den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch den Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht hat, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen ist.

 

Im Ergebnis werde damit aber objektiv besehen eine vergleichsweise ganz essentielle Einschränkung des rechtspolitischen Unwerturteils zum Ausdruck gebracht, knüpfen sich doch an eine bloß behördliche Bestrafung wesentlich weniger gravierende Folgen als an eine strafgerichtliche Verurteilung. Eine derartige gesetzgeberische Maßnahme wäre schon unter dem Aspekt des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes freilich nicht vertretbar, wenn die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellt bzw. dargestellt hätte.

 

Dass dies objektiv nicht zugetroffen habe, werde im Übrigen auch aus den Gesetzesmaterialien, in denen die geringe Zahl strafgerichtlicher Verurteilungen (insgesamt nur 13 in zwei Jahren) sogar ausdrücklich hervorgehoben wird, deutlich, wenngleich mit den dort – in zumindest fahrlässig irreführender Weise – verwendeten Begriffen „Kriminalität“ und „Verurteilungen“ die gerichtliche einerseits und die behördliche Strafbarkeit andererseits in unzulässiger Weise gleichgesetzt würden. Vielmehr resultiere insgesamt und objektiv besehen zweifelsfrei, dass die Novelle BGBl I 14/2013 ausschließlich den Zweck einer verfahrensrechtlichen Effizienzsteigerung zur Sicherung des bestehenden Monopolsystems verfolgt habe, wenn es in den E zur RV (vgl. 24 BlgNR, 25. GP, S. 22) u.a. heißt: „Die Erfahrungen aus dem bisherigen Vollzug der zuständigen Verwaltungsbehörden zeigen die Wirksamkeit und Effektivität des gewählten Modells. In den Jahren 2010 bis 2012 kam es erstinstanzlich zu 638 Verurteilungen, 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen, die rechtskräftig in zweiter Instanz zu 478 Verurteilungen, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen führten. Im Jahr 2012 gab es demgegenüber nur zwei gerichtliche Verurteilungen nach § 168 StGB, in beiden Fällen wurde jeweils eine Geldstrafe verhängt, im Jahr 2011 gab es elf gerichtliche Verurteilungen nach § 168, die zu insgesamt sieben Geldstrafen, jeweils einer bedingten und teilbedingten Freiheitsstrafe sowie zu zwei anderen Sanktionen führten (Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik 2011 und 2012). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Umkehr der bisherigen Subsidiaritätsregel zu keiner ‚Entkriminalisierung‘ führt.“.

 

Als Zwischenergebnis lasse sich daher festhalten, dass ein verifizierbarer Nachweis dafür, dass die Kriminalität (in jener vom EuGH verstandenen Bedeutung; siehe dazu oben, 7.2.1.) und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstell(t)e(n), objektiv besehen – und entgegen den vom EuGH in seinen Urteilen vom 9. September 2010, C 64/08, und vom 15. September 2011, C 347/09, aufgestellten Kriterien – nicht vorliegt.

 

7.2.3. Fehle es aber schon an dieser Voraussetzung, so entfalle damit auch die Möglichkeit der nach dieser höchstgerichtlichen Judikatur erforderlichen Klärung der Frage, ob diesem Problem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können.

 

7.2.4. Zudem ergebe sich aus den einschlägigen Gesetzesmaterialien, dass eine Einnahmenmaximierung zugunsten der öffentlichen Haushalte – wenn nicht das ausschließliche, so doch – ein Hauptziel (und nicht, wie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom 11. Dezember 2012, Zl. BKA-VA.C-390/12/0002-V/7/2012, Nr. 32 [S. 11], ausführte, „bloß eine erfreuliche Nebenwirkung“) der GSpG-Novelle BGBl.Nr. I 73/2010 gewesen sei:

 

Wie bereits zuvor dargestellt, habe nämlich die Motivation des Gesetzgebers objektiv besehen zweifelsfrei – jedenfalls auch – darin gelegen, im Wege der gleichzeitigen Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes 2008 die Staatseinnahmen zu erhöhen (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 1 ["Beim Automatenglücksspiel sollen noch stärker Jugendschutz und Spielerschutz im Vordergrund stehen. Automatensalons sowie Automaten in Einzelaufstellung sollen unter strengen Spielerschutzbestimmungen und Aufsichtsregeln in Landeskompetenz bleiben. Sie werden mit einer geteilten Abgabe belegt. ..... Die Automaten und Video Lotterie Terminals (VLT's) werden einer geteilten Abgabe unterworfen und die bisherigen Erlaubnisländer erhalten gesetzlich garantierte Mindesteinnahmen. ..... Es wird ..... davon ausgegangen, dass das Aufkommen inkl. Zuschlag der Länder ..... über 150 Mio. Euro p.a. liegen wird und somit die Mindereinnahmen ..... überkompensiert werden."], S. 3 ff ["Die bisherigen 'Erlaubnisländer' erhalten zusätzlich eine Finanzzuweisung des Bundes, wenn ihre Einnahmen aus dem Zuschlag bestimmte Garantiebeträge, die aus den bisherigen Einnahmen aus Vergnügungssteuern abgeleitet wurden, nicht erreichen."] und S. 11 f ["Die bisherigen Erlaubnisländer Niederösterreich, Steiermark und Kärnten erhalten eine Bedarfszuweisung des Bundes, wenn ihre Einnahmen aus dem landesgesetzlich geregelten Zuschlag der Länder bestimmte Jahresbeträge, die aus den erwarteten Einnahmen aus der bisherigen Vergnügungssteuer abgeleitet werden, nicht erreichen. Damit werden die Länder auch dagegen abgesichert, dass die Einnahmen nicht den Erwartungen entsprechen. ..... Die Garantiebeträge werden aliquot gekürzt, wenn in einem Land das Höchstausmaß des Zuschlags nicht ausgeschöpft wird, wenn die höchstzulässige Anzahl von Glücksspielautomaten nicht oder nicht ganzjährig erreicht wird, wenn Glücksspielautomaten nicht ganzjährig betrieben werden, oder wenn in den Bewilligungen die Bedingungen für den Spielverlauf unter den Grenzen des § 5 Abs. 5 GSpG bleiben. Bei dieser aliquoten Kürzung wird daher darauf Bedacht genommen, in welchem Umfang, aber auch wie lange in einem Land die bestehenden Möglichkeiten nicht ausgenützt werden."] und 981 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 148 ["Die Höhe der Gebühren in Zusammenhang mit der Antragstellung und der Konzessionserteilung ergeben sich aus der Notwendigkeit zur Durchführung aufwändiger Konzessionierungsverfahren. ..... Zudem besteht auf Grund der Ertragskraft der glücksspielrechtlichen Konzessionen ein hohes Interesse der Konzessionswerber an der Erteilung einer Konzession, in deren Licht die Höhe der Gebühren keinesfalls unangemessen ist."]).

 

7.2.5. Auf Grund der gegenwärtig dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich vorliegenden Faktenlage resultiere sohin als Ergebnis, dass das im GSpG verankerte Monopolsystem nur vordergründig das Ziel des Spielerschutzes und nicht wirklich das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung, sondern in erster Linie vielmehr das Ziel einer Maximierung der Staatseinnahmen verfolge, sodass vor diesem Hintergrund die derzeit bestehende Monopolregelung in Verbindung mit dem unter einem zu dessen Effektuierung institutionalisierten strikten Sanktionensystem (das durch weitreichende Straftatbestände, durch hohe Strafdrohungen und durch unmittelbare Eingriffsbefugnisse – wie [auch vorläufige] Beschlagnahme, Einziehung und Betriebsschließung – gekennzeichnet ist) insgesamt besehen unverhältnismäßig sei.

 

Entsprechend den vom EuGH in seinem Urteil vom 30. April 2014, C 390/12, getroffenen Feststellungen (vgl. RN 54 bis 56) widerspreche daher eine solche nationale Regelung dem Art. 56 AEUV (sowie den Art. 15 bis 17 EGRC), wobei sich vor dem Hintergrund der Unvereinbarkeit des Monopolsystems des GSpG als solchem auch das darauf fußende Sanktionensystem als unionsrechtswidrig erweise.

 

8. Gegen dieses Erkenntnis hat der Bundesminister für Finanzen eine Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben.

 

9. Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/17/0120, hat der VwGH dieser Amtsrevision stattgegeben und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 9. Mai 2014, LVwG-410284/4/Gf/Rt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

9.1. Begründend wurde dazu unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom selben Tag, Zl. Ro 2014/17/0121, ausgeführt, dass vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zunächst – und unabhängig von der Frage der Geltung des Amtswegigkeitsprinzips im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren – entsprechende Feststellungen zu treffen gewesen wären, auf Grund derer eine Beurteilung erfolgen könne, ob die Behörde überhaupt zur Entscheidung sachlich zuständig war. Denn gemäß § 52 Abs. 2 GSpG in der hier bezüglich dieser Bestimmung von der Behörde noch anzuwendenden Fassung BGBl I 141/2008 hätte es sich für den Fall, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen von Spielern oder anderen vermögenswerte Leistungen in einer Höhe von über 10 Euro pro Spiel möglich gewesen wären, nicht mehr um geringe Beträge gehandelt, sodass insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurückgetreten wäre. Wäre daher auf Grund der Einsatzhöhe bereits erwiesen, dass für das Strafverfahren (ausschließlich) die gerichtliche Zuständigkeit besteht, könne sohin aufgrund der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes des § 52 Abs. 1 GSpG kein (tatsächlicher) Verstoß gegen eines seiner Tatbilder angenommen werden, sodass das sich darauf gründende Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. Juli 2012 schon mangels sachlicher Zuständigkeit dieser Behörde zu einer solchen Entscheidung vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich aufzuheben gewesen wäre. Wie sich aus dem Erkenntnis des VwGH vom 15. Dezember 2014, Zl. Ro 2014/17/0121, ergebe, vermöge daran auch der Umstand nichts zu ändern, dass seit der GSpG-Novelle BGBl I 13/2014 gemäß § 52 Abs. 3 GSpG für den Fall, dass durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen ist. Denn diese Bestimmung sei nämlich gemäß § 60 Abs. 34 GSpG i.d.F. BGBl I 13/2014 erst am Tag nach der Kundmachung dieser Novelle im Bundesgesetzblatt und somit erst am 1. März 2014 in Kraft getreten, also im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land noch nicht in Geltung gestanden. Eine Heilung einer allenfalls vorliegenden Unzuständigkeit der als erste Instanz entscheidenden Verwaltungsbehörde sei gesetzlich nicht vorgesehen und komme daher nicht in Betracht. Bei der Überprüfung der Frage, ob jene Verwaltungsbehörde, die als erste Instanz entschieden hat, auch tatsächlich zur Entscheidung zuständig war, sei also jene Zuständigkeitsvorschrift heranzuziehen, die im Zeitpunkt der Entscheidung durch diese in Geltung gestanden habe. Entscheidend sei daher, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses vom 3. Juli 2012 durch den Bezirkshauptmann von Linz-Land noch die Zuständigkeitsvorschriften gemäß § 52 Abs. 2 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl I 13/2014 gegolten hätten.

 

9.2. Wäre das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hingegen zu Feststellungen gelangt, aus denen die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zur Entscheidung abzuleiten gewesen wäre, hätte es auch folgende Erwägungen anzustellen gehabt:

 

9.2.1. Gemäß der Verweisungsbestimmung des § 38 VwGVG gelte im Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten gemäß § 25 Abs. 1 VStG das Amtswegigkeitsprinzip und nach § 25 Abs. 2 VStG der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, wonach vom Verwaltungsgericht von Amts wegen unabhängig von Parteivorbringen und ‑anträgen der wahre Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln sei. Betreffend die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte sei festzuhalten, dass gemäß Art. 130 Abs. 4 erster Satz B-VG (siehe auch § 50 VwGVG) in Verwaltungsstrafsachen das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden hat, woraus folge, dass in Verwaltungsstrafverfahren dem Verwaltungsgericht in jedem Fall auch die Befugnis und die Verpflichtung zu allenfalls erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zukomme. Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass der VwGH bereits ausgesprochen hat, dass im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 39 Abs. 2 AVG außerhalb des Verwaltungsstrafverfahrens jedenfalls das Amtswegigkeitsprinzip gelte (vgl. VwGH vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

 

Die vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im angefochtenen Erkenntnis vertretene Rechtsansicht, gegen die Geltung des Amtswegigkeitprinzips in einem gerichtlichen Strafverfahren bestünden "verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf (Art. 90 Abs. 2 B-VG sowie auf) Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC" könne hingegen vom VwGH nicht nachvollzogen werden.

 

Art. 90 Abs. 2 B-VG spreche aus, dass im (gerichtlichen) Strafverfahren der Anklageprozess gilt (Anklagegrundsatz). Damit sei klargestellt, dass dem Beschuldigten (Angeklagten) im Strafverfahren vor den ordentlichen Gerichten ein Ankläger gegenübersteht, sodass die Funktion des Anklägers von jener des Gerichts getrennt ist. Gemäß dem Anklagegrundsatz dürfe das Gericht die Anklage nicht überschreiten (§ 4 Abs. 3 StPO), d.h., es dürfe nur jenes Geschehen rechtlich beurteilen, welches in Form eines konkreten Sachverhaltes angeklagt worden ist. In der rechtlichen Beurteilung dieser Tat dürfe das Gericht aber gemäß § 4 Abs. 3 StPO von der Anklage abweichen. Daraus ergebe sich für das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten allerdings nicht, welche Funktion dem Gericht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zukomme und wie es dabei vorzugehen habe. Im Übrigen gelte Art. 90 Abs. 2 B-VG im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 StPO hätten Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht die Wahrheit zu erforschen und alle Tatsachen aufzuklären, die für die Beurteilung der Tat und des Beschuldigten von Bedeutung sind. Es gelte also der Grundsatz der materiellen Wahrheit, woraus sich u.a. ergebe, dass Tatsachenfeststellungen nicht auf gesetzlichen Vermutungen oder Beweislastregeln (d.h. eine von "in dubio pro reo" abweichende Beweislastverteilung) gegründet werden dürfen. Die Aufklärung der für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen erfolge durch eine Beweisaufnahme, die sich grundsätzlich auf alle erreichbaren Beweismittel erstrecken müsse, die in irgendeiner Form Rückschlüsse auf den zu beurteilenden Fall erwarten lassen. Eine Entscheidung nach dem Grundsatz in "dubio pro reo" sei erst dann zu treffen, wenn eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht möglich ist. Im Hauptverfahren obliege es dem Gericht, von Amts wegen die der Anklage zu Grunde liegende Tat aufzuklären und die Schuld des Angeklagten zu prüfen. Der Amtswegigkeitsgrundsatz (§ 2 Abs. 2 StPO) und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 3 Abs. 1 StPO) würden somit auch im Strafverfahren vor den ordentlichen Gerichten gelten. Weshalb der Umstand der Geltung des Amtswegigkeitsgrundsatzes in Verwaltungsstrafsachen vor den Verwaltungsgerichten verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC hervorrufen könnte oder sollte, sei vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich nicht dargelegt worden.

 

Das Unionsrecht verlange, dass zur Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes zumindest ein im Instanzenzug anrufbares Gericht insofern über eine ausreichende Rechts- und Tatsachenkognition verfügt, als es möglich sein müsse, alle für die Wahrung der in Rede stehenden individuellen Unionsrechte relevanten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu überprüfen. Weshalb der Umstand, dass in Verwaltungsstrafsachen vor den Verwaltungsgerichten das Amtswegigkeitsprinzip gilt, daher in ein Spannungsverhältnis mit Art. 47 EGRC geraten könnte, sei nicht ersichtlich. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts oder mindestens die Kontrolle durch unabhängige Instanzen (wenn der maßgebliche Sachverhalt bereits festgestellt wurde) sei im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK und bei Geltendmachung gemeinschaftsrechtlicher (nunmehr unionsrechtlicher) Positionen geboten, weil nur so effektiver Rechtsschutz im Sinne dieser Vorgaben gewährleistet werden könne. Art. 47 GRC bzw. Art. 6 EMRK stünden daher – entgegen der im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht – keinesfalls der Geltung des Amtswegigkeitsgrundsatzes entgegen.

 

9.2.2. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich sei im angefochtenen Erkenntnis zu dem Ergebnis gelangt, dass das angefochtene Straferkenntnis wegen Widerspruches der diese Strafbarkeit tragenden nationalen Regelungen zum Unionsrecht aufzuheben gewesen sei. Zutreffend sei das Gericht davon ausgegangen, dass es von Amts wegen wahrzunehmen hätte, wenn eine in der österreichischen Rechtsordnung vorgesehene Regelung gegen das Unionsrecht verstoßen sollte und deswegen unangewendet zu bleiben hätte.

 

Allerdings wäre, um zu einer derartigen Beurteilung zu gelangen, zunächst die Frage zu beantworten gewesen, ob das Unionsrecht im Anlassfall überhaupt anzuwenden ist, was auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht zutreffe (vgl. z.B. VwGH vom 27. April 2012, Zlen. 2011/17/0280 und 0281). Da das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich keinerlei Feststellungen getroffen habe – wobei die Darstellung des Verfahrensablaufes Feststellungen keinesfalls zu ersetzen vermöge (siehe z.B. VwGH vom 30. Mai 2011, Zl. 2007/12/0197) –, könne dies vom VwGH auch nicht beurteilt werden. Festgehalten sei, dass weder dem angefochtenen Erkenntnis noch den vorgelegten Verwaltungsakten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sachverhalts mit Auslandsbezug entnommen werden könnten. Durch das Unterlassen des Treffens derartiger Feststellungen habe das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

 

Festgehalten sei zur Geltung des Amtswegigkeitsgrundsatzes im Allgemeinen, dass die Anwendung des Gemeinschaftsrechts (nunmehr: Unionsrechts) durch die Behörden der Mitgliedstaaten nach dem nationalen Verfahrensrecht zu erfolgen habe, soweit das Unionsrecht hier keine Verfahrensvorschriften enthält (Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten). Diese Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten sei nach der Rechtsprechung des EuGH jedoch durch die (unionsrechtlichen) Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beschränkt (vgl. z.B. VwGH vom 10. Oktober 2011, Zl. 2008/17/0113, oder vom 27. September 2013, Zl. 2010/05/0202). Dass die Geltung des Amtswegigkeitsprinzips nach der österreichischen Rechtslage dem Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes keinesfalls entgegenstehe, sei bereits ausgeführt worden. Auch jener der Äquivalenz spreche nicht dagegen, weil der Amtswegigkeitsgrundsatz gleichermaßen in Verwaltungsstrafverfahren gelte, in denen auf das Unionsrecht gestützte Rechte zu prüfen seien, wie in solchen mit ausschließlich innerstaatlichem Bezug. Vor diesem Hintergrund sei das Urteil des EuGH, C-390/12, nicht dahin auszulegen, dass der EuGH einem in Österreich geltenden Amtswegigkeitsprinzip eine Absage erteilt habe. Damit sei lediglich zum Ausdruck gebracht worden, dass ein Vorbringen betreffend die Rechtfertigung von Regelungen, mit denen der freie Dienstleistungsverkehr beschränkt wird, vom Mitgliedstaat bzw. dessen Behörden zu erstatten ist und – auch entsprechend dem Verbot zur Selbstbezichtigung – nicht von jenen Personen, gegen die das jeweilige Verwaltungsstrafverfahren im weiteren Sinn (betreffend Übertretungen des GSpG, Beschlagnahmen oder Einziehungen nach dem GSpG) geführt wird. Allenfalls könnten aus der genannten Entscheidung des EuGH noch gewisse Mitwirkungspflichten der Behörde des Mitgliedstaates abgeleitet werden. Gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung, der EuGH habe der Geltung des Amtswegigkeitsprinzips eine Absage erteilt, würden insbesondere auch die weiteren Ausführungen im Urteil C-390/12 sprechen. So habe der EuGH ausgesprochen, dass für die Feststellung, welche Ziele mit der nationalen Regelung tatsächlich verfolgt werden, das vorlegende Gericht zuständig ist (RN 47 unter Hinweis auf Dickinger und Ömer vom 15. September 2011, C‑347/09, und Zeturf vom 30. Juni 2011, C-2012/08). Weiters sei konstatiert worden, dass sich das nationale Gericht vergewissern müsse, dass die nationale Regelung tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, die Tätigkeiten in diesem Bereich zu begrenzen und die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (RN 49). Das nationale Gericht müsse eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen eine restriktive Regelung, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede stehe, erlassen worden ist und durchgeführt wird (RN 52). Keinesfalls könne daher aus dem Urteil des EuGH C-390/12, abgeleitet werden, der Gerichtshof habe damit zum Ausdruck bringen wollen, dass die Geltung des Amtswegigkeitsprinzips im Zusammenhang mit der hier vom österreichischen Gericht zu prüfenden unionsrechtlichen Frage, ob Bestimmungen des GSpG, soweit damit Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit vorgenommen werden, im Sinne der Rechtsprechung des EuGH gerechtfertigt sind, ausgeschlossen sei. Wie bereits ausgeführt, würden daher gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 25 VStG im Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit gelten. Es könne daher die Judikatur des VwGH hierzu auch für das Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten herangezogen werden. Betreffend die Ermittlung des Sachverhaltes bedeute dies, dass die Verwaltungsgerichte verpflichtet seien, von Amts wegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und deren Wahrheit festzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz verwirkliche das Prinzip der materiellen (objektiven) Wahrheit, welcher es verbiete, den Entscheidungen einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zu Grunde zu legen. Der Auftrag zur Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichte die Verwaltungsgerichte, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen. In diesem Sinne seien alle sich bietenden Erkenntnisquellen sorgfältig auszuschöpfen und insbesondere diejenigen Beweise zu erheben, die sich nach den Umständen des jeweiligen Falles anbieten oder als sachdienlich erweisen können; die Sachverhaltsermittlungen seien ohne Einschränkungen eigenständig vorzunehmen; auch eine den Beschuldigten allenfalls treffende Mitwirkungspflicht enthebe das Verwaltungsgericht nicht seiner aus dem Grundsatz der Amtswegigkeit erfließenden Pflicht, zunächst selbst – soweit das möglich ist – für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen. Die Mitwirkungspflicht der Partei habe insbesondere dort Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann (vgl. z.B. VwGH vom 20. September 1999, Zl. 98/21/0137).

 

9.2.3. Um rechtens zu der Beurteilung zu gelangen, dass Bestimmungen des GSpG dem Unionsrecht widersprechen, hätte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich daher nach Durchführung eines im Sinne obiger Ausführungen dem Amtswegigkeitsprinzip entsprechenden Verfahrens konkrete Tatsachenfeststellungen zu treffen gehabt, aus denen abzuleiten gewesen wäre, dass durch anzuwendende Bestimmungen des GSpG vorgenommene Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH nicht gerechtfertigt sind. Dadurch, dass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht nicht amtswegig ein Beweisverfahren durchgeführt und Feststellungen getroffen hat, habe es das angefochtene Erkenntnis ebenfalls mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet.

 

9.2.4. Weiters wären den Parteien insbesondere gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 24 VStG und § 45 Abs. 3 AVG die Ergebnisse des bislang durchgeführten bzw. durchzuführenden Ermittlungsverfahrens vorzuhalten und ihnen die Möglichkeit einzuräumen gewesen, dazu ein Vorbringen zu erstatten und Beweise für die eigenen Behauptungen anzubieten (Grundsatz der Wahrung des Parteiengehörs). Die Einräumung des Parteiengehörs sei ein wichtiges Element des fairen Verfahrens im Sinne des Art. 6 EMRK und damit auch Inhalt des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz. Anzumerken sei, dass auch von einer Verletzung einer Mitwirkungspflicht der Partei nur dann auszugehen ist, wenn die oben angeführten Verfahrensschritte zur Gewährung des Parteiengehörs zuvor gesetzt worden sind (vgl. z.B. VwGH vom 20. September 1999, Zl. 98/21/0137).

 

9.2.5. In der Folge wären aufgrund eines erstatteten relevanten Parteienvorbringens und Beweisanbotes entsprechende Ermittlungen durchzuführen und im angefochtenen Erkenntnis entsprechende Feststellungen hierzu zu treffen gewesen. Zum notwendigen Inhalt der Entscheidungsbegründung eines Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes sei auf das Erkenntnis des VwGH vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076, zu verweisen. Es könne sohin keinesfalls ausgeschlossen werden, dass das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich bei Einräumung des Parteiengehörs zu einem anderslautenden Erkenntnis gelangt wäre.

 

Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG grundsätzlich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In den Abs. 2 bis 5 leg.cit. fänden sich zulässige Ausnahmen von der Verhandlungspflicht. Ein Absehen von der Verhandlung wäre nach dieser Bestimmung zu beurteilen und zu begründen gewesen (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 31. Juli 2014, Zl. Ra 2014/02/0011).

 

10. An diese vom VwGH in seinen Erkenntnissen vom 15. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/17/0120, und vom selben Tag, Zl. Ro 2014/17/0121, geäußerte Rechtsansicht ist das LVwG im vorliegenden Fall gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden.

 

 

 

 

 

II.

 

Fortgesetztes Verfahren – Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

 

1. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zunächst zwecks Klärung der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides die Verfahrensparteien mit hg. Schreiben vom 16. Februar 2015 dazu aufgefordert, sich zu der Frage zu äußern, ob an einem oder beiden der hier gegenständlichen Glücksspielgeräte ein den Betrag von 10 Euro übersteigender Einsatz pro Spiel möglich war und/oder ob mit diesen vorsätzlich Serienspiele veranlasst bzw. durchgeführt werden sollten.

 

1.1. In ihrer Stellungnahme vom 23. Februar 2015 hat die belangte Behörde darauf bezogen ausgeführt, dass im vorliegenden Fall laut den Fotodokumentationen der Finanzpolizei ein Spieleinsatz von über 10 Euro nicht möglich gewesen sei. Allerdings hätte man mit allen drei Geräten – da diese mit einer sog. „Auto-Start“-Taste versehen gewesen seien – Serienspiele durchführen können.

 

1.2. Das Finanzamt Linz hat in seiner Äußerung vom 25. Februar 2015, Zl. 046/72508/56/2010, darauf hingewiesen, dass an allen drei verfahrensgegenständlichen Geräten jeweils Testspiele – und zwar mit einem Mindesteinsatz von 5,00 Euro, 5,50 Euro bzw. 6,00 Euro – durchgeführt worden und diese Geräte jeweils mit einer „Auto-Start“-Taste ausgestattet gewesen seien.

 

1.3. Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom 6. März 2015 angegeben, dass lediglich ein maximaler Einsatz von 0,50 Euro pro Spiel möglich gewesen sei und die Geräte zwar mit „Auto-Start“-Tasten ausgestattet gewesen, diese jedoch insoweit funktionslos gewesen seien; vielmehr habe es sich dabei tatsächlich bloß um normale Starttasten gehandelt, sodass man damit keine Serienspiele habe veranlassen können.

 

1.4. Angesichts dieser Beweislage wurde vom Rechtsmittelwerber sein Beschwerdevorbringen, dass das angefochtene Straferkenntnis insofern rechtswidrig sei, als diesem nicht entnommen werden könne, ob nicht etwa eine gerichtliche anstelle einer verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit des Beschwerdeführers vorliege, in der öffentlichen Verhandlung am 22. April 2015 (vgl. S. 4 des hg. Verhandlungsprotokolls) nicht mehr weiter aufrechterhalten.

 

Insgesamt besehen ist es daher aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich auf Grund der Aktenlage und des Vorbringens aller Verfahrensparteien – insbesondere auch des Beschwerdeführers selbst – als erwiesen anzusehen, dass die sachliche Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses im vorliegenden Fall deshalb gegeben war, weil an sämtlichen verfahrensgegenständlichen Geräten jeweils nur um geringe Beträge i.S.d. § 168 StGB gespielt werden konnte und mit diesen auch nicht vorsätzlich Serienspiele veranlasst werden sollten, sodass eine gerichtliche Strafbarkeit ausscheidet.

 

Dazu kommt auch, dass aus dem Erkenntnis des VfGH vom 10. März 2015, E 1139/2014, hervorzugehen scheint, dass der mit BGBl I 13/2014 neu gefassten Anordnung des § 52 Abs. 3 GSpG, wonach dann, wenn in einem konkreten Fall sowohl der Tatbestand des § 52 Abs. 1 GSpG als auch jener des § 168 StGB erfüllt ist, der Täter nur nach der erstgenannten Bestimmung zu bestrafen ist, – entgegen der vom VwGH in dessen Erkenntnissen vom 15. Dezember 2014, Zln. Ro 2014/17/0120 i.V.m. Ro 2014/17/0121, geäußerten Rechtsansicht – auf Grund des in Art. 7 EMRK bzw. Art. 49 EGRC verankerten Günstigkeitsprinzips rückwirkende Kraft zukommt; dieses zeitlich später ergangene, vom zur Verfassungsauslegung letztverbindlich kompetenten Organ ergangene Erkenntnis vom 10. März 2015 hebt sohin nach hg. Auffassung auch die für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich aus § 63 Abs. 1 VwGG insoweit resultierende Bindungswirkung der vorangeführten früheren VwGH-Entscheidungen vom 15. Dezember 2014 auf.

 

2. In der Folge hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich am 22. April 2015 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt, zu der als Partei (lediglich) der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erschienen ist.

 

2.1. Im Zuge dieser öffentlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer zunächst bezüglich der Frage, ob im gegenständlichen Fall ein Auslandsbezug vorliegt und damit EU-Recht zum Tragen kommt, das Schreiben einer in Österreich ansässigen Zweigniederlassung der G s.r.o., einer GmbH mit Hauptsitz in B, vom 21. April 2015 vorgelegt, in dem ausgeführt wird, „dass sämtliche auf den beschlagnahmten Kajot Geräten vorhandenen Spiele durch einen Server der G ..... s.r.o., ..... 81101 Bratislava, zur Verfügung gestellt wurden. Dies betrifft vor allem sämtliche am 13. November 2010, am Aufstellungsort E ..... beschlagnahmten Kajot-Geräte.“ (vgl. BEILAGE 1 zum hg. Verhandlungsprotokoll vom 22. April 2015).

 

Davon ausgehend, dass die verfahrensgegenständlichen Geräte sohin im Eigentum einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich in der Slowakei, situierten juristischen Person stehen, liege also ein hinreichender Auslandsbezug vor.

 

2.2. Weil ein dem widersprechendes Tatsachensubstrat nicht vorliegt und dieses als solches mangels sonstiger gegenteiliger Anhaltspunkte auch nicht als unglaubwürdig zu qualifizieren ist, ist das dementsprechende Vorbringen des Rechtsmittelwerbers sohin als zutreffend zu qualifizieren.

 

Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass unter der Annahme, dass das im GSpG verankerte Monopolsystem dem EU-Recht widerspricht, dieser Umstand in Fällen mit Sachverhalten ohne Auslandsbezug eine dem Art. 7 B‑VG zuwiderlaufende Inländerdiskriminierung bewirken würde. Vor diesem Hintergrund setzt daher auch die Frage, ob ein Inländer zu Recht oder zu Unrecht wegen eines Eingriffes in das GSpG-Monopol bestraft wurde, eine Klärung der Problematik voraus, ob die Monopolregelung des GSpG tatsächlich unionsrechtswidrig ist oder nicht.

 

Wenn der OGH in diesem Zusammenhang in seiner jüngsten Rechtsprechung (vgl. z.B. OGH vom 20. Jänner 2015, 4 Ob 200/14m) davon ausgeht, dass die Frage einer allfälligen verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren von den ordentlichen Gerichten nicht aus eigenem, sondern nur vom VfGH beurteilt werden könne, so trifft dies zwar auf zivilgerichtliche Verfahren (im Besonderen: Klagen nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), nicht aber auch auf Verfahren vor Verwaltungsgerichten zu, weil hier (im Gegensatz zu einem [Wettbewerbs-]Prozess vor einem ordentlichen Gericht oder im Verfahren vor dem VwGH) das Verfassungsrecht – und im Besonderen Art. 7 B‑VG – ebenfalls einen Prüfungsmaßstab bildet. Die Frage einer allfälligen verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung und damit die Vorfrage der Unionsrechtskonformität des GSpG-Monopols ist daher (und insoweit ohne Bindung an das VwGH-Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Zl. 2014/17/0121) von Verwaltungsgerichten auch in Fällen mit Sachverhalten ohne Auslandsbezug zu prüfen (verfassungs-, nämlich gleichheitswidrig könnte in diesem Zusammenhang allerdings sein, dass dem Bundesminister für Finanzen gegen eine solche Entscheidung des Verwaltungsgerichtes keine Beschwerdemöglichkeit an den VfGH [sondern nur ein bloß auf grundsätzliche Rechtsfragen eingeschränktes Amtsrevisionsrecht an den für Verfassungsfragen gemäß Art. 133 Abs. 5 B‑VG allerdings explizit nicht kompetenten VwGH] zukommt).

 

Unabhängig davon vertritt im Übrigen auch der OGH die Auffassung, dass selbst unter der Voraussetzung, dass die Prüfung der Frage einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung exklusiv dem VfGH zukommt, das ordentliche Gericht vor der Stellung eines entsprechenden Gesetzprüfungsantrages gemäß Art. 140 Abs. 1 B‑VG zu klären hat, ob das GSpG-Monopol tatsächlich unionsrechtswidrig ist, wobei es hierfür gerichtlicher Ermittlungen und Feststellungen dahin bedarf, ob die Wirkungen der Regelungen des GSpG tatsächlich zu effektivem Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung führen und in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spielen verringern (vgl. z.B. OGH vom 21. Oktober 2014, 4 Ob 145/14y).

 

Somit wären daher im gegenständlichen Fall vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich auch unabhängig davon, ob tatsächlich ein Auslandsbezug vorliegt, von Amts wegen die vom EuGH vorgegebenen und in der Rechtsprechung der drei österreichischen Höchstgerichte (VfGH, OGH, VwGH) jeweils übernommenen Kriterien dafür, ob das GSpG-Monopol mit der in Art. 56 AEUV normierten Dienstleistungsfreiheit sowohl dem Grunde nach vereinbar ist als auch im Besonderen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt, zu prüfen, d.h.: ob mit der im GSpG verankerten Monopolregelung tatsächlich die Ziele des erhöhten Spielerschutzes und einer effektiven Kriminalitätsbekämpfung – und nicht etwa vorrangig jenes einer Erhöhung der Staatseinnahmen – verfolgt werden, ob dadurch tatsächlich und systematisch insbesondere der Anreiz und die Gelegenheit zum Spiel verringert werden und ob die aus dem GSpG-Monopol resultierenden Beschränkungen in ihrer Gesamtheit sowie im jeweils für sich betrachtet verhältnismäßig sind.

 

3. Davon ausgehend, dass einerseits die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses sachlich zuständig war und andererseits im gegenständlichen Fall ein entsprechender Auslandsbezug vorliegt bzw. im Falle einer Unionsrechtswidrigkeit der im GSpG verankerten Monopolregelung eine verfassungswidrige Inländerdiskriminierung droht, hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich daher in weiterer Folge im Rahmen der öffentlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie insbesondere in folgende, von den Parteien – teilweise bereits im unmittelbaren Vorfeld dieser Verhandlung – vorgelegte Beweismittel:

 

3.1. Von der Amtspartei (Finanzamt Linz):

 

− Der „Glücksspiel Bericht 2010-2013“ des Bundesministeriums für Finanzen (im Folgenden kurz: „Glücksspielbericht [2010-2013]“),

− eine Stellungnahme des Bundeministeriums für Finanzen vom 18. September 2014 im Verfahren des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich zu LVwG-410395 (abgeschlossen mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, im Folgenden kurz: „Stellungnahme“) sowie

− das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 15. Dezember 2014, LVwG-410395 (im Folgenden kurz: „Erkenntnis“)

 

jeweils zum Beweis dafür,

 

− dass mit dem im GSpG verankerten Monopolsystem die Ziele eines effektiven Spielerschutzes und einer Kriminalitätsbekämpfung tatsächlich sowie systematisch und kohärent verfolgt werden,

− dass das im GSpG verankerte Monopolsystem nicht dem vorrangigen Ziel einer Erhöhung der Staatseinnahmen dient,

− dass die Geschäftspolitik der Monopolisten, im Besonderen deren Werbemaßnahmen, zum Zweck der Hinlenkung zum erlaubten Glücksspiel sowohl maßvoll als auch zielgerichtet ist, und

− dass die aus dem GSpG-Monopol resultierenden Beschränkungen jeweils dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen

 

3.2. Vom Beschwerdeführer:

 

− ein als „Ergänzendes Vorbringen“ titulierter Schriftsatz vom 20. April 2015 (im Folgenden kurz: „Vorbringen“) sowie

− ein als „Urkundenvorlage“ bezeichnetes Schreiben vom 29. April 2015 (im Folgenden kurz: „Urkundenvorlage“)

 

jeweils zum Beweis dafür,

 

− dass mit dem im GSpG verankerten Monopolsystem tatsächlich nicht bzw. weder systematisch noch kohärent das Ziel eines effektiven Spielerschutzes bzw. der Kriminalitätsbekämpfung, sondern vorrangig das Ziel einer Erhöhung der Staatseinnahmen verfolgt wird,

− dass die Geschäftspolitik der Monopolisten, im Besonderen deren Werbemaßnahmen, zum Zweck der Hinlenkung zum erlaubten Glücksspiel weder maßvoll noch zielgerichtet ist, und

− dass das GSpG-Monopol dem Unionsrecht widerspricht bzw. die im GSpG normierten Beschränkungen jeweils nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

 

3.3. Vor diesem Hintergrund ergibt sich hinsichtlich der einzelnen Hauptproblemfelder im Zusammenhang mit der Frage der Unionsrechtskonformität der Regelungen des im GSpG verankerten Monopolsystems mit Blick auf die vom EuGH in dessen Judikatur hierfür aufgestellten Kriterien Folgendes:

 

3.3.1. Zum Beweis dafür, dass die GSpG-Reform des Jahres 2010 (BGBl I 73/2010) tatsächlich eine kohärente Politik in den Bereichen Spielerschutz, Konzessionserteilungen und staatliche Aufsicht verfolgte, wurde von der Amtspartei (Finanzamt Linz) zum einen der Glücksspielbericht 2010-2013[1] vorgelegt.

 

Diesem Bericht ist zunächst eine Darstellung der Zielsetzungen der im Zeitraum 2011 bis 2013 vorgenommenen Novellierungen des GSpG und der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in dieser Periode (S. 3 bis S. 15) sowie ein Überblick über durchgeführte und anhängige Konzessionserteilungsverfahren (S. 16 bis S. 23) vorangestellt.

 

Bezüglich der Neuerungen im Spielerschutz wird sodann unter Hinweis auf eine im Jahr 2011 veröffentlichte Glücksspielsuchtstudie betont, dass (S. 24) „rund 64.000 Personen in der Altersgruppe zwischen dem 14. und dem 65. Lebensjahr von Glücksspielsucht betroffen“ sowie „0,43% dieses Bevölkerungssegements“ (also etwa 25.000 Personen) „ein problematisches Spielverhalten aufweisen und 0,66%“ (also ca. 39.000 Personen) „pathologisch glücksspielsüchtig“ seien; in diesem Zusammenhang erweise sich auf Basis einer „Repräsentativbefragung“ das Glücksspiel mit Automaten außerhalb einer Spielbank als der größte Problemfaktor (33% Problemspieler; dagegen: Lotterien: 2% Problemspieler, Sportwetten: 13% Problemspieler, Klassische Kasinospiele: 7% Problemspieler und Automaten in Kasinos: 14% Problemspieler[2]), weshalb durch das im GSpG verankerte Monopolsystem „das Glücksspielangebot und die Akzeptanz gelenkt werden“ solle, und zwar „weg von den Problembereichen hin zu anderen Bereichen, innerhalb derer die Problemprävalenz weniger hoch ist“.

 

In einer weiteren Studie[3] sei zu Tage getreten, dass im Jahr 2006 aus dem Motiv der Glücksspielsucht 38 Fälle von Beschaffungskriminalität (gewerbsmäßiger Diebstahl, schwerer Raub und gewerbsmäßiger Betrug) sowie im ersten Halbjahr 2007 weitere 36 solcher Fälle begangen worden seien (S. 24 f). Beispielsweise hätten auf Grund einer Kostenschätzung für das Bundesland Steiermark im Jahr 2006 insgesamt Ausgaben für Spielsucht in Höhe von 140.900 Euro resultiert (S. 25). Um diese Problembereiche (Suchtverhalten, Beschaffungskriminalität und Therapiekosten) einzudämmen, sei mit Jahresbeginn 2011 eine Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet worden (S. 26 bis 29).

 

Hinsichtlich legaler, nämlich konzessionierter Glücksspielanbieter sei die staatliche Aufsicht intensiviert (S. 30 f.) sowie eine Anbindung von deren Glücksspielautomaten an ein Datenrechenzentrum (S. 31 f) und eine bescheidmäßige Vorschreibung von Werbestandards vorgenommen worden (S. 32 ff).

 

Parallel dazu sei(en) das illegale Glücksspiel auf mehreren Ebenen bekämpft und in diesem Zusammenhang bis Ende 2013 bereits über 6.000 vorläufige Beschlagnahmen von Glücksspielgeräten und sonstigen Eingriffsgegenständen durchgeführt worden; dieser hohe behördliche Verfolgungsdruck führe allerdings in der Praxis zu einer „Flucht ins Strafrecht“, weil dort kaum gerichtliche Verurteilungen wegen § 168 StGB erfolgen würden (S. 34 und 35).

 

Von in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 222 beim VwGH eingebrachten Amtsbeschwerden seien 141 „gewonnen“ und lediglich 20 abgewiesen bzw. abgelehnt worden sowie die restlichen Verfahren (61) zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichtes noch anhängig gewesen (S. 36).

 

Ein Hauptaugenmerk im Rahmen der staatlichen Aufsicht gelte schließlich noch der Geldwäschevorbeugung (S. 36 bis 38).

 

Für das Jahr 2014 seien eine verfassungskonforme Neuregelung der Pokerkonzessionen, eine präzise der Abgrenzung des Tatbestandes des § 168 StGB von jenem des § 52 GSpG, eine Novellierung der Automatenglücksspielverordnung, der Abschluss der noch laufenden Spielbankenkonzessionierungsverfahren sowie im Bereich des Spielerschutzes eine Evaluierung der seit 2010 ergangenen Novellen zum GSpG und sowie von deren Umsetzung in Aussicht genommen (S. 39).   

 

3.3.2. Die zum anderen bereits im Verfahren des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich zu LVwG-410395 (abgeschlossen mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2014) ergänzend erstattete Stellungnahme des Bundeministeriums für Finanzen vom 18. September 2014 besteht in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen aus einer Wiederholung der im Glücksspielbericht 2010-2013 enthaltenen Ausführungen (vgl. S. 5 bis 8; S. 9 bis 15).

 

Darüber hinaus findet sich in dieser neben einem Hinweis auf die aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 hervorgehenden ordnungspolitischen Zielsetzungen eine Aufzählung jener Bestimmungen des GSpG, die den Behörden gemäß der EuGH-Judikatur gerechtfertigte Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit ermöglichen (S. 2 bis 4).

 

In der Folge wird darauf hingewiesen, dass nach dem GSpG im Zuge von Konzessionserteilungen für Spielbanken nunmehr eine Mindestdauer pro Spiel, Mindestabstandsregelungen, Zutrittssysteme, Schulungskonzepte für Mitarbeiter, eine verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, ein Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz- und Gewinnlimits, ein Verbot parallel laufender Spiele etc. vorgesehen seien (S. 9).

 

Zu Jahresbeginn 2011 sei die Stabsstelle für Spielerschutz tatsächlich eingerichtet und mit vielfältigen Aufgaben betraut worden (S. 9 f); dem Schutz der besonders vulnerablen Gruppe der Kinder und Jugendlichen diene eine effektive Zugangskontrolle, eine verantwortungsvolle Werbung und eine strenge Aufsicht und Kontrolle durch staatliche Behörden etc. (S. 9 bis 12), wobei für den Fall von Zuwiderhandlungen empfindliche Sanktionen vorgesehen seien (S. 12  bis S. 14).

 

Zulässige Werbemaßnahmen müssten zwar maßvoll und nicht aggressiv, aber dennoch effektiv dazu geeignet sein, das Glücksspiel in erlaubte Bahnen zu lenken, weshalb im Zuge der Konzessionserteilungen jeweils in Zusammenarbeit mit unabhängigen Experten erstellte Werbestandards und Leitlinien bescheidmäßig vorgeschrieben worden seien (S. 16 bis 18).

 

Hinsichtlich der Frage, ob die mit dem GSpG-Monopol verfolgten Zwecke auch durch weniger eingriffsintensive Maßnahmen erreicht werden können, sei auf das Erkenntnis des VfGH vom 6. Dezember 2013, B 1337/11, zu verweisen (S. 18 f).

 

Insgesamt sei das GSpG von dem Gedanken getragen, ein ausgewogenes Glücksspielangebot bereit zu stellen, das einer strengen und effektiven staatlichen Kontrolle unterliegt; gleichzeitig solle illegales Glücksspiel eingedämmt und hintangehalten werden. Aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle 2010 sowie aus den im Glücksspielbericht 2010-2013 genannten Novellen ergebe sich eindeutig, dass die Regelungen des GSpG tatsächlich diese Ziele in kohärenter und systematischer Weise verfolgen und Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung nicht bloß vordergründige Ziele darstellen würden. Diese Ziele ließen sich allerdings nicht kohärent und systematisch erreichen, wenn ein unbeschränktes Angebot an Glücksspielen zugelassen werden müsste (S. 20).

 

3.3.3. Dem von der Amtspartei zur Unterstützung und zum Beleg der Richtigkeit ihrer Argumentation vorgelegten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich vom 15. Dezember 2014, LVwG-410395, ist zunächst zu entnehmen, dass es sich bei den an den dort verfahrensgegenständlichen Geräten durchgeführten Spielen zweifelsfrei um Glücksspiele gehandelt habe, wobei auf Grund des im do. Verfahren zum Tragen gekommenen, nicht als verfassungswidrig erachteten § 52 Abs. 3 GSpG eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 StGB nicht in Betracht zu ziehen gewesen sei (S. 20 und 21).

 

Weiters wird dort ausgeführt, dass hinsichtlich einer allfälligen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des GSpG zunächst darauf hinzuweisen sei, dass kein Sachverhalt mit Auslandsbezug vorliege (S. 21).

 

Im Übrigen sei – unter (teilweise wörtlicher) Übernahme der nachvollziehbaren Ausführungen des Bundesministeriums für Finanzen in dessen Stellungnahme vom 18. September 2014 sowie unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien – davon auszugehen, dass es sich bei den Zielsetzungen der Suchtprävention, des Spielerschutzes und der Kriminalitätsabwehr um solche handle, die eine Beschränkung des Glücksspielangebotes rechtfertigten; anderes würde allenfalls nur dann gelten, wenn eine Maximierung von Abgabeneinnahmen das einzige Ziel des GSpG-Monopols wäre, was jedoch deshalb nicht zutreffe, weil in der Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen aufgezeigt werde, dass die Spielsucht in Österreich tatsächlich ein nicht irrelevantes gesellschaftliches Problem darstelle und davon ausgehend eine beschränkte Anzahl von Konzessionären offenkundig effektiver zu überwachen sei als eine unbeschränkte Anzahl von Anbietern; hinzu komme der damit verbundene Lenkungseffekt hin zum erlaubten und überwachten Glücksspiel (S. 22 bis 24).

 

Außerdem werde in dieser Stellungnahme auch auf bereits umgesetzte Maßnahmen – z.B. auf die Einrichtung einer Spielerschutzstelle, auf die Anbindung der Glücksspielautomaten an die Bundesrechenzentrum GmbH, auf die Überwachung der Einhaltung von Spielpausen, auf effektive Zutrittskontrollen, auf Auskunftspflichten der Konzessionäre, auf Aufsichtsbefugnisse staatlicher Behörden und auf bescheidmäßig vorgeschriebene Werbestandards – einerseits sowie auf die umfangreichen Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels hingewiesen. Wenngleich einzelne Werbungen problematisch erscheinen könnten, sei bei einer Gesamtbetrachtung der Werbekonzepte keine unzulässige Werbung zu erkennen, zumal auch in der Stellungnahme keine derartige Praxis festgestellt worden sei (S. 24 und 25).

 

Zusammenfassend ergebe sich daher, dass bei einer Gesamtbetrachtung aller im Verfahren hervorgekommener Umstände eine Gemeinschaftswidrigkeit des Monopolsystems des GSpG nicht vorliege, weil dieses (zumindest auch) jene vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses verfolge; zudem erschienen die Regelungen des GSpG als geeignet, diese Ziele zu erreichen, wobei schließlich auch deren Unverhältnismäßigkeit nicht hervorgekommen sei (S. 25 und 26).

 

3.3.4. Dem gegenüber hat der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zum Beweis dafür, dass mit dem im GSpG verankerten Monopolsystem tatsächlich nicht bzw. weder systematisch noch kohärent das Ziel eines effektiven Spielerschutzes bzw. der Kriminalitätsbekämpfung, sondern vorrangig das Ziel einer Erhöhung der Staatseinnahmen verfolgt werde, dass die Geschäftspolitik der Monopolisten, im Besonderen deren Werbemaßnahmen, zum Zweck der Hinlenkung zum erlaubten Glücksspiel weder maßvoll noch zielgerichtet sei und dass das GSpG-Monopol dem Unionsrecht widerspreche bzw. dass die im GSpG vorgesehenen Beschränkungen jeweils nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprächen, zunächst mit Schriftsatz vom 20. April 2014 ein ergänzendes Vorbringen erstattet.

 

Darin wird zunächst (vgl. S. 2 und 3) unter Heranziehung von Entscheidungen des EuGH darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall von einem Sachverhalt mit Auslandsbezug auszugehen sei, weil bei Supportleistungen von einem in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union niedergelassenen Dienstleister – mit Blick auf die Letztempfänger dieser Dienstleistungen – auch das inländische Unternehmen an der unionsrechtlich garantierten Grundfreiheit partizipiere (vgl. z.B. EuGH vom 6. November 2003, C-243/11, RN 58).

 

Von der unzweifelhaften Tatsache, dass das Monopolsystem des GSpG einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit verkörpere, ausgehend werde dieses im rechtswissenschaftlichen Schrifttum nahezu einhellig als unionsrechtswidrig qualifiziert (S. 4 und 5). Davon abgesehen habe der EuGH in seiner Judikatur gleichsam ein präzises Prüfprogramm zur ausnahmsweisen Vereinbarkeit einer Eingriffsregelung in diese Grundfreiheit entwickelt, dem sich im Übrigen auch der OGH angeschlossen habe; danach habe der Mitgliedstaat den Nachweis zu führen, dass Spielsucht und kriminelle Aktivitäten tatsächlich ein Problem darstellen und diesem nur durch eine Ausweitung von zugelassenen Spielen abzuhelfen und die Geschäfts- und Werbepolitik des Konzessionärs maßvoll und begrenzt ist sowie, dass das Gesamtsystem der Monopolregelungen vor dem Hintergrund der konkreten Anwendungspraxis den Vorgaben des EuGH hinsichtlich seiner rechtlichen und praktischen Kohärenz genügt (S. 5 bis 7). Wie sich insbesondere auch aus einem Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes (vom 20. Juni 2013, BVerwG 8 C 10.12) ergebe, führe die Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit einer Monopolregelung zur Unanwendbarkeit sämtlicher darauf fußender Einzelmaßnahmen; dies insbesondere deshalb, weil die Geschäfts- und Werbepolitik der Alleinkonzessionäre den insoweit klaren Vorgaben des EuGH widerspreche, denn diese sei nicht bloß maßhaltend, sondern aggressiv, wie sich dies einerseits aus der rechtswissenschaftlichen Literatur, aber auch – unter zahlreichen, bloß beispielhaften Hinweisen auf entsprechende Medieneinschaltungen – aus dem tatsächlichen Verhalten der Ö L GmbH und der C A AG (Anregung zur aktiven Teilnahme am Spiel, Zuschreibung eines positiven Images, Versprechen bedeutender Gewinne, Animierung neuer Zielgruppen und Ausdehnung des inhaltlichen Angebotes) zweifelsfrei ergebe; dies sei auch in einem Urteil des Landesgerichtes Linz bereits rechtskräftig festgestellt worden (S. 10 bis 23).

 

Dass es den Monopolbestimmungen des GSpG bei einer Gesamtbetrachtung an der vom EuGH geforderten Kohärenz fehle, ergebe sich einerseits aus der inhomogenen Regelung der unterschiedlichen Glücksspielarten (Lotterien, Spielbanken, Pokersalons, Sportwetten, Ausspielungen mit Glücksspielautomaten), andererseits aber auch daraus, dass im Besonderen das Automatenglücksspiel länderweise unterschiedlich geregelt sei; dies werde auch in zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen bestätigt (S. 23 und 24).

 

Außerdem werde auch von den Konzessionären selbst zugestanden, dass lediglich das Ziel des Spielerschutzes die Monopolregelung zu rechtfertigen vermöge; im Ergebnis seien jedoch jedenfalls bis zur Novelle BGBl I 13/2014 tatsächlich keineswegs die einzelnen Spieler, sondern vielmehr die Bewilligungsinhaber geschützt worden, wenn diese im konkreten Einzelfall jeweils nur bis zur Höhe des Existenzminimums zu haften gehabt hätten (S. 24 bis 26). In die gleiche Kerbe schlage der in § 56 Abs. 1 GSpG normierte Rechtsmittelausschluss gegen unbotmäßige Werbung und der Umstand, dass mit den GSpG-Novellen der Jahre 2008 und 2010 in Wahrheit eine Maximierung der Staatseinnahmen das Primärziel gewesen sei (S. 26 und 27).

 

Darüber hinaus ergebe sich aus einem einschlägigen Gutachten, dass in den Jahren 2010 bis 2014 eine effektive Umsetzung der Spielerschutzbestimmungen des GSpG ausgeblieben sei und die Gesamtkonzeption des Gesetzes insoweit in Wahrheit vollkommen versagt habe. Dies zeige sich v.a. daran, dass die Finanzierung der Spielerschutzstabsstelle keineswegs gesichert, sondern diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben vielmehr von freiwilligen Spenden der Glücksspielanbieter abhängig sei; ebenso sei die Frage der Finanzierung und Betreuung bzw. Behandlung von Spielsüchtigen nach wie vor ungeklärt. Dazu komme, dass es – wie in der Praxis stichprobenartig nachgewiesen – auch für Jugendliche problemlos möglich sei, sogar in konzessionierten Lokalen durchgehend 9 Stunden – im Extremfalls sogar 13 Stunden – lang an Glücksspielgeräten spielen zu können, weil es bislang keine Verpflichtung zur Schaffung und Benützung von betreiberübergreifenden Spielerausweisen gebe (S. 27 bis 32).

 

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass nicht nur das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich bloß im vorliegenden Verfahren, sondern auch schon das Landesgericht Linz festgestellt habe, dass keine Rechtfertigung dafür ersichtlich sei, weshalb die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele nur im Wege einer Monopolregelung erreicht werden könnten (S. 32 bis 35).

 

Tatsächlich bilde Österreich das europaweite Schlusslicht im Bereich der Spielsuchtprävention; zudem sei die Spielsuchtproblematik und die Anzahl der Spielsüchtigen seit der GSpG-Novelle 2010 nicht nur nicht zurückgegangen, sondern sogar gestiegen, und zwar v.a. im Bereich des online-Glücksspiels seit dem Jahr 2011 offiziell von 19% auf gegenwärtig 41%, wobei die Dunkelziffer wesentlich höher liege (S. 35 bis 37).

 

Da im Glücksspielbereich zudem keine Geldwäscheproblematik bestehe, könne insgesamt nicht zweifelhaft sein, dass die vom EuGH aufgestellten und kumulativ zu erfüllenden Anforderungen an die Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols allesamt nicht erfüllt seien, sodass sich die im GSpG verankerte Regelung als unionsrechtswidrig erweise und damit auch keine Grundlage für eine Bestrafung des Beschwerdeführers bilden könne (S. 38).

 

3.3.5. In seinem weiteren, als „Urkundenvorlage“ bezeichneten Schriftsatz vom 29. April 2015 verweist der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zunächst auf die Anfrage des E S vom 24. September 2014 (2559/J, 25. GP) sowie die dazu ergangene Beantwortung der Bundesministerin für Inneres vom 21. November 2014 (2405/AB, 25. GP). Daraus geht insgesamt hervor, dass seitens des Innenministeriums keine Statistiken über die Anzahl von sicherheitsbehördlichen Ermittlungen gegen Glückspieler und Wetteilnehmer geführt werden. Im Jahr 2013 wurden in Österreich insgesamt 74 Fälle von sog. „Beschaffungskriminalität“ (bloß) angezeigt; ein Trend für 2014 ist zum damaligen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar gewesen.

 

Weiters wird zum einen auf die Homepage „http://spieler-info.at“ hingewiesen, wonach die Präsidentin des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“[4] zufolge eines am 3. April 2015 auf dieser Internetseite geposteten Eintrages davon ausgehe, dass trotz des Verbotes des Automatenglücksspiels im Land W kein Rückgang der Spielsucht, sondern vielmehr ein Umstieg zu legalen inländischen Glücksspielanbietern bzw. ins angrenzende Ausland zu erwarten sei. Zum anderen ergebe sich aus einer von der Homepage „www.ots.at“ abrufbaren Pressaussendung vom 8. April 2014 insbesondere, dass die legalen inländischen Glücksspielanbieter (Österreichische Lotterien, Casinos Austria International und die Entertainment-Tochter mit den Geschäftsbereichen Online, Video Lottery Teminals und Sportwetten) im Vorjahr ihre Umsätze und Gewinne wieder erheblich hätten steigern können, sodass sie zu den „Top-5-Steuerzahlern in Österreich“ zählen würden, weil „552 Millionen Euro ..... im Jahr 2014 über Steuern und Abgaben ans Finanzministerium abgeführt“ worden seien.

 

Schließlich wurden noch Verhandlungsprotokolle über beim LG Steyr anhängige wettbewerbsrechtliche Verfahren (zu 2 Cg 46/14 vom 21. Jänner 2015 sowie zu 2 Cg 48/14 vom 27. März 2015) vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass der Spielerschutz in Deutschland vergleichsweise effektiver als in Österreich ausgestaltet und bis zum Jahr 2014 kein signifikanter Rückgang der Spielsucht feststellbar gewesen sei; dass die Spielsuchthilfeorganisationen bis dato über keine geregelte Finanzierung verfügen, sondern insoweit von den legalen Glücksspielanbietern abhängig sein würden; sowie, dass der Spielerschutz angesichts der Vielzahl von nicht registrierten Spielern völlig wirkungslos sei, wie z.B. insbesondere dann, wenn diese beim Online-Glücksspiel eine anonyme e-mail-Adresse verwenden.   

 

3.3.6. Vor dem Hintergrund dieser Beweisaufnahme und in Würdigung von deren Ergebnissen ging das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich sodann vorläufig von folgender Faktenlage aus:

 

3.3.6.1. Zum Problemfeld „Spielerschutz, Spielsucht und Prävention“

 

Der Ausgangspunkt, nämlich die Zahl von insgesamt 64.000 (verhaltensauffällig bzw. pathologisch) glücksspielsüchtigen Personen in Österreich entstammt einer vom „Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg“[5] im Auftrag der „Österreichischen ARGE Suchtvorbeugung“[6] bzw. des Instituts für Suchprävention (ISP) der Sucht- und Drogenkoordination Wien[7] im Zeitraum Mai 2009 bis Februar 2011 erstellten Studie, deren Ergebnisse auch in Buchform veröffentlicht wurden (vgl. Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, im Folgenden auch kurz: Kalke u.a., Glücksspiel und Spielerschutz) und deren primäre Zielsetzung in der Erstellung einer wissenschaftlichen Basis für künftige Glücksspielpräventionsmaßnahmen bestand (vgl. Arthur Schroers und Christoph Lagemann, in: Kalke u.a., Glücksspiel und Spielerschutz, insbes. S. 12 f).

 

Konkret wurde diese Zahl derart ermittelt, dass in sämtlichen neun Bundesländern aus der Menge aller deutsch sprechenden Österreicher der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren (insgesamt 5,836.144) jeweils ca. 700 Personen ausgewählt und mit diesen eine telefonische Umfrage (sog. „Repräsentativbefragung“) mit durchgeführt wurde; von den solcherart insgesamt 6.324 Befragten gaben 27 Personen (≈ 0,43%) an, (nach eigener subjektiver Einschätzung) ein problematisches Spielverhalten bzw. 41 Personen (≈ 0,65%) an, ein pathologisches Spielverhalten aufzuweisen; insgesamt 68 Personen qualifizierten sich demnach selbst als „spielverhaltensproblematisch“ bzw. „pathologisch spielsüchtig“, während „die weit überwiegende Mehrzahl der an Glücksspielen teilnehmenden Personen“ – nämlich insgesamt 98,91%, wobei auf 97,23% der Befragten überhaupt keines der insgesamt 10 Kriterien des „diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störungen“ (sog. DSM-IV-Kriterien) zutraf[8] – „keine spielbezogenen Probleme zeigt(e)“ (vgl. Sven Buth, in: Kalke u.a., Glücksspiel und Spielerschutz, S. 161). Statistisch hochgerechnet ergibt dies einerseits eine absolute Zahl von ca. 25.096 bzw. von ca. 37.935 Personen – und damit insgesamt von ca. 63.031 Personen –, die sich nach eigener Einschätzung als verhaltensauffällige bzw. pathologische Spieler bezeichnen, denen andererseits 5,772.530 Personen ohne Spielprobleme gegenüberstehen.

 

Seither wird diese bloß statistisch errechnete Gesamtanzahl von „64.000 Spielsüchtigen“ allseits unreflektiert weitertradiert, wie sich dies beispielsweise auch aus den „Factsheets Sucht“[9] des „Instituts Suchtprävention (IS) pro mente Oberösterreich“[10] (aktuell: Version 2.3 vom 2. September 2014, S. 5) ergibt, obwohl sich dort zumindest einerseits die Feststellung findet, dass es sich um „die erste und bisher einzige repräsentative telefonische Befragung der österreichischen Bevölkerung (im Alter von 14 bis 65 Jahren)“ handelte und andererseits kritisch klargestellt wird, dass „der Begriff ‚Abhängigkeit‘ ..... in dieser Allgemeinheit nicht unproblematisch [ist], da er in den verschiedenen Verhaltens- und Suchtbereichen eine jeweils andere Bedeutung besitzt und sich unter diesem Begriff unterschiedlichste Problematiken versammeln. Insbesondere bei Alkohol und Nikotinzahlen zielen die oben angeführten Zahlen eher auf körperliche Abhängigkeit, während die Verhaltenssüchte von Natur aus in rein psychischer Abhängigkeit begründet sind.“ (S. 4, FN 1; Hervorhebungen nicht im Original). Von einer solchen in Bezug auf Glücksspiel als „rein psychischer Abhängigkeit“ ausgehend kann es daher auch kaum überraschen, dass die Absolutzahl an (pathologisch) Spielsüchtigen (38.000), v.a. aber die vom IS ebenfalls erhobene Anzahl an Kauf- (565.000) und Medikamentensüchtigen (90.000 bis 130.000) beispielsweise die absolute Anzahl an Drogenabhängigen (25.000 bis 37.000) überwiegt (vgl. S. 4).

 

Nicht überzeugend erscheint dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich daher v.a. die dem „Glücksspielbericht 2010-2013“ des Bundesministers für Finanzen zu Grunde liegende Methode, aus einer telefonischen Umfrage mit 6.300 Personen, in der insgesamt bloß 68 Befragte – und noch dazu subjektiv sowie auf Basis von keinesfalls präzisen sowie kaum objektivierbaren Kriterien[11] – ein auffälliges oder sogar pathologisches Spielverhalten angegeben haben, darauf zu schließen, dass es in Österreich nicht nur statistisch-wahrscheinlich, sondern tatsächlich insgesamt 64.000 spielsüchtige Personen in der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren geben soll. Vielmehr handelt es sich insoweit bloß um einen fiktiven mathematischen Wert, hinsichtlich dessen seit der überwiegend im Jahr 2010 durchgeführten Erhebung auch kein weiterer Versuch einer nachfolgenden Verifizierung unternommen wurde. Objektiv besehen vermag sich die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen sohin nicht auf eine entsprechende faktische Untermauerung zu gründen und kann daher einer gerichtlichen Entscheidung nicht als erwiesene Tatsache zu Grunde gelegt werden[12].

 

Da sonstige diesbezügliche Nachweise weder vorgelegt wurden noch erkennbar sind, geht das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich somit bis zum Beweis des Gegenteils (der den staatlichen Behörden obliegt) davon aus, dass es sich bei der Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen lediglich um eine nicht nachvollziehbare Vermutung handelt.

 

Vor einem derartigen Hintergrund, also auf einer Basis von bloß 68 Personen, die sich im Zuge eines Telefongespräches selbst als pathologisch süchtig bzw. verhaltensauffällig glücksspielend eingeschätzt haben, ist demnach im Ergebnis zu konstatieren, dass die Spielsucht in Österreich weder zum Zeitpunkt der Erlassung der GSpG-Novelle 2010 noch gegenwärtig ein überdurchschnittlich maßgebliches oder gar gesamtgesellschaftlich relevantes Problem darstellt(e), das ein unabdingbar gebotenes und unverzügliches Einschreiten des Gesetzgebers oder der staatlichen Behörden erfordert hätte oder erfordern würde.

 

Selbst wenn die Spielsucht daher gesamthaft gewichtet de facto keine maßgebliche Problematik bildete und deshalb auch keine tatsächliche Notwendigkeit für die unverzügliche Setzung von umfassenden Spielerschutzmaßnahmen bestand, liegt es aber grundsätzlich innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes eines Staates, im Rahmen der ihm insgesamt zur Besorgung zukommenden Aufgaben allenfalls auch solche bevorzugt zu erledigen, deren Vordringlichkeit objektiv besehen nicht auf der Hand liegt. Aus diesem Blickwinkel – d.h. gleichsam abstrakt – betrachtet erscheinen die im GSpG vorgesehenen Maßnahmen (wie z.B. Einrichtung einer Spielerschutzstabsstelle und verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, Zutrittssysteme und Zugangskontrolle, Mindestdauer pro Spiel, Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz- und Gewinnlimits, Verbot parallel laufender Spiele, Abkühlphase, Mindestabstandsregelungen, Schulungskonzepte für Mitarbeiter, etc.) aber weder als prinzipiell ungeeignet noch als unverhältnismäßig, die Erreichung der Ziele „Spielerschutz und Suchtprävention“ zuverlässig zu gewährleisten.

 

Das diesbezüglich nicht unplausibel begründete Beschwerdevorbringen, dass diese Maßnahmen bislang de facto noch nicht bzw. bloß erst zum Teil umgesetzt wurden, vermag daran zumindest während der Startphase des mit der GSpG-Novelle 2010 begonnenen Systemwechsels – die zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tathandlung (Februar bis November 2010) zweifelsfrei noch gegeben war (ansonsten aber wohl kaum über das erste Viertel oder Drittel der Laufzeit der befristet erteilten GSpG-Konzessionen hinausgehen kann) – nichts zu ändern.

 

Allerdings können gesamthaft betrachtet Spielerschutz und Suchtvorbeugung schon mangels eines entsprechenden faktischen Bedarfes nicht als das mit dem Monopolsystem des GSpG tatsächlich verfolgte Primärziel, sondern vielmehr bloß als ein aus anderen Prioritäten resultierender Nebeneffekt angesehen werden.

 

3.3.6.2. Zum Problemfeld „Glücksspielkriminalität und Kriminalitätsbekämpfung“

 

Insoweit ergibt sich sowohl aus den Gesetzesmaterialien als auch aus dem Glücksspielbericht 2010-2013 des Bundesministers für Finanzen, dass schon im Jahr 2006 aus dem Motiv der Glücksspielsucht heraus (lediglich) 38 Fälle von Beschaffungskriminalität (gewerbsmäßiger Diebstahl, schwerer Raub und gewerbsmäßiger Betrug) und im ersten Halbjahr 2007 weitere 36 solcher Fälle begangen worden seien. Allerdings habe es im Jahr 2011 insgesamt bloß 11 gerichtliche Verurteilungen nach § 168 StGB gegeben, die zu 7 Geldstrafen, jeweils einer bedingten und teilbedingten Freiheitsstrafe sowie zu zwei anderen Sanktionen geführt hätten; im Jahr 2012 sei es nur zu 2 gerichtlichen Verurteilungen nach § 168 StGB gekommen, wobei in beiden Fällen bloß eine Geldstrafe verhängt worden sei.

 

Dem gegenüber seien in den Jahren 2010 bis 2012 von den Verwaltungsstrafbehörden I. Instanz 638 Straferkenntnisse erlassen und 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen angeordnet worden, von denen in II. Instanz 478 Straferkenntnisse, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen bestätigt worden seien.

 

Selbst wenn man diese Zahlen vorbehaltslos als zutreffend unterstellt, ergibt sich schon allein daraus, insbesondere aber in Verbindung mit der durch die GSpG-Novelle BGBl I 13/2014 vorgenommenen Umkehrung der bisherigen Subsidiaritätsregel (vgl. § 52 Abs. 3 GSpG i.d.g.F.), hinsichtlich der der VfGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 10. März 2015, E 1139/2014, der Sache nach (neuerlich) bestätigt hat, dass das behördliche im Verhältnis zum gerichtlichen Strafrecht mit Blick auf das wesentlich geringere Höchstausmaß einer potentiell drohenden Freiheitsstrafe die deutlich weniger einschneidende Maßnahme darstellt, für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich, dass das Automatenglücksspiel in Österreich weder vor noch nach der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 ein echtes sicherheitspolitisches Problem darstellte. Dazu kommt, dass auch der EuGH (vgl. z.B. dessen Urteil vom 31. März 2011, C 347/09, RN 84, m.w.N.) unter „Kriminalität“ nicht bloß Verstöße gegen ordnungspolitische und/oder Monopolsicherungsvorschriften, sondern vielmehr erhebliche Eingriffe in die Rechtssphäre anderer Personen, insbesondere der Spieler und deren Angehöriger, versteht (siehe schon oben, I.7.2.1.).

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erachtet es daher als erwiesen, dass de facto beide Novellierungen des GSpG (BGBl I 73/2010 und BGBl I 13/2014) nicht zu einer „Entkriminalisierung“ in jenem Sinne, wie diese vom EuGH gefordert wird, geführt haben. Denn gesamthaft betrachtet bildete die weitaus überwiegende Anzahl der geahndeten Vergehen bloße Ordnungsverstöße, die auf einer Nichtbeachtung von Vorschriften zur Sicherung des Monopolsystems beruhten, nicht aber davon losgelöste echte Fälle von mittlerer und schwerer (insbesondere Beschaffungs-)Kriminalität. Deutlicher als dadurch, dass dem gerichtlich strafbaren Tatbestand – als dem vergleichsweise gravierenderen Delikt – mit der Novelle BGBl I 13/2014 bewusst jeglicher Anwendungsbereich entzogen wurde, lässt sich wohl kaum zum Ausdruck bringen, dass das Glücksspiel für den österreichischen Staat in Wahrheit kein kriminal- und sicherheitspolitisch relevantes Problem darstellt.

 

Dem gegenüber kann die Effizienzsteigerung der verwaltungsbehördlichen Strafverfolgung nicht als eine primär-ursprüngliche Notwendigkeit, sondern bloß als eine aus der Einrichtung des Monopolsystems zu dessen weiterer Aufrechterhaltung erforderliche und sohin gleichsam zwangsläufig resultierende Folgewirkung qualifiziert werden, wobei sich in diesem Zusammenhang zudem auch noch die Frage der Verhältnismäßigkeit der damit verbundenen umfassenden (teilweise bereits an der Grenze des rechtsstaatlich noch Vertretbaren liegenden) Eingriffsbefugnisse stellt.

 

3.3.6.3. Zum Problemfeld „Erhöhung der Staatseinnahmen“

 

Dass die Beibehaltung des Monopolsystems zu einer Sicherung von Staatseinnahmen in einem nicht unerheblichen Ausmaß (von ca. 500 Mio. Euro jährlich) führt, wurde schon im anlassfallbezogenen Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH auch von der Bundesregierung selbst gar nicht in Abrede gestellt (wenngleich dort bloß als ein „erfreulicher Nebeneffekt“ bezeichnet)[13]; Gleiches lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle 2010 sowie aus einer Pressaussendung der beiden Monopolinhaber „Casinos Austria AG“ und „Österreichische Lotterien GmbH“ vom 8. April 2015 über das Geschäftsjahr 2014 ableiten, wonach diese Konzessionäre zu den „Top-5-Steuerzahlernin Österreich (2014: insgesamt 552 Mio. Euro) gehören[14].

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich geht daher davon aus, dass das bestehende Monopolsystem – in einem wesentlichen Ausmaß, wenn nicht sogar vorrangig – der Sicherung von Staatseinnahmen dient, wie sich dies insbesondere auch daran zeigt, dass der Staat das Glücksspielangebot trotz der damit verbundenen kostenaufwändigen Kontrollintensität vollständig auslagern („privatisieren“) konnte, wobei die Konzessionäre nicht nur eine hohe Abgabenquote trifft, sondern diese auch die bereits mit der Konzessionserteilung verbunden exorbitanten Gebühren zu tragen sowie in der Folge in einem nicht unerheblichen Ausmaß auch aus eigenem die gesetzlichen Spielerschutz- und Suchtpräventionsmaßnahmen zu finanzieren haben. 

 

3.3.6.4. Zum Problemfeld „Geschäftspolitik der Konzessionsinhaber, insbesondere Werbemaßnahmen“

 

Dass die Geschäftspolitik der Konzessionsinhaber, im Besonderen deren Werbemaßnahmen, grundsätzlich aggressiv darauf ausgerichtet sind, zum Spielen der von den beiden Hauptkonzessionären angebotenen Glücksspielarten zu animieren, ist geradezu notorisch, wie jeder willkürliche Blick in ein zufällig ausgewähltes Print- oder elektronisches Medium, insbesondere jede Konsumation von durch Werbeeinschaltungen unterbrochenen Fernseh- und Hörfunksendungen zur  sog. „Prime-Time“ zeigt.

 

Diese expansionistische Geschäfts- und Werbestrategie scheint sich allerdings im Ergebnis deshalb nicht als unzulässig und damit auch nicht als unionsrechtswidrig zu erweisen, weil ein wesentliches – und vom EuGH auch anerkanntes – Ziel eines Monopolsystems auf diesem bislang nicht harmonisierten Sektor darin liegt, die angesprochenen Zielgruppen vom illegalen Glücksspiel hin zu den erlaubten Glücksspielanbietern und -arten zu lenken; daher dürfte sich gerade in einer sog. „Startphase“ des mit der GSpG-Novelle 2010 begonnenen Systemwechsels – die zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tathandlung (Februar bis November 2010) zweifelsfrei noch gegeben war (ansonsten aber wohl kaum über das erste Viertel oder Drittel der Laufzeit der befristet erteilten GSpG-Konzessionen hinausgehen kann) – eine auch aggressive Werbung nicht als unzulässig erweisen.

 

Anzumerken ist allerdings, dass sich aus den von den Verfahrensparteien vorgelegten Beweismitteln nicht ergeben hat – und für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich auch sonst nicht feststellbar ist –, dass es auch gezielte Werbeaktivitäten dahin gibt, die im vorgenannten Sinn speziell auch auf das Automatenglücksspiel Bezug nehmen (was zumindest bezüglich der Landesausspielungen auch darin begründet sein könnte, dass diese in einzelnen Bundesländern faktisch noch gar nicht etabliert ist). 

 

3.3.6.5. Zum Problemfeld „Kohärenz der Monopolregelung“ und „Verhältnismäßigkeit der Eingriffsmaßnahmen“

 

Vor dem Hintergrund, dass die konsequenteste (freilich nicht nur mit einem gänzlichen Verzicht auf staatliche Einnahmen, sondern sogar mit hohen Kosten für eine effiziente Kontrolle verbundene) Maßnahme eines absoluten Verbots des Glücksspiels vom Bundesgesetzgeber nicht (bzw. bloß von einigen Landesgesetzgebern) gewählt wurde, ließe sich eine Feststellung dahin, dass die im GSpG konkret verankerte Monopolregelung dem Gebot der Kohärenz der Zielerreichung entspricht, nur dann treffen, wenn sich zuvor zweifelsfrei annehmen lässt, dass einerseits Spielerschutz, Suchtprävention und Kriminalitätsbekämpfung vom Gesetzgeber tatsächlich als Primärziele beabsichtigt waren und andererseits diese Ziele von der vollziehenden Gewalt seither sowohl tatsächlich als auch konsequent umgesetzt wurden.

 

Beides dürfte jedoch – wie zuvor unter 3.3.6.1. und 3.3.6.2. ausgeführt – jeweils nicht der Fall gewesen sein.

 

Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich bilden Spielerschutz, Suchprävention und Kriminalitätsvorbeugung nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der mit der GSpG-Novelle 2010 begonnene Systemwechsel gegenwärtig noch immer in der Startphase befindet, lediglich Nebenziele, denen im Verhältnis zu den beiden Hauptzielen der Sicherung bzw. Erhöhung der Staatseinnahmen einerseits und der Aufrechterhaltung des Monopolsystems andererseits bloß untergeordnete Bedeutung zukommt.

 

Selbst wenn dies nicht zutreffen würde, ließe sich aber auch kein stichhaltiges Argument dafür finden – und wurden hierfür insbesondere auch seitens der belangten Behörde und der Amtspartei keine entsprechenden Beweismittel vorgelegt –, dass die mit der GSpG-Novelle beabsichtigten Ziele (Spielerschutz und Sucht- sowie Kriminalitätsvorbeugung) lediglich durch das vom Bundesgesetzgeber konkret gewählte, extrem eingriffsintensive (nämlich nur noch durch ein gänzliches Verbot zu übertreffende) Monopolsystem und nicht gleichermaßen effizient auch durch weniger einschneidende Maßnahmen – wie z.B. durch ein Konzessionssystem, das zwar in analoger Weise wie das derzeit bestehende sowohl intensive Spielerschutz-, Zugangs-, Schulungsmaßen etc. zu Lasten der Bewilligungsinhaber als auch rigorose staatliche Kontrollmaßnahmen vorsieht, aber darauf verzichtet, die Anzahl der zu vergebenden Konzessionen (im Sinne einer Bedarfsprüfung) zahlenmäßig zu beschränken – erreicht werden kann.

 

Würde sich das System als solches hingegen nicht als unverhältnismäßig erweisen, so wäre schließlich noch zu prüfen, ob sich die behördlichen Eingriffsbefugnisse (wie insbesondere Betretungs-, Einschau- und Auskunftsrechte; Verwaltungsstrafen; Beschlagnahmen; Einziehungen; Betriebsschließungen) jeweils im Einzelnen bzw. in ihrer Gesamtheit als verhältnismäßig erweisen.

 

3.3.6.6. Stellungnahmen der Verfahrensparteien

 

Diese (vorläufigen) Ergebnisse des Beweis- und Ermittlungsverfahrens wurden vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich sämtlichen Verfahrensparteien in Wahrung des rechtlichen Gehörs mit Schreiben vom 28. April 2015 zur Kenntnisnahme übermittelt; gleichzeitig wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt, hierzu bis zum 26. Mai 2015 eine Stellungnahme abzugeben.

 

3.3.6.6.1. Die Amtspartei (Finanzamt Linz) hat hierzu mit Schreiben vom 5. Mai 2015 „auf die Abgabe einer neuerlichen Stellungnahme ..... verzichtet“ sowie auf neuere Entscheidungen des VfGH sowie der Landesverwaltungsgerichte Niederösterreich, Wien, Salzburg, Vorarlberg und Oberösterreich verwiesen.

 

3.3.6.6.2. Die belangte Behörde (Bezirkshauptmann von Linz-Land) hat sich weder innerhalb der gesetzten Frist noch bis dato geäußert.

 

3.3.6.6.3. Der Beschwerdeführer hat in einem Schreiben vom 26. Mai 2015 zunächst darauf hingewiesen, dass es sich – wie dem Erkenntnis des VfGH vom 12. März 2015, G 205/2014, zu entnehmen sei – bei den in § 5 GSpG normierten Anforderungen nicht um dem Spielerschutz, sondern primär der Abgrenzung des Monopols des Bundes von den Landesausspielungen dienenden Regelungen handle. Außerdem würden für Ausspielungen mittels in Spielbanken aufgestellten Automaten ohnehin keine Einsatz- und Gewinnlimits gelten. Da auch die vorgesehene sog. „Abkühlphase“ faktisch nicht zielgerichtet zum Tragen kommen könne und zudem keine einheitlichen, sowohl Bundes- als auch Landesausspielungen erfassende Spielerschutzregelung existierten, würden sich die entsprechenden, im GSpG normierten Ge- und Verbote insgesamt als ineffektiv erweisen.

 

Hinsichtlich des Problemfeldes der Kriminalitätsbekämpfung sei zu betonen, dass den Strafverfolgungsbehörden – wie etwa im Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten – jegliche Instrumentarien für eine Resozialisierung spielsüchtiger Straftäter fehlen würden.

 

Dass das vorrangige Ziel des Monopolsystems vornehmlich darin liege, die Staatseinnahmen zu erhöhen, zeige sich eindrucksvoll in der jüngst in den Medien verlautbarten Absicht des Finanzministers, die Casinos Austria AG als einen der derzeitigen Monopolinhaber zur Gänze verstaatlichen und anschließend mit maximalem Gewinn wieder verkaufen zu wollen.

 

Schließlich erweise sich auch die Geschäftspolitik der derzeitigen Konzessionsinhaber als unionsrechtswidrig, was sich insbesondere anhand von deren aggressiven Werbemaßnahmen (wie sog. „Gratis-Automaten-Turniere“ etc.) zeige. Weiters sei es auch unzutreffend, dass sich diese Konzessionäre noch in einer sog. „Startphase“ befinden würden, wurde doch die Casinos Austria AG bereits im Jahr 1934 und die Österreichische Lotterien GmbH im Jahr 1986 gegründet. Zuletzt sei noch darauf hinzuweisen, dass diese auch Online-Glücksspiele, die überhaupt keiner Kontrolle hinsichtlich Spielerschutzmaßnahmen unterlägen, anbieten würden.

 

3.3.6.7. Ergebnis

 

Auf Grund des vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich durchgeführten Beweis- und Ermittlungsverfahrens lassen sich zusammengefasst folgende faktische Gegebenheiten feststellen:

 

3.3.6.7.1. Zum Tatsachensubstrat der von den Verfahrensparteien vorgelegten sowie der von Amts wegen erhobenen Beweismittel

 

* Die Erläuterungen zu den Regierungsvorlagen und die Berichte des Finanzausschusses des Nationalrates zu den Novellierungen des GSpG[15] enthalten zum weitaus überwiegenden Teil bloß rechtspolitische Absichtserklärungen (wenngleich die jeweiligen kostenbezogenen Ausgaben- und Einnahmenschätzungen als durchaus nachvollziehbar erscheinen); als gleichermaßen plausible und unwidersprochene Tatsachen kann diesen Unterlagen – soweit für die verfahrensgegenständlichen Fragestellungen relevant – bloß die Anzahl der in den Jahren 2011 bis 2013 durchgeführten finanzpolizeilichen Kontrollen (285, 797 bzw. 664 in den Jahren 2011 bis 2013), der in deren Zuge vorläufig beschlagnahmten Eingriffsgegenstände (1.119, 2.547 bzw. 1.341) sowie der in der Folge an Behörden und Gerichte erstatteten Strafanträge (830, 1.970 bzw. 1.003) entnommen werden (vgl. 24 BlgNR, 25. GP, S. 9).

 

* Der auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen veröffentlichte „Glücksspiel Bericht 2010-2013“[16] enthält selbst keine Bezugnahme auf eine allfällige Rechtsgrundlage. Objektiv lässt sich daher nicht beurteilen, ob es sich hierbei um den in § 60 Abs. 25 Z. 5 GSpG gesetzlich geforderten „Evaluierungsbericht“ handelt. Jedenfalls weist dieser Bericht zweifelsfrei weder die rechtliche Qualität eines Sachverständigengutachtens noch einer wissenschaftlichen Abhandlung o.Ä. auf.

 

Soweit er inhaltlich über eine bloße Darstellung der Rechtslage und der Zielsetzungen der in diesem Zeitraum ergangenen Novellierungen des GSpG hinausgeht, wird einerseits auf eine wissenschaftliche Studie der Universität Hamburg verwiesen; die in dieser Untersuchung erhobene Anzahl von 64.000 glücksspielsüchtigen Personen in Österreich wurde allerdings nicht faktisch verifiziert, sondern lediglich statistisch hochgerechnet, sodass diese Zahl – davon ausgehend, dass sich tatsächlich bloß 68 der telefonisch befragten Personen selbst als glücksspielsüchtig eingeschätzt haben – einem gerichtlichen Verfahren nicht als Faktum zu Grunde legen lässt.

 

Dem gegenüber haben sich andererseits keine Anhaltspunkte ergeben, dass die im Wege einer anderen Studie erhobene Zahl an Fällen von glücksspielmotivierter (Beschaffungs‑)Kriminalität in der Steiermark (38 im Jahr 2006 und 36 im ersten Halbjahr 2007) nicht zutreffen würde; Gleiches gilt zum einen für die Intensivierung der staatlichen Aufsicht über legale Glücksspielanbieter, insbesondere hinsichtlich deren Anbindung an ein Datenrechenzentrum und der bescheidmäßigen Vorschreibung von Werbestandards, sowie zum anderen bezüglich der Zahl von ca. 6.000 vorläufig beschlagnahmten Eingriffsgeräten.

 

* Soweit die im hg. Verfahren zu LVwG-410395 erstattete Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen vom 18. September 2014 inhaltlich über eine Wiederholung des Glücksspielberichtes und eine Darstellung von Rechtsgrundlagen und Eingriffsbefugnissen hinausgeht sowie nicht bloß rechtspolitische Absichtserklärungen enthält, lässt sich dieser entnehmen, dass bei jenem Ministerium seit dem 1. Jänner 2011 die in § 1 Abs. 4 GSpG vorgesehene Stabsstelle für Spielerschutz[17] tatsächlich eingerichtet und mit vielfältigen gesetzlichen Aufgaben betraut ist.

 

* Hingegen ist nicht ersichtlich, dass das in dieser Stellungnahme bezogene Erkenntnis des VfGH vom 6. Dezember 2013, B 1337/11, auf eine dg. eigenständige Faktenerhebung gegründet wäre; Gleiches gilt auch für das Erkenntnis des LVwG vom 15. Dezember 2014, LVwG-410395, die weiteren von der Amtspartei (Finanzamt Linz) in ihrer Stellungnahme vom 5. Mai 2015 bezogenen Erkenntnisse sowie für das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Urteil des (deutschen) Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Juni 2013, 8 C 10.12, in dem dies sogar ebenso vorweg klargestellt wird (vgl. RN 41) wie in den wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen der Zivilgerichte, in denen darauf hingewiesen wird, dass die Nichterwiesenheit maßgeblicher Tatsachen zu Lasten der in jenen Verfahren jeweils beweispflichtigen Parteien geht: Im Ergebnis gründen sich diese Entscheidungen jeweils darauf, dass bzw. welche der von den do. Verfahrensparteien (schriftlich) vorgetragenen Behauptungen jeweils als überzeugender bewertet wurden. Auch die vom Beschwerdeführer angeführten rechtswissenschaftlichen Literaturstellen beruhen nicht auf eigenständigen faktenmäßigen Erhebungen, sondern beschränken sich durchwegs auf eine theoretische Auseinandersetzung mit Rechtsfragen. Im Übrigen darf a priori auch nicht übersehen werden, dass Monopolziele nach der nationalen Verfassungsordnung andere sein können als nach Unionsrecht, sodass der Primärzweck einer Monopolregelung aus dem Blickwinkel des innerstaatlichen Verfassungsrechts etwa in durchaus zulässiger Weise in der staatlichen Einnahmenmaximierung liegen kann; ob bzw. inwieweit eine derartige verfassungsrechtliche Ermächtigung auch mit dem Unionsrecht vereinbar ist, kann aber vom VfGH beispielsweise nicht im Rahmen eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art. 140 B-VG beurteilt werden, weil in einem solchen die Frage der Vereinbarkeit von einfachgesetzlichen Bestimmungen mit dem Europarecht keinen Prüfungsmaßstab bildet; dort ist vielmehr zunächst zu klären, ob das Monopolziel nach nationalem Verfassungsrecht gerechtfertigt ist, sodann ist zu beurteilen, ob in diesem Lichte die gesetzlich vorgesehenen Eingriffe abstrakt dazu geeignet sind, diese nationalem Zielsetzungen zu erreichen und schließlich ist zu prüfen, ob sich diese Befugnisse konkret jeweils als in dem Sinn verhältnismäßig erweisen, dass diese nationalen Zielsetzungen mit weniger eingriffsintensiven Mitteln nicht in vergleichbar effektiver Weise realisiert werden können. Die Problematik der Vereinbarkeit mit Unionsrecht ließe sich vom VfGH am ehesten im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 144 B‑VG – weil dort (u.a.) auch die Bestimmungen der EGRC maßgeblich sind – entscheiden (streng genommen aber gleichsam bloß „obiter dictum“ und somit wie im hier gegenständlichen Verfahren bloß vorläufig, also nicht letztverbindlich, weil diese Kompetenz dem EuGH vorbehalten ist), wobei nach dem Grundsatz der harmonisierenden Interpretation auf allen innerstaatlichen Instanzenebenen auf eine weitestmögliche Widerspruchsfreiheit zwischen nationalem Recht und Unionsrecht zu achten ist, soweit sich eine solche mit den Mitteln zulässiger Auslegung erreichen lässt.

 

* Die Presseaussendung der APA (Originaltextservice) vom 8. April 2015 (vgl. www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150408_OTS0039) über den Geschäftserfolg der „Casinos Austria AG“ und der „Österreichischen Lotterien GmbH“ im Jahr 2014 und die daraus resultierende Steuerleistung von 552 Mio. Euro im Vorjahr entspricht den auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen diesbezüglich veröffentlichten Zahlen (vgl. auch https://service.bmf.gv.at/budget/akthh/2014/201412FH_ug16.htm) und kann daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zutreffend angesehen werden.

 

* Hingegen enthält das vom Beschwerdeführer bezogene Statement der Vorsitzenden der „(Wiener) Spielsuchthilfe“ vom 3. April 2015 bloß Mutmaßungen. Auch der Inhalt der vom Rechtsmittelwerber vorgelegten, in diversen zivilgerichtlichen (wettbewerbsrechtlichen) Prozessen erstatteten Zeugenaussagen durfte im gegenständlichen Verfahren wegen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (vgl. § 48 VwGVG) nicht verwendet werden; davon abgesehen wird in den in jenen Verfahren ergangenen Entscheidungen – wie bereits zuvor angeführt – sogar ausdrücklich klargestellt, dass mangels entsprechender Beweisangebote keine Fakten erhoben wurden (vgl. z.B. Landesgericht Steyr vom 3. April 2015, 2 Cg-48/14y-25, S. 11).

 

3.3.6.7.2. All dies berücksichtigend erachtet das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich daher in tatsächlicher Hinsicht als

 

nicht erwiesen,

 

·         dass in Österreich 64.000 Personen spielsüchtig sind[18] und dass es in Österreich beispielsweise mehr spielsüchtige (substanzunabhängige Verhaltenssucht) als drogenabhängige (substanzabhängige Verhaltenssucht) Personen gibt,

·         dass die Spielsucht in Österreich ein erhebliches, einen unverzüglichen staatlichen Handlungsbedarf hinsichtlich Spielerschutzmaßnahmen begründendes gesellschaftliches Problem darstellt(e), und

·         dass das Glücksspiel, insbesondere das Automatenglücksspiel, tatsächlich ein echtes Kriminalitätsproblem verkörpert(e), weil Verstöße gegen glücksspielrechtliche Bestimmungen nur in relativ geringem Ausmaß schwere (strafgerichtlich zu ahndende) Delikte bildeten; zum weitaus überwiegenden Teil handelte es sich dagegen bloß um Ordnungswidrigkeiten, nämlich um Verstöße gegen Vorschriften zur effektiven Sicherung und Aufrechterhaltung des bestehenden Monopolsystems

 

erwiesen,

 

·         dass die Staatseinnahmen aus dem Glücksspiel jährlich ca. 500 Mio. Euro betragen (und die Monopolbetriebe damit zu den 5 größten Steuerleistern in Österreich zählen),

·         dass der Spielerschutz seit dem Inkrafttreten der GSpG-Novelle 2010 – wenngleich nicht perfektioniert, so doch (im Wege entsprechender Auflagenvorschreibungen an die Konzessionäre) – erheblich verbessert wurde,

·         dass die Monopolinhaber eine aggressive Expansions- und Werbestrategie verfolgen, sowie

·         dass der Staat, insbesondere die staatlichen Behörden die Notwendigkeit einer Monopolregelung nicht nachgewiesen haben, sodass insbesondere nicht erkennbar ist, weshalb eine strenge Konzessionsprüfung (Eigenkapitalausstattung, Spielerschutzauflagen, Vertrauenswürdigkeit, etc. bis hin zu hohen Verfahrensabgaben) ohne zusätzliche (auf eine Bedarfsprüfung hinauslaufende) Beschränkung auf eine bestimmte Zahl von Anbietern zur Zielerreichung nicht in gleicher Weise ausreichend sein soll.

 

3.4. Darüber hinausgehende (Erkundungs-)Beweise waren – schon mangels entsprechender Anträge der Verfahrensparteien – selbst unter Bedachtnahme auf die Maßgeblichkeit des Amtswegigkeitsprinzips[19] nicht zu erheben.

 

Im Besonderen war auch (entgegen der ursprünglich gegenteiligen Annahme des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich selbst) die Einholung eines Sachverständigengutachtens schon deshalb entbehrlich, weil die Bewertung der vom EuGH aufgestellten Kriterien hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit der Monopolregelungen des GSpG mit der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit kein derart spezifisches Sachwissen erfordert, dass besondere Fachkenntnisse eines bestimmten naturwissenschaftlichen Materienbereiches erforderlich wären; vielmehr setzen diese Kriterien bloß eine reine Faktenerhebung voraus. Systematisch besehen geht es also um eine Tatsachenermittlung ex post, nämlich bezogen auf den Tatzeitpunkt, sowie um die nachträgliche Verifizierung von Behauptungen, Absichtserklärungen und/oder Prognosen (und zwar vornehmlich des Gesetzgebers bzw. des Bundesministeriums für Finanzen zwecks Rechtfertigung des Glücksspielmonopols); ob bzw. in wie weit diese jeweils für wahr zu halten sind, verkörpert dem gegenüber ausschließlich eine Frage der Beweiswürdigung.

 

 

 

III.

 

Fortgesetztes Verfahren – Rechtliche Beurteilung

 

1. Maßgebliche Strafnormen

 

1.1. Die Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG lautete bis zum Ablauf des 18. August 2010 (in der Fassung BGBl I 141/2008):

 

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen,

1. wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes zur Teilnahme vom Inland aus veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht;

2. .....“

 

Am 19. August 2010 ist die GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 in Kraft getreten, mit der u.a. auch § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG wie folgt modifiziert wurde:

 

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

2. .....“

 

Im gegenständlichen Fall ist daher § 52 Abs. 1  Z. 1 GSpG für die vor dem 19. August 2010 liegenden Tatzeiträume i.d.F. BGBl I 141/2008, für jene nach diesem Datum liegenden Tatzeiträume hingegen i.d.F. BGBl I 73/2010 anzuwenden (wobei sich beide Normen im Hinblick auf die hier zentrale Problematik nicht maßgeblich unterscheiden).

 

1.2. Nach § 168 StGB war (bzw. ist) derjenige, der ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet(e) oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert(e), um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wurde (bzw. wird).

 

2. Zur Frage der sachlichen Zuständigkeit der belangten Behörde

 

2.1. Ob der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG jeweils erfüllt war, hing – nachdem der VwGH (nach Änderung seiner früheren Judikatur) die Auffassung vertreten hatte, dass es auf den tatsächlich entrichteten Spieleinsatz ankäme (vgl. VwGH vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, u.v.a.), von dieser Rechtsmeinung jedoch im Gefolge des VfGH-Erkenntnisses vom 13. Juni 2013, B 422/2013, (neuerlich) wieder ausdrücklich abgegangen war (vgl. z.B. VwGH vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, u.v.a.) – davon ab, ob es Spielern im Zusammenhang mit ihrer Teilnahme an Ausspielungen möglich war, vermögenswerte Leistungen pro Spiel von höchstens 10 Euro zu erbringen; war hingegen ein Einsatz von mehr als 10 Euro je Spiel möglich, so handelte es sich ex lege nicht mehr um geringe Beträge mit der Folge, dass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter einer allfälligen Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrat.

 

2.2. Weil dem Umstand, dass nunmehr nach der Anordnung des § 52 Abs. 3 GSpG i.d.F. der Novelle BGBl.Nr. I 13/2014 dann, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht ist, nur eine Bestrafung nach dem Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG vorzunehmen ist, für den vorliegenden Fall schon deshalb keine Relevanz zukommt, weil diese Novelle erst am 1. März 2014 – und damit erst lange nach dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Tatzeitpunkt (zumindest seit April bzw. seit August 2010) – in Kraft getreten ist (vgl. § 60 Abs. 34 GSpG i.d.g.F.), war sohin zu klären, ob an einem oder sämtlichen der hier gegenständlichen drei Glücksspielgeräte ein den Betrag von 10 Euro übersteigender Einsatz pro Spiel möglich war und/oder mit diesen vorsätzlich Serienspiele veranlasst bzw. durchgeführt werden sollten.

 

Anderes würde im Hinblick auf das in Art. 7 EMRK verfassungsmäßig verankerte Rückwirkungsverbot von Strafgesetzen dann gelten, wenn § 52 Abs. 3 GSpG i.d.g.F. eine rein prozessuale Bestimmung verkörpern würde. Dies trifft jedoch offensichtlich schon deshalb nicht zu, weil gerade die Frage, ob bzw. inwieweit ein konkreter Straftatbestand von seinen inhaltlichen Voraussetzungen her überhaupt zum Tragen kommt, fraglos (jedenfalls auch) zum essentiellen Kernbereich des in der Erklärung eines derartigen Verhaltens als strafbar zum Ausdruck kommenden Unwerturteils und damit der materiellen Strafbarkeit als solcher zählt (vgl. in diesem Sinne auch Thienel, in: Korinek – Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, RN 6 zu Art. 7 EMRK; Renzikowski, in: Pabel – Schmahl [Hrsg.], Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, RN 33 f zu Art. 7 EMRK; sowie Grabenwarter – Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl., München 2012, § 24, RN 138, unter Hinweis auf EGMR vom 17.12.2009, 19359/04[20]). Wenn jedoch aus dem Erkenntnis des VfGH vom 10. März 2015, E 1139/2014, hervorgehen sollte, dass der mit BGBl I 13/2014 neu gefassten Anordnung des § 52 Abs. 3 GSpG – entgegen der vom VwGH in den Erkenntnissen vom 15. Dezember 2014, Zln. Ro 2014/17/0120 i.V.m. Ro 2014/17/0121, geäußerten Rechtsansicht – auf Grund des in Art. 7 EMRK bzw. Art. 49 EGRC verankerten Günstigkeitsprinzips rückwirkende Kraft zukommt, so würde diese zeitlich später ergangene Entscheidung nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich allerdings auch im gegenständlichen Fall die Bindungswirkung der früheren VwGH-Entscheidungen vom 15. Dezember 2014 aufheben.

 

2.3. Im Ergebnis kann diese Frage jedoch deshalb auf sich beruhen, weil das durchgeführte Beweisverfahren sowohl objektiv als auch nach den Angaben aller verfahrensbeteiligten Parteien ohnehin übereinstimmend ergeben hat, dass an den gegenständlichen Glücksspielautomaten i.S.d. § 168 StGB bloß mit geringen Geldbeträgen gespielt werden konnte bzw. mit diesen nicht vorsätzlich Serienspiele veranstaltet werden sollten (s.o., II. 1.4.).

 

Somit ist die belangte Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG – und nicht des § 168 StGB – anzulasten ist, sodass sie zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses auch sachlich zuständig war.

 

3. Zur Frage der Maßgeblichkeit des Unionsrechts, insbesondere der Vereinbarkeit des Glücksspielmonopols mit Art. 56 AEUV

 

3.1. Hinsichtlich der Problematik, ob im vorliegenden Fall auch die Rechtsvorschriften der Europäischen Union, insbesondere die in Art. 56 AEUV normierte Dienstleistungsfreiheit, unmittelbar zum Tragen kommen, haben sich im Ermittlungsverfahren zwar keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht österreichischer Staatsbürger ist. Allerdings stehen die verfahrensgegenständlichen Spielautomaten im Eigentum einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich in der Slowakei, situierten juristischen Person. Durch § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG wird es der Eigentümerin unter Strafsanktion verwehrt, dem Beschwerdeführer diese Geräte zum Zweck der Veranstaltung, Organisation, Anbietung oder unternehmerischer Zugänglichmachung von Glücksspielen – etwa im Wege entsprechender Miet- oder Leasingverträge – zur Verfügung zu stellen. Sohin liegt eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs i.S.d. ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. EuGH vom 6. November 2003, C-243/01, RN 53 ff) vor, sodass im gegenständlichen Verfahren zu untersuchen ist, ob sich die im GSpG normierten Beschränkungen im Lichte des Art. 56 AEUV als unionsrechtskonform erweisen.

 

Davon abgesehen ist zu beachten, dass unter der Annahme, dass das im GSpG verankerte Monopolsystem dem EU-Recht widerspricht, dieser Umstand in Fällen mit Sachverhalten ohne derartigen Auslandsbezug eine dem Art. 7 B VG zuwiderlaufende Inländerdiskriminierung bewirken könnte. Vor diesem Hintergrund setzt daher auch die Frage, ob ein österreichischer Staatsbürger zu Recht oder zu Unrecht wegen eines Eingriffes in das GSpG-Monopol bestraft wurde, eine Klärung der Problematik voraus, ob die Monopolregelung des GSpG tatsächlich unionsrechtswidrig ist oder nicht.

 

Daher sind im gegenständlichen Fall vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich von Amts wegen die vom EuGH vorgegebenen und in der Rechtsprechung aller drei österreichischen Höchstgerichte (VfGH, OGH, VwGH) jeweils übernommenen Kriterien dafür, ob das GSpG-Monopol mit der in Art. 56 AEUV normierten Dienstleistungsfreiheit sowohl dem Grunde nach vereinbar ist als auch im Besonderen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt, zu prüfen, d.h.: welche Ziele mit dem GSpG-Monopol tatsächlich verfolgt werden, ob dadurch tatsächlich und systematisch insbesondere der Anreiz bzw. die Gelegenheit zum Spiel verringert und Kriminalität bekämpft werden und ob die aus dem GSpG-Monopol resultierenden Beschränkungen in ihrer Gesamtheit sowie im Einzelnen jeweils verhältnismäßig sind.

 

3.2. Gemäß Art. 56 AEUV sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Union für Angehörige von Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, grundsätzlich verboten bzw. nur im Rahmen jener Kriterien zulässig, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben.

 

Im Besonderen hat der EuGH in Bezug auf das bislang noch nicht harmonisierte Glücksspielwesen mit Urteil vom 30. April 2014, C-390/12, ausgesprochen, dass Art. 56 AEUV in diesem Zusammenhang dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung einer nationalen Monopolregelung wie jener des GSpG entgegensteht, sofern ein derartiges System „nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen“.

 

Begründend wurde dazu insbesondere ausgeführt (vgl. näher die RN 39 bis 64 dieses Urteils bzw. schon oben, I.6.), dass eine Regelung, die den Betrieb von Glücksspielautomaten ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet, eine Beschränkung des durch Art. 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (vgl. EuGH vom 6. März 2007, C-338/04 u.a. [EU:C:2007:133], RN 42). Daher hat das nationale Gericht zu prüfen, ob eine solche Beschränkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die in den nach Art. 62 AEUV auch auf dem Gebiet des freien Dienstleistungsverkehrs anwendbaren Art. 51 AEUV und Art. 52 AEUV ausdrücklich vorgesehen sind, zulässig oder gemäß der Rechtsprechung des EuGH aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. EuGH vom 19. Juli 2012, C 470/11 [EU:C:2012:505], RN 35 und die dort angeführte Rechtsprechung); zu diesen Gründen zählen vor allem der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen (vgl. EuGH vom 8. September 2010, C-46/08 [EU:C:2010:505], RN 55 m.w.N.). Sollte sich jedoch im Zuge einer Gesamtwürdigung ergeben, dass die Monopolregelung des GSpG nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung (insbesondere der Betrugsvorbeugung) verfolgt und/oder nicht tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise die Anreize und Gelegenheiten zum Spiel verringert, sondern de facto bloß eine Maximierung der Staatseinnahmen intendiert und/oder die daraus resultierenden Beschränkungen nicht den sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. EuGH vom 15. September 2011, C-347/09, RN 54 f), wäre eine solche mitgliedstaatliche Konzeption nicht mit dem Unionsrecht vereinbar; davon ausgehend könnte aber der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine beschränkende nationale Regelung im Glücksspielbereich auch nicht zu Sanktionen führen, wenn bzw. soweit eine solche Eingriffsnorm selbst gegen EU-Recht verstößt (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C-390/12 [EU:C:2014:281], RN 64).

 

Vor diesem Hintergrund sind daher im Folgenden die vom EuGH aufgestellten Kriterien zur Rechtfertigung eines Monopolsystems im Bereich des Glücksspielwesens im Einzelnen jeweils näher zu untersuchen.

 

3.2.1. Spielerschutz und Suchtprävention

 

3.2.1.1. Wie sich den darauf bezüglichen Gesetzesmaterialien entnehmen lässt (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, S. 1 und 3), sollte der Spielerschutz eine wesentliche Zielsetzung der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010, bilden, wenn dort ausgeführt wird:

 

„Beim Automatenglücksspiel sollen noch stärker Jugendschutz und Spielerschutz im Vordergrund stehen. Automatensalons sowie Automaten in Einzelaufstellung sollen unter strengen Spielerschutzbestimmungen und Aufsichtsregeln in Landeskompetenz bleiben.“

 

bzw.:

 

„Glücksspiel ist ein Thema von europaweitem Interesse, da es die gesellschaftsrechtliche Verantwortung betrifft und von hoher ordnungspolitischer Relevanz ist. Der Spielerschutz steht dabei an erster Stelle. Auch die Europäische Kommission legt in Hinblick auf den Bestand nationaler Monopole erhöhtes Augenmerk auf Spielsuchtprävention (Vertragsverletzungsverfahren in einigen Staaten) und auf Kriminalitätsabwehr.

 

Mit der umfassenden Änderung des Glücksspielrechts in Österreich soll insbesondere folgenden Zielen Rechnung getragen werden:

 

- Jugendschutz: Dem Gesetzgeber ist es ein besonderes Anliegen, den Schutz für die Jugend umfassend sicher zu stellen. Jugendschutz soll daher flächendeckend bei allen Glücksspielangeboten durch Bundeskonzessionäre und Landesbewilligungsinhaber an die erste Stelle gereiht und umgesetzt werden (Zugangskontrolle).

 

- Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder: Spielsucht darf nicht die soziale Sicherheit der Familien und Kinder gefährden. Spielsucht zerstört auch Familien, indem unkontrolliert viel Zeit mit Glücksspielen zugebracht und mitunter viel Geld verloren wird. Je höher nämlich der Verlust, desto höher ist der Anreiz, noch mehr einzusetzen, um den Verlust wettzumachen. Durch die Festlegung eines Höchstgewinns und einer Mindestdauer für das einzelne Spiel, durch den Einsatz von Warnsystemen und die Vorgabe echter Einsatzlimits soll der Spielsucht Einhalt geboten werden können. Die Verbesserung des Konsumentenschutzes ist damit ein wesentliches Reformanliegen.“

 

Spielerschutz und Suchtprävention stellen jeweils Ziele dar, die eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen.

 

3.2.1.2. Bezüglich der tatsächlichen Umsetzung dieser beiden Ziele ist in dem vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich durchgeführten Ermittlungsverfahren einerseits zutage getreten, dass den einzelnen im Zuge der Erteilung der (insgesamt limitierten) Bewilligungen zum Zug gekommenen Konzessionären jeweils zweckentsprechende, dem Spielerschutz und der Suchtpräventionen dienende Maßnahmen (wie z.B. Mindestdauer pro Spiel, Mindestabstandsregelungen, Zutrittskontrolle, Verbot von bestimmten Spielinhalten, Einsatz- und Gewinnlimits) bescheidmäßig vorgeschrieben wurden, wobei die Kontrolle der Einhaltung dieser Auflagen von den staatlichen Behörden wahrgenommen wird (dass es insoweit bislang noch zu keinen nennenswerten Beanstandungen gekommen ist, lässt hingegen keine Rückschlüsse auf die Effektivität dieser Regelungen zu, weil aus diesem Umstand sowohl abgeleitet werden kann, dass die Konzessionäre bislang sämtliche bescheidmäßigen Vorgaben eingehalten haben, aber auch, dass die entsprechenden Kontrollen bisher nicht mit der gebotenen Stringenz durchgeführt wurden). Zudem wurde beim Bundesministerium für Finanzen eine Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet, die mit anderen Spielerschutzinstitutionen kooperiert.

 

Andererseits ließ sich aber der diesen Spielerschutzmaßnahmen zu Grunde liegende Ausgangspunkt, nämlich ein Quantum von insgesamt 64.000 (verhaltensauffällig bzw. pathologisch) glücksspielsüchtigen Personen in Österreich, nicht verifizieren. Denn diese Zahl entstammt einer vom „Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) der Universität Hamburg“ überwiegend schon im Jahr 2010 erstellten Studie[21], deren primäre Zielsetzung in der Erstellung einer wissenschaftlichen Basis für künftige Glücksspielpräventionsmaßnahmen bestand[22]. Konkret wurde dieser Anteil derart ermittelt, dass in sämtlichen neun Bundesländern (bloß) aus der Menge aller deutsch sprechenden Österreicher der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren (insgesamt 5,836.144 weibliche und männliche Staatsbürger) jeweils ca. 700 Personen pro Bundesland ausgewählt und mit diesen eine telefonische Umfrage (sog. „Repräsentativbefragung“) durchgeführt wurde; von den sonach insgesamt 6.324 Befragten gaben 27 Personen (≈ 0,43%) an, (nach eigener subjektiver Bewertung entsprechender Testkriterien) ein problematisches Spielverhalten, bzw. 41 Personen (≈ 0,65%) an, ein pathologisches Spielverhalten aufzuweisen; insgesamt 68 Personen qualifizierten sich demnach nach eigener subjektiver Einschätzung als „spielverhaltensproblematisch“ bzw. „pathologisch spielsüchtig“, während „die weit überwiegende Mehrzahl der an Glücksspielen teilnehmenden Personen“ – nämlich insgesamt 98,91%, wobei auf 97,23% der Befragten überhaupt keines der insgesamt 10 Kriterien des „diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störungen“ (sog. DSM-IV-Kriterien[23]) zutraf[24] – „keine spielbezogenen Probleme zeigt(e)“[25]. Statistisch hochgerechnet ergibt dies einerseits eine absolute Zahl von ca. 25.096 bzw. von ca. 37.935 Personen – und damit insgesamt von ca. 63.031 Personen (≈ 1,1% der Gesamtmenge) –, die sich subjektiv als verhaltensauffällige bzw. pathologische Spieler bezeichnen, denen andererseits 5,772.530 Personen ohne Spielprobleme gegenüberstehen.

 

Seither wird diese bloß statistisch errechnete Gesamtanzahl von „64.000 Spielsüchtigen“ allseits unreflektiert weitertradiert, wie sich dies beispielsweise auch aus den „Factsheets Sucht“[26] des „Instituts Suchtprävention (IS) pro mente Oberösterreich“[27] (aktuell: Version 2.3 vom 2. September 2014, S. 5) ergibt, obwohl sich dort zumindest einerseits die Feststellung findet, dass es sich um „die erste und bisher einzige repräsentative telefonische Befragung der österreichischen Bevölkerung (im Alter von 14 bis 65 Jahren)“ handelte und andererseits kritisch klargestellt wird, dass „der Begriff ‚Abhängigkeit‘ ..... in dieser Allgemeinheit nicht unproblematisch [ist], da er in den verschiedenen Verhaltens- und Suchtbereichen eine jeweils andere Bedeutung besitzt und sich unter diesem Begriff unterschiedlichste Problematiken versammeln. Insbesondere bei Alkohol und Nikotinzahlen zielen die oben angeführten Zahlen eher auf körperliche Abhängigkeit, während die Verhaltenssüchte von Natur aus in rein psychischer Abhängigkeit begründet sind.“ (vgl. S. 4, FN 1). Von einer solchen in Bezug auf Glücksspiel als „rein psychischer Abhängigkeit“ ausgehend kann es daher auch kaum überraschen, dass die Absolutzahl an (pathologisch) Spielsüchtigen (38.000), v.a. aber die vom IS ebenfalls erhobene Anzahl an Kauf- (565.000) und Medikamentensüchtigen (90.000 bis 130.000) beispielsweise die absolute Anzahl an Drogenabhängigen (25.000 bis 37.000) überwiegt (vgl. S. 4).

 

Nicht überzeugend erscheint daher v.a. die dem „Glücksspielbericht 2010-2013“ des Bundesministers für Finanzen zu Grunde liegende Methode, aus einer telefonischen Umfrage mit 6.300 Personen, in der insgesamt bloß 68 Befragte – und noch dazu subjektiv sowie auf Basis von keinesfalls präzisen sowie kaum objektivierbaren Kriterien[28] – ein auffälliges oder sogar pathologisches Spielverhalten angegeben haben, darauf zu schließen, dass es in Österreich nicht nur statistisch-wahrscheinlich, sondern tatsächlich insgesamt 64.000 spielsüchtige Personen in der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren geben soll. Vielmehr handelt es sich insoweit bloß um einen fiktiven mathematischen Wert, hinsichtlich dessen seit der überwiegend im Jahr 2010 durchgeführten Erhebung auch kein weiterer Versuch einer nachfolgenden Verifizierung unternommen wurde. Dazu kommt, dass beispielsweise auch aus dem Jahresbericht 2013 des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“ hervorgeht[29], dass dessen Online-Beratungen in diesem Zeitraum lediglich von 411 Personen (gegenüber 359 Personen im Jahr davor) in Anspruch genommen und von dieser Institution im Jahr 2013 insgesamt nur 791 Personen (davon 460 Neufälle) betreut wurden. Objektiv besehen vermag sich daher die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen nicht auf eine nachvollziehbare faktische Untermauerung zu gründen und kann daher auch nicht als erwiesene Tatsache einer gerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden[30]; als erwiesen kann vielmehr bloß angesehen werden, dass sich dieser Studie zufolge insgesamt 68 Personen als spielsüchtig eingeschätzt haben.

 

Da sonstige diesbezügliche Nachweise weder vorgelegt wurden noch erkennbar sind, geht das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich somit bis zum Beweis des Gegenteils (der den staatlichen Behörden obliegt) davon aus, dass es sich bei der Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen lediglich um eine unbelegte Vermutung handelt.

 

Vor einem derartigen Hintergrund (also auf einer Basis von bloß 68 Personen, die sich im Zuge eines telefonischen Interviews selbst als pathologisch süchtig bzw. verhaltensauffällig glücksspielend eingeschätzt haben) ist demnach im Ergebnis zu konstatieren, dass die Spielsucht in Österreich weder zum Zeitpunkt der Erlassung der GSpG-Novelle 2010 (BGBl I 73/2010) noch gegenwärtig ein überdurchschnittlich maßgebliches oder gar gesamtgesellschaftlich relevantes Problem darstellt(e), das ein unabdingbar gebotenes und unverzügliches Einschreiten des Gesetzgebers oder der staatlichen Behörden erfordert hätte oder erfordern würde. Gegenteiliges würde im Übrigen auch dann nicht gelten, wenn man die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen als tatsächlich zutreffend unterstellt, weil auch diese nicht über einen Anteil von bloß 1,1% der in Betracht gezogenen Bevölkerungsgruppe hinauskommen würde.

 

Diese Feststellung schließt es freilich nicht aus, den Spielerschutz sowie die Suchtprävention als vorrangige Staatsaufgaben darzustellen, weil es grundsätzlich innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bzw. der Behörden liegt, im Rahmen der dem Staat insgesamt zur Besorgung zukommenden Aufgaben allenfalls auch solche zu bevorzugen, hinsichtlich denen objektiv besehen keine zwingende Vordringlichkeit besteht.

 

Losgelöst von der Frage der Notwendigkeit erscheinen daher die im GSpG vorgesehenen Maßnahmen (wie z.B. Einrichtung einer Spielerschutzstabsstelle und verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, Zutrittssysteme und Zugangskontrolle, Mindestdauer pro Spiel, Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz- und Gewinnlimits, Verbot parallel laufender Spiele, Abkühlphase, Mindestabstandsregelungen, Schulungskonzepte für Mitarbeiter, etc.) zwar weder als prinzipiell ungeeignet noch als unverhältnismäßig, um die zum Regelungszweck des GSpG erklärten Ziele „Spielerschutz und Suchtprävention“ auch tatsächlich zu erreichen; allerdings vermindert sich vor einem derartigen Hintergrund die Plausibilität, dass mit der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 tatsächlich primär diese Ziele verfolgt werden sollten und sie nicht vielmehr bloß als ein andere Prioritäten rechtfertigender und/oder aus jenen resultierender Nebeneffekt anzusehen sind, ganz erheblich, insbesondere, wenn man in diesem Zusammenhang wiederum die geringe Zahl an festgestellten sachadäquaten Anlassfällen sowie den Umstand in Betracht zieht, dass die Suchthilfe nicht einmal vom Staat, sondern von den Konzessionären (denen zudem auch alle übrigen Kosten der Totalausgliederung aufgebürdet wurden) finanziert wird[31].

 

3.2.2. Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalitätsvorbeugung

 

Diesbezüglich lässt sich dem „Glücksspiel Bericht 2010-2013“ [32] entnehmen (vgl. S. 34 f), dass die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels de facto auf mehreren Ebenen erfolgt, indem nach der Neuordnung des Glücksspiels (BGBl I 73/2010) zur Jahresmitte 2010 eine eigenständige „SOKO Glücksspiel“ ins Leben gerufen und diese im Jahr 2013 in die Finanzpolizei übergeführt wurde. Im Rahmen ihrer neuen Kontrolltätigkeit und Befugnisse hat die Finanzverwaltung bis Ende 2013 über 6.000 Beschlagnahmen (Glücksspielgeräte und sonstige Eingriffsgegenstände) durchgeführt. Die von der Finanzpolizei vorgenommenen Kontrollen und der dadurch aufrecht erhaltene hohe Verfolgungsdruck führten zu einer Vielzahl von Verwaltungsstrafverfahren, dem seitens illegaler Betreiber allerdings eine „Flucht ins Strafrecht“ gegenübersteht, weil in jenem Bereich kaum Verurteilungen wegen § 168 StGB zu befürchten sind. Dieser Verfolgungsdruck konnte bis zum Sommer 2013 aufrechterhalten werden; nach dem zu diesem Zeitpunkt erfolgten höchstgerichtlichen Judikaturwechsel bezüglich der Abgrenzung zwischen § 168 StGB und § 52 Abs. 1 GSpG wurden die Kontrollen im Bereich des Glücksspiels gemeinsam mit der Kriminalpolizei vorgenommen.

 

Ergänzend dazu heißt es in den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl I 14/2013, mit der die bis dahin maßgebliche Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber dem gerichtliche strafbaren Tatbestand des § 168 StGB ins Gegenteil verkehrt wurde, u.a. (vgl. die E zur RV, 24 BlgNR, 25. GP, S. 22):

 

 „Die Erfahrungen aus dem bisherigen Vollzug der zuständigen Verwaltungsbehörden zeigen die Wirksamkeit und Effektivität des gewählten Modells. In den Jahren 2010 bis 2012 kam es erstinstanzlich zu 638 Verurteilungen, 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen, die rechtskräftig in zweiter Instanz zu 478 Verurteilungen, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen führten. Im Jahr 2012 gab es demgegenüber nur zwei gerichtliche Verurteilungen nach § 168 StGB, in beiden Fällen wurde jeweils eine Geldstrafe verhängt, im Jahr 2011 gab es elf gerichtliche Verurteilungen nach § 168, die zu insgesamt sieben Geldstrafen, jeweils einer bedingten und teilbedingten Freiheitsstrafe sowie zu zwei anderen Sanktionen führten (Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik 2011 und 2012). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Umkehr der bisherigen Subsidiaritätsregel zu keiner ‚Entkriminalisierung‘ führt.“.

 

Schon daraus geht aber jeweils übereinstimmend hervor, dass das illegale Glücksspiel in Österreich weder vor den mit BGBl I 73/2010 begonnenen Modifikationen des GSpG noch seither ein Kriminalitätsproblem der Art bildeten, dass daraus eine zwingende Notwendigkeit resultierte, i.S.d. Judikatur des EuGH vorrangig einen Schutz der Glücksspieler vor Betrug und anderen Straftaten zu gewährleisten (vgl. z.B. EuGH vom 15. September 2011, C-347/09 [EU:C:2011:582], RN 52). Denn bei insgesamt bloß 18 Verurteilungen in einem Zeitraum von drei Jahren[33] kann offenkundig kaum von einem echten Kriminalitätsproblem gesprochen werden. Gegenteiliges lässt sich auch der vom Bundesministerium für Finanzen im Glücksspielbericht 2010-2013 bezogenen Studie von Judith Köberl und Franz Prettenthaler[34] nicht entnehmen; denn von jenen von diesen Autoren angeführten insgesamt 74 Fällen von Beschaffungskriminalität in den Jahren 2006 und 2007 lassen sich auch nach deren eigenem Vorbringen[35] lediglich 17 als solche qualifizieren, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit die „Glücksspielsucht als alleiniges Motiv“ für die Begehung schwerer Straftaten (wie Raub, Betrug, Einbruch, etc.) in Betracht kam[36].

 

Selbst wenn man diese Zahlen vorbehaltslos als zutreffend unterstellt, ergibt sich schon allein daraus, insbesondere aber in Verbindung mit der durch die GSpG-Novelle BGBl I 13/2014 vorgenommenen Umkehrung der bisherigen Subsidiaritätsregel (vgl. § 52 Abs. 3 GSpG i.d.g.F.), hinsichtlich der der VfGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 10. März 2015, E 1139/2014, der Sache nach (neuerlich) bestätigt hat, dass das behördliche im Verhältnis zum gerichtlichen Strafrecht mit Blick auf das wesentlich geringere Höchstausmaß einer potentiell drohenden Freiheitsstrafe die deutlich weniger einschneidende Maßnahme darstellt, für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich, dass das Automatenglücksspiel in Österreich zu keiner Zeit ein echtes sicherheitspolitisches Problem darstellte. Dazu kommt, dass auch der EuGH (vgl. z.B. dessen Urteil vom 31. März 2011, C 347/09, RN 84, m.w.N.) unter „Kriminalität“ nicht bloß Verstöße gegen ordnungspolitische und/oder Monopolsicherungsvorschriften, sondern vielmehr erhebliche Eingriffe in die Rechtssphäre anderer Personen, insbesondere der Spieler und deren Angehöriger, versteht (siehe schon oben, I.7.2.1.).

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erachtet es daher als erwiesen, dass de facto beide Novellierungen des GSpG (BGBl I 73/2010 und BGBl I 13/2014) nicht zu einer „Entkriminalisierung“ in jenem Sinne, wie diese vom EuGH gefordert wird, geführt haben. Denn gesamthaft betrachtet bildete die weitaus überwiegende Anzahl der geahndeten Vergehen (638 Straferkenntnisse, 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen der Verwaltungsstrafbehörden, von denen 478 Straferkenntnisse, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen im Rechtsmittelweg bestätigt wurden) bloße Ordnungsverstöße, die auf einer Nichtbeachtung von Vorschriften zur Sicherung des Monopolsystems beruhten, nicht aber davon losgelöste echte Fälle von mittlerer und schwerer (insbesondere Beschaffungs-)Kriminalität.

 

Überdies lässt sich deutlicher als dadurch, dass der Gesetzgeber parallel dazu dem gerichtlich strafbaren Tatbestand – als dem vergleichsweise gravierenderen Delikt – mit der Novelle BGBl I 13/2014 bewusst jeglichen Anwendungsbereich entzogen hat, wohl kaum zum Ausdruck bringen, dass das Glücksspiel für den österreichischen Staat in Wahrheit kein kriminal- und sicherheitspolitisch relevantes Problem darstellt, zumal die Effizienzsteigerung der verwaltungsbehördlichen Strafverfolgung nicht als eine primär-ursprüngliche Notwendigkeit, sondern bloß als eine aus der Einrichtung des Monopolsystems zu dessen weiterer Aufrechterhaltung erforderliche und sohin gleichsam selbst (künstlich) geschaffene bzw. zwangsläufig resultierende Folgewirkung qualifiziert werden (wobei sich in diesem Zusammenhang zudem auch noch die Frage der Verhältnismäßigkeit der damit verbundenen umfassenden [teilweise bereits an der Grenze des rechtsstaatlich noch Vertretbaren liegenden] Eingriffsbefugnisse stellt).

 

Insgesamt besehen erscheint es daher auf Grund der festgestellten faktischen Gegebenheiten, nämlich der geringen Zahl an sachadäquaten Anlassfällen, nicht als plausibel, dass die Monopolregelung des GSpG tatsächlich der Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalitätsvorbeugung, im Besonderen der Hintanhaltung von Betrugsdelikten gegenüber den Spielern selbst und der Eindämmung von Beschaffungskriminalität dient.

 

3.2.3. Reduktion von Spielanreizen, Kanalisierung der Spielgelegenheiten, maßvolle Werbung

 

Der (zunächst bloß vorläufigen) Überzeugung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich, dass die Geschäftspolitik der Inhaber bundesrechtlicher Konzessionen (Bewilligungsinhaber auf Grund landesrechtlicher Vorschriften müssen in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben, weil sich diese gegenwärtig noch in der sog. „Startphase“ ihrer unternehmerischen Tätigkeit befinden), im Besonderen deren Werbemaßnahmen, grundsätzlich aggressiv darauf ausgerichtet sind, zum Spielen der von den beiden Hauptkonzessionären angebotenen Glücksspielarten zu animieren, geradezu notorisch ist – wie jeder willkürliche Blick in ein zufällig ausgewähltes Print- oder elektronisches Medium, insbesondere jede Konsumation von durch entsprechend aufdringliche Werbeintervalle unterbrochenen Fernseh- und Hörfunkprogrammen zur sog. „Prime-Time“ zeigt –, wurde auch von den Verfahrensparteien nicht entgegengetreten.

 

Während der Startphase, d.h. also im näheren zeitlichen Umfeld des Inkraftretens des mit der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 am 19. August 2010 begonnenen Systemwechsels (und nur darauf kommt es an, nicht hingegen [auch] auf den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten faktischen Beginn der unternehmerischen Tätigkeit der bundesrechtlichen Konzessionäre im Bereich des Glücksspielwesens), erweist sich diese expansionistische Geschäfts- und Werbestrategie aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich allerdings im Ergebnis deshalb nicht als unzulässig und damit auch nicht als unionsrechtswidrig, weil ein wesentliches – und vom EuGH auch anerkanntes – Ziel eines Monopolsystems auf diesem bislang noch nicht harmonisierten Sektor darin liegt, die angesprochenen Zielgruppen vom illegalen Glücksspiel hin zu den erlaubten Glücksspielanbietern und -arten zu lenken.

 

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass sich aus den von den Verfahrensparteien vorgelegten Beweismitteln nicht ergeben hat – und für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich auch sonst nicht feststellbar ist –, dass es auch gezielte Werbeaktivitäten dahin gibt, die im vorgenannten Sinn speziell auch auf das Automatenglücksspiel Bezug nehmen. Sollte sich dies nach dem Ende der Startphase allerdings nicht deutlich ändern, ließe sich aber wohl kaum eine tatsächliche Um- bzw. Hinlenkung zu erlaubten Glücksspielanbietern und ‑arten erwarten.

 

3.2.4. Staatseinnahmen

 

Bereits im anlassfallbezogenen Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH wurde auch von der Bundesregierung selbst gar nicht in Abrede gestellt (wenngleich dort bloß als ein „erfreulicher Nebeneffekt“ bezeichnet), dass die Beibehaltung des Monopolsystems zu einer Sicherung von Staatseinnahmen in einem nicht unerheblichen Ausmaß (von ca. 500 Mio. Euro jährlich) führt[37].

 

Gleiches lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl 73/2010 ableiten, wenn dort u.a. ausgeführt wird (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 1, S. 3 ff und S. 11 f sowie ):

 

„Automatensalons sowie Automaten in Einzelaufstellung sollen unter strengen Spielerschutzbestimmungen und Aufsichtsregeln in Landeskompetenz bleiben. Sie werden mit einer geteilten Abgabe belegt. ..... Die Automaten und Video Lotterie Terminals (VLT's) werden einer geteilten Abgabe unterworfen und die bisherigen Erlaubnisländer erhalten gesetzlich garantierte Mindesteinnahmen. ..... Es wird ..... davon ausgegangen, dass das Aufkommen inkl. Zuschlag der Länder ..... über 150 Mio. Euro p.a. liegen wird und somit die Mindereinnahmen ..... überkompensiert werden. ..... Die bisherigen 'Erlaubnisländer' erhalten zusätzlich eine Finanzzuweisung des Bundes, wenn ihre Einnahmen aus dem Zuschlag bestimmte Garantiebeträge, die aus den bisherigen Einnahmen aus Vergnügungssteuern abgeleitet wurden, nicht erreichen. ..... Die bisherigen Erlaubnisländer Niederösterreich, Steiermark und Kärnten erhalten eine Bedarfszuweisung des Bundes, wenn ihre Einnahmen aus dem landesgesetzlich geregelten Zuschlag der Länder bestimmte Jahresbeträge, die aus den erwarteten Einnahmen aus der bisherigen Vergnügungssteuer abgeleitet werden, nicht erreichen. Damit werden die Länder auch dagegen abgesichert, dass die Einnahmen nicht den Erwartungen entsprechen. ..... Die Garantiebeträge werden aliquot gekürzt, wenn in einem Land das Höchstausmaß des Zuschlags nicht ausgeschöpft wird, wenn die höchstzulässige Anzahl von Glücksspielautomaten nicht oder nicht ganzjährig erreicht wird, wenn Glücksspielautomaten nicht ganzjährig betrieben werden, oder wenn in den Bewilligungen die Bedingungen für den Spielverlauf unter den Grenzen des § 5 Abs. 5 GSpG bleiben. Bei dieser aliquoten Kürzung wird daher darauf Bedacht genommen, in welchem Umfang, aber auch wie lange in einem Land die bestehenden Möglichkeiten nicht ausgenützt werden."[38]

 

Schließlich ist auch einer Pressaussendung der beiden Monopolinhaber „Casinos Austria AG“ und „Österreichische Lotterien GmbH“ vom 8. April 2015 über das Geschäftsjahr 2014 – hinsichtlich der sich objektiv besehen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Richtigkeit dieser Angaben zu bezweifeln wäre – zu entnehmen, dass diese Konzessionäre zu den „Top-5-Steuerzahlernin Österreich (2014: insgesamt 552 Mio. Euro) gehören[39].

 

All dies führt daher zu der Schlussfolgerung, dass allein dem Bund aus dem Glücksspielmonopol jährlich Einnahmen in einer Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro erwachsen. Dies entspricht einem Anteil von 0,4% an den jährlichen Gesamteinnahmen dieser Gebietskörperschaft[40] und stellt sohin keineswegs eine vernachlässigbare oder gar verzichtbare Quote dar. Dazu kommt, dass der Staat das Glücksspielangebot vollständig auslagern („privatisieren“) konnte, wobei die Konzessionäre nicht nur eine hohe Abgabenquote trifft, sondern diese auch die bereits mit der Konzessionserteilung verbunden exorbitant hohen[41] Gebühren zu tragen sowie in der Folge in einem nicht unerheblichen Ausmaß auch aus eigenem die gesetzlichen Spielerschutz- und Suchtpräventionsmaßnahmen zu finanzieren haben. 

 

Stellt man dem die Tatsache gegenüber, dass sowohl Spielerschutz und Suchtprävention als auch Kriminalitätsbekämpfung und ‑vorbeugung – wie zuvor aufgezeigt (vgl. III., 3.2.1. und 3.2.2.) – auf Grund der jeweils geringen Anzahl von Anlassfällen keine vordringlichen Staatsaufgaben verkörpern, so ergibt sich daraus nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich insgesamt, dass die Besorgung dieser Agenden vornehmlich bloß zu dem Zweck erfolgt, um einen Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung des GSpG zu bilden, während der Primärzweck dieser Konzeption darin besteht, eine stabile Quote von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes sicherzustellen.

 

3.2.5. Verhältnismäßigkeit insgesamt sowie einzelner Eingriffsbefugnisse

 

3.2.5.1. Zur effektiven Hintanhaltung von Beeinträchtigungen des Glücksspielmonopols sind in den §§ 50 ff GSpG umfassende Eingriffsbefugnisse der Finanzbehörden (Finanzämter), aber auch der ihnen zugeordneten Exekutivorgane (Finanzpolizei) vorgesehen; hierzu zählen neben den weitläufigen Verwaltungsstrafdrohungen (vgl. § 52 Abs. 1 Z. 1 bis Z. 11 GSpG) auch detaillierte Betretungs‑, Einschau-, Informations- und Überprüfungsbefugnisse (§ 50 Abs. 4 GSpG), die Berechtigung zur Vornahme einer vorläufigen und/oder endgültigen Beschlagnahme (§ 53 GSpG) oder Einziehung (§ 54 GSpG) sowie die Anordnung einer Betriebsschließung (§ 56a GSpG).

 

Abgesehen davon, dass sich diese weit reichenden und jeweils ohne vorangehende richterliche Kontrolle teilweise massive Grundrechtsbeeinträchtigungen ermöglichenden einfachgesetzlichen Ermächtigungen bei Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes auch als verfassungsrechtlich höchst bedenklich erweisen – so z.B. im Hinblick auf den durch das Gesetz zum Schutze des Hausrechts, RGBl 88/1862 i.d.g.F. BGBl 422/1974, garantierten rechtsstaatlichen Standard –, mag es in diesem Zusammenhang allenfalls als noch vertretbar erscheinen, eine nach nationalem Verfassungsrecht bestehende, nämlich durch das öffentliche Interesse an der Wahrung des Monopols bzw. der Sicherung entsprechender Staatseinnahmen sachlich zu rechtfertigende politische Gestaltungsbefugnis des einfachen Gesetzgebers zur Erlassung derartiger Eingriffsbefugnisse anzunehmen. Allerdings sind die Kriterien, anhand der die Verhältnismäßigkeit einer mitgliedstaatlichen Monopolregelung im Lichte des Art. 56 AEUV zu beurteilen ist, nicht mit jenen gleichzusetzen, anhand denen die Verfassungsmäßigkeit, im Besonderen die Gleichheitskonformität, dieser Vorschriften zu beurteilen ist. Oder anders gewendet: Wäre Österreich kein Mitgliedstaat der Europäischen Union, könnten sich die Bestimmungen der §§ 50 ff GSpG im Lichte des nationalen Verfassungsrechts allenfalls auch als unbedenklich erweisen (und wäre diese Frage zudem autonom von den innerstaatlichen Organen zu entscheiden). So aber begegnen diese – wie dem Urteil des EuGH vom 30. April 2014, C‑390/12 (EU:C:2014:281), RN 57 ff, zu entnehmen ist – jedenfalls gravierenden Bedenken im Hinblick auf die Garantien der Art. 15 bis 17 EGRC (Berufsfreiheit, unternehmerische Freiheit, Eigentum), aber auch in Bezug auf die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 7 EGRC) und den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 EGRC): Denn die in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierte Wesensgehaltssperre stellt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich sicher, dass jener Standard an staatlichen Eingriffsmodalitäten, der mit der EGRC im Zusammenhang mit der Sanktionierung von Verstößen gegen Unionsrecht generell festgelegt ist und insbesondere in den Art. 47 ff EGRC zum Ausdruck kommt, stets gewahrt bleiben muss. Selbst unter der Annahme, dass die im GSpG positivierte Monopolregelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, würden sich daher die in den §§ 50 ff GSpG normierten Eingriffsbefugnisse als unverhältnismäßig erweisen, weil die mit diesen intendierte faktische Effizienz zum Zweck der Abwehr von Monopolbeeinträchtigungen – v.a. im Hinblick auf die fehlende Notwendigkeit vorangehender richterlicher Ermächtigungen[42] – in ihrer Gesamtheit betrachtet jedenfalls überschießend ist und somit auch nicht dem in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierten Kriterium des Gemeinwohls dient.

 

3.2.5.2. Von diesen konkreten Eingriffsbefugnissen abgesehen ließe sich zudem vor dem Hintergrund, dass die konsequenteste (freilich nicht nur mit einem gänzlichen Verzicht auf staatliche Einnahmen, sondern sogar mit hohen Kosten für eine effiziente Kontrolle verbundene) Maßnahme eines absoluten Verbots des Glücksspiels vom Bundesgesetzgeber nicht (bzw. bloß von einigen Landesgesetzgebern) gewählt wurde, eine Feststellung dahin, dass das im GSpG verankerte System der Monopolregelung dem Gebot der Kohärenz der Zielerreichung entspricht, aber ohnehin nur dann treffen, wenn sich zuvor zweifelsfrei annehmen lässt, dass einerseits Spielerschutz und Suchtprävention sowie Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung vom Gesetzgeber tatsächlich als Primärziele beabsichtigt waren und andererseits diese Ziele von der vollziehenden Gewalt seither sowohl tatsächlich als auch konsequent umgesetzt wurden. Beides war bzw. ist jedoch – wie zuvor unter III.3.2.1., III.3.2.2. und III.3.2.4. ausgeführt – jeweils nicht der Fall; nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich bilden Spielerschutz, Suchprävention und Kriminalitätsvorbeugung nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der mit der GSpG-Novelle 2010 begonnene Systemwechsel gegenwärtig eher noch in der Startphase befindet, lediglich Nebenziele, denen im Verhältnis zu den beiden Hauptzielen der Sicherung der Staatseinnahmen einerseits und der Aufrechterhaltung des Monopolsystems andererseits bloß untergeordnete Bedeutung zukommt.

 

Selbst wenn dies nicht zutreffen würde, ließe sich aber auch kein stichhaltiges Argument dafür finden – und wurden hierfür insbesondere auch seitens der belangten Behörde und der Amtspartei keine entsprechenden Beweismittel vorgelegt –, dass die mit der GSpG-Novelle beabsichtigten Ziele (Spielerschutz und Sucht- sowie Kriminalitätsvorbeugung) lediglich durch das vom Bundesgesetzgeber konkret gewählte, extrem eingriffsintensive (nämlich nur noch durch ein gänzliches Verbot zu übertreffende) Monopolsystem und nicht gleichermaßen effizient auch durch weniger einschneidende Maßnahmen – wie insbesondere durch ein Konzessionssystem, das zwar in analoger Weise wie das derzeit bestehende sowohl stringente Spielerschutz-, Zugangs-, Schulungsmaßen etc. zu Lasten der Bewilligungsinhaber als auch rigorose staatliche Kontrollmaßnahmen vorsieht, gleichzeitig aber darauf verzichtet, die Anzahl der zu vergebenden Konzessionen (im Sinne einer Bedarfsprüfung) zahlenmäßig zu beschränken – erreicht werden kann.

 

Somit erweisen sich im Ergebnis sowohl das Monopolsystem als solches als auch die zu dessen Aufrechterhaltung normierten (v.a. richtervorbehaltslos exekutiv‑)behördlichen Eingriffsermächtigungen als unverhältnismäßig und sohin nicht mit Art. 56 AEUV vereinbar.

 

3.3. Gesamtwürdigung

 

Um den Anforderungen des Art. 56 AEUV zu entsprechen, müsste insgesamt besehen mindestens einer der in der Judikatur des EuGH anerkannten, einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses ( Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung, o.Ä.) jene Ziele, die in ungerechtfertigter Weise mit den Eingriffsbefugnissen einhergehen, tatsächlich und eindeutig überwiegen.

 

Angesichts dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich allerdings, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung findet und somit dem Unionsrecht widerspricht, weil dieses einerseits tatsächlich nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses – wie etwa dem Verbraucherschutz (in Form des Spielerschutzes und der Suchtvorbeugung) oder der Kriminalitätsbekämpfung und der Kriminalitäts-, insbesondere Betrugsprävention – basiert, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen (in Höhe von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes) dient sowie andererseits – und unabhängig davon – auch die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems (Privatisierung durch Übertragung der zwar sowohl strengen Antrittsvoraussetzungen als auch einer rigiden staatlichen Kontrolle unterliegenden Ausübungsbefugnisse nicht auf eine unbeschränkte, sondern – im Sinne einer Bedarfsprüfung – auf eine bloß limitierte Anzahl von Konzessionären) und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsbefugnisse (Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsrechte; vorläufige und/oder endgültige Beschlagnahme; Verwaltungsstrafe; Einziehung, Betriebsschließung) insbesondere mangels generell fehlender Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig sind.

 

Mit diesem Resultat soll keineswegs einer – erst recht keiner vollständigen – Liberalisierung des Glücksspielmarktes das Wort geredet werden; weil aber Österreich ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, muss aus rechtlicher Sicht nachdrücklich betont werden, dass sich jegliche Beschränkung des Glücksspielangebotes – insbesondere in Gestalt eines (Quasi‑)Monopolsystems – stets nur innerhalb der vom EuGH abgesteckten Grenzen des Art. 56 AEUV bewegen kann.

 

3.4. Entscheidungserheblicher Sachverhalt – Inkrafttreten der Novelle BGBl I 73/2010

 

Von all dem abgesehen besteht zudem ein Spezifikum des vorliegenden Falles darin, dass dessen entscheidungserheblicher Sachverhalt – und damit der Zeitraum der Tatbegehung (Februar 2010 bis November 2010) – im unmittelbaren Umfeld, nämlich einige Monate vor bzw. eine Monate nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl I 73/2010 (19. August 2010) liegt.

 

Wenn der Gesetzgeber mit dieser Novellierung aber u.a. intendierte, das GSpG den geänderten Anforderungen der Europäischen Union anzupassen[43], so gibt er damit auch implizit zu erkennen, dass die frühere Regelung diesen Kautelen eben nicht (mehr) entsprochen hat, weil sonst eine dementsprechend motivierte Änderungsnotwendigkeit nicht bestanden hätte; dazu kommt, dass in diesem Zeitraum der mit dieser Novelle beabsichtigte Systemwechsel[44] jedenfalls auch faktisch noch nicht zum Tragen gekommen sein konnte, weil hierfür ein Zeitraum von drei Monaten nicht ausreichend war.

 

Dieser Aspekt liefert somit ein zusätzliches Argument dafür, dass die Monopolvorschriften jedenfalls im Tatzeitraum nicht den Anforderungen des Art. 56 AEUV gerecht wurden.

 

3.5. Ergebnis

 

Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH faktisch unangewendet zu bleiben. Dieser Grundsatz ist – zumal in Österreich auch nach mittlerweile mehr als 20-jähriger Mitgliedschaft zur Europäischen Union noch immer keine spezifischen prozessualen Regelungen hinsichtlich einer spezifischen Kompetenz eines innerstaatlichen Organs zur national-verbindlichen Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit sowie einer damit im Zusammenhang stehenden allfälligen übergangsweisen Weitergeltung unionsrechtswidriger Normen bestehen – von jedem staatlichen Organ auf jeder Ebene des Verfahrens zu beachten.

 

Konkret bedeutet dies insbesondere, „dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C‑390/12 [EU:C:2014:281], RN 64, m.w.N.).

 

Daraus resultiert für den vorliegenden Fall, dass eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG ausgeschlossen ist, weil sich diese Strafnorm rechtssystematisch als eine auf dem Glücksspielmonopolregelung des GSpG fußende und mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang stehende Bestimmung darstellt.

 

4. Aus allen diesen Gründen war daher vorliegenden Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

 

IV.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision zulässig, weil hinsichtlich der Klärung der im gegenständlichen maßgeblichen Rechtsfrage, ob das Monopolsystem des GSpG mit Art. 56 AEUV vereinbar ist, bislang weder eine inhaltliche Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch des Obersten Gerichtshofes noch des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

LVwG-410287/42/Gf/Mu vom 29. Mai 2015

 

 

Normen: Art. 56 AEUV; Art. 7 EGRC; Art. 8 EGRC; Art. 15 EGRC; Art. 6 EGRC; Art. 17 EGRC; Art. 47 EGRC; Art. 7 B-VG; Art. 2 StGG; § 3 HausRG; § 168 StGB; § 3 GSpG; § 50 GSpG; § 52 GSpG; § 53 GSpG; § 54 GSpG; § 56a GSpG

 

 

Zusammenfassung (Rechtssätze):

 

* Wie sich den darauf bezüglichen Gesetzesmaterialien entnehmen lässt (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, S. 1 und 3), sollte der Spielerschutz eine wesentliche Zielsetzung der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010, bilden. Spielerschutz und Suchtprävention stellen jeweils Ziele dar, die eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen. Bezüglich der tatsächlichen Umsetzung dieser beiden Ziele ist im Ermittlungsverfahren einerseits zwar zutage getreten, dass den einzelnen im Zuge der Erteilung der (insgesamt limitierten) Bewilligungen zum Zug gekommenen Konzessionären jeweils zweckentsprechende, dem Spielerschutz und der Suchtpräventionen dienende Maßnahmen (wie z.B. Mindestdauer pro Spiel, Mindestabstandsregelungen, .....) bescheidmäßig vorgeschrieben wurden, wobei die Kontrolle der Einhaltung dieser Auflagen von den staatlichen Behörden wahrgenommen wird (dass es insoweit bislang noch zu keinen nennenswerten Beanstandungen gekommen ist, lässt hingegen keine Rückschlüsse auf die Effektivität dieser Regelungen zu, weil aus diesem Umstand sowohl abgeleitet werden kann, dass die Konzessionäre bislang sämtliche bescheidmäßigen Vorgaben eingehalten haben, aber auch, dass die entsprechenden Kontrollen bisher nicht mit der gebotenen Stringenz durchgeführt wurden). Zudem wurde beim BMF eine Stabsstelle für Spielerschutz eingerichtet, die mit anderen Spielerschutzinstitutionen kooperiert. Andererseits ließ sich aber der diesen Spielerschutzmaßnahmen zu Grunde liegende Ausgangspunkt, nämlich ein Quantum von insgesamt 64.000 (verhaltensauffällig bzw. pathologisch) glücksspielsüchtigen Personen in Österreich, nicht verifizieren. Denn diese Zahl entstammt einer von der Universität Hamburg durchgeführten Studie, deren primäre Zielsetzung in der Erstellung einer wissenschaftlichen Basis für künftige Glücksspielpräventionsmaßnahmen bestand. Konkret wurde dieser Anteil derart ermittelt, dass in sämtlichen neun Bundesländern (bloß) aus der Menge aller deutsch sprechenden Österreicher der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren (insgesamt 5,836.144 weibliche und männliche Staatsbürger) jeweils ca. 700 Personen pro Bundesland ausgewählt und mit diesen eine telefonische Umfrage (sog. „Repräsentativbefragung“) durchgeführt wurde; von den sonach insgesamt 6.324 Befragten gaben 27 Personen (≈ 0,43%) an, (nach eigener subjektiver Bewertung von entsprechenden Testkriterien) ein problematisches Spielverhalten, bzw. 41 Personen (≈ 0,65%) an, ein pathologisches Spielverhalten aufzuweisen; insgesamt 68 Personen qualifizierten sich demnach autonom als „spielverhaltensproblematisch“ bzw. „pathologisch spielsüchtig“, während „die weit überwiegende Mehrzahl der an Glücksspielen teilnehmenden Personen“ – nämlich insgesamt 98,91%, wobei auf 97,23% der Befragten überhaupt keines der insgesamt 10 Kriterien des „diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störungen“ (sog. DSM-IV-Kriterien) zutraf – „keine spielbezogenen Probleme zeigt(e)“ . Statistisch hochgerechnet ergibt dies einerseits eine absolute Zahl von ca. 25.096 bzw. von ca. 37.935 Personen – und damit insgesamt von ca. 63.031 Personen (≈ 1,1% der Gesamtmenge) –, die sich subjektiv als verhaltensauffällige bzw. pathologische Spieler bezeichnen, denen andererseits 5,772.530 Personen ohne Spielprobleme gegenüberstehen. Seither wird diese bloß statistisch errechnete Gesamtanzahl von „64.000 Spielsüchtigen“ allseits unreflektiert weitertradiert, wie sich dies beispielsweise auch aus den „Factsheets Sucht“  des „Instituts Suchtprävention pro mente Oberösterreich“ (aktuell: Version 2.3 vom 2. September 2014, S. 5) ergibt, obwohl sich dort zumindest einerseits die Feststellung findet, dass es sich um „die erste und bisher einzige repräsentative telefonische Befragung der österreichischen Bevölkerung (im Alter von 14 bis 65 Jahren)“ handelte und andererseits kritisch klargestellt wird, dass „der Begriff ‚Abhängigkeit‘ ..... in dieser Allgemeinheit nicht unproblematisch [ist], da er in den verschiedenen Verhaltens- und Suchtbereichen eine jeweils andere Bedeutung besitzt und sich unter diesem Begriff unterschiedlichste Problematiken versammeln. Insbesondere bei Alkohol und Nikotinzahlen zielen die oben angeführten Zahlen eher auf körperliche Abhängigkeit, während die Verhaltenssüchte von Natur aus in rein psychischer Abhängigkeit begründet sind.“ (vgl. S. 4, FN 1). Nicht überzeugend erscheint daher v.a. die dem „Glücksspielbericht 2010-2013“ des BMF zu Grunde liegende Methode, aus einer telefonischen Umfrage mit 6.300 Personen, in der insgesamt bloß 68 Befragte – und noch dazu subjektiv sowie auf Basis von keinesfalls präzisen sowie kaum objektivierbaren Kriterien – ein auffälliges oder sogar pathologisches Spielverhalten angegeben haben, darauf zu schließen, dass es in Österreich nicht nur statistisch-wahrscheinlich, sondern tatsächlich insgesamt 64.000 spielsüchtige Personen in der Altersgruppe zwischen 14 und 65 Jahren geben soll. Vielmehr handelt es sich insoweit bloß um einen fiktiven mathematischen Wert, hinsichtlich dessen seit der überwiegend im Jahr 2010 durchgeführten Erhebung auch kein weiterer Versuch einer nachfolgenden Verifizierung unternommen wurde. Dazu kommt, dass beispielsweise auch aus dem Jahresbericht 2013 des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“ hervorgeht , dass dessen Online-Beratungen in diesem Zeitraum lediglich von 411 Personen (gegenüber 359 Personen im Jahr davor) in Anspruch genommen und von dieser Institution im Jahr 2013 insgesamt nur 791 Personen (davon 460 Neufälle) betreut wurden. Objektiv besehen vermag sich daher die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen nicht auf eine nachvollziehbare faktische Untermauerung zu gründen und kann daher auch nicht als erwiesene Tatsache einer gerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden; als erwiesen kann vielmehr bloß angesehen werden, dass sich dieser Studie zufolge insgesamt 68 Personen als spielsüchtig eingeschätzt haben. Vor einem derartigen Hintergrund ist demnach im Ergebnis zu konstatieren, dass die Spielsucht in Österreich weder zum Zeitpunkt der Erlassung der GSpG-Novelle 2010 (BGBl I 73/2010) noch gegenwärtig ein überdurchschnittlich maßgebliches oder gar gesamtgesellschaftlich relevantes Problem darstellt(e), das ein unabdingbar gebotenes und unverzügliches Einschreiten des Gesetzgebers oder der staatlichen Behörden erfordert hätte oder erfordern würde. Gegenteiliges würde im Übrigen auch dann nicht gelten, wenn man die Zahl von 64.000 spielsüchtigen Personen als tatsächlich zutreffend unterstellt, weil auch diese nicht über einen Anteil von bloß 1,1% der in Betracht gezogenen Bevölkerungsgruppe hinauskommen würde. Diese Feststellung schließt es zwar nicht aus, den Spielerschutz sowie die Suchtprävention als eine vorrangige Staatsaufgabe zu apostrophieren, weil es grundsätzlich innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bzw. der Behörden liegt, im Rahmen der dem Staat insgesamt zur Besorgung zukommenden Aufgaben allenfalls auch solche vorrangig zu erledigen, hinsichtlich denen objektiv besehen keine zwingende Vordringlichkeit besteht. Losgelöst von der Frage der Notwendigkeit erscheinen daher die im GSpG vorgesehenen Maßnahmen (wie z.B. Einrichtung einer Spielerschutzstabsstelle und verpflichtende Zusammenarbeit mit Spielerschutzeinrichtungen, Zutrittssysteme und Zugangskontrolle, Mindestdauer pro Spiel, Verbot bestimmter Spielinhalte, Einsatz- und Gewinnlimits, Verbot parallel laufender Spiele, Abkühlphase, Mindestabstandsregelungen, Schulungskonzepte für Mitarbeiter, etc.) zwar weder als prinzipiell ungeeignet noch als unverhältnismäßig, um die zum Regelungszweck des GSpG erklärten Ziele „Spielerschutz und Suchtprävention“ auch tatsächlich zu erreichen; allerdings vermindert sich vor einem derartigen Hintergrund die Plausibilität, dass mit der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 tatsächlich primär diese Ziele verfolgt werden sollten und sie nicht vielmehr bloß als ein andere Prioritäten rechtfertigender und/oder aus jenen resultierender Nebeneffekt anzusehen sind, ganz erheblich, insbesondere, wenn man in diesem Zusammenhang wiederum die geringe Zahl an festgestellten sachadäquaten Anlassfällen sowie den Umstand in Betracht zieht, dass die Suchthilfe nicht einmal vom Staat, sondern von den Konzessionären (denen zudem auch alle übrigen Kosten der Totalausgliederung aufgebürdet wurden) finanziert wird;

 

* Hinsichtlich der Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalitätsvorbeugung lässt sich dem „Glücksspiel Bericht 2010-2013“ entnehmen (vgl. S. 34 f), dass die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels de facto auf mehreren Ebenen erfolgt, indem nach der Neuordnung des Glücksspiels (BGBl I 73/2010) zur Jahresmitte 2010 eine eigenständige „SOKO Glücksspiel“ ins Leben gerufen und diese im Jahr 2013 in die Finanzpolizei übergeführt wurde. Im Rahmen ihrer neuen Kontrolltätigkeit und Befugnisse hat die Finanzverwaltung bis Ende 2013 über 6.000 Beschlagnahmen (Glücksspielgeräte und sonstige Eingriffsgegenstände) durchgeführt. Die von der Finanzpolizei vorgenommenen Kontrollen und der dadurch aufrecht erhaltene hohe Verfolgungsdruck führten zu einer Vielzahl von Verwaltungsstrafverfahren, dem seitens illegaler Betreiber allerdings eine „Flucht ins Strafrecht“ gegenübersteht, weil in jenem Bereich kaum Verurteilungen wegen § 168 StGB zu befürchten sind. Dieser Verfolgungsdruck konnte bis zum Sommer 2013 aufrechterhalten werden; nach dem zu diesem Zeitpunkt erfolgten höchstgerichtlichen Judikaturwechsel bezüglich der Abgrenzung zwischen § 168 StGB und § 52 Abs. 1 GSpG wurden die Kontrollen im Bereich des Glücksspiels gemeinsam mit der Kriminalpolizei vorgenommen. Ergänzend dazu heißt es in den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl I 14/2013, mit der die bis dahin maßgebliche Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbestimmung des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber dem gerichtliche strafbaren Tatbestand des § 168 StGB ins Gegenteil verkehrt wurde, u.a. (vgl. die E zur RV, 24 BlgNR, 25. GP, S. 22), dass es in den Jahren 2010 bis 2012 erstinstanzlich zu 638 Verurteilungen, 1.195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen gekommen sei, die rechtskräftig in zweiter Instanz zu 478 Verurteilungen, 1.125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen geführt hätten. Im Jahr 2012 habe es demgegenüber nur 2 und im Jahr 2011 bloß 11 gerichtliche Verurteilungen nach § 168 StGB gegeben. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass die Umkehr der bisherigen Subsidiaritätsregel zu keiner „Entkriminalisierung“ führe. Schon daraus geht aber jeweils übereinstimmend hervor, dass das illegale Glücksspiel in Österreich weder vor den mit BGBl I 73/2010 begonnenen Modifikationen des GSpG noch seither ein Kriminalitätsproblem der Art bildeten, dass daraus eine zwingende Notwendigkeit resultierte, i.S.d. Judikatur des EuGH vorrangig einen Schutz der Glücksspieler vor Betrug und anderen Straftaten zu gewährleisten (vgl. z.B. EuGH vom 15. September 2011, C-347/09, RN 52). Denn bei insgesamt bloß 18 Verurteilungen in einem Zeitraum von drei Jahren kann offenkundig kaum von einem echten Kriminalitätsproblem gesprochen werden. Gegenteiliges lässt sich auch der vom BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 bezogenen Studie nicht entnehmen; denn von jenen insgesamt 74 Fällen von Beschaffungskriminalität in den Jahren 2006 und 2007 lassen sich lediglich 17 als solche qualifizieren, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit die „Glücksspielsucht als alleiniges Motiv“ für die Begehung schwerer Straftaten (wie Raub, Betrug, Einbruch, etc.) in Betracht kam. Selbst wenn man diese Zahlen vorbehaltslos als zutreffend unterstellt, ergibt sich schon allein daraus, insbesondere aber in Verbindung mit der durch die GSpG-Novelle BGBl I 13/2014 vorgenommenen Umkehrung der bisherigen Subsidiaritätsregel (vgl. § 52 Abs. 3 GSpG i.d.g.F.), hinsichtlich der der VfGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 10. März 2015, E 1139/2014, der Sache nach (neuerlich) bestätigt hat, dass das behördliche im Verhältnis zum gerichtlichen Strafrecht mit Blick auf das wesentlich geringere Höchstausmaß einer potentiell drohenden Freiheitsstrafe die deutlich weniger einschneidende Maßnahme darstellt, dass das Automatenglücksspiel in Österreich zu keiner Zeit ein echtes sicherheitspolitisches Problem darstellte. Dazu kommt, dass auch der EuGH (vgl. z.B. dessen Urteil vom 31. März 2011, C‑347/09, RN 84, m.w.N.) unter „Kriminalität“ nicht bloß Verstöße gegen ordnungspolitische und/oder Monopolsicherungsvorschriften, sondern vielmehr erhebliche Eingriffe in die Rechtssphäre anderer Personen, insbesondere der Spieler und deren Angehöriger, versteht. Sohin ist als erwiesen anzusehen, dass de facto beide Novellierungen des GSpG (BGBl I 73/2010 und BGBl I 13/2014) nicht zu einer „Entkriminalisierung“ in jenem Sinne, wie diese vom EuGH gefordert wird, geführt haben. Denn gesamthaft betrachtet bildete die weitaus überwiegende Anzahl der geahndeten Vergehen bloße Ordnungsverstöße, die auf einer Nichtbeachtung von Vorschriften zur Sicherung des Monopolsystems beruhten, nicht aber davon losgelöste echte Fälle von mittlerer und schwerer (insbesondere Beschaffungs-)Kriminalität. Überdies lässt sich deutlicher als dadurch, dass der Gesetzgeber parallel dazu dem gerichtlich strafbaren Tatbestand – als dem vergleichsweise gravierenderen Delikt – mit der Novelle BGBl I 13/2014 bewusst jeglichen Anwendungsbereich entzogen hat, wohl kaum zum Ausdruck bringen, dass das Glücksspiel für den österreichischen Staat in Wahrheit kein kriminal- und sicherheitspolitisch relevantes Problem darstellt, zumal die Effizienzsteigerung der verwaltungsbehördlichen Strafverfolgung nicht als eine primär-ursprüngliche Notwendigkeit, sondern bloß als eine aus der Einrichtung des Monopolsystems zu dessen weiterer Aufrechterhaltung erforderliche und sohin gleichsam selbst (künstlich) geschaffene bzw. zwangsläufig resultierende Folgewirkung qualifiziert werden (wobei sich in diesem Zusammenhang zudem auch noch die Frage der Verhältnismäßigkeit der damit verbundenen umfassenden [teilweise bereits an der Grenze des rechtsstaatlich noch Vertretbaren liegenden] Eingriffsbefugnisse stellt);

 

* Der Einschätzung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich, dass die Geschäftspolitik der Inhaber bundesrechtlicher Konzessionen (Bewilligungsinhaber auf Grund landesrechtlicher Vorschriften müssen in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben, weil sich diese gegenwärtig noch in der „Startphase“ ihrer unternehmerischen Tätigkeit befinden), im Besonderen deren Werbemaßnahmen, grundsätzlich aggressiv darauf ausgerichtet sind, zum Spielen der von den beiden Hauptkonzessionären angebotenen Glücksspielarten zu animieren, geradezu notorisch ist – wie jeder willkürliche Blick in ein zufällig ausgewähltes Print- oder elektronisches Medium, insbesondere jede Konsumation von durch entsprechend aufdringliche Werbeintervalle unterbrochenen Fernseh- und Hörfunkprogrammen zur sog. „Prime-Time“ zeigt –, wurde auch von den Verfahrensparteien nicht entgegengetreten. Während der Startphase, d.h. also im näheren zeitlichen Umfeld des Inkraftretens des mit der GSpG-Novelle BGBl I 73/2010 am 19. August 2010 begonnenen Systemwechsels, erweist sich diese expansionistische Geschäfts- und Werbestrategie aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich allerdings im Ergebnis deshalb nicht als unzulässig und damit auch nicht als unionsrechtswidrig, weil ein wesentliches – und vom EuGH auch anerkanntes – Ziel eines Monopolsystems auf diesem bislang noch nicht harmonisierten Sektor darin liegt, die angesprochenen Zielgruppen vom illegalen Glücksspiel hin zu den erlaubten Glücksspielanbietern und -arten zu lenken. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass sich aus den von den Verfahrensparteien vorgelegten Beweismitteln nicht ergeben hat – und für das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich auch sonst nicht feststellbar ist –, dass es auch gezielte Werbeaktivitäten dahin gibt, die im vorgenannten Sinn speziell auch auf das Automatenglücksspiel Bezug nehmen;

 

* Bereits im anlassfallbezogenen Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH wurde auch von der Bundesregierung selbst gar nicht in Abrede gestellt (wenngleich dort bloß als ein „erfreulicher Nebeneffekt“ bezeichnet), dass die Beibehaltung des Monopolsystems zu einer Sicherung von Staatseinnahmen in einem nicht unerheblichen Ausmaß (von ca. 500 Mio. Euro jährlich) führt. Gleiches lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur GSpG-Novelle BGBl 73/2010 ableiten. Schließlich ist auch einer Pressaussendung der beiden Monopolinhaber „Casinos Austria AG“ und „Österreichische Lotterien GmbH“ vom 8. April 2015 über das Geschäftsjahr 2014 – hinsichtlich der sich objektiv besehen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Richtigkeit dieser Angaben zu bezweifeln wäre – zu entnehmen, dass diese Konzessionäre zu den „Top-5-Steuerzahlern“ in Österreich (2014: insgesamt 552 Mio. Euro) gehören. All dies führt daher zu der Schlussfolgerung, dass allein dem Bund aus dem Glücksspielmonopol jährlich Einnahmen in einer Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro erwachsen. Dies entspricht einem Anteil von 0,4% an den jährlichen Gesamteinnahmen dieser Gebietskörperschaft  und stellt sohin keineswegs eine vernachlässigbare oder gar verzichtbare Quote dar. Dazu kommt, dass der Staat das Glücksspielangebot vollständig auslagern („privatisieren“) konnte, wobei die Konzessionäre nicht nur eine hohe Abgabenquote trifft, sondern diese auch die bereits mit der Konzessionserteilung verbunden exorbitant hohen Gebühren zu tragen sowie in der Folge in einem nicht unerheblichen Ausmaß auch aus eigenem die gesetzlichen Spielerschutz- und Suchtpräventionsmaßnahmen zu finanzieren haben. Stellt man dem die Tatsache gegenüber, dass sowohl Spielerschutz und Suchtprävention als auch Kriminalitätsbekämpfung und ‑vorbeugung – wie zuvor aufgezeigt – auf Grund der jeweils geringen Anzahl von Anlassfällen keine vordringlichen Staatsaufgaben verkörpern, so ergibt sich daraus insgesamt, dass die Besorgung dieser Agenden vornehmlich bloß zu dem Zweck erfolgt, um einen Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung des GSpG zu bilden, während der Primärzweck dieser Konzeption darin besteht, eine stabile Quote von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes sicherzustellen;

 

* Zur effektiven Hintanhaltung von Beeinträchtigungen des Glücksspielmonopols sind in den §§ 50 ff GSpG umfassende Eingriffsbefugnisse der Finanzbehörden (Finanzämter), aber auch der ihnen zugeordneten Exekutivorgane (Finanzpolizei) vorgesehen; hierzu zählen neben den weitläufigen Verwaltungsstrafdrohungen (vgl. § 52 Abs. 1 Z. 1 bis Z. 11 GSpG) auch detaillierte Betretungs‑ , Einschau-, Informations- und Überprüfungsbefugnisse (§ 50 Abs. 4 GSpG), die Berechtigung zur Vornahme einer vorläufigen und/oder endgültigen Beschlagnahme (§ 53 GSpG) oder Einziehung (§ 54 GSpG) sowie die Anordnung einer Betriebsschließung (§ 56a GSpG). Abgesehen davon, dass sich diese weit reichenden und jeweils ohne vorangehende richterliche Kontrolle teilweise massive Grundrechtsbeeinträchtigungen ermöglichenden einfachgesetzlichen Ermächtigungen bei Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes auch als verfassungsrechtlich höchst bedenklich erweisen – so z.B. im Hinblick auf den durch das Gesetz zum Schutze des Hausrechts, RGBl 88/1862 i.d.g.F. BGBl 422/1974, garantierten rechtsstaatlichen Standard –, mag es in diesem Zusammenhang allenfalls als noch vertretbar erscheinen, eine nach nationalem Verfassungsrecht bestehende, nämlich durch das öffentliche Interesse an der Wahrung des Monopols bzw. der Sicherung entsprechender Staatseinnahmen sachlich zu rechtfertigende politische Gestaltungsbefugnis des einfachen Gesetzgebers zur Erlassung derartiger Eingriffsbefugnisse anzunehmen. Allerdings sind die Kriterien, anhand der die Verhältnismäßigkeit einer mitgliedstaatlichen Monopolregelung im Lichte des Art. 56 AEUV zu beurteilen ist, nicht mit jenen gleichzusetzen, die zur  Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit, im Besonderen die Gleichheitskonformität, dieser Vorschriften heranzuziehen sind. Oder anders gewendet: Wäre Österreich kein Mitgliedstaat der Europäischen Union, könnten sich die Bestimmungen der §§ 50 ff GSpG im Lichte des nationalen Verfassungsrechts allenfalls auch als unbedenklich erweisen (und wäre diese Frage zudem autonom von den innerstaatlichen Organen zu entscheiden). So aber begegnen diese – wie dem Urteil des EuGH vom 30. April 2014, C 390/12, RN 57 ff, zu entnehmen ist – jedenfalls gravierenden Bedenken im Hinblick auf die Garantien der Art. 15 bis 17 EGRC (Berufsfreiheit, unternehmerische Freiheit, Eigentum), aber auch in Bezug auf die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 7 EGRC) und den Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 EGRC): Denn die in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierte Wesensgehaltssperre stellt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich sicher, dass jener Standard an staatlichen Eingriffsmodalitäten, der mit der EGRC im Zusammenhang mit der Sanktionierung von Verstößen gegen Unionsrecht generell festgelegt ist und insbesondere in den Art. 47 ff EGRC zum Ausdruck kommt, stets gewahrt bleiben muss. Selbst unter der Annahme, dass die im GSpG positivierte Monopolregelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, würden sich daher die in den §§ 50 ff GSpG normierten Eingriffsbefugnisse als unverhältnismäßig erweisen, weil die mit diesen intendierte faktische Effizienz zum Zweck der Abwehr von Monopolbeeinträchtigungen – v.a. im Hinblick auf die fehlende Notwendigkeit vorangehender richterlicher Ermächtigungen  – in ihrer Gesamtheit betrachtet jedenfalls überschießend ist und somit auch nicht dem in Art. 52 Abs. 1 EGRC normierten Kriterium des Gemeinwohls dient. Von diesen konkreten Eingriffsbefugnissen abgesehen ließe sich zudem vor dem Hintergrund, dass die konsequenteste (freilich nicht nur mit einem gänzlichen Verzicht auf staatliche Einnahmen, sondern sogar mit hohen Kosten für eine effiziente Kontrolle verbundene) Maßnahme eines absoluten Verbots des Glücksspiels vom Bundesgesetzgeber nicht (bzw. bloß von einigen Landesgesetzgebern) gewählt wurde, eine Feststellung dahin, dass das im GSpG verankerte System der Monopolregelung dem Gebot der Kohärenz der Zielerreichung entspricht, aber ohnehin nur dann treffen, wenn sich zuvor zweifelsfrei annehmen lässt, dass einerseits Spielerschutz und Suchtprävention sowie Kriminalitätsvorbeugung und ‑bekämpfung vom Gesetzgeber tatsächlich als Primärziele beabsichtigt waren und andererseits diese Ziele von der vollziehenden Gewalt seither sowohl tatsächlich als auch konsequent umgesetzt wurden. Beides war bzw. ist jedoch – wie zuvor ausgeführt – jeweils nicht der Fall; denn Spielerschutz, Suchprävention und Kriminalitätsvorbeugung bilden selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der mit der GSpG-Novelle 2010 begonnene Systemwechsel gegenwärtig eher noch in der Startphase befindet, lediglich Nebenziele, denen im Verhältnis zu den beiden Hauptzielen der Sicherung der Staatseinnahmen einerseits und der Aufrechterhaltung des Monopolsystems andererseits bloß untergeordnete Bedeutung zukommt. Selbst wenn dies nicht zutreffen würde, ließe sich aber auch kein stichhaltiges Argument dafür finden – und wurden hierfür insbesondere auch seitens der belangten Behörde und der Amtspartei keine entsprechenden Beweismittel vorgelegt –, dass die mit der GSpG-Novelle beabsichtigten Ziele (Spielerschutz und Sucht- sowie Kriminalitätsvorbeugung) lediglich durch das vom Bundesgesetzgeber konkret gewählte, extrem eingriffsintensive (nämlich nur noch durch ein gänzliches Verbot zu übertreffende) Monopolsystem und nicht gleichermaßen effizient auch durch weniger einschneidende Maßnahmen – wie insbesondere durch ein Konzessionssystem, das zwar in analoger Weise wie das derzeit bestehende sowohl strikte Spielerschutz-, Zugangs-, Schulungsmaßen etc. zu Lasten der Bewilligungsinhaber als auch rigorose staatliche Kontrollmaßnahmen vorsieht, gleichzeitig aber darauf verzichtet, die Anzahl der zu vergebenden Konzessionen (im Sinne einer Bedarfsprüfung) zahlenmäßig zu beschränken – erreicht werden kann. Somit erweisen sich im Ergebnis sowohl das Monopolsystem als solches als auch die zu dessen Aufrechterhaltung normierten (v.a. richtervorbehaltslos exekutiv-)behördlichen Eingriffsermächtigungen als unverhältnismäßig und daher nicht mit Art. 56 AEUV vereinbar;

 

* Um den Anforderungen des Art. 56 AEUV zu entsprechen, müsste insgesamt besehen mindestens einer der in der Judikatur des EuGH anerkannten, einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses ( Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung, o.Ä.) jene Ziele, die in ungerechtfertigter Weise mit den Eingriffsbefugnissen einhergehen, tatsächlich und eindeutig überwiegen. Angesichts dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich allerdings, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung findet und somit dem Unionsrecht widerspricht, weil dieses einerseits tatsächlich nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses – wie etwa dem Verbraucherschutz (in Form des Spielerschutzes und der Suchtvorbeugung) oder der Kriminalitätsbekämpfung und der Kriminalitäts-, insbesondere Betrugsprävention – basiert, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen (in Höhe von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes) dient sowie andererseits – und unabhängig davon – auch die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems (Privatisierung durch Übertragung der zwar sowohl strengen Antrittsvoraussetzungen als auch einer rigiden staatlichen Kontrolle unterliegenden Ausübungsbefugnisse nicht auf eine unbeschränkte, sondern – im Sinne einer Bedarfsprüfung – auf eine bloß limitierte Anzahl von Konzessionären) und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsbefugnisse (Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsrechte; vorläufige und/oder endgültige Beschlagnahme; Verwaltungsstrafe; Einziehung, Betriebsschließung) insbesondere mangels generell fehlender Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig sind. Mit diesem Resultat soll keineswegs einer – erst recht keiner vollständigen – Liberalisierung des Glücksspielmarktes das Wort geredet werden; weil aber Österreich ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, muss aus rechtlicher Sicht nachdrücklich betont werden, dass sich jegliche Beschränkung des Glücksspielangebotes – insbesondere in Gestalt eines (Quasi )Monopolsystems – stets nur innerhalb der vom EuGH abgesteckten Grenzen des Art. 56 AEUV bewegen kann;

 

* Von all dem abgesehen besteht zudem ein Spezifikum des vorliegenden Falles darin, dass dessen entscheidungserheblicher Sachverhalt – und damit der Zeitraum der Tatbegehung (Februar 2010 bis November 2010) – im unmittelbaren Umfeld, nämlich einige Monate vor bzw. eine Monate nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl I 73/2010 (19. August 2010) liegt. Wenn der Gesetzgeber mit dieser Novellierung aber u.a. intendierte, das GSpG den geänderten Anforderungen der Europäischen Union anzupassen , so gibt er damit auch implizit zu erkennen, dass die frühere Regelung diesen Kautelen eben nicht (mehr) entsprochen hat, weil sonst eine dementsprechend motivierte Änderungsnotwendigkeit nicht bestanden hätte; dazu kommt, dass in diesem Zeitraum der mit dieser Novelle beabsichtigte Systemwechsel  jedenfalls auch faktisch noch nicht zum Tragen gekommen sein konnte, weil hierfür ein Zeitraum von drei Monaten nicht ausreichend war. Dieser Aspekt liefert somit ein zusätzliches Argument dafür, dass die Monopol-vorschriften jedenfalls im Tatzeitraum nicht den Anforderungen des Art. 56 AEUV gerecht wurden;

 

* Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH faktisch unangewendet zu bleiben. Dieser Grundsatz ist – zumal in Österreich auch nach mittlerweile mehr als 20-jähriger Mitgliedschaft zur Europäischen Union noch immer keine spezifischen prozessualen Regelungen hinsichtlich einer spezifischen Kompetenz eines innerstaatlichen Organs zur national-verbindlichen Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit sowie einer damit im Zusammenhang stehenden allfälligen übergangsweisen Weitergeltung unionsrechtswidriger Normen bestehen – von jedem staatlichen Organ auf jeder Ebene des Verfahrens zu beachten. Konkret bedeutet dies insbesondere, „dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C 390/12, RN 64, m.w.N.). Daraus resultiert für den vorliegenden Fall, dass eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG ausgeschlossen ist, weil sich diese Strafnorm rechtssystematisch als eine auf dem Glücksspielmonopolregelung des GSpG fußende und mit dieser in einem untrennbaren Zusammenhang stehende Bestimmung darstellt.

 

 

Schlagworte:

 

Dienstleistungsfreiheit; Glücksspielmonopol; Monopolsystem; Spielerschutz; Suchtprävention; Kriminalitätsvorbeugung; Einnahmenmaximierung; aggressive Werbung; Unionsrechtswidrigkeit; Bedarfsprüfung; Prüfungsmaßstab; Inländerdiskriminierung; Eingriffsbefugnisse; Verhältnismäßigkeit; Startphase; Liberalisierung

 

 

 

[1] S.a. www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel-spielerschutz/in-oesterreich/Gluecksspiel-Bericht-2010-2013.html.

[2] Hinsichtlich der verbleibenden 31% Problemspieler – immerhin nahezu ein Drittel – finden sich in diesem Bericht keine Angaben.

[3] Vgl. Judith Köberl – Franz Prettenthaler, Kleines Glücksspiel – Großes Leid: Empirische Untersuchungen zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in der Steiermark (Schriftenreihe des Institutes für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research, Bd. 10), Leykam-Verlag, Graz 2009.

[4] Internetadresse: www.spielsuchthilfe.at.

[5] Internetadresse: www.zis-hamburg.de.

[6] Internetadresse: www.suchtvorbeugung.net.

[7] Internetadresse: http://sdw.wien/ueber-uns/suchtpraevention/institut-fuer-suchtpraevention/.

[8] Dass die Anzahl der pathologisch Spielsüchtigen jene der bloß verhaltensauffälligen Spieler überwiegt, ist kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass (vgl. dazu Sven Buth, in: Kalke u.a., Glücksspiel und Spielerschutz, S. 161) eine Verhaltensauffälligkeit vorliegt, wenn 3 oder 4 von insgesamt 10 DSM-IV-Kriterien erfüllt sind, ein pathologisches Spielverhalten aber bereits dann gegeben ist, wenn von den verbleibenden 6 DSM-IV-Kriterien bloß 1 weiteres hinzutritt, sodass insgesamt 5 DSM-IV-Kriterien erfüllt sind.

[9] Abrufbar unter: http://www.praevention.at/seiten/index.php/nav.5/view.26/level.2/.

[10] Internetadresse: www.praevention.at/seiten/index.php/nav.2/view.2/level.1/.

[11] Vgl. Sven Buth, in: Kalke u.a., Glücksspiel und Spielerschutz, S. 143 f.

[12] Vgl. dazu insbesondere auch die Feststellung des Instituts „Suchprävention pro mente Oberösterreich“ im Factsheet Sucht - Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.3 vom 2. September 2014, S. 3: „Die Begriffe Abhängigkeit, Sucht, problematischer Konsum, Missbrauch, aktueller Konsum, Lebenszeitprävalenz des Konsums, Lebenszeitprävalenz der Abhängigkeit beziehen sich auf jeweils unterschiedliche Sachverhalte und es ist wichtig sich im Umgang mit epidemiologischen Prävalenzzahlen die Differenz der Begriffe ins Gedächtnis zu rufen. ..... Wie alle statistischen Materialien sind auch die hier vorgestellten Zahlen selbst kein Spiegel der Realität. Sie sind vielmehr durch Konstruktionsprozesse entstanden und im Umgang damit ist Vorsicht geboten. ..... Der bekannte Spruch: ‚Vertraue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast‘, bezieht sich auf diese Abstraktionsleistung bei der Erstellung von Statistiken. Statistiken entstehen auf dem Boden von gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Konventionen und Erzählungen und oft genug wird man auf Zahlentraditionen stoßen, deren rationale Begründung ausgedünnt, wenn nicht verloren ist. ..... Ebenso ist vor dem Rückschluss von statistischen Wahrscheinlichkeiten auf Kausalitäten zu warnen. Wahrscheinlichkeiten beziehen sich auf konstruierte gesellschaftliche Gruppen bei denen bestimmte Merkmale gehäuft beobachtet werden können. Wahrscheinlichkeiten beziffern die Häufigkeit eines Ereignisses in einer fiktiven Kohorte, in einer Grundgesamtheit. Wahrscheinlichkeiten beziehen sich jedoch per definitionem nicht auf eine konkrete Person, sondern auf einen konstruierten Kasus (einen Idealtypus); ..... . Der Schluss auf kausale Merkmale (Wahrscheinlichkeiten) der aggregierten Gruppe begründet kein Kausalmodell im Sinne der Newton‘schen Physik.

[13] Vgl. auch: https://service.bmf.gv.at/budget/akthh/2014/201412FH_ug16.htm.

[14] Abrufbar unter: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150408_OTS0039.

[15] Vgl. 657 und 784BlgNR 24. GP zu BGBl I 73/2010; 981 und 1026 BlgNR 24. GP zu BGBl I 111/2010; 1212 und 1320 BlgNR 24. GP zu BGBl I 76/2011; 1726 und 1757 BlgNR 24. GP zu BGBl 50/2012; 1960 und 1977 BlgNR 24. GP zu BGBl I 112/2012; 2196 und 2233 zu 70/2013; 24 und 31 BlgNR 25. GP zu BGBl I 13/2014; sowie 360 und 432 BlgNR 25.GP zu BGBl I 105/2014.

[16] https://www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel-spielerschutz/in-oesterreich/Gluecksspiel-Bericht-2010-2013.html

[17] Internetadresse: https://www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel-spielerschutz/hilfsangebote/spielerschutz-hilfsangebote.html

[18] Siehe insbesondere nochmals Institut Suchprävention pro mente Oberösterreich, Factsheet Sucht – Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.3 vom 2. September 2014, S. 3: „Wie alle statistischen Materialien sind auch die hier vorgestellten Zahlen selbst kein Spiegel der Realität. Sie sind vielmehr durch Konstruktionsprozesse entstanden und im Umgang damit ist Vorsicht geboten. ..... Wahrscheinlichkeiten beziehen sich auf konstruierte gesellschaftliche Gruppen, bei denen bestimmte Merkmale gehäuft beobachtet werden können. Wahrscheinlichkeiten beziffern die Häufigkeit eines Ereignisses in einer fiktiven Kohorte, in einer Grundgesamtheit. ..... Wahrscheinlichkeiten beziehen sich jedoch per definitionem nicht auf eine konkrete Person, sondern auf einen konstruierten Kasus (einen Idealtypus); ..... . Der Schluss auf kausale Merkmale (Wahrscheinlichkeiten) der aggregierten Gruppe begründet kein Kausalmodell im Sinne der Newton‘schen Physik.

[19] Wenn der VwGH in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/17/0121, anführt, dass er die vom LVwG in dessen Erkenntnis vom 30. April 2014, LVwG-410287/4/Gf/Rt, vertretene Rechtsansicht, dass gegen die Geltung des Amtswegigkeitsprinzips in einem gerichtlichen Strafverfahren verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 90 Abs. 2 B-VG, Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 EGRC bestehen, nicht nachvollziehen könne, so ist zwar zuzugestehen, dass in der hg. Entscheidung nicht dezidiert zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Amtswegigkeitsprinzip im des Anwendungsbereich des Verwaltungs(straf-)verfahrens den Charakter eines Inquisitionsprinzips annimmt und daher auch synonym in diesem Sinn zu verstehen ist; allerdings wird diese Ansicht der Sache nach einhellig (wenngleich gelegentlich euphemistisch umschrieben) schon seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze vertreten (vgl. z.B. A. Langer, Verwaltungs-Strafrecht und Strafverfahren [1926], 25; E.C. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, Bd. II [1954], S. 3), sodass dem LVwG eine gesonderte Betonung dieses Umstandes entbehrlich erschien. Dessen ungeachtet dürfte es keinem Zweifel unterliegen, dass die Fortgeltung der Inquisitionsmaxime auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedenfalls mit den europäischen Grundrechtsgewährleistungen (Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 47 EGRC) nicht vereinbar ist.

[20] Vgl. insbesondere RN 134: „It therefore has to determine whether a measure ..... constituted in substance an additional penalty, or merely concerned the execution or enforcement of the penalty applicable at the time of the offence of which the applicant was convicted.

[21] Vgl. Arthur Schroers und Christoph Lagemann, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 16.

[22] Vgl. Arthur Schroers und Christoph Lagemann, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 12.

[23] Vgl. dazu auch den Jahresbericht 2013 des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“ (downloadbar unter: http://www.spielsuchthilfe.at/pdf/spielsuchthilfe-jahresbericht-2013.pdf), S. 74 f .

[24] Dass die Anzahl der pathologisch Spielsüchtigen jene der bloß verhaltensauffälligen Spieler überwiegt, ist kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass (vgl. dazu Sven Buth, in: Kalke u.a., Glücksspiel und Spielerschutz, S. 161) eine Verhaltensauffälligkeit vorliegt, wenn 3 oder 4 von insgesamt 10 DSM-IV-Kriterien erfüllt sind, ein pathologisches Spielverhalten aber bereits dann gegeben ist, wenn von den verbleibenden 6 DSM-IV-Kriterien bloß 1 weiteres hinzutritt, sodass insgesamt 5 DSM-IV-Kriterien erfüllt sind.

[25] Vgl. Sven Buth, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 161.

[26] Abrufbar unter: http://www.praevention.at/seiten/index.php/nav.5/view.26/level.2/

[27] Internetadresse: www.praevention.at/seiten/index.php/nav.2/view.2/level.1/

[28] Vgl. Sven Buth, in: Jens Kalke – Sven Buth – Moritz Rosenkranz – Christian Schütze – Harald Oechsler – Uwe Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich – Empirische Erkenntnisse zum Spielverhalten der Bevölkerung und zur Prävention der Glücksspielsucht, Lambertus-Verlag, Freiburg i.Br., 2011, S. 143 f.

[29] Downloadbar unter: http://www.spielsuchthilfe.at/pdf/spielsuchthilfe-jahresbericht-2013.pdf; vgl. insbesondere S. 21 f. und S. 31 f.

[30] Vgl. dazu insbesondere auch die Feststellung des Instituts „Suchprävention pro mente Oberösterreich“ im Factsheet Sucht - Abhängigkeit und Substanzkonsum, Version 2.3 vom 2. September 2014, S. 3 (Hervorhebungen nicht im Original): „Die Begriffe Abhängigkeit, Sucht, problematischer Konsum, Missbrauch, aktueller Konsum, Lebenszeitprävalenz des Konsums, Lebenszeitprävalenz der Abhängigkeit beziehen sich auf jeweils unterschiedliche Sachverhalte und es ist wichtig sich im Umgang mit epidemiologischen Prävalenzzahlen die Differenz der Begriffe ins Gedächtnis zu rufen. ..... Wie alle statistischen Materialien sind auch die hier vorgestellten Zahlen selbst kein Spiegel der Realität. Sie sind vielmehr durch Konstruktionsprozesse entstanden und im Umgang damit ist Vorsicht geboten. ..... Der bekannte Spruch: ‚Vertraue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast‘, bezieht sich auf diese Abstraktionsleistung bei der Erstellung von Statistiken. Statistiken entstehen auf dem Boden von gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Konventionen und Erzählungen und oft genug wird man auf Zahlentraditionen stoßen, deren rationale Begründung ausgedünnt, wenn nicht verloren ist. ..... Ebenso ist vor dem Rückschluss von statistischen Wahrscheinlichkeiten auf Kausalitäten zu warnen. Wahrscheinlichkeiten beziehen sich auf konstruierte gesellschaftliche Gruppen bei denen bestimmte Merkmale gehäuft beobachtet werden können. Wahrscheinlichkeiten beziffern die Häufigkeit eines Ereignisses in einer fiktiven Kohorte, in einer Grundgesamtheit. Wahrscheinlichkeiten beziehen sich jedoch per definitionem nicht auf eine konkrete Person, sondern auf einen konstruierten Kasus (einen Idealtypus); ..... . Der Schluss auf kausale Merkmale (Wahrscheinlichkeiten) der aggregierten Gruppe begründet kein Kausalmodell im Sinne der Newton‘schen Physik.

[31] Vgl. dazu z.B. den „Jahresbericht 2013“ des Vereines „(Wiener) Spielsuchthilfe“, S. 4 (downloadbar unter: http://www.spielsuchthilfe.at/pdf/spielsuchthilfe-jahresbericht-2013.pdf).  

[32] Vgl. https://www.bmf.gv.at/steuern/gluecksspiel-spielerschutz/in-oesterreich/Gluecksspiel-Bericht-2010-2013.html

[33] Nämlich: 5 Verurteilungen im Jahr 2013 (vgl. Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik, Wien 2014, S. 59), 2 Verurteilungen im Jahr 2012 (vgl. Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik, Wien 2013, S. 63) und 11 Verurteilungen im Jahr 2011 (vgl. Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik, Wien 2013, S. 112, jeweils unter www.statistik.at/web_de/services/publikationen/6/index.html?id=6&listid=6&detail=625 downloadbar).

[34] Vgl. Judith KöberlFranz Prettenthaler, Kleines Glücksspiel – Großes Leid: Empirische Untersuchungen zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in der Steiermark (Schriftenreihe des Institutes für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research, Bd. 10), Leykam-Verlag, Graz 2009.

[35] Vgl. Judith KöberlFranz Prettenthaler, Kleines Glücksspiel – Großes Leid: Empirische Untersuchungen zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in der Steiermark (Schriftenreihe des Institutes für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research, Bd. 10), Leykam-Verlag, Graz 2009, S. 108 ff (insbes. S. 112) und S. 172.

[36] Selbst wenn man noch jene Fälle, in denen Glücksspielsucht auch als Teilmotiv fungierte (vgl. Judith KöberlFranz Prettenthaler, Kleines Glücksspiel – Großes Leid: Empirische Untersuchungen zu den sozialen Kosten des Glücksspiels in der Steiermark [Schriftenreihe des Institutes für Technologie- und Regionalpolitik der Joanneum Research, Bd. 10], Leykam-Verlag, Graz 2009, S. 112) hinzurechnet, ergibt dies insgesamt bloß 25 Fälle von glücksspielmotivierter Beschaffungskriminalität im Sprengel des OLG Graz in einem Zeitraum von 18 Monaten (Gesamtjahr 2006 und erstes Halbjahr 2007); statistisch hochgerechnet würde dies in allen 4 OLG-Sprengeln – und damit österreichweit – eine (fiktive) Anzahl von lediglich 66,7 Fällen jährlicher Beschaffungskriminalität ergeben.

[37] Vgl. auch: https://service.bmf.gv.at/budget/akthh/2014/201412FH_ug16.htm.

[38] Siehe zur Novelle BGBl I 111/2010 auch 981 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 148 ("Die Höhe der Gebühren in Zu-sammenhang mit der Antragstellung und der Konzessionserteilung ergeben sich aus der Notwendigkeit zur Durchführung aufwändiger Konzessionierungsverfahren. ..... Zudem besteht auf Grund der Ertragskraft der glücksspielrechtlichen Konzessionen ein hohes Interesse der Konzessionswerber an der Erteilung einer Konzession, in deren Licht die Höhe der Gebühren keinesfalls unangemessen ist.").

[39] Abrufbar unter: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150408_OTS0039.

[40] In den Jahren 2010 bis 2013 beliefen sich die Einnahmen des Bundes im Jahresdurchschnitt auf ca. 121,411 Milliarden Euro (vgl. Statistik Austria, Gebarungsübersichten 2013 [2014], S. 18 [downloadbar unter: www.statistik.at/web_de/services/publikationen/19/index.html), sodass der aus den Glücksspielabgaben resultierende Anteil ca. 0,4% der Gesamteinnahmen beträgt.

[41] Gebühren von 10.000 Euro für die Antragstellung und von 100.000 Euro für die Erteilung einer Konzession, wie diese in § 59a Abs. 1 Z. 1 und 2 GSpG vorgesehen sind, finden in der gesamten übrigen Rechtsordnung – soweit ersichtlich – keine adäquate Entsprechung.

[42] Zum sog. „Richtervorbehalt“ im Zusammenhang mit Art. 7 EGRC vgl. zuletzt insbesondere EuGH vom 8. April 2014, C-293/12 (EU:C:2014:238), RN 62.

[43] Vgl. 657 BlgNR, 24. GP, S. 1: „Glücksspielgesetz: In den letzten Jahren hat sich der österreichische Glücks-spielmarkt stark verändert. Neue Medien, modernste Technik und Elektronik, vermehrt grenzüberschreitende Aktivitäten sowie Richtlinien und Rechtsprechung der Europäischen Union haben das Glücksspiel stark beeinflusst. Die glücksspielrechtlichen Regelungen werden diesen Anforderungen nicht mehr ausreichend gerecht. Die Regelungen im Bereich des Kleinen Automatenglücksspiels sind verbesserungswürdig.“ (Hervorhebungen nicht im Original).

[44] Bzw. in den Worten des Gesetzgebers: „Umfassende Änderung des Glücksspielrechts in Österreich“ (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, S. 3).

 

Beachte:

Der Revision (des Bundesministers für Finanzen) wurde Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahin abgeändert, dass die in eine Beschwerde umgedeutete Berufung der mitbeteiligten Partei gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Juli 2012, Pol96-834-2010, mit der Maßgabe abgewiesen wurde, dass die Strafe mit EUR 500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 7,5 Stunden) je Gerät festgesetzt wurde. Die mitbeteiligte Partei hatte gemäß § 52 VwGVG zusätzlich zu den im genannten Straferkenntnis bestimmten Verfahrenskosten von EUR 100,-- einen Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 200,-- zu bezahlen.

VwGH vom 16. März 2016, Zl. Ro 2015/17/0022-7